Allgemeine Zeitung. Nr. 18. Augsburg, 18. Januar 1840.
Ostindien und Afghanistan. (Nachtrag aus der Times vom 10 Jan.) Berichten aus Kabul von Ende Octobers zufolge hatte ein Theil des indobrittischen Heers, das seinen Rückmarsch angetreten, den Befehl erhalten, nicht bloß Halt zu machen, sondern eine entgegengesetzte Marschrichtung einzuschlagen, während die übrigen Truppen auf den Punkten, wo sie angelangt, bis auf weiteres stehen bleiben sollten. Dieser plötzliche Befehl wurde durch die neuesten Bewegungen Dost Mohammeds veranlaßt, der nach dem Fall der Festung Ghisni bekanntlich jenseits des Hindukusch geflohen. Dort schloß er Heirathsverbindungen mit den Fürsten von Kundus und Khulum, und mit Hülfe dieser und seines sonstigen Einflusses in Turkestan arbeitete er auf seine Wiedereinsetzung in Kabul hin. Es hieß, sein Sohn Akbur Khan habe wirklich den, 60 engl. Meilen von Kabul entlegenen Gebirgspaß Ghoribund erreicht, und dort eine Insurrection erregt, was eben nicht schwer seyn mochte, da Schah Schudschah's Herrschaft bei den Afghanen so unbeliebt ist, daß die von ihm zur Steuereinsammlung abgeschickten Beamten sämmtlich von dem Volk ermordet wurden. Dr. Lord hatte eine Mission nach Kundus angetreten, um zwischen den Häuptlingen dieses Gebietstheils und dem Schah eine Ausgleichung zu versuchen, auf die Kunde von Dost Mohammeds Bewegungen kam er wieder nach Kabul zurück. Auf seinen Bericht wurde sofort ein Truppencorps zur Verstärkung der schon früher vorgerückten Mannschaft gegen Khulum abbeordert. (Hiernach scheinen also die Machinationen des vertriebenen Schah jenseits des Hundukusch nicht so ganz erfolglos geblieben zu seyn, als die Londoner Blätter anfangs behauptet haben.) - Aus Birma vernahm man, daß die dortige Regierung sich fortwährend durch die Gerüchte beunruhigt fühlte, des vorigen Souveräns Thronerbe, den man ermordet glaubte, sey noch am Leben, und das indobrittische Gouvernement habe die Absicht, Tharawaddi abzusetzen und jenen auf den Thron zu berufen. - Ferner enthalten die Blätter einen ausführlichen officiellen Bericht von Obrist Dyce über die (mit ihren Details bereits bekannte) Eroberung von Kurnaul und Gefangennehmung des Nabob. In dem Kampfe gegen die Rohillas verloren die Engländer 30 Mann, darunter zwei Subalternofficiere; Obristlieutenant Wright wurde schwer verwundet.
Ostindien und Afghanistan. (Nachtrag aus der Times vom 10 Jan.) Berichten aus Kabul von Ende Octobers zufolge hatte ein Theil des indobrittischen Heers, das seinen Rückmarsch angetreten, den Befehl erhalten, nicht bloß Halt zu machen, sondern eine entgegengesetzte Marschrichtung einzuschlagen, während die übrigen Truppen auf den Punkten, wo sie angelangt, bis auf weiteres stehen bleiben sollten. Dieser plötzliche Befehl wurde durch die neuesten Bewegungen Dost Mohammeds veranlaßt, der nach dem Fall der Festung Ghisni bekanntlich jenseits des Hindukusch geflohen. Dort schloß er Heirathsverbindungen mit den Fürsten von Kundus und Khulum, und mit Hülfe dieser und seines sonstigen Einflusses in Turkestan arbeitete er auf seine Wiedereinsetzung in Kabul hin. Es hieß, sein Sohn Akbur Khan habe wirklich den, 60 engl. Meilen von Kabul entlegenen Gebirgspaß Ghoribund erreicht, und dort eine Insurrection erregt, was eben nicht schwer seyn mochte, da Schah Schudschah's Herrschaft bei den Afghanen so unbeliebt ist, daß die von ihm zur Steuereinsammlung abgeschickten Beamten sämmtlich von dem Volk ermordet wurden. Dr. Lord hatte eine Mission nach Kundus angetreten, um zwischen den Häuptlingen dieses Gebietstheils und dem Schah eine Ausgleichung zu versuchen, auf die Kunde von Dost Mohammeds Bewegungen kam er wieder nach Kabul zurück. Auf seinen Bericht wurde sofort ein Truppencorps zur Verstärkung der schon früher vorgerückten Mannschaft gegen Khulum abbeordert. (Hiernach scheinen also die Machinationen des vertriebenen Schah jenseits des Hundukusch nicht so ganz erfolglos geblieben zu seyn, als die Londoner Blätter anfangs behauptet haben.) – Aus Birma vernahm man, daß die dortige Regierung sich fortwährend durch die Gerüchte beunruhigt fühlte, des vorigen Souveräns Thronerbe, den man ermordet glaubte, sey noch am Leben, und das indobrittische Gouvernement habe die Absicht, Tharawaddi abzusetzen und jenen auf den Thron zu berufen. – Ferner enthalten die Blätter einen ausführlichen officiellen Bericht von Obrist Dyce über die (mit ihren Details bereits bekannte) Eroberung von Kurnaul und Gefangennehmung des Nabob. 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Dieser plötzliche Befehl wurde durch die neuesten Bewegungen Dost Mohammeds veranlaßt, der nach dem Fall der Festung Ghisni bekanntlich jenseits des Hindukusch geflohen. Dort schloß er Heirathsverbindungen mit den Fürsten von Kundus und Khulum, und mit Hülfe dieser und seines sonstigen Einflusses in Turkestan arbeitete er auf seine Wiedereinsetzung in Kabul hin. Es hieß, sein Sohn Akbur Khan habe wirklich den, 60 engl. Meilen von Kabul entlegenen Gebirgspaß Ghoribund erreicht, und dort eine Insurrection erregt, was eben nicht schwer seyn mochte, da Schah Schudschah's Herrschaft bei den Afghanen so unbeliebt ist, daß die von ihm zur Steuereinsammlung abgeschickten Beamten sämmtlich von dem Volk ermordet wurden. Dr. Lord hatte eine Mission nach Kundus angetreten, um zwischen den Häuptlingen dieses Gebietstheils und dem Schah eine Ausgleichung zu versuchen, auf die Kunde von Dost Mohammeds Bewegungen kam er wieder nach Kabul zurück. 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Izzet Pascha fiel auch deßhalb in Ungnade, als der Bericht nach Konstantinopel gelangte; schon das nächste Dampfboot brachte seine Entsetzung.
Ostindien und Afghanistan.
(Nachtrag aus der Times vom 10 Jan.) Berichten aus Kabul von Ende Octobers zufolge hatte ein Theil des indobrittischen Heers, das seinen Rückmarsch angetreten, den Befehl erhalten, nicht bloß Halt zu machen, sondern eine entgegengesetzte Marschrichtung einzuschlagen, während die übrigen Truppen auf den Punkten, wo sie angelangt, bis auf weiteres stehen bleiben sollten. Dieser plötzliche Befehl wurde durch die neuesten Bewegungen Dost Mohammeds veranlaßt, der nach dem Fall der Festung Ghisni bekanntlich jenseits des Hindukusch geflohen. Dort schloß er Heirathsverbindungen mit den Fürsten von Kundus und Khulum, und mit Hülfe dieser und seines sonstigen Einflusses in Turkestan arbeitete er auf seine Wiedereinsetzung in Kabul hin. Es hieß, sein Sohn Akbur Khan habe wirklich den, 60 engl. Meilen von Kabul entlegenen Gebirgspaß Ghoribund erreicht, und dort eine Insurrection erregt, was eben nicht schwer seyn mochte, da Schah Schudschah's Herrschaft bei den Afghanen so unbeliebt ist, daß die von ihm zur Steuereinsammlung abgeschickten Beamten sämmtlich von dem Volk ermordet wurden. Dr. Lord hatte eine Mission nach Kundus angetreten, um zwischen den Häuptlingen dieses Gebietstheils und dem Schah eine Ausgleichung zu versuchen, auf die Kunde von Dost Mohammeds Bewegungen kam er wieder nach Kabul zurück. Auf seinen Bericht wurde sofort ein Truppencorps zur Verstärkung der schon früher vorgerückten Mannschaft gegen Khulum abbeordert. (Hiernach scheinen also die Machinationen des vertriebenen Schah jenseits des Hundukusch nicht so ganz erfolglos geblieben zu seyn, als die Londoner Blätter anfangs behauptet haben.) – Aus Birma vernahm man, daß die dortige Regierung sich fortwährend durch die Gerüchte beunruhigt fühlte, des vorigen Souveräns Thronerbe, den man ermordet glaubte, sey noch am Leben, und das indobrittische Gouvernement habe die Absicht, Tharawaddi abzusetzen und jenen auf den Thron zu berufen. – Ferner enthalten die Blätter einen ausführlichen officiellen Bericht von Obrist Dyce über die (mit ihren Details bereits bekannte) Eroberung von Kurnaul und Gefangennehmung des Nabob. In dem Kampfe gegen die Rohillas verloren die Engländer 30 Mann, darunter zwei Subalternofficiere; Obristlieutenant Wright wurde schwer verwundet.
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