Allgemeine Zeitung. Nr. 12. Augsburg, 12. Januar 1840.
Karlsruhe, 7 Jan. Das großherzogl. Staats- und Regierungsblatt vom heutigen, Nr. 1, enthält nachstehende höchstlandesherrliche Verordnung: "Leopold, von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Nachdem Wir Unser Ministerium des Innern neuerdings angewiesen haben, die preßpolizeiliche Aufsicht in der Weise zu handhaben, daß eine freimüthige, aber anständige Besprechung der öffentlichen Angelegenheiten, insbesondere deren des Großherzogthums, gesichert bleibe, und sich dabei nach den Vorschriften des Bundes genau zu achten, so erübrigt noch, für die schleunige Erledigung vorkommender Beschwerden gegen die Censur und für einen geregelten Instanzenzug Sorge zu tragen. Wir haben deßhalb beschlossen und verordnen wie folgt: §. 1. Die Entscheidung der Beschwerden gegen die Censoren ist zunächst den Kreisregierungscollegien, in deren Kreis sich der Censor befindet, oder, nach Wahl des Beschwerdeführers, dem Regierungsvorstand übertragen. §. 2. Das Ministerium des Innern entscheidet nach collegialischer Berathung in letzter Instanz, wenn gegen die Erkenntnisse der Kreisregierungen, oder ihrer Vorstände, Recurs ergriffen wird. §. 3. Die Recursbeschwerden sind schriftlich, mit oder ohne Angabe von Gründen, bei der Stelle oder Person anzubringen, gegen deren Entscheidung der Recurs ergriffen wird. Diese hat die Beschwerdeschrift mit einer kurzen Rechtfertigung ihres Verfahrens unverzüglich an die Recursinstanz zu befördern. Von Seite der Censoren hat die Einbeförderung bei Tagblättern in der Regel noch am Tage der Einreichung der Beschwerdeschrift zu geschehen. Alle Beschwerden gegen die Censoren sind als eilende Sachen zu behandeln. §. 4. Der Artikel 3 der Verordnung vom 8 August 1834 über die Censur der Druckschriften ist aufgehoben. Gegeben zu Karlsruhe, in Unserm Staatsministerium den 3 Jan. 1840. Leopold. Frhr. v. Rüdt. Auf höchsten Befehl Sr. k. H. des Großherzogs: Büchler. Leipzig, 5 Jan. Wie man aus Berlin erfährt, sollen nach einer höheren Verordnung vom 27 Dec. v. J. alle im Verlage von G. J. Manz in Regensburg erscheinenden oder als Commissionsartikel von ihm ausgegebenen Schriften, Blätter u. s. w., von welcher Art sie auch seyn mögen, innerhalb der königl. preußischen Lande nicht zugelassen und verkauft werden. (Mannh. J.) Preußen. Berlin. 5 Jan. Ein Correspondent in Frankfurt a. M., den mit mehrern andern deutschen Blättern auch die Preußische Staatszeitung besitzt, hatte von dort berichtet, daß der Bundestag mit einem allgemeinen Preßgesetz beschäftigt sey. Augenscheinlich beruhte diese Nachricht auf einer Verwechselung des, wie es heißt, bereits vor längerer Zeit in Vorschlag gekommenen allgemeiuen Nachdrucksgesetzes mit einem Preßgesetze; gleichwohl nahmen einige jener Blätter, die jede Gelegenheit, auf Preußen irgend ein Odium zu werfen, mit unverstellter Begierde ergreifen, auch von jener kurzen und von den meisten Lesern gewiß unbeachtet gebliebenen Nachricht der Staatszeitung Anlaß, eine lange Declamation darauf zu begründen und von ihrer eigenen Liebe zur Preßfreiheit im Gegensatze zur preußischen Preßbeschränkung zu sprechen. Wir haben die leztere niemals vertheidigt und können uns also nur darüber freuen, Freunde der Publicität und der freien Forschung auch da anzutreffen, wo wir besonders die letztere nicht sonderlich in Ansehen glaubten; wenn man jedoch die Meinung verbreiten will, daß gerade in Berlin der Preßzwang viele Freunde besitze und immer neue Verehrer finde, so glauben wir mit Fug und Recht protestiren zu müssen. Die Censur ist hier allerdings streng, aber die Censoren repräsentiren weder Berlin noch Preußen. Ja, der letzte, vielbesprochene Censurconflict mit den "Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik" hat hinlänglich bewiesen, daß es noch Richter in Berlin gibt (qu'il y a encore des juges a Berlin). Denn nicht der Minister v. Altenstein, wie es in der Münchener pol. Zeitung heißt, sondern der höchste irdische Richter, den Berlin in letzter Instanz besitzt, hat selbst und aus eigener Bewegung entschieden, daß die Herausgeber der Jahrbücher Genugthuung von der Censur erhalten sollen, die auch wohl am vollständigsten in der Bestimmung liegt, daß sie selbst einen Censor der Jahrbücher aus ihrer eigenen Mitte vorschlagen sollen. Wo sind nun hierbei die Bedingungen wahrzunehmen, die, einer durchaus unrichtigen Darstellung in der Münchener pol. Zeitung zufolge, den Jahrbüchern von oben herab gemacht worden seyn sollen? Die Herausgeber haben allerdings durch die Verlagshandlung erklären lassen, daß das Blatt eine vielseitigere Vertretung der verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen darbieten werde. Aber das haben sie aus Achtung vor dem deutschen wissenschaftlichen Publicum gethan, das mit gesundem Tact ein Feind jeder Systemmacherei ist, und wäre sie auch noch so geistvoll, nicht aber aus Respect vor vorgeschriebenen Bedingungen, die eben so wenig existiren, als die famose Dienstentlassung der Hegel'schen Philosophie. Die Jahrbücher haben ihren Plan erweitert, um sich ein größeres Publicum zu gewinnen: thäten sie dieß nicht, so würde es ihnen wie ihren ältern Schwestern in Jena und Halle ergehen, die, weil sie ihren Plan mit der fortschreitenden Zeit nicht geändert, allmählich immer mehr verdrängt werden von den neuen Journalen und Vierteljahrsschriften, die im südlichen und nördlichen Deutschland entstanden sind. - Nachrichten aus Posen zufolge hat dort mit dem abgelaufenen Jahr die Kirchentrauer ein Ende genommen. Es scheint, daß die dasige Geistlichkeit zu der Einsicht gelangt sey, daß ihr Verfahren nicht bloß der Sache, die sie damit zu verfechten glaubte, nachtheilig werden könne, sondern selbst in Rom nicht den Beifall gefunden habe, den sie sich davon versprach. Berlin. Sehr interessant sind die Schicksale, welche das neben dem neuen Nicolaus-Bürgerhospital in Berlin zu errichtende Stiftungshaus für arme Weber hat. Der Stifter desselben, der alte reiche Kaufmann Weidinger, floh, wie bekannt, vor der Cholera aus Berlin nach Hamburg, und wenige Tage nach seiner Ankunft starb er daselbst als der einzige Mensch, der zu jener Zeit in Hamburg von dieser schrecklichen Krankheit ergriffen wurde. Die Executoren des Testaments sendeten dem Hamburger Arzte für die 24stündige Pflege 60 Stück Ducaten, dieser aber wies sie zurück, und schickte dafür eine Liquidation von 1400 Mark Banco ein. Der Apotheker forderte 800 Mark, und obgleich der Körper nach Berlin geschafft wurde, setzte man 2000 Mark für die Begräbnißkosten an. Daraus entstand ein Proceß. Das Hamburger Gericht
Karlsruhe, 7 Jan. Das großherzogl. Staats- und Regierungsblatt vom heutigen, Nr. 1, enthält nachstehende höchstlandesherrliche Verordnung: „Leopold, von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Nachdem Wir Unser Ministerium des Innern neuerdings angewiesen haben, die preßpolizeiliche Aufsicht in der Weise zu handhaben, daß eine freimüthige, aber anständige Besprechung der öffentlichen Angelegenheiten, insbesondere deren des Großherzogthums, gesichert bleibe, und sich dabei nach den Vorschriften des Bundes genau zu achten, so erübrigt noch, für die schleunige Erledigung vorkommender Beschwerden gegen die Censur und für einen geregelten Instanzenzug Sorge zu tragen. Wir haben deßhalb beschlossen und verordnen wie folgt: §. 1. Die Entscheidung der Beschwerden gegen die Censoren ist zunächst den Kreisregierungscollegien, in deren Kreis sich der Censor befindet, oder, nach Wahl des Beschwerdeführers, dem Regierungsvorstand übertragen. §. 2. Das Ministerium des Innern entscheidet nach collegialischer Berathung in letzter Instanz, wenn gegen die Erkenntnisse der Kreisregierungen, oder ihrer Vorstände, Recurs ergriffen wird. §. 3. Die Recursbeschwerden sind schriftlich, mit oder ohne Angabe von Gründen, bei der Stelle oder Person anzubringen, gegen deren Entscheidung der Recurs ergriffen wird. Diese hat die Beschwerdeschrift mit einer kurzen Rechtfertigung ihres Verfahrens unverzüglich an die Recursinstanz zu befördern. Von Seite der Censoren hat die Einbeförderung bei Tagblättern in der Regel noch am Tage der Einreichung der Beschwerdeschrift zu geschehen. Alle Beschwerden gegen die Censoren sind als eilende Sachen zu behandeln. §. 4. Der Artikel 3 der Verordnung vom 8 August 1834 über die Censur der Druckschriften ist aufgehoben. Gegeben zu Karlsruhe, in Unserm Staatsministerium den 3 Jan. 1840. Leopold. Frhr. v. Rüdt. Auf höchsten Befehl Sr. k. H. des Großherzogs: Büchler. Leipzig, 5 Jan. Wie man aus Berlin erfährt, sollen nach einer höheren Verordnung vom 27 Dec. v. J. alle im Verlage von G. J. Manz in Regensburg erscheinenden oder als Commissionsartikel von ihm ausgegebenen Schriften, Blätter u. s. w., von welcher Art sie auch seyn mögen, innerhalb der königl. preußischen Lande nicht zugelassen und verkauft werden. (Mannh. J.) Preußen. Berlin. 5 Jan. Ein Correspondent in Frankfurt a. M., den mit mehrern andern deutschen Blättern auch die Preußische Staatszeitung besitzt, hatte von dort berichtet, daß der Bundestag mit einem allgemeinen Preßgesetz beschäftigt sey. Augenscheinlich beruhte diese Nachricht auf einer Verwechselung des, wie es heißt, bereits vor längerer Zeit in Vorschlag gekommenen allgemeiuen Nachdrucksgesetzes mit einem Preßgesetze; gleichwohl nahmen einige jener Blätter, die jede Gelegenheit, auf Preußen irgend ein Odium zu werfen, mit unverstellter Begierde ergreifen, auch von jener kurzen und von den meisten Lesern gewiß unbeachtet gebliebenen Nachricht der Staatszeitung Anlaß, eine lange Declamation darauf zu begründen und von ihrer eigenen Liebe zur Preßfreiheit im Gegensatze zur preußischen Preßbeschränkung zu sprechen. Wir haben die leztere niemals vertheidigt und können uns also nur darüber freuen, Freunde der Publicität und der freien Forschung auch da anzutreffen, wo wir besonders die letztere nicht sonderlich in Ansehen glaubten; wenn man jedoch die Meinung verbreiten will, daß gerade in Berlin der Preßzwang viele Freunde besitze und immer neue Verehrer finde, so glauben wir mit Fug und Recht protestiren zu müssen. Die Censur ist hier allerdings streng, aber die Censoren repräsentiren weder Berlin noch Preußen. Ja, der letzte, vielbesprochene Censurconflict mit den „Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik“ hat hinlänglich bewiesen, daß es noch Richter in Berlin gibt (qu'il y a encore des juges à Berlin). Denn nicht der Minister v. Altenstein, wie es in der Münchener pol. Zeitung heißt, sondern der höchste irdische Richter, den Berlin in letzter Instanz besitzt, hat selbst und aus eigener Bewegung entschieden, daß die Herausgeber der Jahrbücher Genugthuung von der Censur erhalten sollen, die auch wohl am vollständigsten in der Bestimmung liegt, daß sie selbst einen Censor der Jahrbücher aus ihrer eigenen Mitte vorschlagen sollen. Wo sind nun hierbei die Bedingungen wahrzunehmen, die, einer durchaus unrichtigen Darstellung in der Münchener pol. Zeitung zufolge, den Jahrbüchern von oben herab gemacht worden seyn sollen? Die Herausgeber haben allerdings durch die Verlagshandlung erklären lassen, daß das Blatt eine vielseitigere Vertretung der verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen darbieten werde. Aber das haben sie aus Achtung vor dem deutschen wissenschaftlichen Publicum gethan, das mit gesundem Tact ein Feind jeder Systemmacherei ist, und wäre sie auch noch so geistvoll, nicht aber aus Respect vor vorgeschriebenen Bedingungen, die eben so wenig existiren, als die famose Dienstentlassung der Hegel'schen Philosophie. Die Jahrbücher haben ihren Plan erweitert, um sich ein größeres Publicum zu gewinnen: thäten sie dieß nicht, so würde es ihnen wie ihren ältern Schwestern in Jena und Halle ergehen, die, weil sie ihren Plan mit der fortschreitenden Zeit nicht geändert, allmählich immer mehr verdrängt werden von den neuen Journalen und Vierteljahrsschriften, die im südlichen und nördlichen Deutschland entstanden sind. – Nachrichten aus Posen zufolge hat dort mit dem abgelaufenen Jahr die Kirchentrauer ein Ende genommen. Es scheint, daß die dasige Geistlichkeit zu der Einsicht gelangt sey, daß ihr Verfahren nicht bloß der Sache, die sie damit zu verfechten glaubte, nachtheilig werden könne, sondern selbst in Rom nicht den Beifall gefunden habe, den sie sich davon versprach. Berlin. Sehr interessant sind die Schicksale, welche das neben dem neuen Nicolaus-Bürgerhospital in Berlin zu errichtende Stiftungshaus für arme Weber hat. Der Stifter desselben, der alte reiche Kaufmann Weidinger, floh, wie bekannt, vor der Cholera aus Berlin nach Hamburg, und wenige Tage nach seiner Ankunft starb er daselbst als der einzige Mensch, der zu jener Zeit in Hamburg von dieser schrecklichen Krankheit ergriffen wurde. Die Executoren des Testaments sendeten dem Hamburger Arzte für die 24stündige Pflege 60 Stück Ducaten, dieser aber wies sie zurück, und schickte dafür eine Liquidation von 1400 Mark Banco ein. Der Apotheker forderte 800 Mark, und obgleich der Körper nach Berlin geschafft wurde, setzte man 2000 Mark für die Begräbnißkosten an. Daraus entstand ein Proceß. Das Hamburger Gericht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="0093"/><lb/> 3) Dr. Harleß mit 64 St.; 4) Dr. Schwindl mit 57 St. II. Scrutin, erforderliche Majorität 54. Der Abg. 5) Vogel mit 70 St. III. Scrutin, absolute Majorität 49. Der Abg. 6) Weinzierl mit 49 St. IV. Scrutin, erforderliche Majorität 49. Der Abg. Ebenhoch mit 66 Stimmen. – Nach der so eben erschienenen Tagesordnung ist morgen Vormittags 9 Uhr die erste öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Dieser Tagesordnung zufolge wird unter Anderm auch Vortrag erstattet a) hinsichtlich der von den bis jetzt noch nicht erschienenen Mitgliedern dieser Kammer eingegebenen Urlaubs-, Entschuldigungs- und Entlassungsgesuche, b) über den Druck der Protokolle und über beide Berathung gepflogen und Beschluß gefaßt worhen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Karlsruhe,</hi> 7 Jan.</dateline> <p> Das großherzogl. Staats- und Regierungsblatt vom heutigen, Nr. 1, enthält nachstehende höchstlandesherrliche Verordnung: „<hi rendition="#g">Leopold</hi>, von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. 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Die Recursbeschwerden sind schriftlich, mit oder ohne Angabe von Gründen, bei der Stelle oder Person anzubringen, gegen deren Entscheidung der Recurs ergriffen wird. Diese hat die Beschwerdeschrift mit einer kurzen Rechtfertigung ihres Verfahrens unverzüglich an die Recursinstanz zu befördern. Von Seite der Censoren hat die Einbeförderung bei Tagblättern in der Regel noch am Tage der Einreichung der Beschwerdeschrift zu geschehen. Alle Beschwerden gegen die Censoren sind als eilende Sachen zu behandeln. §. 4. Der Artikel 3 der Verordnung vom 8 August 1834 über die Censur der Druckschriften ist aufgehoben. Gegeben zu Karlsruhe, in Unserm Staatsministerium den 3 Jan. 1840. <hi rendition="#g">Leopold</hi>. Frhr. v. Rüdt. Auf höchsten Befehl Sr. k. H. des Großherzogs: Büchler.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Leipzig,</hi> 5 Jan.</dateline> <p> Wie man aus Berlin erfährt, sollen nach einer höheren Verordnung vom 27 Dec. v. J. alle im Verlage von G. 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Die Censur ist hier allerdings streng, aber die Censoren repräsentiren weder Berlin noch Preußen. Ja, der letzte, vielbesprochene Censurconflict mit den „Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik“ hat hinlänglich bewiesen, daß es noch Richter in Berlin gibt (qu'il y a encore des juges à Berlin). Denn nicht der Minister v. Altenstein, wie es in der Münchener pol. Zeitung heißt, sondern der höchste irdische Richter, den Berlin in letzter Instanz besitzt, hat selbst und aus eigener Bewegung entschieden, daß die Herausgeber der Jahrbücher Genugthuung von der Censur erhalten sollen, die auch wohl am vollständigsten in der Bestimmung liegt, daß sie selbst einen Censor der Jahrbücher aus ihrer eigenen Mitte vorschlagen sollen. Wo sind nun hierbei die Bedingungen wahrzunehmen, die, einer durchaus unrichtigen Darstellung in der Münchener pol. Zeitung zufolge, den Jahrbüchern von oben herab gemacht worden seyn sollen? Die Herausgeber haben allerdings durch die Verlagshandlung erklären lassen, daß das Blatt eine vielseitigere Vertretung der verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen darbieten werde. Aber das haben sie aus Achtung vor dem deutschen wissenschaftlichen Publicum gethan, das mit gesundem Tact ein Feind jeder Systemmacherei ist, und wäre sie auch noch so geistvoll, nicht aber aus Respect vor vorgeschriebenen Bedingungen, die eben so wenig existiren, als die famose Dienstentlassung der Hegel'schen Philosophie. Die Jahrbücher haben ihren Plan erweitert, um sich ein größeres Publicum zu gewinnen: thäten sie dieß nicht, so würde es ihnen wie ihren ältern Schwestern in Jena und Halle ergehen, die, weil sie ihren Plan mit der fortschreitenden Zeit nicht geändert, allmählich immer mehr verdrängt werden von den neuen Journalen und Vierteljahrsschriften, die im südlichen und nördlichen Deutschland entstanden sind. – Nachrichten aus Posen zufolge hat dort mit dem abgelaufenen Jahr die Kirchentrauer ein Ende genommen. 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Der Apotheker forderte 800 Mark, und obgleich der Körper nach Berlin geschafft wurde, setzte man 2000 Mark für die Begräbnißkosten an. Daraus entstand ein Proceß. Das Hamburger Gericht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0093/0005]
3) Dr. Harleß mit 64 St.; 4) Dr. Schwindl mit 57 St. II. Scrutin, erforderliche Majorität 54. Der Abg. 5) Vogel mit 70 St. III. Scrutin, absolute Majorität 49. Der Abg. 6) Weinzierl mit 49 St. IV. Scrutin, erforderliche Majorität 49. Der Abg. Ebenhoch mit 66 Stimmen. – Nach der so eben erschienenen Tagesordnung ist morgen Vormittags 9 Uhr die erste öffentliche Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Dieser Tagesordnung zufolge wird unter Anderm auch Vortrag erstattet a) hinsichtlich der von den bis jetzt noch nicht erschienenen Mitgliedern dieser Kammer eingegebenen Urlaubs-, Entschuldigungs- und Entlassungsgesuche, b) über den Druck der Protokolle und über beide Berathung gepflogen und Beschluß gefaßt worhen.
Karlsruhe, 7 Jan. Das großherzogl. Staats- und Regierungsblatt vom heutigen, Nr. 1, enthält nachstehende höchstlandesherrliche Verordnung: „Leopold, von Gottes Gnaden, Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Nachdem Wir Unser Ministerium des Innern neuerdings angewiesen haben, die preßpolizeiliche Aufsicht in der Weise zu handhaben, daß eine freimüthige, aber anständige Besprechung der öffentlichen Angelegenheiten, insbesondere deren des Großherzogthums, gesichert bleibe, und sich dabei nach den Vorschriften des Bundes genau zu achten, so erübrigt noch, für die schleunige Erledigung vorkommender Beschwerden gegen die Censur und für einen geregelten Instanzenzug Sorge zu tragen. Wir haben deßhalb beschlossen und verordnen wie folgt: §. 1. Die Entscheidung der Beschwerden gegen die Censoren ist zunächst den Kreisregierungscollegien, in deren Kreis sich der Censor befindet, oder, nach Wahl des Beschwerdeführers, dem Regierungsvorstand übertragen. §. 2. Das Ministerium des Innern entscheidet nach collegialischer Berathung in letzter Instanz, wenn gegen die Erkenntnisse der Kreisregierungen, oder ihrer Vorstände, Recurs ergriffen wird. §. 3. Die Recursbeschwerden sind schriftlich, mit oder ohne Angabe von Gründen, bei der Stelle oder Person anzubringen, gegen deren Entscheidung der Recurs ergriffen wird. Diese hat die Beschwerdeschrift mit einer kurzen Rechtfertigung ihres Verfahrens unverzüglich an die Recursinstanz zu befördern. Von Seite der Censoren hat die Einbeförderung bei Tagblättern in der Regel noch am Tage der Einreichung der Beschwerdeschrift zu geschehen. Alle Beschwerden gegen die Censoren sind als eilende Sachen zu behandeln. §. 4. Der Artikel 3 der Verordnung vom 8 August 1834 über die Censur der Druckschriften ist aufgehoben. Gegeben zu Karlsruhe, in Unserm Staatsministerium den 3 Jan. 1840. Leopold. Frhr. v. Rüdt. Auf höchsten Befehl Sr. k. H. des Großherzogs: Büchler.
Leipzig, 5 Jan. Wie man aus Berlin erfährt, sollen nach einer höheren Verordnung vom 27 Dec. v. J. alle im Verlage von G. J. Manz in Regensburg erscheinenden oder als Commissionsartikel von ihm ausgegebenen Schriften, Blätter u. s. w., von welcher Art sie auch seyn mögen, innerhalb der königl. preußischen Lande nicht zugelassen und verkauft werden. (Mannh. J.)
Preußen.
△ Berlin. 5 Jan. Ein Correspondent in Frankfurt a. M., den mit mehrern andern deutschen Blättern auch die Preußische Staatszeitung besitzt, hatte von dort berichtet, daß der Bundestag mit einem allgemeinen Preßgesetz beschäftigt sey. Augenscheinlich beruhte diese Nachricht auf einer Verwechselung des, wie es heißt, bereits vor längerer Zeit in Vorschlag gekommenen allgemeiuen Nachdrucksgesetzes mit einem Preßgesetze; gleichwohl nahmen einige jener Blätter, die jede Gelegenheit, auf Preußen irgend ein Odium zu werfen, mit unverstellter Begierde ergreifen, auch von jener kurzen und von den meisten Lesern gewiß unbeachtet gebliebenen Nachricht der Staatszeitung Anlaß, eine lange Declamation darauf zu begründen und von ihrer eigenen Liebe zur Preßfreiheit im Gegensatze zur preußischen Preßbeschränkung zu sprechen. Wir haben die leztere niemals vertheidigt und können uns also nur darüber freuen, Freunde der Publicität und der freien Forschung auch da anzutreffen, wo wir besonders die letztere nicht sonderlich in Ansehen glaubten; wenn man jedoch die Meinung verbreiten will, daß gerade in Berlin der Preßzwang viele Freunde besitze und immer neue Verehrer finde, so glauben wir mit Fug und Recht protestiren zu müssen. Die Censur ist hier allerdings streng, aber die Censoren repräsentiren weder Berlin noch Preußen. Ja, der letzte, vielbesprochene Censurconflict mit den „Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik“ hat hinlänglich bewiesen, daß es noch Richter in Berlin gibt (qu'il y a encore des juges à Berlin). Denn nicht der Minister v. Altenstein, wie es in der Münchener pol. Zeitung heißt, sondern der höchste irdische Richter, den Berlin in letzter Instanz besitzt, hat selbst und aus eigener Bewegung entschieden, daß die Herausgeber der Jahrbücher Genugthuung von der Censur erhalten sollen, die auch wohl am vollständigsten in der Bestimmung liegt, daß sie selbst einen Censor der Jahrbücher aus ihrer eigenen Mitte vorschlagen sollen. Wo sind nun hierbei die Bedingungen wahrzunehmen, die, einer durchaus unrichtigen Darstellung in der Münchener pol. Zeitung zufolge, den Jahrbüchern von oben herab gemacht worden seyn sollen? Die Herausgeber haben allerdings durch die Verlagshandlung erklären lassen, daß das Blatt eine vielseitigere Vertretung der verschiedenen wissenschaftlichen Richtungen darbieten werde. Aber das haben sie aus Achtung vor dem deutschen wissenschaftlichen Publicum gethan, das mit gesundem Tact ein Feind jeder Systemmacherei ist, und wäre sie auch noch so geistvoll, nicht aber aus Respect vor vorgeschriebenen Bedingungen, die eben so wenig existiren, als die famose Dienstentlassung der Hegel'schen Philosophie. Die Jahrbücher haben ihren Plan erweitert, um sich ein größeres Publicum zu gewinnen: thäten sie dieß nicht, so würde es ihnen wie ihren ältern Schwestern in Jena und Halle ergehen, die, weil sie ihren Plan mit der fortschreitenden Zeit nicht geändert, allmählich immer mehr verdrängt werden von den neuen Journalen und Vierteljahrsschriften, die im südlichen und nördlichen Deutschland entstanden sind. – Nachrichten aus Posen zufolge hat dort mit dem abgelaufenen Jahr die Kirchentrauer ein Ende genommen. Es scheint, daß die dasige Geistlichkeit zu der Einsicht gelangt sey, daß ihr Verfahren nicht bloß der Sache, die sie damit zu verfechten glaubte, nachtheilig werden könne, sondern selbst in Rom nicht den Beifall gefunden habe, den sie sich davon versprach.
Berlin. Sehr interessant sind die Schicksale, welche das neben dem neuen Nicolaus-Bürgerhospital in Berlin zu errichtende Stiftungshaus für arme Weber hat. Der Stifter desselben, der alte reiche Kaufmann Weidinger, floh, wie bekannt, vor der Cholera aus Berlin nach Hamburg, und wenige Tage nach seiner Ankunft starb er daselbst als der einzige Mensch, der zu jener Zeit in Hamburg von dieser schrecklichen Krankheit ergriffen wurde. Die Executoren des Testaments sendeten dem Hamburger Arzte für die 24stündige Pflege 60 Stück Ducaten, dieser aber wies sie zurück, und schickte dafür eine Liquidation von 1400 Mark Banco ein. Der Apotheker forderte 800 Mark, und obgleich der Körper nach Berlin geschafft wurde, setzte man 2000 Mark für die Begräbnißkosten an. Daraus entstand ein Proceß. Das Hamburger Gericht
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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