Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


entschied zu Gunsten des Doctors und Apothekers, das Kammergericht aber wies die Vollstreckung zurück. Das Ende vom Liede ist der Auflauf von 4000 Mark Kosten! Als bereits der Anfang zum Bau des Stiftungshauses gemacht war, verlangte das Stadtgericht Stempelgebühren. Dadurch gerieth der Bau wieder ins Stocken, jedoch entschied auch in dieser Beziehung das Kammergericht zu Gunsten der Stiftung, indem es dieselbe in die Kategorie der milden, nicht der Familienstiftungen zog. Nun erwartet man nur das Frühjahr, um den Bau von neuem zu beginnen. (Nordd. Bl.)


Oesterreich.

Ueber Pavia kommend, ist Se. kais. Hoh. der Erzherzog Karl Ferdinand am 31 Dec. in Mailand eingetroffen. - Der dänische Capitän v. Röder ist hier angekommen, um dem allerhöchsten Hofe das Notificationsschreiben vom Hintritte des Königs Friederich von Dänemark zu überbringen. - Privatnachrichten aus Preßburg zufolge hat die Magnatentafel in den Verhandlungen des ständischen Nunciums über die Religionsgegenstände die Reversalien für die Folge nicht angenommen, dagegen in Betreff der bereits bisher ausgestellten deren Gültigkeit anerkannt, wenn 1) kein Zwang oder keine Täuschung unterlaufen, 2) wenn sie durch thatsächliche Ausübung Bekräftigung erlangt haben, 3) wenn nicht durch eine nachträgliche Einsprache ein förmlicher Widerruf anzunehmen ist, 4) wenn man davon nicht abgegangen ist, in dem Sinne, daß man die Erziehung der Kinder in der katholischen Lehre ungehindert geschehen ließ, ohne sie zu einer andern christlichen Confession anzuhalten. Was jedoch den Punkt wegen Freistellung der Confessionswahl nach erreichtem 18ten Lebensjahre betrifft, so verlautet, daß er in der Mehrheit der Stimmen verworfen worden ist. Die übrigen Punkte dieses Nunciums mögen wohl in den nächsten Sitzungen, die jetzt wegen Wichtigkeit der Berathungen meist bis gegen 3 Uhr Nachmittags währen, vorgenommen werden. Die Beschlüsse der Ausschußcommission wegen der Recrutenstellung dürften sich noch etwas verziehen, da noch nicht alle Instructionen der Commitate eingegangen sind. - Der k. k. geheime Rath und Kämmerer Feldmarschalllieutenant und Obersthofmeister des Erzherzoges Albrechts, Graf Cerrini, ist gestorben. - Fürst Pückler-Muskau ist seit vorgestern in Wien und im Gasthofe zum goldenen Lamm in der Leopoldstadt einlogirt. In Gesellschaft der Abysinnierin ward er gestern im Theater des Kärnthnerthors gesehen. - Nachrichten aus Bucharest vom 13 Dec. melden, daß nun auch in der Gegend von Silistria Pestfälle vorkamen; inzwischen glaubt man an keine Weiterverbreitung, da die wallachische Regierung eifrig bemüht ist, die Seuche zu ersticken.

Tscherkessien.

Dem Messager wird angeblich aus Trapezunt vom 11 Dec. geschrieben: "Die Abchasen und Tscherkessen haben die von dem russischen General Radetzki, Yermoloffs Nachfolger, ihnen gemachten Vorschläge zu einer Uebereinkunft verworfen und einmüthig erklärt, daß sie Rußlands Forderungen sich nimmermehr unterwerfen werden." Derselbe Brief meldet, Hafis Pascha, der jetzt in Erzerum befehligt, habe Truppen gegen die Kurden abgeschickt.

Türkei.

Der Marseiller Semaphore läßt sich aus Konstantinopel schreiben: "Der Orden des Nischan Iftichar ist dem Bajazzo des Circus, Monsieur Soulier, von dem Sultan als ein Zeichen der Anerkennung für das Vergnügen verliehen worden, das ihm seine Leistungen gewährt. Dem Jongleur Rodolphe ist derselbe Orden versprochen. Den Europäern, die bisher nach dieser Auszeichnung so begierig waren, daß sie zu deren Erlangung Gold und Intriguen anwandten, wird jetzt der Appetit darnach etwas verdorben seyn. Man könnte den jungen Sultan für einen Satyriker halten, wenn nicht der Türke über Alles, was wie Ironie oder Satyre aussieht, von Natur erhaben wäre."

Den neuesten Berichten aus Konstantinopel vom 24 d. zufolge hatte der junge Fürst Michael von Serbien am 23 d. seine Audienz beim Sultan, wobei das gewöhnliche Cerimoniel beobachtet wurde. Zuvor hatte der Fürst seine reichen Geschenke an die von Seite der Pforte hiezu beauftragten Personen abgeliefert. - Das französische Dampfboot "Veloce", auf welchem Graf Sercey die Reise nach Trapezunt unternommen, ist am 20 d. glücklich wieder in dem Hafen von Konstantinopel angekommen. - In dem Stande der Verhältnisse zwischen der Pforte und Mehemed Ali hatte sich nichts verändert. Die Diplomatie in Konstantinopel war in gespannter Erwartung hinsichtlich des Resultats der in London zusammen getretenen Conferenz der europäischen Großmächte, und die Pforte sah mit Sehnsucht Nachrichten von Kiamil Pascha aus Alexandria entgegen, welcher, wie Gutunterrichtete versichern, neben Ueberbringung des Hattischerif vom 3 Nov. an Mehemed Ali den besondern Auftrag hatte, wegen eines Arrangements dem ägyptischen Gouvernement neue Vorschläge zu machen.


Syrien und Aegypten.

(Uns erst mit der letzten Alexandrinischen Post zugekommen.) Die unglücklichen Einwohner dieses Landes sind fortwährend der erbarmungslosen Geißel der Aepyptier preisgegeben, aber trotz aller Maaßregeln der Strenge, welche die Regierung, von etwa tausend Reitern (Baschi Busuk) unterstützt, anwendet, um die rückständigen Abgaben einzutreiben, brachte man nach zwei Monaten von Plackereien aller Art kaum 2000 Beutel (ein Beutel = 60 fl.) zusammen, während unser Bezirk 6000 Beutel schuldet. Die Bauern, die man bis aufs Blut aussaugt, verkaufen ihr Vieh und überhaupt Alles, was sie besitzen, sogar ihre Sämereien um ein Spottgeld. Ganze Dörfer sieht man entvölkert; die Einwohner ergreifen die Flucht, um dem Druck, der auf ihnen lastet, zu entgehen. Die gleiche Härte wird in ganz Syrien geübt. In Dschiffer el Shorgh geht die Barbarei über alle Beschreibung; selbst die Frauen werden dort nicht geschont und erhalten die Bastonnade oder werden in den Kerker geworfen, wenn ihre Männer, Söhne oder Brüder flüchtig sind. Einige von ihnen sind im Gefängniß mit todten Kindern niedergekommen. - Ibrahim Pascha hatte früher den armen Provinzen Fristen bewilligt, in diesem Jahr aber befahl er, ungeachtet die Ernte eine der schlechtesten war, Alles einzutreiben bis auf den letzten Para. Der Bauer, der genöthigt ist, sein letztes Besitzthum zu verkaufen, wird außer Stand seyn, den Acker zu bebauen und künftiges Jahr auch nur den fünften Theil der ihm auferlegten Abgaben zu entrichten. In dieser Lage befindet sich der größte Theil unserer Bauern. Die Syrer glauben inmitten der Bedrückungen, die sie erleiden, einen Hoffnungsstrahl zu sehen. Sie suchen sich zu überreden, daß die ägyptische Regierung Syrien verlassen müsse, und daher vor ihrer Entfernung das Land noch aussaugen wolle. Diese trügliche Voraussetzung ist der einzige Anker, welcher dem unglücklichen Volke bleibt. Die Verständigern wünschen, daß der so lange schon verkündigte Friede nicht noch länger auf sich warten lasse, damit diese armen Völker nicht noch völlig zu Grunde gehen. Ein glaubwürdiger Mann, der bei unserer Regierung angestellt ist, versicherte


entschied zu Gunsten des Doctors und Apothekers, das Kammergericht aber wies die Vollstreckung zurück. Das Ende vom Liede ist der Auflauf von 4000 Mark Kosten! Als bereits der Anfang zum Bau des Stiftungshauses gemacht war, verlangte das Stadtgericht Stempelgebühren. Dadurch gerieth der Bau wieder ins Stocken, jedoch entschied auch in dieser Beziehung das Kammergericht zu Gunsten der Stiftung, indem es dieselbe in die Kategorie der milden, nicht der Familienstiftungen zog. Nun erwartet man nur das Frühjahr, um den Bau von neuem zu beginnen. (Nordd. Bl.)


Oesterreich.

Ueber Pavia kommend, ist Se. kais. Hoh. der Erzherzog Karl Ferdinand am 31 Dec. in Mailand eingetroffen. – Der dänische Capitän v. Röder ist hier angekommen, um dem allerhöchsten Hofe das Notificationsschreiben vom Hintritte des Königs Friederich von Dänemark zu überbringen. – Privatnachrichten aus Preßburg zufolge hat die Magnatentafel in den Verhandlungen des ständischen Nunciums über die Religionsgegenstände die Reversalien für die Folge nicht angenommen, dagegen in Betreff der bereits bisher ausgestellten deren Gültigkeit anerkannt, wenn 1) kein Zwang oder keine Täuschung unterlaufen, 2) wenn sie durch thatsächliche Ausübung Bekräftigung erlangt haben, 3) wenn nicht durch eine nachträgliche Einsprache ein förmlicher Widerruf anzunehmen ist, 4) wenn man davon nicht abgegangen ist, in dem Sinne, daß man die Erziehung der Kinder in der katholischen Lehre ungehindert geschehen ließ, ohne sie zu einer andern christlichen Confession anzuhalten. Was jedoch den Punkt wegen Freistellung der Confessionswahl nach erreichtem 18ten Lebensjahre betrifft, so verlautet, daß er in der Mehrheit der Stimmen verworfen worden ist. Die übrigen Punkte dieses Nunciums mögen wohl in den nächsten Sitzungen, die jetzt wegen Wichtigkeit der Berathungen meist bis gegen 3 Uhr Nachmittags währen, vorgenommen werden. Die Beschlüsse der Ausschußcommission wegen der Recrutenstellung dürften sich noch etwas verziehen, da noch nicht alle Instructionen der Commitate eingegangen sind. – Der k. k. geheime Rath und Kämmerer Feldmarschalllieutenant und Obersthofmeister des Erzherzoges Albrechts, Graf Cerrini, ist gestorben. – Fürst Pückler-Muskau ist seit vorgestern in Wien und im Gasthofe zum goldenen Lamm in der Leopoldstadt einlogirt. In Gesellschaft der Abysinnierin ward er gestern im Theater des Kärnthnerthors gesehen. – Nachrichten aus Bucharest vom 13 Dec. melden, daß nun auch in der Gegend von Silistria Pestfälle vorkamen; inzwischen glaubt man an keine Weiterverbreitung, da die wallachische Regierung eifrig bemüht ist, die Seuche zu ersticken.

Tscherkessien.

Dem Messager wird angeblich aus Trapezunt vom 11 Dec. geschrieben: „Die Abchasen und Tscherkessen haben die von dem russischen General Radetzki, Yermoloffs Nachfolger, ihnen gemachten Vorschläge zu einer Uebereinkunft verworfen und einmüthig erklärt, daß sie Rußlands Forderungen sich nimmermehr unterwerfen werden.“ Derselbe Brief meldet, Hafis Pascha, der jetzt in Erzerum befehligt, habe Truppen gegen die Kurden abgeschickt.

Türkei.

Der Marseiller Sémaphore läßt sich aus Konstantinopel schreiben: „Der Orden des Nischan Iftichar ist dem Bajazzo des Circus, Monsieur Soulier, von dem Sultan als ein Zeichen der Anerkennung für das Vergnügen verliehen worden, das ihm seine Leistungen gewährt. Dem Jongleur Rodolphe ist derselbe Orden versprochen. Den Europäern, die bisher nach dieser Auszeichnung so begierig waren, daß sie zu deren Erlangung Gold und Intriguen anwandten, wird jetzt der Appetit darnach etwas verdorben seyn. Man könnte den jungen Sultan für einen Satyriker halten, wenn nicht der Türke über Alles, was wie Ironie oder Satyre aussieht, von Natur erhaben wäre.“

Den neuesten Berichten aus Konstantinopel vom 24 d. zufolge hatte der junge Fürst Michael von Serbien am 23 d. seine Audienz beim Sultan, wobei das gewöhnliche Cerimoniel beobachtet wurde. Zuvor hatte der Fürst seine reichen Geschenke an die von Seite der Pforte hiezu beauftragten Personen abgeliefert. – Das französische Dampfboot „Veloce“, auf welchem Graf Sercey die Reise nach Trapezunt unternommen, ist am 20 d. glücklich wieder in dem Hafen von Konstantinopel angekommen. – In dem Stande der Verhältnisse zwischen der Pforte und Mehemed Ali hatte sich nichts verändert. Die Diplomatie in Konstantinopel war in gespannter Erwartung hinsichtlich des Resultats der in London zusammen getretenen Conferenz der europäischen Großmächte, und die Pforte sah mit Sehnsucht Nachrichten von Kiamil Pascha aus Alexandria entgegen, welcher, wie Gutunterrichtete versichern, neben Ueberbringung des Hattischerif vom 3 Nov. an Mehemed Ali den besondern Auftrag hatte, wegen eines Arrangements dem ägyptischen Gouvernement neue Vorschläge zu machen.


Syrien und Aegypten.

(Uns erst mit der letzten Alexandrinischen Post zugekommen.) Die unglücklichen Einwohner dieses Landes sind fortwährend der erbarmungslosen Geißel der Aepyptier preisgegeben, aber trotz aller Maaßregeln der Strenge, welche die Regierung, von etwa tausend Reitern (Baschi Busuk) unterstützt, anwendet, um die rückständigen Abgaben einzutreiben, brachte man nach zwei Monaten von Plackereien aller Art kaum 2000 Beutel (ein Beutel = 60 fl.) zusammen, während unser Bezirk 6000 Beutel schuldet. Die Bauern, die man bis aufs Blut aussaugt, verkaufen ihr Vieh und überhaupt Alles, was sie besitzen, sogar ihre Sämereien um ein Spottgeld. Ganze Dörfer sieht man entvölkert; die Einwohner ergreifen die Flucht, um dem Druck, der auf ihnen lastet, zu entgehen. Die gleiche Härte wird in ganz Syrien geübt. In Dschiffer el Shorgh geht die Barbarei über alle Beschreibung; selbst die Frauen werden dort nicht geschont und erhalten die Bastonnade oder werden in den Kerker geworfen, wenn ihre Männer, Söhne oder Brüder flüchtig sind. Einige von ihnen sind im Gefängniß mit todten Kindern niedergekommen. – Ibrahim Pascha hatte früher den armen Provinzen Fristen bewilligt, in diesem Jahr aber befahl er, ungeachtet die Ernte eine der schlechtesten war, Alles einzutreiben bis auf den letzten Para. Der Bauer, der genöthigt ist, sein letztes Besitzthum zu verkaufen, wird außer Stand seyn, den Acker zu bebauen und künftiges Jahr auch nur den fünften Theil der ihm auferlegten Abgaben zu entrichten. In dieser Lage befindet sich der größte Theil unserer Bauern. Die Syrer glauben inmitten der Bedrückungen, die sie erleiden, einen Hoffnungsstrahl zu sehen. Sie suchen sich zu überreden, daß die ägyptische Regierung Syrien verlassen müsse, und daher vor ihrer Entfernung das Land noch aussaugen wolle. Diese trügliche Voraussetzung ist der einzige Anker, welcher dem unglücklichen Volke bleibt. Die Verständigern wünschen, daß der so lange schon verkündigte Friede nicht noch länger auf sich warten lasse, damit diese armen Völker nicht noch völlig zu Grunde gehen. Ein glaubwürdiger Mann, der bei unserer Regierung angestellt ist, versicherte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0006" n="0094"/><lb/>
entschied zu Gunsten des Doctors und Apothekers, das Kammergericht aber wies die Vollstreckung zurück. Das Ende vom Liede ist der Auflauf von 4000 Mark Kosten! Als bereits der Anfang zum Bau des Stiftungshauses gemacht war, verlangte das Stadtgericht Stempelgebühren. Dadurch gerieth der Bau wieder ins Stocken, jedoch entschied auch in dieser Beziehung das Kammergericht zu Gunsten der Stiftung, indem es dieselbe in die Kategorie der milden, nicht der Familienstiftungen zog. Nun erwartet man nur das Frühjahr, um den Bau von neuem zu beginnen. (<hi rendition="#g">Nordd</hi>. <hi rendition="#g">Bl</hi>.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Oesterreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>&#x271D;*</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 7 Jan.</dateline>
          <p> Ueber Pavia kommend, ist Se. kais. Hoh. der Erzherzog Karl Ferdinand am 31 Dec. in Mailand eingetroffen. &#x2013; Der dänische Capitän v. Röder ist hier angekommen, um dem allerhöchsten Hofe das Notificationsschreiben vom Hintritte des Königs Friederich von Dänemark zu überbringen. &#x2013; Privatnachrichten aus Preßburg zufolge hat die Magnatentafel in den Verhandlungen des ständischen Nunciums über die Religionsgegenstände die Reversalien für die Folge nicht angenommen, dagegen in Betreff der bereits bisher ausgestellten deren Gültigkeit anerkannt, wenn 1) kein Zwang oder keine Täuschung unterlaufen, 2) wenn sie durch thatsächliche Ausübung Bekräftigung erlangt haben, 3) wenn nicht durch eine nachträgliche Einsprache ein förmlicher Widerruf anzunehmen ist, 4) wenn man davon nicht abgegangen ist, in dem Sinne, daß man die Erziehung der Kinder in der katholischen Lehre ungehindert geschehen ließ, ohne sie zu einer andern christlichen Confession anzuhalten. Was jedoch den Punkt wegen Freistellung der Confessionswahl nach erreichtem 18ten Lebensjahre betrifft, so verlautet, daß er in der Mehrheit der Stimmen verworfen worden ist. Die übrigen Punkte dieses Nunciums mögen wohl in den nächsten Sitzungen, die jetzt wegen Wichtigkeit der Berathungen meist bis gegen 3 Uhr Nachmittags währen, vorgenommen werden. Die Beschlüsse der Ausschußcommission wegen der Recrutenstellung dürften sich noch etwas verziehen, da noch nicht alle Instructionen der Commitate eingegangen sind. &#x2013; Der k. k. geheime Rath und Kämmerer Feldmarschalllieutenant und Obersthofmeister des Erzherzoges Albrechts, Graf Cerrini, ist gestorben. &#x2013; Fürst Pückler-Muskau ist seit vorgestern in Wien und im Gasthofe zum goldenen Lamm in der Leopoldstadt einlogirt. In Gesellschaft der Abysinnierin ward er gestern im Theater des Kärnthnerthors gesehen. &#x2013; Nachrichten aus Bucharest vom 13 Dec. melden, daß nun auch in der Gegend von Silistria Pestfälle vorkamen; inzwischen glaubt man an keine Weiterverbreitung, da die wallachische Regierung eifrig bemüht ist, die Seuche zu ersticken.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Tscherkessien.</hi> </head><lb/>
        <p>Dem <hi rendition="#g">Messager</hi> wird angeblich aus <hi rendition="#b">Trapezunt</hi> vom 11 Dec. geschrieben: &#x201E;Die Abchasen und Tscherkessen haben die von dem russischen General Radetzki, Yermoloffs Nachfolger, ihnen gemachten Vorschläge zu einer Uebereinkunft verworfen und einmüthig erklärt, daß sie Rußlands Forderungen sich nimmermehr unterwerfen werden.&#x201C; Derselbe Brief meldet, Hafis Pascha, der jetzt in Erzerum befehligt, habe Truppen gegen die Kurden abgeschickt.</p>
      </div><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/>
        <p>Der Marseiller <hi rendition="#g">Sémaphore</hi> läßt sich aus <hi rendition="#b">Konstantinopel</hi> schreiben: &#x201E;Der Orden des Nischan Iftichar ist dem Bajazzo des Circus, Monsieur Soulier, von dem Sultan als ein Zeichen der Anerkennung für das Vergnügen verliehen worden, das ihm seine Leistungen gewährt. Dem Jongleur Rodolphe ist derselbe Orden versprochen. Den Europäern, die bisher nach dieser Auszeichnung so begierig waren, daß sie zu deren Erlangung Gold und Intriguen anwandten, wird jetzt der Appetit darnach etwas verdorben seyn. Man könnte den jungen Sultan für einen Satyriker halten, wenn nicht der Türke über Alles, was wie Ironie oder Satyre aussieht, von Natur erhaben wäre.&#x201C;</p><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>*</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Von der türkischen Gränze,</hi> 29 Dec.</dateline>
          <p> Den neuesten Berichten aus Konstantinopel vom 24 d. zufolge hatte der junge Fürst Michael von Serbien am 23 d. seine Audienz beim Sultan, wobei das gewöhnliche Cerimoniel beobachtet wurde. Zuvor hatte der Fürst seine reichen Geschenke an die von Seite der Pforte hiezu beauftragten Personen abgeliefert. &#x2013; Das französische Dampfboot &#x201E;Veloce&#x201C;, auf welchem Graf Sercey die Reise nach Trapezunt unternommen, ist am 20 d. glücklich wieder in dem Hafen von Konstantinopel angekommen. &#x2013; In dem Stande der Verhältnisse zwischen der Pforte und Mehemed Ali hatte sich nichts verändert. Die Diplomatie in Konstantinopel war in gespannter Erwartung hinsichtlich des Resultats der in London zusammen getretenen Conferenz der europäischen Großmächte, und die Pforte sah mit Sehnsucht Nachrichten von Kiamil Pascha aus Alexandria entgegen, welcher, wie Gutunterrichtete versichern, neben Ueberbringung des Hattischerif vom 3 Nov. an Mehemed Ali den besondern Auftrag hatte, wegen eines Arrangements dem ägyptischen Gouvernement neue Vorschläge zu machen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Syrien und Aegypten.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>&#x263D;</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Latakia,</hi> 29 Oct.</dateline>
          <p> (Uns erst mit der letzten Alexandrinischen Post zugekommen.) Die unglücklichen Einwohner dieses Landes sind fortwährend der erbarmungslosen Geißel der Aepyptier preisgegeben, aber trotz aller Maaßregeln der Strenge, welche die Regierung, von etwa tausend Reitern (Baschi Busuk) unterstützt, anwendet, um die rückständigen Abgaben einzutreiben, brachte man nach zwei Monaten von Plackereien aller Art kaum 2000 Beutel (ein Beutel = 60 fl.) zusammen, während unser Bezirk 6000 Beutel schuldet. Die Bauern, die man bis aufs Blut aussaugt, verkaufen ihr Vieh und überhaupt Alles, was sie besitzen, sogar ihre Sämereien um ein Spottgeld. Ganze Dörfer sieht man entvölkert; die Einwohner ergreifen die Flucht, um dem Druck, der auf ihnen lastet, zu entgehen. Die gleiche Härte wird in ganz Syrien geübt. In Dschiffer el Shorgh geht die Barbarei über alle Beschreibung; selbst die Frauen werden dort nicht geschont und erhalten die Bastonnade oder werden in den Kerker geworfen, wenn ihre Männer, Söhne oder Brüder flüchtig sind. Einige von ihnen sind im Gefängniß mit todten Kindern niedergekommen. &#x2013; Ibrahim Pascha hatte früher den armen Provinzen Fristen bewilligt, in diesem Jahr aber befahl er, ungeachtet die Ernte eine der schlechtesten war, Alles einzutreiben bis auf den letzten Para. Der Bauer, der genöthigt ist, sein letztes Besitzthum zu verkaufen, wird außer Stand seyn, den Acker zu bebauen und künftiges Jahr auch nur den fünften Theil der ihm auferlegten Abgaben zu entrichten. In dieser Lage befindet sich der größte Theil unserer Bauern. Die Syrer glauben inmitten der Bedrückungen, die sie erleiden, einen Hoffnungsstrahl zu sehen. Sie suchen sich zu überreden, daß die ägyptische Regierung Syrien verlassen müsse, und daher vor ihrer Entfernung das Land noch aussaugen wolle. Diese trügliche Voraussetzung ist der einzige Anker, welcher dem unglücklichen Volke bleibt. Die Verständigern wünschen, daß der so lange schon verkündigte Friede nicht noch länger auf sich warten lasse, damit diese armen Völker nicht noch völlig zu Grunde gehen. Ein glaubwürdiger Mann, der bei unserer Regierung angestellt ist, versicherte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0094/0006] entschied zu Gunsten des Doctors und Apothekers, das Kammergericht aber wies die Vollstreckung zurück. Das Ende vom Liede ist der Auflauf von 4000 Mark Kosten! Als bereits der Anfang zum Bau des Stiftungshauses gemacht war, verlangte das Stadtgericht Stempelgebühren. Dadurch gerieth der Bau wieder ins Stocken, jedoch entschied auch in dieser Beziehung das Kammergericht zu Gunsten der Stiftung, indem es dieselbe in die Kategorie der milden, nicht der Familienstiftungen zog. Nun erwartet man nur das Frühjahr, um den Bau von neuem zu beginnen. (Nordd. Bl.) Oesterreich. ✝* Wien, 7 Jan. Ueber Pavia kommend, ist Se. kais. Hoh. der Erzherzog Karl Ferdinand am 31 Dec. in Mailand eingetroffen. – Der dänische Capitän v. Röder ist hier angekommen, um dem allerhöchsten Hofe das Notificationsschreiben vom Hintritte des Königs Friederich von Dänemark zu überbringen. – Privatnachrichten aus Preßburg zufolge hat die Magnatentafel in den Verhandlungen des ständischen Nunciums über die Religionsgegenstände die Reversalien für die Folge nicht angenommen, dagegen in Betreff der bereits bisher ausgestellten deren Gültigkeit anerkannt, wenn 1) kein Zwang oder keine Täuschung unterlaufen, 2) wenn sie durch thatsächliche Ausübung Bekräftigung erlangt haben, 3) wenn nicht durch eine nachträgliche Einsprache ein förmlicher Widerruf anzunehmen ist, 4) wenn man davon nicht abgegangen ist, in dem Sinne, daß man die Erziehung der Kinder in der katholischen Lehre ungehindert geschehen ließ, ohne sie zu einer andern christlichen Confession anzuhalten. Was jedoch den Punkt wegen Freistellung der Confessionswahl nach erreichtem 18ten Lebensjahre betrifft, so verlautet, daß er in der Mehrheit der Stimmen verworfen worden ist. Die übrigen Punkte dieses Nunciums mögen wohl in den nächsten Sitzungen, die jetzt wegen Wichtigkeit der Berathungen meist bis gegen 3 Uhr Nachmittags währen, vorgenommen werden. Die Beschlüsse der Ausschußcommission wegen der Recrutenstellung dürften sich noch etwas verziehen, da noch nicht alle Instructionen der Commitate eingegangen sind. – Der k. k. geheime Rath und Kämmerer Feldmarschalllieutenant und Obersthofmeister des Erzherzoges Albrechts, Graf Cerrini, ist gestorben. – Fürst Pückler-Muskau ist seit vorgestern in Wien und im Gasthofe zum goldenen Lamm in der Leopoldstadt einlogirt. In Gesellschaft der Abysinnierin ward er gestern im Theater des Kärnthnerthors gesehen. – Nachrichten aus Bucharest vom 13 Dec. melden, daß nun auch in der Gegend von Silistria Pestfälle vorkamen; inzwischen glaubt man an keine Weiterverbreitung, da die wallachische Regierung eifrig bemüht ist, die Seuche zu ersticken. Tscherkessien. Dem Messager wird angeblich aus Trapezunt vom 11 Dec. geschrieben: „Die Abchasen und Tscherkessen haben die von dem russischen General Radetzki, Yermoloffs Nachfolger, ihnen gemachten Vorschläge zu einer Uebereinkunft verworfen und einmüthig erklärt, daß sie Rußlands Forderungen sich nimmermehr unterwerfen werden.“ Derselbe Brief meldet, Hafis Pascha, der jetzt in Erzerum befehligt, habe Truppen gegen die Kurden abgeschickt. Türkei. Der Marseiller Sémaphore läßt sich aus Konstantinopel schreiben: „Der Orden des Nischan Iftichar ist dem Bajazzo des Circus, Monsieur Soulier, von dem Sultan als ein Zeichen der Anerkennung für das Vergnügen verliehen worden, das ihm seine Leistungen gewährt. Dem Jongleur Rodolphe ist derselbe Orden versprochen. Den Europäern, die bisher nach dieser Auszeichnung so begierig waren, daß sie zu deren Erlangung Gold und Intriguen anwandten, wird jetzt der Appetit darnach etwas verdorben seyn. Man könnte den jungen Sultan für einen Satyriker halten, wenn nicht der Türke über Alles, was wie Ironie oder Satyre aussieht, von Natur erhaben wäre.“ * Von der türkischen Gränze, 29 Dec. Den neuesten Berichten aus Konstantinopel vom 24 d. zufolge hatte der junge Fürst Michael von Serbien am 23 d. seine Audienz beim Sultan, wobei das gewöhnliche Cerimoniel beobachtet wurde. Zuvor hatte der Fürst seine reichen Geschenke an die von Seite der Pforte hiezu beauftragten Personen abgeliefert. – Das französische Dampfboot „Veloce“, auf welchem Graf Sercey die Reise nach Trapezunt unternommen, ist am 20 d. glücklich wieder in dem Hafen von Konstantinopel angekommen. – In dem Stande der Verhältnisse zwischen der Pforte und Mehemed Ali hatte sich nichts verändert. Die Diplomatie in Konstantinopel war in gespannter Erwartung hinsichtlich des Resultats der in London zusammen getretenen Conferenz der europäischen Großmächte, und die Pforte sah mit Sehnsucht Nachrichten von Kiamil Pascha aus Alexandria entgegen, welcher, wie Gutunterrichtete versichern, neben Ueberbringung des Hattischerif vom 3 Nov. an Mehemed Ali den besondern Auftrag hatte, wegen eines Arrangements dem ägyptischen Gouvernement neue Vorschläge zu machen. Syrien und Aegypten. ☽ Latakia, 29 Oct. (Uns erst mit der letzten Alexandrinischen Post zugekommen.) Die unglücklichen Einwohner dieses Landes sind fortwährend der erbarmungslosen Geißel der Aepyptier preisgegeben, aber trotz aller Maaßregeln der Strenge, welche die Regierung, von etwa tausend Reitern (Baschi Busuk) unterstützt, anwendet, um die rückständigen Abgaben einzutreiben, brachte man nach zwei Monaten von Plackereien aller Art kaum 2000 Beutel (ein Beutel = 60 fl.) zusammen, während unser Bezirk 6000 Beutel schuldet. Die Bauern, die man bis aufs Blut aussaugt, verkaufen ihr Vieh und überhaupt Alles, was sie besitzen, sogar ihre Sämereien um ein Spottgeld. Ganze Dörfer sieht man entvölkert; die Einwohner ergreifen die Flucht, um dem Druck, der auf ihnen lastet, zu entgehen. Die gleiche Härte wird in ganz Syrien geübt. In Dschiffer el Shorgh geht die Barbarei über alle Beschreibung; selbst die Frauen werden dort nicht geschont und erhalten die Bastonnade oder werden in den Kerker geworfen, wenn ihre Männer, Söhne oder Brüder flüchtig sind. Einige von ihnen sind im Gefängniß mit todten Kindern niedergekommen. – Ibrahim Pascha hatte früher den armen Provinzen Fristen bewilligt, in diesem Jahr aber befahl er, ungeachtet die Ernte eine der schlechtesten war, Alles einzutreiben bis auf den letzten Para. Der Bauer, der genöthigt ist, sein letztes Besitzthum zu verkaufen, wird außer Stand seyn, den Acker zu bebauen und künftiges Jahr auch nur den fünften Theil der ihm auferlegten Abgaben zu entrichten. In dieser Lage befindet sich der größte Theil unserer Bauern. Die Syrer glauben inmitten der Bedrückungen, die sie erleiden, einen Hoffnungsstrahl zu sehen. Sie suchen sich zu überreden, daß die ägyptische Regierung Syrien verlassen müsse, und daher vor ihrer Entfernung das Land noch aussaugen wolle. Diese trügliche Voraussetzung ist der einzige Anker, welcher dem unglücklichen Volke bleibt. Die Verständigern wünschen, daß der so lange schon verkündigte Friede nicht noch länger auf sich warten lasse, damit diese armen Völker nicht noch völlig zu Grunde gehen. Ein glaubwürdiger Mann, der bei unserer Regierung angestellt ist, versicherte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112/6
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840, S. 0094. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_012_18400112/6>, abgerufen am 29.04.2024.