Allgemeine Zeitung. Nr. 27. Augsburg, 27. Januar 1840.O'Ferrall Esq. und Sir I. Barrow; Secretäre des indischen Controlamtes, Lord Seymour und W. Clay Esq.; Generalfeldzeugmeister, Sir I. R. Vivian; Controleur des Schatzamtes, * Lord Mounteagle (Spring-Rice). In Folgendem geben wir einen größeren Auszug aus Lord Broughams Rede in den Adressedebatten des Oberhauses vom 16 Jan.: "Es ist, sprach er, das charakteristische Merkmal eines freien Staats, daß in ihm die Pflichten eines loyalen Unterthans und eines guten Bürgers nicht nur nicht unvereinbar sind, sondern in harmonischem Einklang stehen. Ich hoffe beide Pflichten zusammen zu erfüllen, indem ich einerseits in den Glückwunsch der Adresse zu dem bevorstehenden frohen Ereigniß, das der erste Paragraph der Thronrede ankündigt, aus freudigem Herzen mit einstimme, andrerseits aber hinsichtlich der Stelle, die gleich hinter jener Ankündigung folgt, die ernstliche Hoffnung ausdrücke, dießmal nicht, wie es wohl bei früheren Gelegenheiten geschah, die rivalisirenden Parteien des Parlaments ein unanständiges und gefühlloses Wettrennen beginnen zu sehen, welche von beiden, auf Kosten eines leidenden Volks, der willfährigsten Hofschmeichelei fähig sey. Ich hoffe dieß um so mehr, als ich weiß, daß man höchsten Ortes solche gewissenlose Augendienerei im rechten Lichte zu würdigen versteht. Angesichts eines leidenden Volks, dessen Nothstand nicht traurig genug geschildert werden kann - eines von Factionen und gegenseitigen Erbitterungen zerrissenen, von politischen Leidenschaften durchwühlten, von der tiefsten Unzufriedenheit erfüllten Volkes; Angesichts der täglich fallenden Arbeitslöhne, der täglich im Preise steigenden Lebensbedürfnisse, des sich täglich vermindernden Gewinns aus Handel und Gewerb - einen solchen schrecklichen Stand der Dinge vor Augen würde die Bewilligung einer größeren Apanage für den Gemahl der Königin, als die absolute Nothwendigkeit erheischt, meiner wohlbedachten Meinung zufolge, eine Verletzung der Pflicht seyn, welche Regierung und Parlament dem Lande schulden, ja, sie würde eine strafbare Gleichgültigkeit gegen den guten Namen der Legislatur und die Sicherheit des Thrones selbst verrathen. Erstaunen mußt' ich darüber, daß Ew. Lordschaften eine halbe Stunde lang darüber discutirten, ob das Wort "Protestant" vor dem Namen des königlichen Bräutigams in der Adresse einzurücken sey, oder nicht. Guter Gott! sollte man da nicht glauben, das Staatsschiff steure unter einem durch kein Wölklein getrübten sonnigen Himmel auf spiegelglatter Fluth, während doch in der That Sturm und Ungewitter von allen Seiten droht? Warum das Wörtlein Protestant in der Thronrede ausgelassen wurde, will ich nicht näher untersuchen. Ist, wie der edle Herzog (Wellington) in einer weder dunkeln noch weithergeholten Anspielung vermuthete, die Auslassung gewissen Leuten zu Gefallen geschehen, so müssen diese Leute ihre Natur in letzterer Zeit sehr geändert haben, wenn sie sich mit einer solchen Willfährigkeit begnügen. (Hört!) Uebrigens was ist dazu Glück zu wünschen daß Ihre Maj. sich mit einem protestantischen Prinzen verbindet? Einem Staatsgesetz zufolge kann es ja nicht anders seyn. Dieses Gesetz hat mein edler Freund, der an der Spitze der Regierung steht, freilich nicht ganz streng ausgelegt; dem britischen Souverän ist eigentlich die Heirath mit einem Katholiken nicht verboten, auf eine solche Heirath ist bloß eine Strafe gesetzt, nämlich die Verwirkung der Krone. (Gelächter.) Folglich, Mylords! wenn wir der Königin dazu gratuliren, daß sie einen protestantischen Prinzen heirathet, so gratuliren wir Ihrer Maj. zu ihrem Entschluß, nichts zu thun, wodurch sie ihre Krone verlieren würde; - eine schöne Gratulation das für ernste Legislatoren! (Gelächter.) Doch ich lasse dieses Thema fallen, um einen Blick auf die Lage Irlands zu werfen. Für alle Uebel, die jenes Land bedrücken, wird uns die Municipalcorporationsbill abermals als Panacee geboten. Seit fünfzehn Jahren werden nun die Ansprüche der irischen Katholiken im Parlament discutirt und geprüft; die Ueberzeugung, die ich mir darüber gebildet, in der mich Beobachtung und Erfahrung mit jedem Tage mehr bekräftigt haben, ist: wenn allen den großen Irland bedrängenden Uebeln die Art an die Wurzel gelegt, die Saat einer sich immer erneuernden Ernte der Zwietracht im Keim erstickt, ein ungebührlicher Einfluß Händen entwunden werden soll, die um des Staats Sicherheit willen mit solchem Einfluß nicht bewaffnet bleiben dürfen; - wenn ein breiter und tiefer Grundstein zu Irlands Ruhe gelegt, die besten Interessen des Staats sowohl als der Kirche, der Moral sowohl als der Religion unter dem irischen Volke wohl berathen werden sollen, so thut das Eine noth: auf gerechte, gemäßigte und reiflicherwogene Principien gegründet, durch einen wohleingerichteten Mechanismus in Gang gesetzt, eine fixe und gesetzliche Staatsbesoldung des Clerus derjenigen Religion, zu welcher die große Mehrzahl der Irländer sich bekennt. Es war dieß meine Ansicht schon im Jahr 1825, und jetzt im Jahr 1840 lege ich sie diesem edlen Hause doppelt dringend ans Herz. (Hört!) Sonst enthält die Thronrede wenig, was Debatten veranlassen könnte; was indeß den Zustand Indiens betrifft, so stimm' ich zwar in den Glückwunsch zu den dortigen Erfolgen der brittischen Waffen herzlich mit ein, muß aber den weiteren Verlauf der Ereignisse abwarten, ehe ich das Lob der in jenem Theile des brittischen Reichs befolgten Politik unbedingt unterschreiben kann. Wenn ich erst eine Erneuerung unseres Bündnisses mit Persien, dem natürlichen Freund, Bundesgenossen und Sichersteller der indobrittischen Macht auf der nordwestlichen Gränze gesehen habe; wenn ich erst gesehen, daß die Veränderung der Dynastie von Kabul nur zur Sicherung unserer dortigen Macht gedient; wenn erst die Folgen bewiesen haben, daß es weise gethan war, unser persisches Bündniß mit Mißachtung zu behandeln und dagegen unserm Bündniß mit Afghanistan zu vertrauen, während sonst die Ansicht unserer besten asiatischen Staatsmänner dahin ging, daß wir in Persien das Bollwerk gegen Eindringlinge von Norden her und gegen die afghanischen Stämme selbst zu suchen hätten; wenn ich erst gesehen habe, daß wir von den Afghanen den größeren Vortheil ziehen, während es vordem einer von den Glaubensartikeln unserer indischen Staatsmänner war, daß das Höchste, was wir von ihnen zu erwarten, die prekäre Art von Sicherheit sey, die sich aus ihren inneren Zwistigkeiten unter einander ableiten lasse; - wenn ich erst gefunden habe, entweder daß es auf diesem Weg unnöthig geworden, eine große und kostspielige Militärmacht hundert und aber hundert Meilen fern von den äußersten Gränzmarken unseres eigenen Gebiets im Nordwesten von Asien zu unterhalten, oder aber daß die Finanzen Indiens, die leider so sehr zusammengeschwundenen Hülfsquellen der Compagnie gleichwohl den neuzugewachsenen und nach aller Wahrscheinlichkeit sich ins Unabsehbare steigernden Lasten, die diese Politik ihnen aufbürden wird, die Wage halten können: dann, aber auch nicht früher, werde ich mich in der Lage fühlen, den Glückwünschen zu dem Erfolg des Feldzugs auch meine Glückwünsche zu der Politik beizufügen, aus der jener Feldzug hervorgegangen. *)*) (Hört!) Und nun, Mylords! erlauben Sie mir, meine Ansichten über *) Wie man sieht, ist die von Cicero aufgestellte, aber von ihm selbst nicht befolgte Regel, daß die oratorische Periode die Länge von vier Hexametern nicht überschreiten dürfe auf Broughams Beredsamkeit nicht anwendbar.
O'Ferrall Esq. und Sir I. Barrow; Secretäre des indischen Controlamtes, Lord Seymour und W. Clay Esq.; Generalfeldzeugmeister, Sir I. R. Vivian; Controleur des Schatzamtes, * Lord Mounteagle (Spring-Rice). In Folgendem geben wir einen größeren Auszug aus Lord Broughams Rede in den Adressedebatten des Oberhauses vom 16 Jan.: „Es ist, sprach er, das charakteristische Merkmal eines freien Staats, daß in ihm die Pflichten eines loyalen Unterthans und eines guten Bürgers nicht nur nicht unvereinbar sind, sondern in harmonischem Einklang stehen. Ich hoffe beide Pflichten zusammen zu erfüllen, indem ich einerseits in den Glückwunsch der Adresse zu dem bevorstehenden frohen Ereigniß, das der erste Paragraph der Thronrede ankündigt, aus freudigem Herzen mit einstimme, andrerseits aber hinsichtlich der Stelle, die gleich hinter jener Ankündigung folgt, die ernstliche Hoffnung ausdrücke, dießmal nicht, wie es wohl bei früheren Gelegenheiten geschah, die rivalisirenden Parteien des Parlaments ein unanständiges und gefühlloses Wettrennen beginnen zu sehen, welche von beiden, auf Kosten eines leidenden Volks, der willfährigsten Hofschmeichelei fähig sey. Ich hoffe dieß um so mehr, als ich weiß, daß man höchsten Ortes solche gewissenlose Augendienerei im rechten Lichte zu würdigen versteht. Angesichts eines leidenden Volks, dessen Nothstand nicht traurig genug geschildert werden kann – eines von Factionen und gegenseitigen Erbitterungen zerrissenen, von politischen Leidenschaften durchwühlten, von der tiefsten Unzufriedenheit erfüllten Volkes; Angesichts der täglich fallenden Arbeitslöhne, der täglich im Preise steigenden Lebensbedürfnisse, des sich täglich vermindernden Gewinns aus Handel und Gewerb – einen solchen schrecklichen Stand der Dinge vor Augen würde die Bewilligung einer größeren Apanage für den Gemahl der Königin, als die absolute Nothwendigkeit erheischt, meiner wohlbedachten Meinung zufolge, eine Verletzung der Pflicht seyn, welche Regierung und Parlament dem Lande schulden, ja, sie würde eine strafbare Gleichgültigkeit gegen den guten Namen der Legislatur und die Sicherheit des Thrones selbst verrathen. Erstaunen mußt' ich darüber, daß Ew. Lordschaften eine halbe Stunde lang darüber discutirten, ob das Wort „Protestant“ vor dem Namen des königlichen Bräutigams in der Adresse einzurücken sey, oder nicht. Guter Gott! sollte man da nicht glauben, das Staatsschiff steure unter einem durch kein Wölklein getrübten sonnigen Himmel auf spiegelglatter Fluth, während doch in der That Sturm und Ungewitter von allen Seiten droht? Warum das Wörtlein Protestant in der Thronrede ausgelassen wurde, will ich nicht näher untersuchen. Ist, wie der edle Herzog (Wellington) in einer weder dunkeln noch weithergeholten Anspielung vermuthete, die Auslassung gewissen Leuten zu Gefallen geschehen, so müssen diese Leute ihre Natur in letzterer Zeit sehr geändert haben, wenn sie sich mit einer solchen Willfährigkeit begnügen. (Hört!) Uebrigens was ist dazu Glück zu wünschen daß Ihre Maj. sich mit einem protestantischen Prinzen verbindet? Einem Staatsgesetz zufolge kann es ja nicht anders seyn. Dieses Gesetz hat mein edler Freund, der an der Spitze der Regierung steht, freilich nicht ganz streng ausgelegt; dem britischen Souverän ist eigentlich die Heirath mit einem Katholiken nicht verboten, auf eine solche Heirath ist bloß eine Strafe gesetzt, nämlich die Verwirkung der Krone. (Gelächter.) Folglich, Mylords! wenn wir der Königin dazu gratuliren, daß sie einen protestantischen Prinzen heirathet, so gratuliren wir Ihrer Maj. zu ihrem Entschluß, nichts zu thun, wodurch sie ihre Krone verlieren würde; – eine schöne Gratulation das für ernste Legislatoren! (Gelächter.) Doch ich lasse dieses Thema fallen, um einen Blick auf die Lage Irlands zu werfen. Für alle Uebel, die jenes Land bedrücken, wird uns die Municipalcorporationsbill abermals als Panacee geboten. Seit fünfzehn Jahren werden nun die Ansprüche der irischen Katholiken im Parlament discutirt und geprüft; die Ueberzeugung, die ich mir darüber gebildet, in der mich Beobachtung und Erfahrung mit jedem Tage mehr bekräftigt haben, ist: wenn allen den großen Irland bedrängenden Uebeln die Art an die Wurzel gelegt, die Saat einer sich immer erneuernden Ernte der Zwietracht im Keim erstickt, ein ungebührlicher Einfluß Händen entwunden werden soll, die um des Staats Sicherheit willen mit solchem Einfluß nicht bewaffnet bleiben dürfen; – wenn ein breiter und tiefer Grundstein zu Irlands Ruhe gelegt, die besten Interessen des Staats sowohl als der Kirche, der Moral sowohl als der Religion unter dem irischen Volke wohl berathen werden sollen, so thut das Eine noth: auf gerechte, gemäßigte und reiflicherwogene Principien gegründet, durch einen wohleingerichteten Mechanismus in Gang gesetzt, eine fixe und gesetzliche Staatsbesoldung des Clerus derjenigen Religion, zu welcher die große Mehrzahl der Irländer sich bekennt. Es war dieß meine Ansicht schon im Jahr 1825, und jetzt im Jahr 1840 lege ich sie diesem edlen Hause doppelt dringend ans Herz. (Hört!) Sonst enthält die Thronrede wenig, was Debatten veranlassen könnte; was indeß den Zustand Indiens betrifft, so stimm' ich zwar in den Glückwunsch zu den dortigen Erfolgen der brittischen Waffen herzlich mit ein, muß aber den weiteren Verlauf der Ereignisse abwarten, ehe ich das Lob der in jenem Theile des brittischen Reichs befolgten Politik unbedingt unterschreiben kann. Wenn ich erst eine Erneuerung unseres Bündnisses mit Persien, dem natürlichen Freund, Bundesgenossen und Sichersteller der indobrittischen Macht auf der nordwestlichen Gränze gesehen habe; wenn ich erst gesehen, daß die Veränderung der Dynastie von Kabul nur zur Sicherung unserer dortigen Macht gedient; wenn erst die Folgen bewiesen haben, daß es weise gethan war, unser persisches Bündniß mit Mißachtung zu behandeln und dagegen unserm Bündniß mit Afghanistan zu vertrauen, während sonst die Ansicht unserer besten asiatischen Staatsmänner dahin ging, daß wir in Persien das Bollwerk gegen Eindringlinge von Norden her und gegen die afghanischen Stämme selbst zu suchen hätten; wenn ich erst gesehen habe, daß wir von den Afghanen den größeren Vortheil ziehen, während es vordem einer von den Glaubensartikeln unserer indischen Staatsmänner war, daß das Höchste, was wir von ihnen zu erwarten, die prekäre Art von Sicherheit sey, die sich aus ihren inneren Zwistigkeiten unter einander ableiten lasse; – wenn ich erst gefunden habe, entweder daß es auf diesem Weg unnöthig geworden, eine große und kostspielige Militärmacht hundert und aber hundert Meilen fern von den äußersten Gränzmarken unseres eigenen Gebiets im Nordwesten von Asien zu unterhalten, oder aber daß die Finanzen Indiens, die leider so sehr zusammengeschwundenen Hülfsquellen der Compagnie gleichwohl den neuzugewachsenen und nach aller Wahrscheinlichkeit sich ins Unabsehbare steigernden Lasten, die diese Politik ihnen aufbürden wird, die Wage halten können: dann, aber auch nicht früher, werde ich mich in der Lage fühlen, den Glückwünschen zu dem Erfolg des Feldzugs auch meine Glückwünsche zu der Politik beizufügen, aus der jener Feldzug hervorgegangen. *)*) (Hört!) Und nun, Mylords! erlauben Sie mir, meine Ansichten über *) Wie man sieht, ist die von Cicero aufgestellte, aber von ihm selbst nicht befolgte Regel, daß die oratorische Periode die Länge von vier Hexametern nicht überschreiten dürfe auf Broughams Beredsamkeit nicht anwendbar.
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Ich hoffe beide Pflichten zusammen zu erfüllen, indem ich einerseits in den Glückwunsch der Adresse zu dem bevorstehenden frohen Ereigniß, das der erste Paragraph der Thronrede ankündigt, aus freudigem Herzen mit einstimme, andrerseits aber hinsichtlich der Stelle, die gleich hinter jener Ankündigung folgt, die ernstliche Hoffnung ausdrücke, dießmal nicht, wie es wohl bei früheren Gelegenheiten geschah, die rivalisirenden Parteien des Parlaments ein unanständiges und gefühlloses Wettrennen beginnen zu sehen, welche von beiden, auf Kosten eines leidenden Volks, der willfährigsten Hofschmeichelei fähig sey. Ich hoffe dieß um so mehr, als ich weiß, daß man höchsten Ortes solche gewissenlose Augendienerei im rechten Lichte zu würdigen versteht. Angesichts eines leidenden Volks, dessen Nothstand nicht traurig genug geschildert werden kann – eines von Factionen und gegenseitigen Erbitterungen zerrissenen, von politischen Leidenschaften durchwühlten, von der tiefsten Unzufriedenheit erfüllten Volkes; Angesichts der täglich fallenden Arbeitslöhne, der täglich im Preise steigenden Lebensbedürfnisse, des sich täglich vermindernden Gewinns aus Handel und Gewerb – einen solchen schrecklichen Stand der Dinge vor Augen würde die Bewilligung einer größeren Apanage für den Gemahl der Königin, als die absolute Nothwendigkeit erheischt, meiner wohlbedachten Meinung zufolge, eine Verletzung der Pflicht seyn, welche Regierung und Parlament dem Lande schulden, ja, sie würde eine strafbare Gleichgültigkeit gegen den guten Namen der Legislatur und die Sicherheit des Thrones selbst verrathen. Erstaunen mußt' ich darüber, daß Ew. Lordschaften eine halbe Stunde lang darüber discutirten, ob das Wort „Protestant“ vor dem Namen des königlichen Bräutigams in der Adresse einzurücken sey, oder nicht. Guter Gott! sollte man da nicht glauben, das Staatsschiff steure unter einem durch kein Wölklein getrübten sonnigen Himmel auf spiegelglatter Fluth, während doch in der That Sturm und Ungewitter von allen Seiten droht? <hi rendition="#g">Warum</hi> das Wörtlein Protestant in der Thronrede ausgelassen wurde, will ich nicht näher untersuchen. Ist, wie der edle Herzog (Wellington) in einer weder dunkeln noch weithergeholten Anspielung vermuthete, die Auslassung gewissen Leuten zu Gefallen geschehen, so müssen diese Leute ihre Natur in letzterer Zeit sehr geändert haben, wenn sie sich mit einer solchen Willfährigkeit begnügen. (Hört!) Uebrigens was ist dazu Glück zu wünschen daß Ihre Maj. sich mit einem protestantischen Prinzen verbindet? Einem Staatsgesetz zufolge kann es ja nicht anders seyn. Dieses Gesetz hat mein edler Freund, der an der Spitze der Regierung steht, freilich nicht ganz streng ausgelegt; dem britischen Souverän ist eigentlich die Heirath mit einem Katholiken nicht verboten, auf eine solche Heirath ist bloß eine Strafe gesetzt, nämlich die Verwirkung der Krone. (Gelächter.) Folglich, Mylords! wenn wir der Königin dazu gratuliren, daß sie einen protestantischen Prinzen heirathet, so gratuliren wir Ihrer Maj. zu ihrem Entschluß, nichts zu thun, wodurch sie ihre Krone verlieren würde; – eine schöne Gratulation das für ernste Legislatoren! (Gelächter.) Doch ich lasse dieses Thema fallen, um einen Blick auf die Lage Irlands zu werfen. Für alle Uebel, die jenes Land bedrücken, wird uns die Municipalcorporationsbill abermals als Panacee geboten. Seit fünfzehn Jahren werden nun die Ansprüche der irischen Katholiken im Parlament discutirt und geprüft; die Ueberzeugung, die ich mir darüber gebildet, in der mich Beobachtung und Erfahrung mit jedem Tage mehr bekräftigt haben, ist: wenn allen den großen Irland bedrängenden Uebeln die Art an die Wurzel gelegt, die Saat einer sich immer erneuernden Ernte der Zwietracht im Keim erstickt, ein ungebührlicher Einfluß Händen entwunden werden soll, die um des Staats Sicherheit willen mit solchem Einfluß nicht bewaffnet bleiben dürfen; – wenn ein breiter und tiefer Grundstein zu Irlands Ruhe gelegt, die besten Interessen des Staats sowohl als der Kirche, der Moral sowohl als der Religion unter dem irischen Volke wohl berathen werden sollen, so thut das Eine noth: auf gerechte, gemäßigte und reiflicherwogene Principien gegründet, durch einen wohleingerichteten Mechanismus in Gang gesetzt, eine fixe und gesetzliche <hi rendition="#g">Staatsbesoldung</hi> des Clerus derjenigen Religion, zu welcher die große Mehrzahl der Irländer sich bekennt. Es war dieß meine Ansicht schon im Jahr 1825, und jetzt im Jahr 1840 lege ich sie diesem edlen Hause doppelt dringend ans Herz. (Hört!) Sonst enthält die Thronrede wenig, was Debatten veranlassen könnte; was indeß den Zustand Indiens betrifft, so stimm' ich zwar in den Glückwunsch zu den dortigen Erfolgen der brittischen Waffen herzlich mit ein, muß aber den weiteren Verlauf der Ereignisse abwarten, ehe ich das Lob der in jenem Theile des brittischen Reichs befolgten Politik unbedingt unterschreiben kann. Wenn ich erst eine Erneuerung unseres Bündnisses mit Persien, dem natürlichen Freund, Bundesgenossen und Sichersteller der indobrittischen Macht auf der nordwestlichen Gränze gesehen habe; wenn ich erst gesehen, daß die Veränderung der Dynastie von Kabul nur zur Sicherung unserer dortigen Macht gedient; wenn erst die Folgen bewiesen haben, daß es weise gethan war, unser persisches Bündniß mit Mißachtung zu behandeln und dagegen unserm Bündniß mit Afghanistan zu vertrauen, während sonst die Ansicht unserer besten asiatischen Staatsmänner dahin ging, daß wir in Persien das Bollwerk gegen Eindringlinge von Norden her und gegen die afghanischen Stämme selbst zu suchen hätten; wenn ich erst gesehen habe, daß wir von den Afghanen den größeren Vortheil ziehen, während es vordem einer von den Glaubensartikeln unserer indischen Staatsmänner war, daß das Höchste, was wir von ihnen zu erwarten, die prekäre Art von Sicherheit sey, die sich aus ihren inneren Zwistigkeiten unter einander ableiten lasse; – wenn ich erst gefunden habe, entweder daß es auf diesem Weg unnöthig geworden, eine große und kostspielige Militärmacht hundert und aber hundert Meilen fern von den äußersten Gränzmarken unseres eigenen Gebiets im Nordwesten von Asien zu unterhalten, oder aber daß die Finanzen Indiens, die leider so sehr zusammengeschwundenen Hülfsquellen der Compagnie gleichwohl den neuzugewachsenen und nach aller Wahrscheinlichkeit sich ins Unabsehbare steigernden Lasten, die diese Politik ihnen aufbürden wird, die Wage halten können: dann, aber auch nicht früher, werde ich mich in der Lage fühlen, den Glückwünschen zu dem Erfolg des Feldzugs auch meine Glückwünsche zu der Politik beizufügen, aus der jener Feldzug hervorgegangen. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)">Wie man sieht, ist die von Cicero aufgestellte, aber von ihm selbst nicht befolgte Regel, daß die oratorische Periode die Länge von vier Hexametern nicht überschreiten dürfe auf Broughams Beredsamkeit <hi rendition="#g">nicht</hi> anwendbar.</note> (Hört!) 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O'Ferrall Esq. und Sir I. Barrow; Secretäre des indischen Controlamtes, Lord Seymour und W. Clay Esq.; Generalfeldzeugmeister, Sir I. R. Vivian; Controleur des Schatzamtes, * Lord Mounteagle (Spring-Rice).
In Folgendem geben wir einen größeren Auszug aus Lord Broughams Rede in den Adressedebatten des Oberhauses vom 16 Jan.: „Es ist, sprach er, das charakteristische Merkmal eines freien Staats, daß in ihm die Pflichten eines loyalen Unterthans und eines guten Bürgers nicht nur nicht unvereinbar sind, sondern in harmonischem Einklang stehen. Ich hoffe beide Pflichten zusammen zu erfüllen, indem ich einerseits in den Glückwunsch der Adresse zu dem bevorstehenden frohen Ereigniß, das der erste Paragraph der Thronrede ankündigt, aus freudigem Herzen mit einstimme, andrerseits aber hinsichtlich der Stelle, die gleich hinter jener Ankündigung folgt, die ernstliche Hoffnung ausdrücke, dießmal nicht, wie es wohl bei früheren Gelegenheiten geschah, die rivalisirenden Parteien des Parlaments ein unanständiges und gefühlloses Wettrennen beginnen zu sehen, welche von beiden, auf Kosten eines leidenden Volks, der willfährigsten Hofschmeichelei fähig sey. Ich hoffe dieß um so mehr, als ich weiß, daß man höchsten Ortes solche gewissenlose Augendienerei im rechten Lichte zu würdigen versteht. Angesichts eines leidenden Volks, dessen Nothstand nicht traurig genug geschildert werden kann – eines von Factionen und gegenseitigen Erbitterungen zerrissenen, von politischen Leidenschaften durchwühlten, von der tiefsten Unzufriedenheit erfüllten Volkes; Angesichts der täglich fallenden Arbeitslöhne, der täglich im Preise steigenden Lebensbedürfnisse, des sich täglich vermindernden Gewinns aus Handel und Gewerb – einen solchen schrecklichen Stand der Dinge vor Augen würde die Bewilligung einer größeren Apanage für den Gemahl der Königin, als die absolute Nothwendigkeit erheischt, meiner wohlbedachten Meinung zufolge, eine Verletzung der Pflicht seyn, welche Regierung und Parlament dem Lande schulden, ja, sie würde eine strafbare Gleichgültigkeit gegen den guten Namen der Legislatur und die Sicherheit des Thrones selbst verrathen. Erstaunen mußt' ich darüber, daß Ew. Lordschaften eine halbe Stunde lang darüber discutirten, ob das Wort „Protestant“ vor dem Namen des königlichen Bräutigams in der Adresse einzurücken sey, oder nicht. Guter Gott! sollte man da nicht glauben, das Staatsschiff steure unter einem durch kein Wölklein getrübten sonnigen Himmel auf spiegelglatter Fluth, während doch in der That Sturm und Ungewitter von allen Seiten droht? Warum das Wörtlein Protestant in der Thronrede ausgelassen wurde, will ich nicht näher untersuchen. Ist, wie der edle Herzog (Wellington) in einer weder dunkeln noch weithergeholten Anspielung vermuthete, die Auslassung gewissen Leuten zu Gefallen geschehen, so müssen diese Leute ihre Natur in letzterer Zeit sehr geändert haben, wenn sie sich mit einer solchen Willfährigkeit begnügen. (Hört!) Uebrigens was ist dazu Glück zu wünschen daß Ihre Maj. sich mit einem protestantischen Prinzen verbindet? Einem Staatsgesetz zufolge kann es ja nicht anders seyn. 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Seit fünfzehn Jahren werden nun die Ansprüche der irischen Katholiken im Parlament discutirt und geprüft; die Ueberzeugung, die ich mir darüber gebildet, in der mich Beobachtung und Erfahrung mit jedem Tage mehr bekräftigt haben, ist: wenn allen den großen Irland bedrängenden Uebeln die Art an die Wurzel gelegt, die Saat einer sich immer erneuernden Ernte der Zwietracht im Keim erstickt, ein ungebührlicher Einfluß Händen entwunden werden soll, die um des Staats Sicherheit willen mit solchem Einfluß nicht bewaffnet bleiben dürfen; – wenn ein breiter und tiefer Grundstein zu Irlands Ruhe gelegt, die besten Interessen des Staats sowohl als der Kirche, der Moral sowohl als der Religion unter dem irischen Volke wohl berathen werden sollen, so thut das Eine noth: auf gerechte, gemäßigte und reiflicherwogene Principien gegründet, durch einen wohleingerichteten Mechanismus in Gang gesetzt, eine fixe und gesetzliche Staatsbesoldung des Clerus derjenigen Religion, zu welcher die große Mehrzahl der Irländer sich bekennt. Es war dieß meine Ansicht schon im Jahr 1825, und jetzt im Jahr 1840 lege ich sie diesem edlen Hause doppelt dringend ans Herz. (Hört!) Sonst enthält die Thronrede wenig, was Debatten veranlassen könnte; was indeß den Zustand Indiens betrifft, so stimm' ich zwar in den Glückwunsch zu den dortigen Erfolgen der brittischen Waffen herzlich mit ein, muß aber den weiteren Verlauf der Ereignisse abwarten, ehe ich das Lob der in jenem Theile des brittischen Reichs befolgten Politik unbedingt unterschreiben kann. Wenn ich erst eine Erneuerung unseres Bündnisses mit Persien, dem natürlichen Freund, Bundesgenossen und Sichersteller der indobrittischen Macht auf der nordwestlichen Gränze gesehen habe; wenn ich erst gesehen, daß die Veränderung der Dynastie von Kabul nur zur Sicherung unserer dortigen Macht gedient; wenn erst die Folgen bewiesen haben, daß es weise gethan war, unser persisches Bündniß mit Mißachtung zu behandeln und dagegen unserm Bündniß mit Afghanistan zu vertrauen, während sonst die Ansicht unserer besten asiatischen Staatsmänner dahin ging, daß wir in Persien das Bollwerk gegen Eindringlinge von Norden her und gegen die afghanischen Stämme selbst zu suchen hätten; wenn ich erst gesehen habe, daß wir von den Afghanen den größeren Vortheil ziehen, während es vordem einer von den Glaubensartikeln unserer indischen Staatsmänner war, daß das Höchste, was wir von ihnen zu erwarten, die prekäre Art von Sicherheit sey, die sich aus ihren inneren Zwistigkeiten unter einander ableiten lasse; – wenn ich erst gefunden habe, entweder daß es auf diesem Weg unnöthig geworden, eine große und kostspielige Militärmacht hundert und aber hundert Meilen fern von den äußersten Gränzmarken unseres eigenen Gebiets im Nordwesten von Asien zu unterhalten, oder aber daß die Finanzen Indiens, die leider so sehr zusammengeschwundenen Hülfsquellen der Compagnie gleichwohl den neuzugewachsenen und nach aller Wahrscheinlichkeit sich ins Unabsehbare steigernden Lasten, die diese Politik ihnen aufbürden wird, die Wage halten können: dann, aber auch nicht früher, werde ich mich in der Lage fühlen, den Glückwünschen zu dem Erfolg des Feldzugs auch meine Glückwünsche zu der Politik beizufügen, aus der jener Feldzug hervorgegangen. *) *) (Hört!) Und nun, Mylords! erlauben Sie mir, meine Ansichten über
*) Wie man sieht, ist die von Cicero aufgestellte, aber von ihm selbst nicht befolgte Regel, daß die oratorische Periode die Länge von vier Hexametern nicht überschreiten dürfe auf Broughams Beredsamkeit nicht anwendbar.
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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