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Allgemeine Zeitung. Nr. 24. Augsburg, 24. Januar 1840.

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studiren, zugänglich machen sollen, sind verhältnißmäßig eben so mangelhaft. Die Allgem. Ztg. hat über den Besuch des Königs in den Schulen des nördlichen Griechenlands berichtet: wäre der Minister des Unterrichts zugegen gewesen, erröthend hätte er vor seinem König stehen müssen. Allein der Minister macht keine Reise zur Inspection der Schulen, noch sendet er einen seiner Räthe, gesetzt, er habe einen, den Fachkenntniß und Ansehen zu einem so wichtigen und würdevollen Geschäft befähigen. Die griechischen Communen sind zu keiner Ausgabe so bereitwillig, als zu der für Schulen, und einsichtsvolle Vorschläge in dieser Beziehung sind ihres Erfolgs sicher. Ununterbrochen müßte der Minister des Unterrichts oder ein Rath des Ministeriums in diesem Lande, wenigstens in dem ersten Jahrzehnt, die Provinzen durchreisen, nicht nur die vorhandenen Schulen untersuchen, und durch Rath (denn dieser genügt oft) und That verbessern, sondern persönlich mit jeder Commune, die noch der Schulen entbehrt, über die schleunigste und nach Verhältnissen beste und stets zu verbessernde Einrichtung derselben unterhandeln. Die Verwaltung des Unterrichts in Griechenland verlangt einen ganzen Mann, der sich jetzt sicher unter den Griechen finden müßte, und es gäbe für einen solchen kein erfreulicheres und dankbareres Amt. Zugleich müßte das Ministerium in einem viel ausgedehnteren Maaß, als bisher, für die Bildung von Lehrern Sorge tragen. Nicht, als ob nicht schon eine Anstalt zu diesem Zweck bestände. Schon durch Maurer wurde ein Schullehrerseminar errichtet, und dasselbe hat sicherlich viel mehr geleistet, als diejenigen wissen, welche in so großer Unkunde Griechenland mit seiner bisherigen Entwicklung als ein verunglücktes Experiment betrachten. Gleichwohl fehlt auch diesem Institut die nothwendige Ausdehnung und Energie. Es fehlt das Haupt, welches allen diesen Anstalten, die zu den schönsten eines Staats gehören, Leben und Kraft einhaucht. Was aber soll man vollends dazu sagen, daß jüngst das Local für die sonntäglichen Vorträge im polytechnischen Institut, welche von circa vierhundert Zuhörern, besonders aus dem Handwerkerstande, besucht waren, so daß der Raum nicht mehr ausreichte, gegen ein viel kleineres dem Institut entzogen wurde? Wir wollen bei dieser Gelegenheit jeden Reisenden auffordern, dieses Institut zu besuchen, welches, wie weit es auch von ähnlichen Anstalten in Europa übertroffen wird, dennoch die Erwartungen des Fremden in diesem jungen Staat übertrifft. Neben der polytechnischen Schule ist noch mit Auszeichnung der Militärschule im Piräeus zu gedenken, die in dem adretten Corps ihrer Eleven eine Menge Schüler zählt, die nicht eben fürs Militär bestimmt, sondern wegen guter Zucht und guten Unterrichts von ihren Eltern dieser Anstalt anvertraut sind.

Ich komme jetzt zu den Gymnasien. Das von Athen würde sich mit vielen deutschen Gymnasien messen können. Es hat treffliche Lehrer, und beweist seine Bedeutsamkeit durch die große Zahl seiner Schüler, die es nicht nur aus ganz Griechenland, sondern aus der ganzen europäischen und asiatischen Türkei an sich zieht. Ein zweites Gymnasium blühte jüngst noch in Nauplia; allein durch das Benehmen des Ministeriums in einem Streit zwischen den Lehrern und dem Director ist es während mehrerer Monate gänzlich aufgelöst gewesen, da sämmtliche Lehrer sich genöthigt sahen, um ihre Entlassung zu bitten. Wenn wir nicht irren, ist es jüngst - Dank dem König - neu organisirt worden. Die andern Anstalten dieser Art hat das Ministerium bisher nicht zu einer dem Zweck und dem großen Bedürfniß entsprechenden Vollständigkeit erheben können. Doch leisten sie auch in ihrem gegenwärtigen Zustande die erfreulichsten Resultate. - Zum Schluß kehre ich zur Universität zurück. Wiewohl die Organisation der Universität, von Hrn. Brandis nach deutschem Muster entworfen, noch immer nicht publicirt ist, so werden doch die noch unbesetzten Stellen fortwährend mit tüchtigen Lehrern, so wie sich einer zeigt, versehen. Welch eine lebhafte Theilnahme die Universität bei allen Griechen innerhalb und außerhalb des Königreichs findet, beweisen die freigebigen Beiträge zum Bau eines neuen Universitätsgebäudes, deren Verzeichniß in den Zeitungen noch immer wächst. Es ist kaum begreiflich, daß in so kurzer Zeit so viele gelehrte und würdige Männer für die Otto's-Universität haben vereint werden können. Und diese sind nicht etwa, wie bei den sogenannten Unterrichtsanstalten in der Türkei und Aegypten, Fremde, sondern mit wenigen Ausnahmen Griechen. In einer deutschen Zeitung würde zwar mit Recht der deutschen Professoren und Lehrer in Griechenland besondere Erwähnung geschehen; allein theils sind ihre Namen bekannt, theils möchten wir nicht veranlassen, daß einige griechische Blätter, die zu reizbar sind, in unserm Lobe einen neuen Grund suchten, Männer, die in ihrem Vaterlande leicht eine bessere Stellung und einen in wissenschaftlicher Beziehung doch noch vorzuziehenden Wirkungskreis fänden, mit kleinlichem Neid und mit Verleumdung zu bekritteln. Ohne den Mißbrauch zu billigen, sehen wir allerdings auch die lebhafte Journalistik in Griechenland als einen Beweis einer fortschreitenden Cultur an, die ihre Nachbarn bereits weit überflügelt hat. Allein wer wollte nicht diesen Blättern in ihrem eignen Interesse eine viel größere Mäßigung und würdevollere Haltung wünschen? Zerstören sie doch nur zu oft den Einfluß, die Belehrung, die sie geben könnten, durch Uebertreibung der leichtfertig aufgenommenen, unwahren Nachrichten.

Haben wir nun nicht verschwiegen, daß Vieles zu wünschen bleibt, und welche Mängel uns obzuwalten scheinen, so müssen wir jetzt um so bestimmter wiederholen, daß gleichwohl sehr viel geschehen ist, daß Griechenland viel mehr geleistet, als wir im Jahr 1833 und 1834 zu hoffen wagten, ja daß es mehr geleistet hat, als irgend Jemand, der kein Träumer war, zur Zeit jener lebhaften Theilnahme Europa's für dieses Land erwarten konnte. Es ist zu beklagen, daß darüber in Europa so große Unkunde herrscht. Wir sehen selbst in Aufsätzen, die mit Kenntniß und Wohlwollen geschrieben sind, über Griechenland abgesprochen, als hätte sich die europäische Politik und die europäische Gesellschaft gänzlich verrechnet, als wäre das Ganze nichts gewesen als ein Expirement, und dieses Expirement wäre verunglückt. Was hat man denn gewollt? Man hat die Griechen zu einem selbstständigen Volk, und dieses Volk der europäischen Cultur theilhaft machen wollen. Das ist geschehen, bereits in einem viel höhern Grade geschehen, als man erwarten durfte, und erfüllt sich täglich mehr. Statt daß rings im Kreise die neuen Bildungsversuche sich auf Militärmacht beschränken, richtet sich in Griechenland Alles aufs Volk. Hört man doch zuweilen selbst von Griechen, daß auf Flotte und Landmacht zu wenig verwendet werde. Aber nicht mit einer starken Militärmacht wollte sich König Otto umgegeben, sondern mit einem glücklichen Volk, dessen Liebe seine Stärke sey und dessen Intelligenz seine Macht.

Und geht es nicht vorwärts mit Griechenland? Blüht nicht der Ackerbau auf, beispiellos? Werden nicht überall Weingärten angelegt, Olivenpflanzungen? Erweitert sich nicht der Seidenbau? Vermehrt sich nicht jährlich die Production in den reichsten einträglichsten Erzeugnissen? Werden nicht neue Städte gebaut? Laufen nicht jeden Sonntag in Syra zwei neue Briggs vom Stapel? Herrscht nicht dieselbe Thätigkeit auf den andern Werften? Man frage nicht, wie ist's in Deutschland


studiren, zugänglich machen sollen, sind verhältnißmäßig eben so mangelhaft. Die Allgem. Ztg. hat über den Besuch des Königs in den Schulen des nördlichen Griechenlands berichtet: wäre der Minister des Unterrichts zugegen gewesen, erröthend hätte er vor seinem König stehen müssen. Allein der Minister macht keine Reise zur Inspection der Schulen, noch sendet er einen seiner Räthe, gesetzt, er habe einen, den Fachkenntniß und Ansehen zu einem so wichtigen und würdevollen Geschäft befähigen. Die griechischen Communen sind zu keiner Ausgabe so bereitwillig, als zu der für Schulen, und einsichtsvolle Vorschläge in dieser Beziehung sind ihres Erfolgs sicher. Ununterbrochen müßte der Minister des Unterrichts oder ein Rath des Ministeriums in diesem Lande, wenigstens in dem ersten Jahrzehnt, die Provinzen durchreisen, nicht nur die vorhandenen Schulen untersuchen, und durch Rath (denn dieser genügt oft) und That verbessern, sondern persönlich mit jeder Commune, die noch der Schulen entbehrt, über die schleunigste und nach Verhältnissen beste und stets zu verbessernde Einrichtung derselben unterhandeln. Die Verwaltung des Unterrichts in Griechenland verlangt einen ganzen Mann, der sich jetzt sicher unter den Griechen finden müßte, und es gäbe für einen solchen kein erfreulicheres und dankbareres Amt. Zugleich müßte das Ministerium in einem viel ausgedehnteren Maaß, als bisher, für die Bildung von Lehrern Sorge tragen. Nicht, als ob nicht schon eine Anstalt zu diesem Zweck bestände. Schon durch Maurer wurde ein Schullehrerseminar errichtet, und dasselbe hat sicherlich viel mehr geleistet, als diejenigen wissen, welche in so großer Unkunde Griechenland mit seiner bisherigen Entwicklung als ein verunglücktes Experiment betrachten. Gleichwohl fehlt auch diesem Institut die nothwendige Ausdehnung und Energie. Es fehlt das Haupt, welches allen diesen Anstalten, die zu den schönsten eines Staats gehören, Leben und Kraft einhaucht. Was aber soll man vollends dazu sagen, daß jüngst das Local für die sonntäglichen Vorträge im polytechnischen Institut, welche von circa vierhundert Zuhörern, besonders aus dem Handwerkerstande, besucht waren, so daß der Raum nicht mehr ausreichte, gegen ein viel kleineres dem Institut entzogen wurde? Wir wollen bei dieser Gelegenheit jeden Reisenden auffordern, dieses Institut zu besuchen, welches, wie weit es auch von ähnlichen Anstalten in Europa übertroffen wird, dennoch die Erwartungen des Fremden in diesem jungen Staat übertrifft. Neben der polytechnischen Schule ist noch mit Auszeichnung der Militärschule im Piräeus zu gedenken, die in dem adretten Corps ihrer Eleven eine Menge Schüler zählt, die nicht eben fürs Militär bestimmt, sondern wegen guter Zucht und guten Unterrichts von ihren Eltern dieser Anstalt anvertraut sind.

Ich komme jetzt zu den Gymnasien. Das von Athen würde sich mit vielen deutschen Gymnasien messen können. Es hat treffliche Lehrer, und beweist seine Bedeutsamkeit durch die große Zahl seiner Schüler, die es nicht nur aus ganz Griechenland, sondern aus der ganzen europäischen und asiatischen Türkei an sich zieht. Ein zweites Gymnasium blühte jüngst noch in Nauplia; allein durch das Benehmen des Ministeriums in einem Streit zwischen den Lehrern und dem Director ist es während mehrerer Monate gänzlich aufgelöst gewesen, da sämmtliche Lehrer sich genöthigt sahen, um ihre Entlassung zu bitten. Wenn wir nicht irren, ist es jüngst – Dank dem König – neu organisirt worden. Die andern Anstalten dieser Art hat das Ministerium bisher nicht zu einer dem Zweck und dem großen Bedürfniß entsprechenden Vollständigkeit erheben können. Doch leisten sie auch in ihrem gegenwärtigen Zustande die erfreulichsten Resultate. – Zum Schluß kehre ich zur Universität zurück. Wiewohl die Organisation der Universität, von Hrn. Brandis nach deutschem Muster entworfen, noch immer nicht publicirt ist, so werden doch die noch unbesetzten Stellen fortwährend mit tüchtigen Lehrern, so wie sich einer zeigt, versehen. Welch eine lebhafte Theilnahme die Universität bei allen Griechen innerhalb und außerhalb des Königreichs findet, beweisen die freigebigen Beiträge zum Bau eines neuen Universitätsgebäudes, deren Verzeichniß in den Zeitungen noch immer wächst. Es ist kaum begreiflich, daß in so kurzer Zeit so viele gelehrte und würdige Männer für die Otto's-Universität haben vereint werden können. Und diese sind nicht etwa, wie bei den sogenannten Unterrichtsanstalten in der Türkei und Aegypten, Fremde, sondern mit wenigen Ausnahmen Griechen. In einer deutschen Zeitung würde zwar mit Recht der deutschen Professoren und Lehrer in Griechenland besondere Erwähnung geschehen; allein theils sind ihre Namen bekannt, theils möchten wir nicht veranlassen, daß einige griechische Blätter, die zu reizbar sind, in unserm Lobe einen neuen Grund suchten, Männer, die in ihrem Vaterlande leicht eine bessere Stellung und einen in wissenschaftlicher Beziehung doch noch vorzuziehenden Wirkungskreis fänden, mit kleinlichem Neid und mit Verleumdung zu bekritteln. Ohne den Mißbrauch zu billigen, sehen wir allerdings auch die lebhafte Journalistik in Griechenland als einen Beweis einer fortschreitenden Cultur an, die ihre Nachbarn bereits weit überflügelt hat. Allein wer wollte nicht diesen Blättern in ihrem eignen Interesse eine viel größere Mäßigung und würdevollere Haltung wünschen? Zerstören sie doch nur zu oft den Einfluß, die Belehrung, die sie geben könnten, durch Uebertreibung der leichtfertig aufgenommenen, unwahren Nachrichten.

Haben wir nun nicht verschwiegen, daß Vieles zu wünschen bleibt, und welche Mängel uns obzuwalten scheinen, so müssen wir jetzt um so bestimmter wiederholen, daß gleichwohl sehr viel geschehen ist, daß Griechenland viel mehr geleistet, als wir im Jahr 1833 und 1834 zu hoffen wagten, ja daß es mehr geleistet hat, als irgend Jemand, der kein Träumer war, zur Zeit jener lebhaften Theilnahme Europa's für dieses Land erwarten konnte. Es ist zu beklagen, daß darüber in Europa so große Unkunde herrscht. Wir sehen selbst in Aufsätzen, die mit Kenntniß und Wohlwollen geschrieben sind, über Griechenland abgesprochen, als hätte sich die europäische Politik und die europäische Gesellschaft gänzlich verrechnet, als wäre das Ganze nichts gewesen als ein Expirement, und dieses Expirement wäre verunglückt. Was hat man denn gewollt? Man hat die Griechen zu einem selbstständigen Volk, und dieses Volk der europäischen Cultur theilhaft machen wollen. Das ist geschehen, bereits in einem viel höhern Grade geschehen, als man erwarten durfte, und erfüllt sich täglich mehr. Statt daß rings im Kreise die neuen Bildungsversuche sich auf Militärmacht beschränken, richtet sich in Griechenland Alles aufs Volk. Hört man doch zuweilen selbst von Griechen, daß auf Flotte und Landmacht zu wenig verwendet werde. Aber nicht mit einer starken Militärmacht wollte sich König Otto umgegeben, sondern mit einem glücklichen Volk, dessen Liebe seine Stärke sey und dessen Intelligenz seine Macht.

Und geht es nicht vorwärts mit Griechenland? Blüht nicht der Ackerbau auf, beispiellos? Werden nicht überall Weingärten angelegt, Olivenpflanzungen? Erweitert sich nicht der Seidenbau? Vermehrt sich nicht jährlich die Production in den reichsten einträglichsten Erzeugnissen? Werden nicht neue Städte gebaut? Laufen nicht jeden Sonntag in Syra zwei neue Briggs vom Stapel? Herrscht nicht dieselbe Thätigkeit auf den andern Werften? Man frage nicht, wie ist's in Deutschland

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[0187/0011] studiren, zugänglich machen sollen, sind verhältnißmäßig eben so mangelhaft. Die Allgem. Ztg. hat über den Besuch des Königs in den Schulen des nördlichen Griechenlands berichtet: wäre der Minister des Unterrichts zugegen gewesen, erröthend hätte er vor seinem König stehen müssen. Allein der Minister macht keine Reise zur Inspection der Schulen, noch sendet er einen seiner Räthe, gesetzt, er habe einen, den Fachkenntniß und Ansehen zu einem so wichtigen und würdevollen Geschäft befähigen. Die griechischen Communen sind zu keiner Ausgabe so bereitwillig, als zu der für Schulen, und einsichtsvolle Vorschläge in dieser Beziehung sind ihres Erfolgs sicher. Ununterbrochen müßte der Minister des Unterrichts oder ein Rath des Ministeriums in diesem Lande, wenigstens in dem ersten Jahrzehnt, die Provinzen durchreisen, nicht nur die vorhandenen Schulen untersuchen, und durch Rath (denn dieser genügt oft) und That verbessern, sondern persönlich mit jeder Commune, die noch der Schulen entbehrt, über die schleunigste und nach Verhältnissen beste und stets zu verbessernde Einrichtung derselben unterhandeln. Die Verwaltung des Unterrichts in Griechenland verlangt einen ganzen Mann, der sich jetzt sicher unter den Griechen finden müßte, und es gäbe für einen solchen kein erfreulicheres und dankbareres Amt. Zugleich müßte das Ministerium in einem viel ausgedehnteren Maaß, als bisher, für die Bildung von Lehrern Sorge tragen. Nicht, als ob nicht schon eine Anstalt zu diesem Zweck bestände. Schon durch Maurer wurde ein Schullehrerseminar errichtet, und dasselbe hat sicherlich viel mehr geleistet, als diejenigen wissen, welche in so großer Unkunde Griechenland mit seiner bisherigen Entwicklung als ein verunglücktes Experiment betrachten. Gleichwohl fehlt auch diesem Institut die nothwendige Ausdehnung und Energie. Es fehlt das Haupt, welches allen diesen Anstalten, die zu den schönsten eines Staats gehören, Leben und Kraft einhaucht. Was aber soll man vollends dazu sagen, daß jüngst das Local für die sonntäglichen Vorträge im polytechnischen Institut, welche von circa vierhundert Zuhörern, besonders aus dem Handwerkerstande, besucht waren, so daß der Raum nicht mehr ausreichte, gegen ein viel kleineres dem Institut entzogen wurde? Wir wollen bei dieser Gelegenheit jeden Reisenden auffordern, dieses Institut zu besuchen, welches, wie weit es auch von ähnlichen Anstalten in Europa übertroffen wird, dennoch die Erwartungen des Fremden in diesem jungen Staat übertrifft. Neben der polytechnischen Schule ist noch mit Auszeichnung der Militärschule im Piräeus zu gedenken, die in dem adretten Corps ihrer Eleven eine Menge Schüler zählt, die nicht eben fürs Militär bestimmt, sondern wegen guter Zucht und guten Unterrichts von ihren Eltern dieser Anstalt anvertraut sind. Ich komme jetzt zu den Gymnasien. Das von Athen würde sich mit vielen deutschen Gymnasien messen können. Es hat treffliche Lehrer, und beweist seine Bedeutsamkeit durch die große Zahl seiner Schüler, die es nicht nur aus ganz Griechenland, sondern aus der ganzen europäischen und asiatischen Türkei an sich zieht. Ein zweites Gymnasium blühte jüngst noch in Nauplia; allein durch das Benehmen des Ministeriums in einem Streit zwischen den Lehrern und dem Director ist es während mehrerer Monate gänzlich aufgelöst gewesen, da sämmtliche Lehrer sich genöthigt sahen, um ihre Entlassung zu bitten. Wenn wir nicht irren, ist es jüngst – Dank dem König – neu organisirt worden. Die andern Anstalten dieser Art hat das Ministerium bisher nicht zu einer dem Zweck und dem großen Bedürfniß entsprechenden Vollständigkeit erheben können. Doch leisten sie auch in ihrem gegenwärtigen Zustande die erfreulichsten Resultate. – Zum Schluß kehre ich zur Universität zurück. Wiewohl die Organisation der Universität, von Hrn. Brandis nach deutschem Muster entworfen, noch immer nicht publicirt ist, so werden doch die noch unbesetzten Stellen fortwährend mit tüchtigen Lehrern, so wie sich einer zeigt, versehen. Welch eine lebhafte Theilnahme die Universität bei allen Griechen innerhalb und außerhalb des Königreichs findet, beweisen die freigebigen Beiträge zum Bau eines neuen Universitätsgebäudes, deren Verzeichniß in den Zeitungen noch immer wächst. Es ist kaum begreiflich, daß in so kurzer Zeit so viele gelehrte und würdige Männer für die Otto's-Universität haben vereint werden können. Und diese sind nicht etwa, wie bei den sogenannten Unterrichtsanstalten in der Türkei und Aegypten, Fremde, sondern mit wenigen Ausnahmen Griechen. In einer deutschen Zeitung würde zwar mit Recht der deutschen Professoren und Lehrer in Griechenland besondere Erwähnung geschehen; allein theils sind ihre Namen bekannt, theils möchten wir nicht veranlassen, daß einige griechische Blätter, die zu reizbar sind, in unserm Lobe einen neuen Grund suchten, Männer, die in ihrem Vaterlande leicht eine bessere Stellung und einen in wissenschaftlicher Beziehung doch noch vorzuziehenden Wirkungskreis fänden, mit kleinlichem Neid und mit Verleumdung zu bekritteln. Ohne den Mißbrauch zu billigen, sehen wir allerdings auch die lebhafte Journalistik in Griechenland als einen Beweis einer fortschreitenden Cultur an, die ihre Nachbarn bereits weit überflügelt hat. Allein wer wollte nicht diesen Blättern in ihrem eignen Interesse eine viel größere Mäßigung und würdevollere Haltung wünschen? Zerstören sie doch nur zu oft den Einfluß, die Belehrung, die sie geben könnten, durch Uebertreibung der leichtfertig aufgenommenen, unwahren Nachrichten. Haben wir nun nicht verschwiegen, daß Vieles zu wünschen bleibt, und welche Mängel uns obzuwalten scheinen, so müssen wir jetzt um so bestimmter wiederholen, daß gleichwohl sehr viel geschehen ist, daß Griechenland viel mehr geleistet, als wir im Jahr 1833 und 1834 zu hoffen wagten, ja daß es mehr geleistet hat, als irgend Jemand, der kein Träumer war, zur Zeit jener lebhaften Theilnahme Europa's für dieses Land erwarten konnte. Es ist zu beklagen, daß darüber in Europa so große Unkunde herrscht. Wir sehen selbst in Aufsätzen, die mit Kenntniß und Wohlwollen geschrieben sind, über Griechenland abgesprochen, als hätte sich die europäische Politik und die europäische Gesellschaft gänzlich verrechnet, als wäre das Ganze nichts gewesen als ein Expirement, und dieses Expirement wäre verunglückt. Was hat man denn gewollt? Man hat die Griechen zu einem selbstständigen Volk, und dieses Volk der europäischen Cultur theilhaft machen wollen. Das ist geschehen, bereits in einem viel höhern Grade geschehen, als man erwarten durfte, und erfüllt sich täglich mehr. Statt daß rings im Kreise die neuen Bildungsversuche sich auf Militärmacht beschränken, richtet sich in Griechenland Alles aufs Volk. Hört man doch zuweilen selbst von Griechen, daß auf Flotte und Landmacht zu wenig verwendet werde. Aber nicht mit einer starken Militärmacht wollte sich König Otto umgegeben, sondern mit einem glücklichen Volk, dessen Liebe seine Stärke sey und dessen Intelligenz seine Macht. Und geht es nicht vorwärts mit Griechenland? Blüht nicht der Ackerbau auf, beispiellos? Werden nicht überall Weingärten angelegt, Olivenpflanzungen? Erweitert sich nicht der Seidenbau? Vermehrt sich nicht jährlich die Production in den reichsten einträglichsten Erzeugnissen? Werden nicht neue Städte gebaut? 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 24. Augsburg, 24. Januar 1840, S. 0187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_024_18400124/11>, abgerufen am 28.04.2024.