Allgemeine Zeitung. Nr. 24. Augsburg, 24. Januar 1840.
Frankreich. Paris, 19 Jan. (Sonntag.) Das Journal de Francfort schreibt aus Paris vom 17 Jan.: "Sie werden sich wundern, nichts mehr von den Verhören des Hrn. Karl Durand zu hören. Diese dem Gebrauche der französischen Tribunale so wenig entsprechende Langsamkeit der Procedur ward mir von einer Person, der ich vertrauen kann, auf folgende Art erklärt. Sie erinnern sich ohne Zweifel, daß eine Pariser Correspondenz der Allgemeinen Zeitung gemeldet hat, Hr. Durand habe sich in seinen Verhören als vertrauten Agenten der russischen Regierung erklärt. Eine solche Angabe Durands, so unwahrscheinlich sie auch war, compromittirte das Petersburger Cabinet doch sehr ernstlich. Auch ließ die französische Regierung sogleich die Procedur suspendiren, um der russischen Regierung alles Geschehene mitzutheilen. Beruhigt durch die bestimmtesten und befriedigendsten Antworten soll sie der russischen Regierung angeboten haben, die Untersuchung ganz niederzuschlagen. Das Petersburger Cabinet aber, um einen Beweis seiner großen Loyalität zu geben, und zu zeigen, wie sehr es den ihm zugeschriebenen Umtrieben fremd ist, hat im Gegentheil verlangt, daß die Untersuchung neuerdings mit der größten Oeffentlichkeit wieder vorgenommen werde, in der sichern Ueberzeugung, daß nichts daraus hervorgehen werde, was den geringsten Schatten auf die seiner Politik als Regel dienende Redlichkeit werfen könnte. Sie dürfen also erwarten, daß die Untersuchung bald wieder mit der Thätigkeit beginnen werde, welche diese wichtige Sache erfordert, und überzeugt seyn, daß die Lösung nicht lange auf sich warten lassen wird." Das Commerce, unter dem Einflusse des mit Thiers immer rivalisirenden Mauguin erscheinend, sagt über des erstern Rede: "Die Allianz der englischen Regierung hat allerdings ihren Werth und ihre Vortheile; man darf aber nicht die Thatsachen entstellen und die Ehre seines Landes zu Gunsten eines fremden opfern. Hr. Thiers hat sich in seiner Rede vielfach auf solche Weise vergangen. Hr. Thiers hat dem gerechten Schrecken, von welchem die englische Aristokratie durch die Ausschweifungen der Revolution und des Kaiserreichs betroffen worden, den hartnäckigen, ungerechten, civilisationswidrigen Krieg zugeschrieben, welchen jene Aristokratie 25 Jahre lang gegen uns geführt hat. Hr. Thiers, der Verfasser der Revolutionsgeschichte, hat sonach das, was er uns selbst gelehrt, vergessen, daß nämlich der englische Krieg und das englische Gold es waren, welche den Wahnsinn des Schreckens hervorgerufen und genährt
Frankreich. Paris, 19 Jan. (Sonntag.) Das Journal de Francfort schreibt aus Paris vom 17 Jan.: „Sie werden sich wundern, nichts mehr von den Verhören des Hrn. Karl Durand zu hören. Diese dem Gebrauche der französischen Tribunale so wenig entsprechende Langsamkeit der Procedur ward mir von einer Person, der ich vertrauen kann, auf folgende Art erklärt. Sie erinnern sich ohne Zweifel, daß eine Pariser Correspondenz der Allgemeinen Zeitung gemeldet hat, Hr. Durand habe sich in seinen Verhören als vertrauten Agenten der russischen Regierung erklärt. Eine solche Angabe Durands, so unwahrscheinlich sie auch war, compromittirte das Petersburger Cabinet doch sehr ernstlich. Auch ließ die französische Regierung sogleich die Procedur suspendiren, um der russischen Regierung alles Geschehene mitzutheilen. Beruhigt durch die bestimmtesten und befriedigendsten Antworten soll sie der russischen Regierung angeboten haben, die Untersuchung ganz niederzuschlagen. Das Petersburger Cabinet aber, um einen Beweis seiner großen Loyalität zu geben, und zu zeigen, wie sehr es den ihm zugeschriebenen Umtrieben fremd ist, hat im Gegentheil verlangt, daß die Untersuchung neuerdings mit der größten Oeffentlichkeit wieder vorgenommen werde, in der sichern Ueberzeugung, daß nichts daraus hervorgehen werde, was den geringsten Schatten auf die seiner Politik als Regel dienende Redlichkeit werfen könnte. Sie dürfen also erwarten, daß die Untersuchung bald wieder mit der Thätigkeit beginnen werde, welche diese wichtige Sache erfordert, und überzeugt seyn, daß die Lösung nicht lange auf sich warten lassen wird.“ Das Commerce, unter dem Einflusse des mit Thiers immer rivalisirenden Mauguin erscheinend, sagt über des erstern Rede: „Die Allianz der englischen Regierung hat allerdings ihren Werth und ihre Vortheile; man darf aber nicht die Thatsachen entstellen und die Ehre seines Landes zu Gunsten eines fremden opfern. Hr. Thiers hat sich in seiner Rede vielfach auf solche Weise vergangen. Hr. Thiers hat dem gerechten Schrecken, von welchem die englische Aristokratie durch die Ausschweifungen der Revolution und des Kaiserreichs betroffen worden, den hartnäckigen, ungerechten, civilisationswidrigen Krieg zugeschrieben, welchen jene Aristokratie 25 Jahre lang gegen uns geführt hat. Hr. Thiers, der Verfasser der Revolutionsgeschichte, hat sonach das, was er uns selbst gelehrt, vergessen, daß nämlich der englische Krieg und das englische Gold es waren, welche den Wahnsinn des Schreckens hervorgerufen und genährt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="0187"/><lb/> müsse, seine Verhandlungen, ohne Beschränkung, durch den Druck bekannt zu machen, die Ultratories und die conservativen Organe, so viel ich weiß ohne Ausnahme, auf dem Satz beharren: die Gerechtsame des Einzelnen erforderten, daß das Haus hierin den Gerichten unterworfen sey, damit Niemand ungestraft in seinem Rufe verletzt werde. Da das Unterhaus nicht mehr das unbedingte Organ der Tories ist, und wahrscheinlich nie wieder werden wird, so möchten dieselben das Haus natürlich gedemüthigt sehen, damit das Oberhaus um so höher stehe; sie bedenken aber dabei nicht, daß letzteres dadurch denselben Angriffen bloßgestellt wird, und man bald das Schauspiel erleben würde, die unteren Gerichtsstellen gegen diese höchste angerufen zu sehen. Sonst waren die Debatten im Unterhaus ohne allgemeines Interesse, da Niemand eine Aenderung in der Adresse vorzuschlagen für gut fand, wenn auch Inglis über die Auslassung des Wortes Protestant in Bezug auf den Prinzen Albert knurrte. Hr. Yardley Buller kündigte indessen an, er werde am 28 d. dem Hause die Erklärung vorschlagen, daß dasselbe kein Vertrauen in Ihrer Maj. Minister habe. Die Toryblätter sind hierüber in Ekstase, obgleich sie, besonders die Times, vor der Hand keine Mehrheit für ihre Seite erwarten, folglich die angekündigte Mehrheit von zwanzig, auf welche für den Anfang der Session gerechnet worden war, schon zerronnen ist. Der Vorschlag aber soll ein Wiederhall der Gesinnung von ganz England seyn, und den Ernst der Conservativen gegen das „O'Connell'sche“ Ministerium darthun, welchen man auch noch daran erkennen will, daß Wellington im Oberhause darauf bestand, daß in der Adresse Prinz Albert ein „protestantischer“ Prinz genannt würde, und Lord Melbourne sich, wie sich's im Oberhause von selbst versteht, nolens, volens, den Zusatz gefallen lassen mußte. Der edle Herzog hielt es dabei nicht unter seiner Würde, die Auslassung dieses Wortes in der Erklärung der Königin mit einigen Ausdrücken O'Connells zusammen zu halten, und daraus den Schluß zu ziehen, daß die Minister solches hätten thun müssen, um diesem ihrem Tyrannen nicht zu mißfallen. Diese Ansicht wurde von Brougham bestätigt, welcher sich zugleich durch einen Aufwand von Beredsamkeit und die bittersten Spöttereien an diesem Demagogen für die unziemlichen Schmähungen rächte, welche er vor kurzem gegen ihn ausgestoßen hatte. So straffällig die Walliser Rebellen auch seyen, so sey O'Connell doch viel strafbarer, indem er die Königin mit Aufruhr bedrohe, wenn sie es wagen sollte, in der Ausübung ihres unbezweifelten Rechtes gewissen Personen die Regierung anzuvertrauen. Das zuverlässigste Mittel zur Beruhigung Irlands für alle Zeiten, zur Sicherung des Verbandes mit England, zur Erhaltung der Kirche und zur Zerstörung des O'Connell'schen Einflusses sey die Besoldung der katholischen Priester, und zur Beruhigung der arbeitenden Classen in Großbritannien, von deren Unzufriedenheit und Entfremdung er ein furchtbares Bild entwarf, die Ausdehnung des Wahlrechts unter dieselben. Zugleich warnte er die Aristokratie vor der Gefahr einer längern Beibehaltung der Getreidegesetze, er erwähnte unter Anderm als Beweis der Entfremdung der Arbeiter von ihren Brodherren, daß sie, bei dem bittersten Hasse gegen diese Gesetze, doch nicht mit diesen gemeinschaftliche Sache dagegen machen wollen. Der Graf Stanhope bestätigte Alles, was der edle Lord von der Unzufriedenheit und den üblen Gesinnungen des Volkes gesagt, versicherte aber, diese seyen nicht gegen die Getreidegesetze gerichtet; und der Herzog v. Richmond war ganz böse, daß er gleich am ersten Tage der Session von den Getreidegesetzen hören müsse, da doch das Haus so kürzlich erst durch eine überwiegende Mehrheit zu Gunsten derselben entschieden habe. Ich fürchte, daß trotz diesem Einspruch die gemüthliche Ruhe, womit so viele edle Lords dem Verderben des Fabrikwesens zusehen, unangenehm gestört werden wird. Inzwischen tadeln die Tories die Königin, daß sie in Person eine Session eröffnet, worin sie ihre Absicht sich zu vermählen anzukündigen hatte, besonders da sie den Abend zuvor den Tod ihrer Tante, der Landgräfin von Hessen-Homburg, erfahren hatte. Während man sich in den vornehmen Kreisen über diese scheinbare Verletzung der Etikette besprach, wurde im entgegengesetzten Theil der Stadt ein Rudel Chartisten, welche ungefähr 700 an der Zahl in einem großen Saal eine Versammlung hielten, von der Polizei auseinander gesprengt, und deren acht bis zehn, bei welchen man Waffen gefunden, verhaftet! Zugleich kam die Nachricht an, daß Frost, Williams und Jones (mit Vorbehaltung der bekannten Frage über die Nichtbeobachtung gewisser Formen) feierlich zum Tode verurtheilt worden, und die Fünfe, welche sich selbst für schuldig erkannt, die Weisung erhalten, daß sie nichts Geringeres zu gewärtigen hätten, als Deportation auf Lebenszeit!</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 19 Jan. (Sonntag.)</dateline><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Journal de Francfort</hi> schreibt aus <hi rendition="#b">Paris</hi> vom 17 Jan.: „Sie werden sich wundern, nichts mehr von den Verhören des Hrn. Karl Durand zu hören. Diese dem Gebrauche der französischen Tribunale so wenig entsprechende Langsamkeit der Procedur ward mir von einer Person, der ich vertrauen kann, auf folgende Art erklärt. Sie erinnern sich ohne Zweifel, daß eine Pariser Correspondenz der <hi rendition="#g">Allgemeinen Zeitung</hi> gemeldet hat, Hr. Durand habe sich in seinen Verhören als vertrauten Agenten der russischen Regierung erklärt. Eine solche Angabe Durands, so unwahrscheinlich sie auch war, compromittirte das Petersburger Cabinet doch sehr ernstlich. Auch ließ die französische Regierung sogleich die Procedur suspendiren, um der russischen Regierung alles Geschehene mitzutheilen. Beruhigt durch die bestimmtesten und befriedigendsten Antworten soll sie der russischen Regierung angeboten haben, die Untersuchung ganz niederzuschlagen. Das Petersburger Cabinet aber, um einen Beweis seiner großen Loyalität zu geben, und zu zeigen, wie sehr es den ihm zugeschriebenen Umtrieben fremd ist, hat im Gegentheil verlangt, daß die Untersuchung neuerdings mit der größten Oeffentlichkeit wieder vorgenommen werde, in der sichern Ueberzeugung, daß nichts daraus hervorgehen werde, was den geringsten Schatten auf die seiner Politik als Regel dienende Redlichkeit werfen könnte. Sie dürfen also erwarten, daß die Untersuchung bald wieder mit der Thätigkeit beginnen werde, welche diese wichtige Sache erfordert, und überzeugt seyn, daß die Lösung nicht lange auf sich warten lassen wird.“</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Commerce</hi>, unter dem Einflusse des mit Thiers immer rivalisirenden Mauguin erscheinend, sagt über des erstern Rede: „Die Allianz der englischen Regierung hat allerdings ihren Werth und ihre Vortheile; man darf aber nicht die Thatsachen entstellen und die Ehre seines Landes zu Gunsten eines fremden opfern. Hr. Thiers hat sich in seiner Rede vielfach auf solche Weise vergangen. Hr. Thiers hat dem gerechten Schrecken, von welchem die englische Aristokratie durch die Ausschweifungen der Revolution und des Kaiserreichs betroffen worden, den hartnäckigen, ungerechten, civilisationswidrigen Krieg zugeschrieben, welchen jene Aristokratie 25 Jahre lang gegen uns geführt hat. Hr. Thiers, der Verfasser der Revolutionsgeschichte, hat sonach das, was er uns selbst gelehrt, vergessen, daß nämlich der englische Krieg und das englische Gold es waren, welche den Wahnsinn des Schreckens hervorgerufen und genährt<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0187/0003]
müsse, seine Verhandlungen, ohne Beschränkung, durch den Druck bekannt zu machen, die Ultratories und die conservativen Organe, so viel ich weiß ohne Ausnahme, auf dem Satz beharren: die Gerechtsame des Einzelnen erforderten, daß das Haus hierin den Gerichten unterworfen sey, damit Niemand ungestraft in seinem Rufe verletzt werde. Da das Unterhaus nicht mehr das unbedingte Organ der Tories ist, und wahrscheinlich nie wieder werden wird, so möchten dieselben das Haus natürlich gedemüthigt sehen, damit das Oberhaus um so höher stehe; sie bedenken aber dabei nicht, daß letzteres dadurch denselben Angriffen bloßgestellt wird, und man bald das Schauspiel erleben würde, die unteren Gerichtsstellen gegen diese höchste angerufen zu sehen. Sonst waren die Debatten im Unterhaus ohne allgemeines Interesse, da Niemand eine Aenderung in der Adresse vorzuschlagen für gut fand, wenn auch Inglis über die Auslassung des Wortes Protestant in Bezug auf den Prinzen Albert knurrte. Hr. Yardley Buller kündigte indessen an, er werde am 28 d. dem Hause die Erklärung vorschlagen, daß dasselbe kein Vertrauen in Ihrer Maj. Minister habe. Die Toryblätter sind hierüber in Ekstase, obgleich sie, besonders die Times, vor der Hand keine Mehrheit für ihre Seite erwarten, folglich die angekündigte Mehrheit von zwanzig, auf welche für den Anfang der Session gerechnet worden war, schon zerronnen ist. Der Vorschlag aber soll ein Wiederhall der Gesinnung von ganz England seyn, und den Ernst der Conservativen gegen das „O'Connell'sche“ Ministerium darthun, welchen man auch noch daran erkennen will, daß Wellington im Oberhause darauf bestand, daß in der Adresse Prinz Albert ein „protestantischer“ Prinz genannt würde, und Lord Melbourne sich, wie sich's im Oberhause von selbst versteht, nolens, volens, den Zusatz gefallen lassen mußte. Der edle Herzog hielt es dabei nicht unter seiner Würde, die Auslassung dieses Wortes in der Erklärung der Königin mit einigen Ausdrücken O'Connells zusammen zu halten, und daraus den Schluß zu ziehen, daß die Minister solches hätten thun müssen, um diesem ihrem Tyrannen nicht zu mißfallen. Diese Ansicht wurde von Brougham bestätigt, welcher sich zugleich durch einen Aufwand von Beredsamkeit und die bittersten Spöttereien an diesem Demagogen für die unziemlichen Schmähungen rächte, welche er vor kurzem gegen ihn ausgestoßen hatte. So straffällig die Walliser Rebellen auch seyen, so sey O'Connell doch viel strafbarer, indem er die Königin mit Aufruhr bedrohe, wenn sie es wagen sollte, in der Ausübung ihres unbezweifelten Rechtes gewissen Personen die Regierung anzuvertrauen. Das zuverlässigste Mittel zur Beruhigung Irlands für alle Zeiten, zur Sicherung des Verbandes mit England, zur Erhaltung der Kirche und zur Zerstörung des O'Connell'schen Einflusses sey die Besoldung der katholischen Priester, und zur Beruhigung der arbeitenden Classen in Großbritannien, von deren Unzufriedenheit und Entfremdung er ein furchtbares Bild entwarf, die Ausdehnung des Wahlrechts unter dieselben. Zugleich warnte er die Aristokratie vor der Gefahr einer längern Beibehaltung der Getreidegesetze, er erwähnte unter Anderm als Beweis der Entfremdung der Arbeiter von ihren Brodherren, daß sie, bei dem bittersten Hasse gegen diese Gesetze, doch nicht mit diesen gemeinschaftliche Sache dagegen machen wollen. Der Graf Stanhope bestätigte Alles, was der edle Lord von der Unzufriedenheit und den üblen Gesinnungen des Volkes gesagt, versicherte aber, diese seyen nicht gegen die Getreidegesetze gerichtet; und der Herzog v. Richmond war ganz böse, daß er gleich am ersten Tage der Session von den Getreidegesetzen hören müsse, da doch das Haus so kürzlich erst durch eine überwiegende Mehrheit zu Gunsten derselben entschieden habe. Ich fürchte, daß trotz diesem Einspruch die gemüthliche Ruhe, womit so viele edle Lords dem Verderben des Fabrikwesens zusehen, unangenehm gestört werden wird. Inzwischen tadeln die Tories die Königin, daß sie in Person eine Session eröffnet, worin sie ihre Absicht sich zu vermählen anzukündigen hatte, besonders da sie den Abend zuvor den Tod ihrer Tante, der Landgräfin von Hessen-Homburg, erfahren hatte. Während man sich in den vornehmen Kreisen über diese scheinbare Verletzung der Etikette besprach, wurde im entgegengesetzten Theil der Stadt ein Rudel Chartisten, welche ungefähr 700 an der Zahl in einem großen Saal eine Versammlung hielten, von der Polizei auseinander gesprengt, und deren acht bis zehn, bei welchen man Waffen gefunden, verhaftet! Zugleich kam die Nachricht an, daß Frost, Williams und Jones (mit Vorbehaltung der bekannten Frage über die Nichtbeobachtung gewisser Formen) feierlich zum Tode verurtheilt worden, und die Fünfe, welche sich selbst für schuldig erkannt, die Weisung erhalten, daß sie nichts Geringeres zu gewärtigen hätten, als Deportation auf Lebenszeit!
Frankreich.
Paris, 19 Jan. (Sonntag.)
Das Journal de Francfort schreibt aus Paris vom 17 Jan.: „Sie werden sich wundern, nichts mehr von den Verhören des Hrn. Karl Durand zu hören. Diese dem Gebrauche der französischen Tribunale so wenig entsprechende Langsamkeit der Procedur ward mir von einer Person, der ich vertrauen kann, auf folgende Art erklärt. Sie erinnern sich ohne Zweifel, daß eine Pariser Correspondenz der Allgemeinen Zeitung gemeldet hat, Hr. Durand habe sich in seinen Verhören als vertrauten Agenten der russischen Regierung erklärt. Eine solche Angabe Durands, so unwahrscheinlich sie auch war, compromittirte das Petersburger Cabinet doch sehr ernstlich. Auch ließ die französische Regierung sogleich die Procedur suspendiren, um der russischen Regierung alles Geschehene mitzutheilen. Beruhigt durch die bestimmtesten und befriedigendsten Antworten soll sie der russischen Regierung angeboten haben, die Untersuchung ganz niederzuschlagen. Das Petersburger Cabinet aber, um einen Beweis seiner großen Loyalität zu geben, und zu zeigen, wie sehr es den ihm zugeschriebenen Umtrieben fremd ist, hat im Gegentheil verlangt, daß die Untersuchung neuerdings mit der größten Oeffentlichkeit wieder vorgenommen werde, in der sichern Ueberzeugung, daß nichts daraus hervorgehen werde, was den geringsten Schatten auf die seiner Politik als Regel dienende Redlichkeit werfen könnte. Sie dürfen also erwarten, daß die Untersuchung bald wieder mit der Thätigkeit beginnen werde, welche diese wichtige Sache erfordert, und überzeugt seyn, daß die Lösung nicht lange auf sich warten lassen wird.“
Das Commerce, unter dem Einflusse des mit Thiers immer rivalisirenden Mauguin erscheinend, sagt über des erstern Rede: „Die Allianz der englischen Regierung hat allerdings ihren Werth und ihre Vortheile; man darf aber nicht die Thatsachen entstellen und die Ehre seines Landes zu Gunsten eines fremden opfern. Hr. Thiers hat sich in seiner Rede vielfach auf solche Weise vergangen. Hr. Thiers hat dem gerechten Schrecken, von welchem die englische Aristokratie durch die Ausschweifungen der Revolution und des Kaiserreichs betroffen worden, den hartnäckigen, ungerechten, civilisationswidrigen Krieg zugeschrieben, welchen jene Aristokratie 25 Jahre lang gegen uns geführt hat. Hr. Thiers, der Verfasser der Revolutionsgeschichte, hat sonach das, was er uns selbst gelehrt, vergessen, daß nämlich der englische Krieg und das englische Gold es waren, welche den Wahnsinn des Schreckens hervorgerufen und genährt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |