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Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840.

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Eduard Rüppell und die Karten von Afrika.

Aus mehreren Artikeln, die uns Ihr schätzbares Blatt gibt, namentlich aus dem in der Beilage zu Nr. 360 vom 26 Dec. v. J., ersehe ich mit Leid, daß zwei unserer ausgezeichnetsten Reisenden der neuesten Zeit, nämlich der Verfasser der Briefe eines Verstorbenen und Hr. Rüppell in Frankfurt, die ich beide, wie natürlich, sehr hochschätze und von denen ich erstern auf meiner Reise im Innern von Afrika, in Chartum, persönlich kennen zu lernen die Freude hatte, in Vertheidigung ihrer respectiven Ansichten sich etwas erhitzen und förmlich mit allen zu Gebote stehenden Waffen gegeneinander zu Felde ziehen. Abgesehen davon, daß es mir leid thut, dieß bei zwei so ausgezeichneten Männern zu sehen, bin ich bei diesem Streit auch namentlich mit betroffen, da der Verfasser der Briefe eines Verstorbenen mich als Beleg seiner Behauptungen citirt. Mir waren die Gespräche mit ihm zu interessant, als daß ich mich nicht heute noch eines jeden Worts derselben entsinnen sollte, und da finde ich denn, daß er mich in meinem Urtheil über Rüppells schöne Forschungen etwas mißverstanden habe. Ich erinnere mich recht gut, gesagt zu haben, daß alle Karten, die wir über das eigentliche Innere von Afrika haben, wie über die Länder südlich von Kordofan und von Sennaar, vom 13ten Grad der Breite bis zum 10ten, ganz falsch seyen. Dieß ist auch leicht erklärlich; denn dieß sind Länder, die einerseits von keinem Europäer vor mir betreten wurden, von keinem wenigstens, von dem wir Mittheilungen erhielten, andrerseits, wie das Gebiet des blauen Flusses, nur sehr flüchtig und unter dem stürmischen Drange feindlicher Verhältnisse von dem wackern Caillaud bereist wurden. Rüppells Karte über diese Länder ist fehlerhaft, aber dieß ist nicht seine Schuld; denn er kam ja selbst nicht dahin und konnte gar nicht dahin gelangen; er gibt also nur Ueberlieferungen, und angelogen zu werden ist ja das Schicksal eines jeden Reisenden. Auch meine Karte über jene Länder, die ich mit Hülfe eines Bussolinstruments trigonometrisch aufnahm, insofern ich dieß von meiner Reiseroute aus thun konnte, wird nicht ohne Fehler seyn, und der sie nach mir bereist, wird auch keine fehlerfreie Karte liefern, aber besser, hoffen wir, werden die Karten immer werden, und successives Vorschreiten wird uns zur Wahrheit führen. Rüppells schätzbare Längenangaben konnte ich aus Mangel eines Chronometers gar nicht an Ort und Stelle prüfen, so viel ich jedoch bereits zu beurtheilen im Stande bin, kann ich behaupten, daß wir über Nubien keine bessern Karten besitzen, als die des Hrn. Ministers Ritter Prokesch v. Osten und die von Hrn. Rüppell sind. Cadalvene's Karte kenne ich noch nicht; denn ich bin durch meinen langen Aufenthalt außer Europa etwas in der Litteratur zurück geblieben. Gewiß werden sich auch einige Fehler in diesen Karten finden; so lange aber meine eigene nicht fertig ist, kann ich darüber nichts mit Bestimmtheit sagen. Rüppells übrige, gewiß sehr schätzbare Angaben habe ich nicht im Allgemeinen für mangelhaft erklärt; denn dieß wäre gegen meine Ueberzeugung. Ich sagte nur, daß der Dschebel Koldadschi in der Kette der Kadero-Berge keineswegs ein Vulkan sey. Die ganze Kette besteht aus abnormen Gebilden, wie Granit, Porphyr u. s. w., aber eigentliche vulkanische Gesteine, wie die Vulkane unserer Zeit liefern, sieht man daselbst nicht. Doch auch in dieser Beziehung gibt ja Rüppell nur Ueberlieferungen, denn er selbst war ja nicht am Koldadschi, was er, wenn ich nicht irre, ausdrücklich sagt. Daß sich im Detail Differenzen ergeben, ist unausweichlich, so wie es auch mit allen Beobachtungen im gewöhnlichen bürgerlichen Leben geht: der eine sieht die Lichtseite, der andere die Schattenseite - glücklich, wer den Gegenstand in der gehörigen Beleuchtung erfaßt. Was die Orthographie der arabischen Benennungen auf Rüppells Karte betrifft, so finde ich dieselbe im Allgemeinen gut. Wenige Fehler geben keinen Grund, das Ganze für schlecht zu erklären, und um so weniger bei einer Sprache, wie die arabische ist.

Rußegger.

Christian VIII und die Thronfolgeordnung in
Dänemark
.

Die Allgem. Ztg. vom 27 v. M. bringt einen Artikel aus der Elberfelder Zeitung über die dänische Königsfamilie, welcher nicht ohne Unrichtigkeiten ist, deren Widerlegung um so eher nicht ohne Interesse seyn wird, da Europa aufmerksam ist auf die Veränderungen, die im alten Dänenlande sich vorzubereiten scheinen. Jener Artikel sagt nämlich, des jetzigen Königs Christian VIII Vater Friedrich sey Kronprinz gewesen; da bei seinem Tode, 1805, die beiden Söhne des vorigen Königs Friedrichs VI bereits in früher Jugend verstorben, so sey dadurch 1805 der jetzige König Kronprinz geworden, so wie denn nach dem etwa ohne Hinterlassung eines männlichen Nachkommen erfolgenden Tode des einzigen Sohnes des jetzigen Königs des letztern Bruder, Prinz Ferdinand, Kronprinz seyn werde. Alles dieses ist unrichtig, und beruht auf Verwechslung eines dänischen Kronprinzen mit dem präsumtiven Nachfolger. Kronprinz heißt in Dänemark nur des regierenden Königs ältester Sohn; dieß war oder ist aber weder der jetzige König, noch sein Vater, noch der genannte Bruder des jetzigen Königs: keiner dieser drei Fürsten konnte oder kann daher jemals Kronprinz heißen; wohl aber führen eines Kronprinzen jüngere Brüder den Namen Erbprinzen. Darum hieß des jetzigen Königs Vater, Prinz Friedrich, als Bruder des Kronprinzen und nachherigen Königs Christian VII, Erbprinz; und dieser Name ging bei seinem Tode 1805 keineswegs auf den jetzigen König über, so wenig wie der eines Kronprinzen, abgesehen davon, daß damals noch der vorige König als Kronprinz und Mitregent lebte, und ihm noch weitere Descendenz geboren werden konnte, was auch 1808 geschah. Der kürzlich herausgekommene 67ste Jahrgang des (Varrentrapp'schen) genealogischen Staatshandbuchs führt zwar des jetzigen Königs Vater als Kronprinz Friedrich auf; allein der selige Klüber, der die zwei früheren Jahrgänge bekanntlich besorgte, ist, wie diese beweisen, an diesem Schnitzer unschuldig, wie denn überhaupt zu bedauern ist, daß die Herausgabe des neuesten Jahrgangs in keine fähigeren Hände gelegt wurde.

Noch auffallender ist die Behauptung jenes Artikels, bei dem Aussterben des jetzigen k. dänischen Mannsstammes (der gegenwärtig freilich nur auf sechs Augen steht, dem König, seinem Sohn und seinem Bruder) werde das Haus Augustenburg in Dänemark succediren. Denn es ist gewiß und unzweifelhaft, daß in solchem, ohnedieß noch sehr entfernten Falle (da der jetzige Kronprinz 1808 geboren und gegenwärtig unvermählt ist) keineswegs die nachgeborne Linie Holstein-Sonderburg, sondern die weibliche Nachkommenschaft der königlichen Hauptlinie im eigentlichen Königreiche succediren werde. Nachdem nämlich König Friedrich III im Jahr 1660 die erbliche Königswürde und im Innern ganz unumschränkte Souveränetät

Eduard Rüppell und die Karten von Afrika.

Aus mehreren Artikeln, die uns Ihr schätzbares Blatt gibt, namentlich aus dem in der Beilage zu Nr. 360 vom 26 Dec. v. J., ersehe ich mit Leid, daß zwei unserer ausgezeichnetsten Reisenden der neuesten Zeit, nämlich der Verfasser der Briefe eines Verstorbenen und Hr. Rüppell in Frankfurt, die ich beide, wie natürlich, sehr hochschätze und von denen ich erstern auf meiner Reise im Innern von Afrika, in Chartum, persönlich kennen zu lernen die Freude hatte, in Vertheidigung ihrer respectiven Ansichten sich etwas erhitzen und förmlich mit allen zu Gebote stehenden Waffen gegeneinander zu Felde ziehen. Abgesehen davon, daß es mir leid thut, dieß bei zwei so ausgezeichneten Männern zu sehen, bin ich bei diesem Streit auch namentlich mit betroffen, da der Verfasser der Briefe eines Verstorbenen mich als Beleg seiner Behauptungen citirt. Mir waren die Gespräche mit ihm zu interessant, als daß ich mich nicht heute noch eines jeden Worts derselben entsinnen sollte, und da finde ich denn, daß er mich in meinem Urtheil über Rüppells schöne Forschungen etwas mißverstanden habe. Ich erinnere mich recht gut, gesagt zu haben, daß alle Karten, die wir über das eigentliche Innere von Afrika haben, wie über die Länder südlich von Kordofan und von Sennaar, vom 13ten Grad der Breite bis zum 10ten, ganz falsch seyen. Dieß ist auch leicht erklärlich; denn dieß sind Länder, die einerseits von keinem Europäer vor mir betreten wurden, von keinem wenigstens, von dem wir Mittheilungen erhielten, andrerseits, wie das Gebiet des blauen Flusses, nur sehr flüchtig und unter dem stürmischen Drange feindlicher Verhältnisse von dem wackern Caillaud bereist wurden. Rüppells Karte über diese Länder ist fehlerhaft, aber dieß ist nicht seine Schuld; denn er kam ja selbst nicht dahin und konnte gar nicht dahin gelangen; er gibt also nur Ueberlieferungen, und angelogen zu werden ist ja das Schicksal eines jeden Reisenden. Auch meine Karte über jene Länder, die ich mit Hülfe eines Bussolinstruments trigonometrisch aufnahm, insofern ich dieß von meiner Reiseroute aus thun konnte, wird nicht ohne Fehler seyn, und der sie nach mir bereist, wird auch keine fehlerfreie Karte liefern, aber besser, hoffen wir, werden die Karten immer werden, und successives Vorschreiten wird uns zur Wahrheit führen. Rüppells schätzbare Längenangaben konnte ich aus Mangel eines Chronometers gar nicht an Ort und Stelle prüfen, so viel ich jedoch bereits zu beurtheilen im Stande bin, kann ich behaupten, daß wir über Nubien keine bessern Karten besitzen, als die des Hrn. Ministers Ritter Prokesch v. Osten und die von Hrn. Rüppell sind. Cadalvène's Karte kenne ich noch nicht; denn ich bin durch meinen langen Aufenthalt außer Europa etwas in der Litteratur zurück geblieben. Gewiß werden sich auch einige Fehler in diesen Karten finden; so lange aber meine eigene nicht fertig ist, kann ich darüber nichts mit Bestimmtheit sagen. Rüppells übrige, gewiß sehr schätzbare Angaben habe ich nicht im Allgemeinen für mangelhaft erklärt; denn dieß wäre gegen meine Ueberzeugung. Ich sagte nur, daß der Dschebel Koldadschi in der Kette der Kadero-Berge keineswegs ein Vulkan sey. Die ganze Kette besteht aus abnormen Gebilden, wie Granit, Porphyr u. s. w., aber eigentliche vulkanische Gesteine, wie die Vulkane unserer Zeit liefern, sieht man daselbst nicht. Doch auch in dieser Beziehung gibt ja Rüppell nur Ueberlieferungen, denn er selbst war ja nicht am Koldadschi, was er, wenn ich nicht irre, ausdrücklich sagt. Daß sich im Detail Differenzen ergeben, ist unausweichlich, so wie es auch mit allen Beobachtungen im gewöhnlichen bürgerlichen Leben geht: der eine sieht die Lichtseite, der andere die Schattenseite – glücklich, wer den Gegenstand in der gehörigen Beleuchtung erfaßt. Was die Orthographie der arabischen Benennungen auf Rüppells Karte betrifft, so finde ich dieselbe im Allgemeinen gut. Wenige Fehler geben keinen Grund, das Ganze für schlecht zu erklären, und um so weniger bei einer Sprache, wie die arabische ist.

Rußegger.

Christian VIII und die Thronfolgeordnung in
Dänemark
.

Die Allgem. Ztg. vom 27 v. M. bringt einen Artikel aus der Elberfelder Zeitung über die dänische Königsfamilie, welcher nicht ohne Unrichtigkeiten ist, deren Widerlegung um so eher nicht ohne Interesse seyn wird, da Europa aufmerksam ist auf die Veränderungen, die im alten Dänenlande sich vorzubereiten scheinen. Jener Artikel sagt nämlich, des jetzigen Königs Christian VIII Vater Friedrich sey Kronprinz gewesen; da bei seinem Tode, 1805, die beiden Söhne des vorigen Königs Friedrichs VI bereits in früher Jugend verstorben, so sey dadurch 1805 der jetzige König Kronprinz geworden, so wie denn nach dem etwa ohne Hinterlassung eines männlichen Nachkommen erfolgenden Tode des einzigen Sohnes des jetzigen Königs des letztern Bruder, Prinz Ferdinand, Kronprinz seyn werde. Alles dieses ist unrichtig, und beruht auf Verwechslung eines dänischen Kronprinzen mit dem präsumtiven Nachfolger. Kronprinz heißt in Dänemark nur des regierenden Königs ältester Sohn; dieß war oder ist aber weder der jetzige König, noch sein Vater, noch der genannte Bruder des jetzigen Königs: keiner dieser drei Fürsten konnte oder kann daher jemals Kronprinz heißen; wohl aber führen eines Kronprinzen jüngere Brüder den Namen Erbprinzen. Darum hieß des jetzigen Königs Vater, Prinz Friedrich, als Bruder des Kronprinzen und nachherigen Königs Christian VII, Erbprinz; und dieser Name ging bei seinem Tode 1805 keineswegs auf den jetzigen König über, so wenig wie der eines Kronprinzen, abgesehen davon, daß damals noch der vorige König als Kronprinz und Mitregent lebte, und ihm noch weitere Descendenz geboren werden konnte, was auch 1808 geschah. Der kürzlich herausgekommene 67ste Jahrgang des (Varrentrapp'schen) genealogischen Staatshandbuchs führt zwar des jetzigen Königs Vater als Kronprinz Friedrich auf; allein der selige Klüber, der die zwei früheren Jahrgänge bekanntlich besorgte, ist, wie diese beweisen, an diesem Schnitzer unschuldig, wie denn überhaupt zu bedauern ist, daß die Herausgabe des neuesten Jahrgangs in keine fähigeren Hände gelegt wurde.

Noch auffallender ist die Behauptung jenes Artikels, bei dem Aussterben des jetzigen k. dänischen Mannsstammes (der gegenwärtig freilich nur auf sechs Augen steht, dem König, seinem Sohn und seinem Bruder) werde das Haus Augustenburg in Dänemark succediren. Denn es ist gewiß und unzweifelhaft, daß in solchem, ohnedieß noch sehr entfernten Falle (da der jetzige Kronprinz 1808 geboren und gegenwärtig unvermählt ist) keineswegs die nachgeborne Linie Holstein-Sonderburg, sondern die weibliche Nachkommenschaft der königlichen Hauptlinie im eigentlichen Königreiche succediren werde. Nachdem nämlich König Friedrich III im Jahr 1660 die erbliche Königswürde und im Innern ganz unumschränkte Souveränetät

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[0121/0009] Eduard Rüppell und die Karten von Afrika. Florenz, 3 Jan. Aus mehreren Artikeln, die uns Ihr schätzbares Blatt gibt, namentlich aus dem in der Beilage zu Nr. 360 vom 26 Dec. v. J., ersehe ich mit Leid, daß zwei unserer ausgezeichnetsten Reisenden der neuesten Zeit, nämlich der Verfasser der Briefe eines Verstorbenen und Hr. Rüppell in Frankfurt, die ich beide, wie natürlich, sehr hochschätze und von denen ich erstern auf meiner Reise im Innern von Afrika, in Chartum, persönlich kennen zu lernen die Freude hatte, in Vertheidigung ihrer respectiven Ansichten sich etwas erhitzen und förmlich mit allen zu Gebote stehenden Waffen gegeneinander zu Felde ziehen. Abgesehen davon, daß es mir leid thut, dieß bei zwei so ausgezeichneten Männern zu sehen, bin ich bei diesem Streit auch namentlich mit betroffen, da der Verfasser der Briefe eines Verstorbenen mich als Beleg seiner Behauptungen citirt. Mir waren die Gespräche mit ihm zu interessant, als daß ich mich nicht heute noch eines jeden Worts derselben entsinnen sollte, und da finde ich denn, daß er mich in meinem Urtheil über Rüppells schöne Forschungen etwas mißverstanden habe. Ich erinnere mich recht gut, gesagt zu haben, daß alle Karten, die wir über das eigentliche Innere von Afrika haben, wie über die Länder südlich von Kordofan und von Sennaar, vom 13ten Grad der Breite bis zum 10ten, ganz falsch seyen. Dieß ist auch leicht erklärlich; denn dieß sind Länder, die einerseits von keinem Europäer vor mir betreten wurden, von keinem wenigstens, von dem wir Mittheilungen erhielten, andrerseits, wie das Gebiet des blauen Flusses, nur sehr flüchtig und unter dem stürmischen Drange feindlicher Verhältnisse von dem wackern Caillaud bereist wurden. Rüppells Karte über diese Länder ist fehlerhaft, aber dieß ist nicht seine Schuld; denn er kam ja selbst nicht dahin und konnte gar nicht dahin gelangen; er gibt also nur Ueberlieferungen, und angelogen zu werden ist ja das Schicksal eines jeden Reisenden. Auch meine Karte über jene Länder, die ich mit Hülfe eines Bussolinstruments trigonometrisch aufnahm, insofern ich dieß von meiner Reiseroute aus thun konnte, wird nicht ohne Fehler seyn, und der sie nach mir bereist, wird auch keine fehlerfreie Karte liefern, aber besser, hoffen wir, werden die Karten immer werden, und successives Vorschreiten wird uns zur Wahrheit führen. Rüppells schätzbare Längenangaben konnte ich aus Mangel eines Chronometers gar nicht an Ort und Stelle prüfen, so viel ich jedoch bereits zu beurtheilen im Stande bin, kann ich behaupten, daß wir über Nubien keine bessern Karten besitzen, als die des Hrn. Ministers Ritter Prokesch v. Osten und die von Hrn. Rüppell sind. Cadalvène's Karte kenne ich noch nicht; denn ich bin durch meinen langen Aufenthalt außer Europa etwas in der Litteratur zurück geblieben. Gewiß werden sich auch einige Fehler in diesen Karten finden; so lange aber meine eigene nicht fertig ist, kann ich darüber nichts mit Bestimmtheit sagen. Rüppells übrige, gewiß sehr schätzbare Angaben habe ich nicht im Allgemeinen für mangelhaft erklärt; denn dieß wäre gegen meine Ueberzeugung. Ich sagte nur, daß der Dschebel Koldadschi in der Kette der Kadero-Berge keineswegs ein Vulkan sey. Die ganze Kette besteht aus abnormen Gebilden, wie Granit, Porphyr u. s. w., aber eigentliche vulkanische Gesteine, wie die Vulkane unserer Zeit liefern, sieht man daselbst nicht. Doch auch in dieser Beziehung gibt ja Rüppell nur Ueberlieferungen, denn er selbst war ja nicht am Koldadschi, was er, wenn ich nicht irre, ausdrücklich sagt. Daß sich im Detail Differenzen ergeben, ist unausweichlich, so wie es auch mit allen Beobachtungen im gewöhnlichen bürgerlichen Leben geht: der eine sieht die Lichtseite, der andere die Schattenseite – glücklich, wer den Gegenstand in der gehörigen Beleuchtung erfaßt. Was die Orthographie der arabischen Benennungen auf Rüppells Karte betrifft, so finde ich dieselbe im Allgemeinen gut. Wenige Fehler geben keinen Grund, das Ganze für schlecht zu erklären, und um so weniger bei einer Sprache, wie die arabische ist. Rußegger. Christian VIII und die Thronfolgeordnung in Dänemark. Vom Main, im Januar. Die Allgem. Ztg. vom 27 v. M. bringt einen Artikel aus der Elberfelder Zeitung über die dänische Königsfamilie, welcher nicht ohne Unrichtigkeiten ist, deren Widerlegung um so eher nicht ohne Interesse seyn wird, da Europa aufmerksam ist auf die Veränderungen, die im alten Dänenlande sich vorzubereiten scheinen. Jener Artikel sagt nämlich, des jetzigen Königs Christian VIII Vater Friedrich sey Kronprinz gewesen; da bei seinem Tode, 1805, die beiden Söhne des vorigen Königs Friedrichs VI bereits in früher Jugend verstorben, so sey dadurch 1805 der jetzige König Kronprinz geworden, so wie denn nach dem etwa ohne Hinterlassung eines männlichen Nachkommen erfolgenden Tode des einzigen Sohnes des jetzigen Königs des letztern Bruder, Prinz Ferdinand, Kronprinz seyn werde. Alles dieses ist unrichtig, und beruht auf Verwechslung eines dänischen Kronprinzen mit dem präsumtiven Nachfolger. Kronprinz heißt in Dänemark nur des regierenden Königs ältester Sohn; dieß war oder ist aber weder der jetzige König, noch sein Vater, noch der genannte Bruder des jetzigen Königs: keiner dieser drei Fürsten konnte oder kann daher jemals Kronprinz heißen; wohl aber führen eines Kronprinzen jüngere Brüder den Namen Erbprinzen. Darum hieß des jetzigen Königs Vater, Prinz Friedrich, als Bruder des Kronprinzen und nachherigen Königs Christian VII, Erbprinz; und dieser Name ging bei seinem Tode 1805 keineswegs auf den jetzigen König über, so wenig wie der eines Kronprinzen, abgesehen davon, daß damals noch der vorige König als Kronprinz und Mitregent lebte, und ihm noch weitere Descendenz geboren werden konnte, was auch 1808 geschah. Der kürzlich herausgekommene 67ste Jahrgang des (Varrentrapp'schen) genealogischen Staatshandbuchs führt zwar des jetzigen Königs Vater als Kronprinz Friedrich auf; allein der selige Klüber, der die zwei früheren Jahrgänge bekanntlich besorgte, ist, wie diese beweisen, an diesem Schnitzer unschuldig, wie denn überhaupt zu bedauern ist, daß die Herausgabe des neuesten Jahrgangs in keine fähigeren Hände gelegt wurde. Noch auffallender ist die Behauptung jenes Artikels, bei dem Aussterben des jetzigen k. dänischen Mannsstammes (der gegenwärtig freilich nur auf sechs Augen steht, dem König, seinem Sohn und seinem Bruder) werde das Haus Augustenburg in Dänemark succediren. Denn es ist gewiß und unzweifelhaft, daß in solchem, ohnedieß noch sehr entfernten Falle (da der jetzige Kronprinz 1808 geboren und gegenwärtig unvermählt ist) keineswegs die nachgeborne Linie Holstein-Sonderburg, sondern die weibliche Nachkommenschaft der königlichen Hauptlinie im eigentlichen Königreiche succediren werde. Nachdem nämlich König Friedrich III im Jahr 1660 die erbliche Königswürde und im Innern ganz unumschränkte Souveränetät

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Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840, S. 0121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_016_18400116/9>, abgerufen am 21.11.2024.