Allgemeine Zeitung. Nr. 24. Augsburg, 24. Januar 1840.
Deutschland. München, 22 Jan. Der wichtigste Gegenstand, der heute die Kammer der Abgeordneten beschäftigte, war der Vortrag über die Eingabe des königl. Advocaten Dr. Hutter, dessen Nichteinberufung in die Kammer der Abgeordneten betreffend. Hr. Windwart trug den wesentlichen Inhalt dieser Reclamation ungefähr in Folgendem vor: Wie bekannt sey den bei den Ständewahlen im Jahre 1839 gewählten Advocaten bis auf einen die königl. Bewilligung zum Eintritte in die Kammer nicht ertheilt worden, und zwar wie es scheine aus dem Grunde, weil Advocaten für den öffentlichen Dienst verpflichtete Individuen seyen; allein er (der Reclamirende) könne dieß im Geiste der Verfassungsurkunde nicht finden, und daß dem überhaupt nicht so sey, wolle er darthun durch die bayerische Gerichtsordnung und den Eid der Advocaten bei ihrer Verpflichtung, durch die Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung, aus den Schriften großer und berühmter Rechtsgelehrten, aus königl. Rescripten und Verordnungen, aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntnisse, und aus dem Geiste der Verfassungsurkunde selbst, so wie aus der Natur und Stellung der Advocaten im Staate. - Hierauf führt er in seiner Eingabe aus, daß der Eid der Advocaten, wie ihn die bayerische Gerichtsordnung Cap. II §. 5 vorschreibt, keine Verpflichtung für den öffentlichen Dienst enthalte; setzt sodann die Bestimmungen der Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung Cap. II §. 5 Lit. A. auseinander, worin unterschieden ist zwischen der Aufnahme der Advocaten und der Anstellung; er bezieht sich im weitern Verlauf seiner Vorstellung auf Seufferts Commentar über die bayerische Gerichtsordnung Bd. I. Erlangen 1836 pag. 268 et seq, dann auf die Vorträge des Hofraths Bayer zu Martins Lehrbuch p. 122; auf die Verordnungen vom 31 Dec. 1799 und 12 April 1800. Ebenso führt er aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntniß aus, daß die Advocatur lediglich ein wissenschaftliches Gewerbe sey, und kein Gewerbeausübender, selbst wenn er ein königl. Hofkirschner, Hofschlosser etc. sey, könne öffentlicher Diener genannt werden; überhaupt habe aber der Advocat nichts Oeffentliches an sich, ja er dürfe keinen andern öffentlichen Dienst, z. B. den eines Gerichtshalters übernehmen, und sein Dienst vertrage sich überhaupt nicht mit einem öffentlichen Dienste. - Herr Windwart verlas dann alle für diese Darstellungen beigebrachten Belege speciell. Die darauf erfolgte sehr lebhafte und lange Discussion, welche ich morgen näher mittheilen werde, ergab den Beschluß, daß die Reclamation des Advocaten Dr. Hutter als auf sich beruhend erklärt wurde. München, 22 Jan. Einer allerhöchsten Entschließung vom 19 d. M. zufolge (an die Divisions- und Corpscommandos ergangen) hat Se. Maj. der König zu gestatten geruht, daß diejenigen Hauptleute oder Rittmeister, welche nach ihrem Dienstalter an der Beförderung zu Stabsofficieren stehen, immer mit Zufriedenheit gedient und Feldzüge mitgemacht haben - wenn sie in Gemäßheit des § 1 des Armeebefehls vom 25 Jun. v. J. lediglich aus dienstlichen Rücksichten in ihrer Reihe, aber nicht durch ausnahmsweise außer derselben beförderte Nachleute, übergangen werden, um die Normalpension ihres Grades und die Charakterisirung als Major einkommen dürfen. Es ist diese allerhöchste Entschließung ein neuer Beweis jener Fürsorge, die der König dem Wohle und dem Besten seiner getreuen Officiere unausgesetzt zuwendet. - Die Nachricht aus Aschaffenburg, daß Präsident v. Schmidtlein gestorben sey, beruht neuern Briefen zufolge auf einem Irrthum; die Gattin des Präsidenten ist mit Tod abgegangen. Dresden, 17 Jan. Die ersten Aufführungen von Chelards heroischer Oper Macbeth haben alle Erwartungen übertroffen, und ihr den vollsten Zudrang und Beifall gewonnen. - Gutzkows Savage wird jetzt auf unserer Bühne gespielt, und bei der guten Besetzung der zwei Hauptrollen gern gesehen. - Es ist in der hiesigen bildenden Kunst eine eigene Erscheinung, daß wir eine ganze Colonie ausgezeichneter Düsseldorfer Maler wie Bendemann, Hübner, Ehrhardt, Nehrens besitzen, und von deren Werken öffentlich nicht das Mindeste zu sehen bekommen, da Bendemann und Ehrhardt bloß mit den Fresken im königlichen Schlosse beschäftigt sind, die anderen Künstler aber nur auf auswärtige Bestellungen arbeiten, und hier am Platze leider nichts ausstellen. - Die Porträts unserer Majestäten, von Stieler in München gemalt, und kürzlich angelangt, haben die größte Anerkennung gefunden. - Der Gesundheitszustand Dresdens hat mit diesem Jahre abermals keine günstige Wendung genommen, und die Nervenleiden haben sich ernstlich erneut. Im Jahr 1839 wurden hier getauft 2395, darunter 1862 Eheliche und 533 Uneheliche; beerdigt 2473; getraut 637 evangelische Personen; von Katholiken starben 163; wie viele getraut und getauft wurden, ist nicht bekannt. Von Juden starben 22, wurden geboren 13, und getraut 6. Von der zunehmenden Bevölkerung zeugt, daß 1839 22 Paar Getraute, 141 Getaufte und 473 Beerdigte - worunter natürlich viele Fremde - mehr zählt, als das Jahr 1838. - In der hiesigen jüdischen Gemeinde ist bei Gelegenheit der Errichtung der neuen großen Synagoge ein Schisma eingetreten, das deren Ausbau und Einweihung stört und verzögert. Dresden, 19 Jan. An die Stelle des verstorbenen Bürgermeisters Dr. Deutrich ist nunmehr der Regierungsrath v. Carlowitz zum Vicepräsidenten unserer ersten Kammer ernannt worden. Wenn kürzlich dem Kammerbeschlusse, daß künftig der bisher niedrigste Salzpreis in Sachsen der allgemeine werden solle, der Finanzminister wegen des dadurch vorbereiteten Ausfalles von 70 bis 80,000 Thlr. Einsprache that, so wird dieß um so mehr durch die nun aus den Landtagsacten ersichtlichen, transitorisch angetragenen Steuererlasse motivirt. Diese werden zunächst auf zwei Jahre nach Ablauf der jetzigen Finanzperiode an der Gewerb- und Personalsteuer und der Schlachtsteuer beabsichtigt, und an 600,000 Thlrn. betragen. Scheint dabei der Grundbesitz auch direct nicht bedacht, so darf nicht vergessen werden, daß derselbe auf den vorigen Landtagen bleibende Entlastungen erhalten hat. Uebrigens sind die Verhandlungen selbst noch abzuwarten in dieser, wie in andern financiellen Fragen. - Der Hamburger unparteiische Correspondent vom 10 Jan. Nr. 8 hat einen Aufsatz aus einem hiesigen Localblatt aufgenommen, welcher sich das Ansehen gibt, als wolle er die in Nr. 363 der Allg. Zeitung unter den Handels- und Börsennachrichten enthaltene Angabe über die wirkliche Einnahme und Ausgabe des ersten Halbjahres bei der
Deutschland. München, 22 Jan. Der wichtigste Gegenstand, der heute die Kammer der Abgeordneten beschäftigte, war der Vortrag über die Eingabe des königl. Advocaten Dr. Hutter, dessen Nichteinberufung in die Kammer der Abgeordneten betreffend. Hr. Windwart trug den wesentlichen Inhalt dieser Reclamation ungefähr in Folgendem vor: Wie bekannt sey den bei den Ständewahlen im Jahre 1839 gewählten Advocaten bis auf einen die königl. Bewilligung zum Eintritte in die Kammer nicht ertheilt worden, und zwar wie es scheine aus dem Grunde, weil Advocaten für den öffentlichen Dienst verpflichtete Individuen seyen; allein er (der Reclamirende) könne dieß im Geiste der Verfassungsurkunde nicht finden, und daß dem überhaupt nicht so sey, wolle er darthun durch die bayerische Gerichtsordnung und den Eid der Advocaten bei ihrer Verpflichtung, durch die Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung, aus den Schriften großer und berühmter Rechtsgelehrten, aus königl. Rescripten und Verordnungen, aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntnisse, und aus dem Geiste der Verfassungsurkunde selbst, so wie aus der Natur und Stellung der Advocaten im Staate. – Hierauf führt er in seiner Eingabe aus, daß der Eid der Advocaten, wie ihn die bayerische Gerichtsordnung Cap. II §. 5 vorschreibt, keine Verpflichtung für den öffentlichen Dienst enthalte; setzt sodann die Bestimmungen der Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung Cap. II §. 5 Lit. A. auseinander, worin unterschieden ist zwischen der Aufnahme der Advocaten und der Anstellung; er bezieht sich im weitern Verlauf seiner Vorstellung auf Seufferts Commentar über die bayerische Gerichtsordnung Bd. I. Erlangen 1836 pag. 268 et seq, dann auf die Vorträge des Hofraths Bayer zu Martins Lehrbuch p. 122; auf die Verordnungen vom 31 Dec. 1799 und 12 April 1800. Ebenso führt er aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntniß aus, daß die Advocatur lediglich ein wissenschaftliches Gewerbe sey, und kein Gewerbeausübender, selbst wenn er ein königl. Hofkirschner, Hofschlosser etc. sey, könne öffentlicher Diener genannt werden; überhaupt habe aber der Advocat nichts Oeffentliches an sich, ja er dürfe keinen andern öffentlichen Dienst, z. B. den eines Gerichtshalters übernehmen, und sein Dienst vertrage sich überhaupt nicht mit einem öffentlichen Dienste. – Herr Windwart verlas dann alle für diese Darstellungen beigebrachten Belege speciell. Die darauf erfolgte sehr lebhafte und lange Discussion, welche ich morgen näher mittheilen werde, ergab den Beschluß, daß die Reclamation des Advocaten Dr. Hutter als auf sich beruhend erklärt wurde. München, 22 Jan. Einer allerhöchsten Entschließung vom 19 d. M. zufolge (an die Divisions- und Corpscommandos ergangen) hat Se. Maj. der König zu gestatten geruht, daß diejenigen Hauptleute oder Rittmeister, welche nach ihrem Dienstalter an der Beförderung zu Stabsofficieren stehen, immer mit Zufriedenheit gedient und Feldzüge mitgemacht haben – wenn sie in Gemäßheit des § 1 des Armeebefehls vom 25 Jun. v. J. lediglich aus dienstlichen Rücksichten in ihrer Reihe, aber nicht durch ausnahmsweise außer derselben beförderte Nachleute, übergangen werden, um die Normalpension ihres Grades und die Charakterisirung als Major einkommen dürfen. Es ist diese allerhöchste Entschließung ein neuer Beweis jener Fürsorge, die der König dem Wohle und dem Besten seiner getreuen Officiere unausgesetzt zuwendet. – Die Nachricht aus Aschaffenburg, daß Präsident v. Schmidtlein gestorben sey, beruht neuern Briefen zufolge auf einem Irrthum; die Gattin des Präsidenten ist mit Tod abgegangen. Dresden, 17 Jan. Die ersten Aufführungen von Chelards heroischer Oper Macbeth haben alle Erwartungen übertroffen, und ihr den vollsten Zudrang und Beifall gewonnen. – Gutzkows Savage wird jetzt auf unserer Bühne gespielt, und bei der guten Besetzung der zwei Hauptrollen gern gesehen. – Es ist in der hiesigen bildenden Kunst eine eigene Erscheinung, daß wir eine ganze Colonie ausgezeichneter Düsseldorfer Maler wie Bendemann, Hübner, Ehrhardt, Nehrens besitzen, und von deren Werken öffentlich nicht das Mindeste zu sehen bekommen, da Bendemann und Ehrhardt bloß mit den Fresken im königlichen Schlosse beschäftigt sind, die anderen Künstler aber nur auf auswärtige Bestellungen arbeiten, und hier am Platze leider nichts ausstellen. – Die Porträts unserer Majestäten, von Stieler in München gemalt, und kürzlich angelangt, haben die größte Anerkennung gefunden. – Der Gesundheitszustand Dresdens hat mit diesem Jahre abermals keine günstige Wendung genommen, und die Nervenleiden haben sich ernstlich erneut. Im Jahr 1839 wurden hier getauft 2395, darunter 1862 Eheliche und 533 Uneheliche; beerdigt 2473; getraut 637 evangelische Personen; von Katholiken starben 163; wie viele getraut und getauft wurden, ist nicht bekannt. Von Juden starben 22, wurden geboren 13, und getraut 6. Von der zunehmenden Bevölkerung zeugt, daß 1839 22 Paar Getraute, 141 Getaufte und 473 Beerdigte – worunter natürlich viele Fremde – mehr zählt, als das Jahr 1838. – In der hiesigen jüdischen Gemeinde ist bei Gelegenheit der Errichtung der neuen großen Synagoge ein Schisma eingetreten, das deren Ausbau und Einweihung stört und verzögert. Dresden, 19 Jan. An die Stelle des verstorbenen Bürgermeisters Dr. Deutrich ist nunmehr der Regierungsrath v. Carlowitz zum Vicepräsidenten unserer ersten Kammer ernannt worden. Wenn kürzlich dem Kammerbeschlusse, daß künftig der bisher niedrigste Salzpreis in Sachsen der allgemeine werden solle, der Finanzminister wegen des dadurch vorbereiteten Ausfalles von 70 bis 80,000 Thlr. Einsprache that, so wird dieß um so mehr durch die nun aus den Landtagsacten ersichtlichen, transitorisch angetragenen Steuererlasse motivirt. Diese werden zunächst auf zwei Jahre nach Ablauf der jetzigen Finanzperiode an der Gewerb- und Personalsteuer und der Schlachtsteuer beabsichtigt, und an 600,000 Thlrn. betragen. Scheint dabei der Grundbesitz auch direct nicht bedacht, so darf nicht vergessen werden, daß derselbe auf den vorigen Landtagen bleibende Entlastungen erhalten hat. Uebrigens sind die Verhandlungen selbst noch abzuwarten in dieser, wie in andern financiellen Fragen. – Der Hamburger unparteiische Correspondent vom 10 Jan. Nr. 8 hat einen Aufsatz aus einem hiesigen Localblatt aufgenommen, welcher sich das Ansehen gibt, als wolle er die in Nr. 363 der Allg. 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Radziwill ist heute so wie der Fürst Clary nach dem Norden abgereist.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline>*̲</byline> <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 22 Jan.</dateline> <p> Der wichtigste Gegenstand, der heute die Kammer der Abgeordneten beschäftigte, war der Vortrag über die Eingabe des königl. Advocaten Dr. Hutter, dessen Nichteinberufung in die Kammer der Abgeordneten betreffend. Hr. Windwart trug den wesentlichen Inhalt dieser Reclamation ungefähr in Folgendem vor: Wie bekannt sey den bei den Ständewahlen im Jahre 1839 gewählten Advocaten bis auf einen die königl. Bewilligung zum Eintritte in die Kammer nicht ertheilt worden, und zwar wie es scheine aus dem Grunde, weil Advocaten für den öffentlichen Dienst verpflichtete Individuen seyen; allein er (der Reclamirende) könne dieß im Geiste der Verfassungsurkunde nicht finden, und daß dem überhaupt nicht so sey, wolle er darthun durch die bayerische Gerichtsordnung und den Eid der Advocaten bei ihrer Verpflichtung, durch die Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung, aus den Schriften großer und berühmter Rechtsgelehrten, aus königl. Rescripten und Verordnungen, aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntnisse, und aus dem Geiste der Verfassungsurkunde selbst, so wie aus der Natur und Stellung der Advocaten im Staate. – Hierauf führt er in seiner Eingabe aus, daß der Eid der Advocaten, wie ihn die bayerische Gerichtsordnung Cap. II §. 5 vorschreibt, keine Verpflichtung für den öffentlichen Dienst enthalte; setzt sodann die Bestimmungen der Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung Cap. II §. 5 Lit. A. auseinander, worin unterschieden ist zwischen <hi rendition="#g">der Aufnahme</hi> der Advocaten und der <hi rendition="#g">Anstellung</hi>; er bezieht sich im weitern Verlauf seiner Vorstellung auf Seufferts Commentar über die bayerische Gerichtsordnung Bd. I. Erlangen 1836 pag. 268 et seq, dann auf die Vorträge des Hofraths Bayer zu Martins Lehrbuch p. 122; auf die Verordnungen vom 31 Dec. 1799 und 12 April 1800. Ebenso führt er aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntniß aus, daß die Advocatur lediglich ein wissenschaftliches Gewerbe sey, und kein Gewerbeausübender, selbst wenn er ein königl. Hofkirschner, Hofschlosser etc. sey, könne öffentlicher Diener genannt werden; überhaupt habe aber der Advocat nichts Oeffentliches an sich, ja er dürfe keinen andern öffentlichen Dienst, z. B. den eines Gerichtshalters übernehmen, und sein Dienst vertrage sich überhaupt nicht mit einem öffentlichen Dienste. – Herr Windwart verlas dann alle für diese Darstellungen beigebrachten Belege speciell. Die darauf erfolgte sehr lebhafte und lange Discussion, welche ich morgen näher mittheilen werde, ergab den Beschluß, daß die Reclamation des Advocaten Dr. Hutter als auf sich beruhend erklärt wurde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline>*</byline> <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 22 Jan.</dateline> <p> Einer allerhöchsten Entschließung vom 19 d. M. zufolge (an die Divisions- und Corpscommandos ergangen) hat Se. Maj. der König zu gestatten geruht, daß diejenigen Hauptleute oder Rittmeister, welche nach ihrem Dienstalter an der Beförderung zu Stabsofficieren stehen, immer mit Zufriedenheit gedient und Feldzüge mitgemacht haben – wenn sie in Gemäßheit des § 1 des Armeebefehls vom 25 Jun. v. 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Im Jahr 1839 wurden hier getauft 2395, darunter 1862 Eheliche und 533 Uneheliche; beerdigt 2473; getraut 637 evangelische Personen; von Katholiken starben 163; wie viele getraut und getauft wurden, ist nicht bekannt. Von Juden starben 22, wurden geboren 13, und getraut 6. Von der zunehmenden Bevölkerung zeugt, daß 1839 22 Paar Getraute, 141 Getaufte und 473 Beerdigte – worunter natürlich viele Fremde – mehr zählt, als das Jahr 1838. – In der hiesigen jüdischen Gemeinde ist bei Gelegenheit der Errichtung der neuen großen Synagoge ein Schisma eingetreten, das deren Ausbau und Einweihung stört und verzögert.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline>❖</byline> <dateline><hi rendition="#b">Dresden,</hi> 19 Jan.</dateline> <p> An die Stelle des verstorbenen Bürgermeisters Dr. Deutrich ist nunmehr der Regierungsrath v. Carlowitz zum Vicepräsidenten unserer ersten Kammer ernannt worden. 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Nr. 8 hat einen Aufsatz aus einem hiesigen Localblatt aufgenommen, welcher sich das Ansehen gibt, als wolle er die in Nr. 363 der Allg. Zeitung unter den Handels- und Börsennachrichten enthaltene Angabe über die <hi rendition="#g">wirkliche</hi> Einnahme und Ausgabe des ersten Halbjahres bei der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0191/0007]
der letzten Jahre angenommen) zugesichert, so daß es im Interesse Aller liegt, wachsam gegen jede Art von Contrebande zu seyn. – Gestern und vorgestern hielten die Zöglinge der Propaganda fide ihre öffentlichen jährlichen Redeübungen in dem großen Saale dieser Anstalt vor einem zahlreichen Publicum. Es wurden in vierzig verschiedenen Sprachen und Mundarten Vorträge gehalten. Der beiden Chinesen einsylbige Sprache war wohl nur dem anwesenden Cardinal Mezzofanti verständlich. Außer einigen andern Cardinälen und vielen Bischöfen bemerkte man am ersten dieser beiden Tage Dom Miguel und den französischen Botschafter auf Ehrenplätzen in dieser Versammlung. – Der Fürst B. Radziwill ist heute so wie der Fürst Clary nach dem Norden abgereist.
Deutschland.
*̲München, 22 Jan. Der wichtigste Gegenstand, der heute die Kammer der Abgeordneten beschäftigte, war der Vortrag über die Eingabe des königl. Advocaten Dr. Hutter, dessen Nichteinberufung in die Kammer der Abgeordneten betreffend. Hr. Windwart trug den wesentlichen Inhalt dieser Reclamation ungefähr in Folgendem vor: Wie bekannt sey den bei den Ständewahlen im Jahre 1839 gewählten Advocaten bis auf einen die königl. Bewilligung zum Eintritte in die Kammer nicht ertheilt worden, und zwar wie es scheine aus dem Grunde, weil Advocaten für den öffentlichen Dienst verpflichtete Individuen seyen; allein er (der Reclamirende) könne dieß im Geiste der Verfassungsurkunde nicht finden, und daß dem überhaupt nicht so sey, wolle er darthun durch die bayerische Gerichtsordnung und den Eid der Advocaten bei ihrer Verpflichtung, durch die Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung, aus den Schriften großer und berühmter Rechtsgelehrten, aus königl. Rescripten und Verordnungen, aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntnisse, und aus dem Geiste der Verfassungsurkunde selbst, so wie aus der Natur und Stellung der Advocaten im Staate. – Hierauf führt er in seiner Eingabe aus, daß der Eid der Advocaten, wie ihn die bayerische Gerichtsordnung Cap. II §. 5 vorschreibt, keine Verpflichtung für den öffentlichen Dienst enthalte; setzt sodann die Bestimmungen der Anmerkungen des Barons Kreitmayr zu dieser Gerichtsordnung Cap. II §. 5 Lit. A. auseinander, worin unterschieden ist zwischen der Aufnahme der Advocaten und der Anstellung; er bezieht sich im weitern Verlauf seiner Vorstellung auf Seufferts Commentar über die bayerische Gerichtsordnung Bd. I. Erlangen 1836 pag. 268 et seq, dann auf die Vorträge des Hofraths Bayer zu Martins Lehrbuch p. 122; auf die Verordnungen vom 31 Dec. 1799 und 12 April 1800. Ebenso führt er aus einem oberappellationsgerichtlichen Erkenntniß aus, daß die Advocatur lediglich ein wissenschaftliches Gewerbe sey, und kein Gewerbeausübender, selbst wenn er ein königl. Hofkirschner, Hofschlosser etc. sey, könne öffentlicher Diener genannt werden; überhaupt habe aber der Advocat nichts Oeffentliches an sich, ja er dürfe keinen andern öffentlichen Dienst, z. B. den eines Gerichtshalters übernehmen, und sein Dienst vertrage sich überhaupt nicht mit einem öffentlichen Dienste. – Herr Windwart verlas dann alle für diese Darstellungen beigebrachten Belege speciell. Die darauf erfolgte sehr lebhafte und lange Discussion, welche ich morgen näher mittheilen werde, ergab den Beschluß, daß die Reclamation des Advocaten Dr. Hutter als auf sich beruhend erklärt wurde.
* München, 22 Jan. Einer allerhöchsten Entschließung vom 19 d. M. zufolge (an die Divisions- und Corpscommandos ergangen) hat Se. Maj. der König zu gestatten geruht, daß diejenigen Hauptleute oder Rittmeister, welche nach ihrem Dienstalter an der Beförderung zu Stabsofficieren stehen, immer mit Zufriedenheit gedient und Feldzüge mitgemacht haben – wenn sie in Gemäßheit des § 1 des Armeebefehls vom 25 Jun. v. J. lediglich aus dienstlichen Rücksichten in ihrer Reihe, aber nicht durch ausnahmsweise außer derselben beförderte Nachleute, übergangen werden, um die Normalpension ihres Grades und die Charakterisirung als Major einkommen dürfen. Es ist diese allerhöchste Entschließung ein neuer Beweis jener Fürsorge, die der König dem Wohle und dem Besten seiner getreuen Officiere unausgesetzt zuwendet. – Die Nachricht aus Aschaffenburg, daß Präsident v. Schmidtlein gestorben sey, beruht neuern Briefen zufolge auf einem Irrthum; die Gattin des Präsidenten ist mit Tod abgegangen.
** Dresden, 17 Jan. Die ersten Aufführungen von Chelards heroischer Oper Macbeth haben alle Erwartungen übertroffen, und ihr den vollsten Zudrang und Beifall gewonnen. – Gutzkows Savage wird jetzt auf unserer Bühne gespielt, und bei der guten Besetzung der zwei Hauptrollen gern gesehen. – Es ist in der hiesigen bildenden Kunst eine eigene Erscheinung, daß wir eine ganze Colonie ausgezeichneter Düsseldorfer Maler wie Bendemann, Hübner, Ehrhardt, Nehrens besitzen, und von deren Werken öffentlich nicht das Mindeste zu sehen bekommen, da Bendemann und Ehrhardt bloß mit den Fresken im königlichen Schlosse beschäftigt sind, die anderen Künstler aber nur auf auswärtige Bestellungen arbeiten, und hier am Platze leider nichts ausstellen. – Die Porträts unserer Majestäten, von Stieler in München gemalt, und kürzlich angelangt, haben die größte Anerkennung gefunden. – Der Gesundheitszustand Dresdens hat mit diesem Jahre abermals keine günstige Wendung genommen, und die Nervenleiden haben sich ernstlich erneut. Im Jahr 1839 wurden hier getauft 2395, darunter 1862 Eheliche und 533 Uneheliche; beerdigt 2473; getraut 637 evangelische Personen; von Katholiken starben 163; wie viele getraut und getauft wurden, ist nicht bekannt. Von Juden starben 22, wurden geboren 13, und getraut 6. Von der zunehmenden Bevölkerung zeugt, daß 1839 22 Paar Getraute, 141 Getaufte und 473 Beerdigte – worunter natürlich viele Fremde – mehr zählt, als das Jahr 1838. – In der hiesigen jüdischen Gemeinde ist bei Gelegenheit der Errichtung der neuen großen Synagoge ein Schisma eingetreten, das deren Ausbau und Einweihung stört und verzögert.
❖ Dresden, 19 Jan. An die Stelle des verstorbenen Bürgermeisters Dr. Deutrich ist nunmehr der Regierungsrath v. Carlowitz zum Vicepräsidenten unserer ersten Kammer ernannt worden. Wenn kürzlich dem Kammerbeschlusse, daß künftig der bisher niedrigste Salzpreis in Sachsen der allgemeine werden solle, der Finanzminister wegen des dadurch vorbereiteten Ausfalles von 70 bis 80,000 Thlr. Einsprache that, so wird dieß um so mehr durch die nun aus den Landtagsacten ersichtlichen, transitorisch angetragenen Steuererlasse motivirt. Diese werden zunächst auf zwei Jahre nach Ablauf der jetzigen Finanzperiode an der Gewerb- und Personalsteuer und der Schlachtsteuer beabsichtigt, und an 600,000 Thlrn. betragen. Scheint dabei der Grundbesitz auch direct nicht bedacht, so darf nicht vergessen werden, daß derselbe auf den vorigen Landtagen bleibende Entlastungen erhalten hat. Uebrigens sind die Verhandlungen selbst noch abzuwarten in dieser, wie in andern financiellen Fragen. – Der Hamburger unparteiische Correspondent vom 10 Jan. Nr. 8 hat einen Aufsatz aus einem hiesigen Localblatt aufgenommen, welcher sich das Ansehen gibt, als wolle er die in Nr. 363 der Allg. Zeitung unter den Handels- und Börsennachrichten enthaltene Angabe über die wirkliche Einnahme und Ausgabe des ersten Halbjahres bei der
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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