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Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840.

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hat zwar dieses Jahr seine "Rente" weniger ergiebig gefunden, als sie sonst zu seyn pflegte, aber er findet offenbar Millionen Arme zum Losschlagen bereit, wenn es ein Toryministerium gelten sollte. Die Toryjournale nennen seine Reden ein Geheul; wenn dem so ist, so ist es für sie ein Geheul der Eumeniden, welches sie mit Entsetzen erfüllt. Seine Sprache ist ungemessen; Alles, was die Furcht, den Haß, den Abscheu seiner beweglichen Zuhörer aufregen und nähren kann, sucht er hervor, und donnert es ihnen schonungslos in die Ohren. So auch die Erneuerung der gräßlichen Beschuldigung der Tories, daß sie, wenn sie in den Besitz der Regierung und des Palastes kämen, die Königin vergiften würden, um für den Herzog von Cumberland, den er mit den fürchterlichsten Schmähungen belegt, Platz zu machen. Doch scheint seinem Zweck nichts so sehr zu dienen, als die Auszüge aus den Reden und Schriften der Tories und deren Zeitungen, womit er seine Zuhörer tractirt. Denn hier findet sich auf einmal Alles beisammen, was die irischen Katholiken im Innersten empören kann. Die gröbsten Verunglimpfungen des Heiligsten und Theuersten im Menschen, ihres Glaubens, die bittersten Schmähungen der besten, ja der einzigen Freunde der Armen, der Priester, Verspottung ihrer Volksthümlichkeit, Verhöhnung ihrer Armuth etc. Und damit seine Landsleute ja täglich erfahren, wie Tories in England von ihnen denken, und was viele darunter gegen sie im Schilde führen, hat O'Connell die Zeitungen seiner Partei aufgefordert, eine Anthologie von Tory-Schmähungen zu veranstalten und ihren Lesern mitzutheilen. Der Mann weiß nur zu gut, wo und wie England zu verwunden ist, und meinte er es nicht mit dem, trotz den Lyndhursts, gemeinsamen Vaterland wirklich viel redlicher als man nach seinen Worten schließen könnte, so würde er das thun, wovor er jetzt nur warnt. Denn, wie er so eben zu Dublin sagte, das Volk brauchte nichts weiter als innerhalb aller Schranken des Gesetzes sich unruhig zu bezeugen und drohend anzustellen; und statt daß jetzt die Regierung immer mehr Truppen wegziehen kann (wie so eben wieder ein ganzes Regiment von Dublin nach Bristol abgegangen ist), würde sie Tausende von Soldaten nach Irland schicken müssen, ohne dadurch der Unterwerfung der Katholiken einen Schritt näher zu seyn. Wie es aber alsdann um England stehen würde, überläßt er der Einbildungskraft der Tories auszumalen. Ohne also mit den Chartisten gemeinschaftliche Sache zu machen, sagt er, könne er den Chartisten helfen; und ich wiederhole es (ohne damit weder seine Heftigkeit gut heißen, noch seine mannichfaltigen Unwahrheiten beschönigen zu wollen), wenn er Englands Feind wäre, so würde er es thun. Jetzt hängt es von Wellington und Peel ab, ob er es thun solle oder nicht. Die Angelegenheiten in England und Schottland sehen ernsthaft genug aus, um Staatsmännern zu schaffen zu machen, und es scheint beinahe, als ob Dinge im Werke wären, wovor die jetzt so beliebten Kirchensachen in den Hintergrund treten müssen. Der Abzug des Goldes, die tollkühnen Operationen unserer Bank, und der allgemeine Bankerott in den Vereinigten Staaten zeigen ihre Folgen immer mehr in der Zahlungsunfähigkeit vieler Kauf- und Handelsleute und Fabricanten und dem Stillstand des Gewerbfleißes. In fast allen Fabrikstädten ist die Menge der brodlosen Arbeiter so groß und wachsend, daß die gewöhnlichen, vom Staate vorbereiteten Unterstützungsmittel nicht mehr ausreichen, und man sich genöthigt sieht, theils die Armencommissarien um die Erlaubniß anzugehen, die Armen in ihren Wohnungen zu unterstützen, theils durch freiwillige Beiträge die Mittel dazu herbeizuschaffen. Was geschieht aber dabei? Die Armen, statt diese Bemühungen als Wohlthat zu erkennen, erklären sie für die Wirkung der Furcht, und entblöden sich nicht, durch öffentliche Drohungen, diese Furcht zu vergrößern und sich zugleich aller Dankbarkeit zu überheben. So z.B. in einer Versammlung zu Leeds, welche zur Unterstützung der unbeschäftigten Arbeiter von Seite der Reichern berufen worden, wagte es ein Mann in Gegenwart des Mayors und der reichsten Fabrikherren, als förmlichen Beschluß vorzuschlagen, daß wenn es ihnen an Brot fehle, sie es sich, wo es nur immer zu finden sey, mit Gewalt nehmen wollten! Der Vorschlag wurde zwar durch vier gegen einen verworfen; aber so stark waren die Gesinnungen des Pöbels dafür, daß ein Mann, welcher mit besonderm Eifer, aber flehend und bittend dagegen sprach, häufig unterbrochen wurde, und selbst meinte, daß er sich durch diese seine Widersetzlichkeit gegen eine unter obwaltenden Umständen so abscheuliche und unverzeihliche Erklärung der Gefahr aussetze, ermordet zu werden! Das Merkwürdigste dabei war, daß man sich nur auf Vorstellungen und Bitten legte, und Niemand es wagen durfte, mit dem Manne vom Gefängniß zu reden. Solche Zeichen sind drohender als der wirkliche Aufstand, welcher in Newport stattgefunden hat. Die Ligue gegen die Getreidegesetze benutzt alle diese Umstände, sowohl um das Volk für ihre Ansichten zu gewinnen, als die Aristokratie zur Nachgiebigkeit zu bewegen, und wird dießmal gewiß mit mehr Kraft und Nachdruck vor dem Parlament erscheinen, als letztes Frühjahr.

Frankreich.

Der Moniteur enthält in Bezug auf den Herzog von Bordeaux folgende Erklärung, bei welcher er nur vergessen zu haben scheint, daß das Journal des Debats und die ministerielle Revue des deux Mondes es waren, die in Bezug auf diese Sache die stärkste und drohendste Sprache geführt hatten: "Mehrere Journale haben berichtet, daß die unerwartete Reise des Herzogs von Bordeaux nach Rom ernstliche Mißstimmung zwischen dem heiligen Stuhl und der Regierung des Königs veranlaßt hätte; der Graf Latour-Maubourg, französischer Botschafter, hätte aus diesem Anlaß eine nicht sehr abgemessene Sprache gegen den Cardinal-Staatssecretär geführt, so daß die päpstliche Regierung ihr Erstaunen darüber durch den Internuncius des heiligen Stuhls in Paris hätte bezeugen lassen, und die Sache so weit gekommen sey, daß man einen Bruch mit dem römischen Hofe gefürchtet habe. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß nichts Wahres an diesen eben so viel Unwissenheit als Unredlichkeit beweisenden Gerüchten ist. Der Zwischenvorfall, dem der Parteigeist eine übertriebene Wichtigkeit beigelegt hat, war nach den zwischen den beiden Cabinetten gewechselten Mittheilungen nicht von der Beschaffenheit, die jederzeit von dem heiligen Stuhle mit der Regierung des Königs unterhaltenen freundschaftlichen, und auf das wohlverstandene Interesse der Religion gegründeten Berührungen zu ändern. Der römische Hof hat nicht einen Augenblick aufgehört zu beweisen, daß er den größten Werth darauf lege, ihnen diesen Charakter zu bewahren. Wir glauben übrigens, daß der Aufenthalt des Herzogs von Bordeaux in Rom nicht von langer Dauer seyn werde. Dem Datum der letzten Nachrichten zufolge scheint dessen Abreise nach Neapel nahe zu seyn.

(Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 5 Jan, Belida, 31 Dec. 1839. Marschall Valee an den Kriegsminister. Die Colonne unter meinem Befehle hat heute die Truppen Abd-El-Kaders zwischen dem obern Lager von Belida und der Chiffa angegriffen. Der Feind ward in völlige Unordnung geworfen; drei Fahnen des Khalifats von Miliana, eine Kanone,


hat zwar dieses Jahr seine „Rente“ weniger ergiebig gefunden, als sie sonst zu seyn pflegte, aber er findet offenbar Millionen Arme zum Losschlagen bereit, wenn es ein Toryministerium gelten sollte. Die Toryjournale nennen seine Reden ein Geheul; wenn dem so ist, so ist es für sie ein Geheul der Eumeniden, welches sie mit Entsetzen erfüllt. Seine Sprache ist ungemessen; Alles, was die Furcht, den Haß, den Abscheu seiner beweglichen Zuhörer aufregen und nähren kann, sucht er hervor, und donnert es ihnen schonungslos in die Ohren. So auch die Erneuerung der gräßlichen Beschuldigung der Tories, daß sie, wenn sie in den Besitz der Regierung und des Palastes kämen, die Königin vergiften würden, um für den Herzog von Cumberland, den er mit den fürchterlichsten Schmähungen belegt, Platz zu machen. Doch scheint seinem Zweck nichts so sehr zu dienen, als die Auszüge aus den Reden und Schriften der Tories und deren Zeitungen, womit er seine Zuhörer tractirt. Denn hier findet sich auf einmal Alles beisammen, was die irischen Katholiken im Innersten empören kann. Die gröbsten Verunglimpfungen des Heiligsten und Theuersten im Menschen, ihres Glaubens, die bittersten Schmähungen der besten, ja der einzigen Freunde der Armen, der Priester, Verspottung ihrer Volksthümlichkeit, Verhöhnung ihrer Armuth etc. Und damit seine Landsleute ja täglich erfahren, wie Tories in England von ihnen denken, und was viele darunter gegen sie im Schilde führen, hat O'Connell die Zeitungen seiner Partei aufgefordert, eine Anthologie von Tory-Schmähungen zu veranstalten und ihren Lesern mitzutheilen. Der Mann weiß nur zu gut, wo und wie England zu verwunden ist, und meinte er es nicht mit dem, trotz den Lyndhursts, gemeinsamen Vaterland wirklich viel redlicher als man nach seinen Worten schließen könnte, so würde er das thun, wovor er jetzt nur warnt. Denn, wie er so eben zu Dublin sagte, das Volk brauchte nichts weiter als innerhalb aller Schranken des Gesetzes sich unruhig zu bezeugen und drohend anzustellen; und statt daß jetzt die Regierung immer mehr Truppen wegziehen kann (wie so eben wieder ein ganzes Regiment von Dublin nach Bristol abgegangen ist), würde sie Tausende von Soldaten nach Irland schicken müssen, ohne dadurch der Unterwerfung der Katholiken einen Schritt näher zu seyn. Wie es aber alsdann um England stehen würde, überläßt er der Einbildungskraft der Tories auszumalen. Ohne also mit den Chartisten gemeinschaftliche Sache zu machen, sagt er, könne er den Chartisten helfen; und ich wiederhole es (ohne damit weder seine Heftigkeit gut heißen, noch seine mannichfaltigen Unwahrheiten beschönigen zu wollen), wenn er Englands Feind wäre, so würde er es thun. Jetzt hängt es von Wellington und Peel ab, ob er es thun solle oder nicht. Die Angelegenheiten in England und Schottland sehen ernsthaft genug aus, um Staatsmännern zu schaffen zu machen, und es scheint beinahe, als ob Dinge im Werke wären, wovor die jetzt so beliebten Kirchensachen in den Hintergrund treten müssen. Der Abzug des Goldes, die tollkühnen Operationen unserer Bank, und der allgemeine Bankerott in den Vereinigten Staaten zeigen ihre Folgen immer mehr in der Zahlungsunfähigkeit vieler Kauf- und Handelsleute und Fabricanten und dem Stillstand des Gewerbfleißes. In fast allen Fabrikstädten ist die Menge der brodlosen Arbeiter so groß und wachsend, daß die gewöhnlichen, vom Staate vorbereiteten Unterstützungsmittel nicht mehr ausreichen, und man sich genöthigt sieht, theils die Armencommissarien um die Erlaubniß anzugehen, die Armen in ihren Wohnungen zu unterstützen, theils durch freiwillige Beiträge die Mittel dazu herbeizuschaffen. Was geschieht aber dabei? Die Armen, statt diese Bemühungen als Wohlthat zu erkennen, erklären sie für die Wirkung der Furcht, und entblöden sich nicht, durch öffentliche Drohungen, diese Furcht zu vergrößern und sich zugleich aller Dankbarkeit zu überheben. So z.B. in einer Versammlung zu Leeds, welche zur Unterstützung der unbeschäftigten Arbeiter von Seite der Reichern berufen worden, wagte es ein Mann in Gegenwart des Mayors und der reichsten Fabrikherren, als förmlichen Beschluß vorzuschlagen, daß wenn es ihnen an Brot fehle, sie es sich, wo es nur immer zu finden sey, mit Gewalt nehmen wollten! Der Vorschlag wurde zwar durch vier gegen einen verworfen; aber so stark waren die Gesinnungen des Pöbels dafür, daß ein Mann, welcher mit besonderm Eifer, aber flehend und bittend dagegen sprach, häufig unterbrochen wurde, und selbst meinte, daß er sich durch diese seine Widersetzlichkeit gegen eine unter obwaltenden Umständen so abscheuliche und unverzeihliche Erklärung der Gefahr aussetze, ermordet zu werden! Das Merkwürdigste dabei war, daß man sich nur auf Vorstellungen und Bitten legte, und Niemand es wagen durfte, mit dem Manne vom Gefängniß zu reden. Solche Zeichen sind drohender als der wirkliche Aufstand, welcher in Newport stattgefunden hat. Die Ligue gegen die Getreidegesetze benutzt alle diese Umstände, sowohl um das Volk für ihre Ansichten zu gewinnen, als die Aristokratie zur Nachgiebigkeit zu bewegen, und wird dießmal gewiß mit mehr Kraft und Nachdruck vor dem Parlament erscheinen, als letztes Frühjahr.

Frankreich.

Der Moniteur enthält in Bezug auf den Herzog von Bordeaux folgende Erklärung, bei welcher er nur vergessen zu haben scheint, daß das Journal des Débats und die ministerielle Revue des deux Mondes es waren, die in Bezug auf diese Sache die stärkste und drohendste Sprache geführt hatten: „Mehrere Journale haben berichtet, daß die unerwartete Reise des Herzogs von Bordeaux nach Rom ernstliche Mißstimmung zwischen dem heiligen Stuhl und der Regierung des Königs veranlaßt hätte; der Graf Latour-Maubourg, französischer Botschafter, hätte aus diesem Anlaß eine nicht sehr abgemessene Sprache gegen den Cardinal-Staatssecretär geführt, so daß die päpstliche Regierung ihr Erstaunen darüber durch den Internuncius des heiligen Stuhls in Paris hätte bezeugen lassen, und die Sache so weit gekommen sey, daß man einen Bruch mit dem römischen Hofe gefürchtet habe. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß nichts Wahres an diesen eben so viel Unwissenheit als Unredlichkeit beweisenden Gerüchten ist. Der Zwischenvorfall, dem der Parteigeist eine übertriebene Wichtigkeit beigelegt hat, war nach den zwischen den beiden Cabinetten gewechselten Mittheilungen nicht von der Beschaffenheit, die jederzeit von dem heiligen Stuhle mit der Regierung des Königs unterhaltenen freundschaftlichen, und auf das wohlverstandene Interesse der Religion gegründeten Berührungen zu ändern. Der römische Hof hat nicht einen Augenblick aufgehört zu beweisen, daß er den größten Werth darauf lege, ihnen diesen Charakter zu bewahren. Wir glauben übrigens, daß der Aufenthalt des Herzogs von Bordeaux in Rom nicht von langer Dauer seyn werde. Dem Datum der letzten Nachrichten zufolge scheint dessen Abreise nach Neapel nahe zu seyn.

(Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 5 Jan, Belida, 31 Dec. 1839. Marschall Valée an den Kriegsminister. Die Colonne unter meinem Befehle hat heute die Truppen Abd-El-Kaders zwischen dem obern Lager von Belida und der Chiffa angegriffen. Der Feind ward in völlige Unordnung geworfen; drei Fahnen des Khalifats von Miliana, eine Kanone,

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Denn hier findet sich auf einmal Alles beisammen, was die irischen Katholiken im Innersten empören kann. Die gröbsten Verunglimpfungen des Heiligsten und Theuersten im Menschen, ihres Glaubens, die bittersten Schmähungen der besten, ja der einzigen Freunde der Armen, der Priester, Verspottung ihrer Volksthümlichkeit, Verhöhnung ihrer Armuth etc. Und damit seine Landsleute ja täglich erfahren, wie Tories in England von ihnen denken, und was viele darunter gegen sie im Schilde führen, hat O'Connell die Zeitungen seiner Partei aufgefordert, eine Anthologie von Tory-Schmähungen zu veranstalten und ihren Lesern mitzutheilen. Der Mann weiß nur zu gut, wo und wie England zu verwunden ist, und meinte er es nicht mit dem, trotz den Lyndhursts, <hi rendition="#g">gemeinsamen</hi> Vaterland wirklich viel redlicher als man nach seinen Worten schließen könnte, so würde er das <hi rendition="#g">thun</hi>, wovor er jetzt nur <hi rendition="#g">warnt</hi>. 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Der Vorschlag wurde zwar durch vier gegen einen verworfen; aber so stark waren die Gesinnungen des Pöbels dafür, daß ein Mann, welcher mit besonderm Eifer, aber flehend und bittend dagegen sprach, häufig unterbrochen wurde, und selbst meinte, daß er sich durch diese seine Widersetzlichkeit gegen eine unter obwaltenden Umständen so abscheuliche und unverzeihliche Erklärung der Gefahr aussetze, ermordet zu werden! Das Merkwürdigste dabei war, daß man sich nur auf Vorstellungen und Bitten legte, und Niemand es wagen durfte, mit dem Manne vom Gefängniß zu reden. Solche Zeichen sind drohender als der wirkliche Aufstand, welcher in Newport stattgefunden hat. Die Ligue gegen die Getreidegesetze benutzt alle diese Umstände, sowohl um das Volk für ihre Ansichten zu gewinnen, als die Aristokratie zur Nachgiebigkeit zu bewegen, und wird dießmal gewiß mit mehr Kraft und Nachdruck vor dem Parlament erscheinen, als letztes Frühjahr.</p>
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Denn hier findet sich auf einmal Alles beisammen, was die irischen Katholiken im Innersten empören kann. Die gröbsten Verunglimpfungen des Heiligsten und Theuersten im Menschen, ihres Glaubens, die bittersten Schmähungen der besten, ja der einzigen Freunde der Armen, der Priester, Verspottung ihrer Volksthümlichkeit, Verhöhnung ihrer Armuth etc. Und damit seine Landsleute ja täglich erfahren, wie Tories in England von ihnen denken, und was viele darunter gegen sie im Schilde führen, hat O'Connell die Zeitungen seiner Partei aufgefordert, eine Anthologie von Tory-Schmähungen zu veranstalten und ihren Lesern mitzutheilen. Der Mann weiß nur zu gut, wo und wie England zu verwunden ist, und meinte er es nicht mit dem, trotz den Lyndhursts, gemeinsamen Vaterland wirklich viel redlicher als man nach seinen Worten schließen könnte, so würde er das thun, wovor er jetzt nur warnt. Denn, wie er so eben zu Dublin sagte, das Volk brauchte nichts weiter als innerhalb aller Schranken des Gesetzes sich unruhig zu bezeugen und drohend anzustellen; und statt daß jetzt die Regierung immer mehr Truppen wegziehen kann (wie so eben wieder ein ganzes Regiment von Dublin nach Bristol abgegangen ist), würde sie Tausende von Soldaten nach Irland schicken müssen, ohne dadurch der Unterwerfung der Katholiken einen Schritt näher zu seyn. Wie es aber alsdann um England stehen würde, überläßt er der Einbildungskraft der Tories auszumalen. Ohne also mit den Chartisten gemeinschaftliche Sache zu machen, sagt er, könne er den Chartisten helfen; und ich wiederhole es (ohne damit weder seine Heftigkeit gut heißen, noch seine mannichfaltigen Unwahrheiten beschönigen zu wollen), wenn er Englands Feind wäre, so würde er es thun. Jetzt hängt es von Wellington und Peel ab, ob er es thun solle oder nicht. Die Angelegenheiten in England und Schottland sehen ernsthaft genug aus, um Staatsmännern zu schaffen zu machen, und es scheint beinahe, als ob Dinge im Werke wären, wovor die jetzt so beliebten Kirchensachen in den Hintergrund treten müssen. Der Abzug des Goldes, die tollkühnen Operationen unserer Bank, und der allgemeine Bankerott in den Vereinigten Staaten zeigen ihre Folgen immer mehr in der Zahlungsunfähigkeit vieler Kauf- und Handelsleute und Fabricanten und dem Stillstand des Gewerbfleißes. In fast allen Fabrikstädten ist die Menge der brodlosen Arbeiter so groß und wachsend, daß die gewöhnlichen, vom Staate vorbereiteten Unterstützungsmittel nicht mehr ausreichen, und man sich genöthigt sieht, theils die Armencommissarien um die Erlaubniß anzugehen, die Armen in ihren Wohnungen zu unterstützen, theils durch freiwillige Beiträge die Mittel dazu herbeizuschaffen. Was geschieht aber dabei? Die Armen, statt diese Bemühungen als Wohlthat zu erkennen, erklären sie für die Wirkung der Furcht, und entblöden sich nicht, durch öffentliche Drohungen, diese Furcht zu vergrößern und sich zugleich aller Dankbarkeit zu überheben. So z.B. in einer Versammlung zu Leeds, welche zur Unterstützung der unbeschäftigten Arbeiter von Seite der Reichern berufen worden, wagte es ein Mann in Gegenwart des Mayors und der reichsten Fabrikherren, als förmlichen Beschluß vorzuschlagen, daß wenn es ihnen an Brot fehle, sie es sich, wo es nur immer zu finden sey, mit Gewalt nehmen wollten! Der Vorschlag wurde zwar durch vier gegen einen verworfen; aber so stark waren die Gesinnungen des Pöbels dafür, daß ein Mann, welcher mit besonderm Eifer, aber flehend und bittend dagegen sprach, häufig unterbrochen wurde, und selbst meinte, daß er sich durch diese seine Widersetzlichkeit gegen eine unter obwaltenden Umständen so abscheuliche und unverzeihliche Erklärung der Gefahr aussetze, ermordet zu werden! Das Merkwürdigste dabei war, daß man sich nur auf Vorstellungen und Bitten legte, und Niemand es wagen durfte, mit dem Manne vom Gefängniß zu reden. Solche Zeichen sind drohender als der wirkliche Aufstand, welcher in Newport stattgefunden hat. Die Ligue gegen die Getreidegesetze benutzt alle diese Umstände, sowohl um das Volk für ihre Ansichten zu gewinnen, als die Aristokratie zur Nachgiebigkeit zu bewegen, und wird dießmal gewiß mit mehr Kraft und Nachdruck vor dem Parlament erscheinen, als letztes Frühjahr. Frankreich. Paris, 6 Jan. Der Moniteur enthält in Bezug auf den Herzog von Bordeaux folgende Erklärung, bei welcher er nur vergessen zu haben scheint, daß das Journal des Débats und die ministerielle Revue des deux Mondes es waren, die in Bezug auf diese Sache die stärkste und drohendste Sprache geführt hatten: „Mehrere Journale haben berichtet, daß die unerwartete Reise des Herzogs von Bordeaux nach Rom ernstliche Mißstimmung zwischen dem heiligen Stuhl und der Regierung des Königs veranlaßt hätte; der Graf Latour-Maubourg, französischer Botschafter, hätte aus diesem Anlaß eine nicht sehr abgemessene Sprache gegen den Cardinal-Staatssecretär geführt, so daß die päpstliche Regierung ihr Erstaunen darüber durch den Internuncius des heiligen Stuhls in Paris hätte bezeugen lassen, und die Sache so weit gekommen sey, daß man einen Bruch mit dem römischen Hofe gefürchtet habe. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß nichts Wahres an diesen eben so viel Unwissenheit als Unredlichkeit beweisenden Gerüchten ist. Der Zwischenvorfall, dem der Parteigeist eine übertriebene Wichtigkeit beigelegt hat, war nach den zwischen den beiden Cabinetten gewechselten Mittheilungen nicht von der Beschaffenheit, die jederzeit von dem heiligen Stuhle mit der Regierung des Königs unterhaltenen freundschaftlichen, und auf das wohlverstandene Interesse der Religion gegründeten Berührungen zu ändern. Der römische Hof hat nicht einen Augenblick aufgehört zu beweisen, daß er den größten Werth darauf lege, ihnen diesen Charakter zu bewahren. Wir glauben übrigens, daß der Aufenthalt des Herzogs von Bordeaux in Rom nicht von langer Dauer seyn werde. Dem Datum der letzten Nachrichten zufolge scheint dessen Abreise nach Neapel nahe zu seyn. (Moniteur.) Telegraphische Depesche. Toulon, 5 Jan, Belida, 31 Dec. 1839. Marschall Valée an den Kriegsminister. Die Colonne unter meinem Befehle hat heute die Truppen Abd-El-Kaders zwischen dem obern Lager von Belida und der Chiffa angegriffen. 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840, S. 0090. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112/2>, abgerufen am 29.04.2024.