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Allgemeine Zeitung. Nr. 51. Augsburg, 20. Februar 1840.

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Versammlung über eine 30jährige Landsteuer übereinzukommen, welche sie entweder individuell oder durch einen von ihnen aufzustellenden Delegaten abzuliefern hätten. Die Basis dieser Landsteuer ist der 10jährige Durchschnitt der unter den alten Reglements wirklich bezahlten Steuer, und das Princip ihrer Umlage ist der verhältnißmäßige Ertrag des Landes an Getreide, so daß nicht mehr, wie bisher, künstliche und reiche Culturen, wie Zucker, Baumwolle, Indigo, Opium u. s. w. höher angelegt sind, als Getreide. Die wüst liegenden Ländereien werden den Gemeinden oder Familien, welche Ansprüche darauf haben, oder an deren Güter sie stoßen, lagerbüchlich zugeschrieben, und der Staat verzichtet auf alle Erhöhung der Steuer während der Periode von 30 Jahren, wie sehr auch die Culturen in Umfang oder Werth zunehmen mögen. Diese Reglements sind die Anwendung der von General Briggs aufgestellten Grundsätze, nur hatte er die Festsetzung der Steuer für immer verlangt, während die Compagnie sie nur für 30 Jahre zugesteht; allein diese Periode ist hinreichend, um einen Sporn zur Verbesserung der Cultur zu geben, und wahrscheinlich wird diese provisorische Steuer definitiv bleiben, wie es bei dem Zemindarsystem gewesen ist, das ursprünglich nur auf zehn Jahre angenommen war. Dennoch wäre besser gewesen, durch absolutes Verzichten auf alle künftige Steuererhöhung eine völlige Sicherheit zu geben, um so mehr, als die hauptsächlichsten Arbeiten, welche der Besitzer zu unternehmen hat, um wüste Ländereien zu bebauen, in kostbaren Bewässerungsanstalten bestehen, welche außerordentliche Anstrengungen und Auslagen erfordern. Einige Districtsbeamte haben die Steuer nur auf zwanzig Jahre fixirt, was man nicht hätte dulden sollen. Die Arbeiten, welche dieses Steuerreglement erforderte, waren überaus beträchtlich. Das erste war, daß man jeden District durch europäische Officiere vermessen ließ, die Karten mit dem (in jeder indischen Commune bestehenden) Kataster verglich und die einzelnen Güter darein eintrug, wobei die Rechte der verschiedenen Classen von Besitzern und Hintersassen festgesetzt werden mußten. Dieß hatte nur geringe Schwierigkeit, so weit es sich von wirklich bearbeitetem Land handelte, wo die Dorfversammlung alle nöthige Kenntniß und Tradition besaß, so daß sogleich in jedem streitigen Fall Zeugen auftreten konnten. Die Schwierigkeit lag in der Bestimmung der Gränzen der Markungen, da diese bei abnehmender Cultur mehr oder weniger wüst lagen, obgleich sie guten Theils aus Ländereien von großem Werth bestanden. Dieß wurde provisorisch von dem eingebornen Steuerbeamten, Tahsildar, mit Hülfe der Bürgermeister u. s. w. festgesetzt; dabei fielen große Bestechungen vor, welche die Dörfer lebhaft beschäftigten, bis nach einigen Monaten der europäische Steuerbeamte (Collector) kam und eine öffentliche Versammlung hielt, zu der er die naheliegenden Dörfer einlud, und hier die Steuerfixation vornahm. Bei dieser wurden zuerst die Klagen gehört, die Zeugen traten aus der Mitte der Zuschauer vor und erklärten sich über jeden Fall, die angesehensten Häupter der alten Familien wurden zugezogen und die Fälle einzeln entschieden, im Allgemeinen zur größten Zufriedenheit. Der Steuercontract wurde hierauf mit den Dörfern oder Familien gemacht, und meistens ohne die geringste Schwierigkeit. Denn selbst da, wo sich die Dörfer zu hoch angelegt fanden, bestanden sie selten auf Reductionen, indem sie in der legalen und steuerfreien Urbarmachung der wüsten Ländereien, und in der Gewißheit, daß künftig jede Verbesserung in der Cultur ihnen ausschließlich zu Gute kommen sollte, einen Vortheil sahen, der alles Andere weit aufwog. In den wenigen Fällen, wo über einen Besitz oder eine Markung unrecht entschieden worden wäre, blieb ihnen der Weg des Recurses an die Gerichte offen. Diese Operationen nahmen in den meisten Districten vier bis fünf Jahre weg, und sind zum Theil noch nicht vollendet.

Die Regierung hat einen Theil der Berichte der Collectoren, deren Operationen vollendet sind, drucken lassen, und man sieht mit Vergnügen daraus, mit welcher Sorgfalt und Schonung darin verfahren worden ist. Sie geben zugleich eine Masse statistischer Details von großem Interesse, die aber viel zu ausführlich sind, als daß ich versuchen könnte, sie zu condensiren. Doch will ich aus dem neuesten, der vor mir liegt, einige Auszüge geben, da er einen Begriff von den Wirkungen dieser Operationen geben kann; er ist von Thomason, Collector von Azimgurk. Dieser District besteht aus 5541 Dörfern, mit einer Bevölkerung von 780,000 Seelen, wovon 554,104 mit Ackerbau beschäftigt sind, und deren Landtaxe 1,306,642 Rupien (130,000 Pf. St.) beträgt. Der District enthält 1,375,579 englische Morgen Landes, wovon 629,234 bearbeitet sind, 278,036 fruchtbar, aber unbearbeitet, und 450,399 in Wäldern, Sümpfen oder steinigem Boden bestehen. Der District liefert gegenwärtig nicht genug Getreide für seine Bevölkerung, ist aber einer der fruchtbarsten von Indien in Zucker, Opium und Indigo, besonders das für Zucker taugliche Land trägt im Allgemeinen dem Besitzer 14-15 Rupien per Morgen Pachtzins ein, und in einigen Theilen bis auf 40 Rupien. Die Masse des fabricirten Zuckers beläuft sich auf 400,000 Centner, welche früher großentheils nach Mirzapur zum Verführen nach Centralindien verkauft wurden, aber seit der Abschaffung der Zölle auf dem Ganges und der Herabsetzung des Zolls in England großentheils den Ganges herab nach Calcutta zur Ausfuhr geschickt werden; diesen Weg nahmen im Jahr 1837 mehr als 170,000 Centner. Der Preis des Zuckers ist etwa 12 Rupien per Centner an Ort und Stelle, aber die Cultur gibt bei diesem Preis einen so hohen Profit, daß sie sich unter dem neuen Steuersystem, das die nöthigen Wasserleitungen anzulegen erlaubt, schnell über einen Theil des jetzt wüsten Landes ausdehnen muß. Die gegenwärtige Ausfuhr des Districts beträgt an Baumwolle und Seidenwaaren 100,000 Pf. St., an Indigo 27,000, an Opium 50,000 und an Zucker 230,000 Pf. St. Die Production von Opium beläuft sich auf 1700 Centner; sie wird jetzt vielleicht sinken, aber ohne Schaden für die Bevölkerung, denn sie beschäftigt fast ausschließend die Kaste der Keore, eine Classe von Gärtnern, deren Intelligenz und sorgfältige Cultur den Zuckerplantagen sehr zu Gute kommen würde, sobald die Regierung aufhörte, Vorschüsse für das Opium zu geben.

Der Erfolg des neuen Steuersystems in dem District ist bis jetzt vollkommen gewesen; seit drei Jahren sind nicht nur die Steuern vollständig, zum Theil im voraus und ohne Schwierigkeit bezahlt worden, sondern die Rückstände der letzten zwölf Jahre sind von den Dörfern größtentheils abgezahlt. Das große Bedürfniß von Indien ist die Vermehrung und Verbesserung seiner Ausfuhrartikel, und daß diese durch die ungeheure Masse gegenwärtig wüst liegenden Landes, welche in den obern Provinzen jetzt den Dörfern steuerfrei überliefert worden ist, unberechenbar zunehmen muß, kann Niemand zweifelhaft seyn, der den zerstörenden Einfluß des jährlichen oder dreijährigen Steuersatzes beobachtet hat. Wenn die Finanzverwaltung dieser Provinzen nur wenige Jahre in dem gegenwärtigen Geist fortgeführt wird, so werden die Resultate der Art seyn, daß man dasselbe System nicht nur auf die unglücklichen Provinzen von Madras, die gegenwärtig unter dem Ryotwarsystem verwaltet werden, sondern selbst auf Bengalen und sein Zemindarsystem wird ausdehnen müssen. Denn es

Versammlung über eine 30jährige Landsteuer übereinzukommen, welche sie entweder individuell oder durch einen von ihnen aufzustellenden Delegaten abzuliefern hätten. Die Basis dieser Landsteuer ist der 10jährige Durchschnitt der unter den alten Reglements wirklich bezahlten Steuer, und das Princip ihrer Umlage ist der verhältnißmäßige Ertrag des Landes an Getreide, so daß nicht mehr, wie bisher, künstliche und reiche Culturen, wie Zucker, Baumwolle, Indigo, Opium u. s. w. höher angelegt sind, als Getreide. Die wüst liegenden Ländereien werden den Gemeinden oder Familien, welche Ansprüche darauf haben, oder an deren Güter sie stoßen, lagerbüchlich zugeschrieben, und der Staat verzichtet auf alle Erhöhung der Steuer während der Periode von 30 Jahren, wie sehr auch die Culturen in Umfang oder Werth zunehmen mögen. Diese Reglements sind die Anwendung der von General Briggs aufgestellten Grundsätze, nur hatte er die Festsetzung der Steuer für immer verlangt, während die Compagnie sie nur für 30 Jahre zugesteht; allein diese Periode ist hinreichend, um einen Sporn zur Verbesserung der Cultur zu geben, und wahrscheinlich wird diese provisorische Steuer definitiv bleiben, wie es bei dem Zemindarsystem gewesen ist, das ursprünglich nur auf zehn Jahre angenommen war. Dennoch wäre besser gewesen, durch absolutes Verzichten auf alle künftige Steuererhöhung eine völlige Sicherheit zu geben, um so mehr, als die hauptsächlichsten Arbeiten, welche der Besitzer zu unternehmen hat, um wüste Ländereien zu bebauen, in kostbaren Bewässerungsanstalten bestehen, welche außerordentliche Anstrengungen und Auslagen erfordern. Einige Districtsbeamte haben die Steuer nur auf zwanzig Jahre fixirt, was man nicht hätte dulden sollen. Die Arbeiten, welche dieses Steuerreglement erforderte, waren überaus beträchtlich. Das erste war, daß man jeden District durch europäische Officiere vermessen ließ, die Karten mit dem (in jeder indischen Commune bestehenden) Kataster verglich und die einzelnen Güter darein eintrug, wobei die Rechte der verschiedenen Classen von Besitzern und Hintersassen festgesetzt werden mußten. Dieß hatte nur geringe Schwierigkeit, so weit es sich von wirklich bearbeitetem Land handelte, wo die Dorfversammlung alle nöthige Kenntniß und Tradition besaß, so daß sogleich in jedem streitigen Fall Zeugen auftreten konnten. Die Schwierigkeit lag in der Bestimmung der Gränzen der Markungen, da diese bei abnehmender Cultur mehr oder weniger wüst lagen, obgleich sie guten Theils aus Ländereien von großem Werth bestanden. Dieß wurde provisorisch von dem eingebornen Steuerbeamten, Tahsildar, mit Hülfe der Bürgermeister u. s. w. festgesetzt; dabei fielen große Bestechungen vor, welche die Dörfer lebhaft beschäftigten, bis nach einigen Monaten der europäische Steuerbeamte (Collector) kam und eine öffentliche Versammlung hielt, zu der er die naheliegenden Dörfer einlud, und hier die Steuerfixation vornahm. Bei dieser wurden zuerst die Klagen gehört, die Zeugen traten aus der Mitte der Zuschauer vor und erklärten sich über jeden Fall, die angesehensten Häupter der alten Familien wurden zugezogen und die Fälle einzeln entschieden, im Allgemeinen zur größten Zufriedenheit. Der Steuercontract wurde hierauf mit den Dörfern oder Familien gemacht, und meistens ohne die geringste Schwierigkeit. Denn selbst da, wo sich die Dörfer zu hoch angelegt fanden, bestanden sie selten auf Reductionen, indem sie in der legalen und steuerfreien Urbarmachung der wüsten Ländereien, und in der Gewißheit, daß künftig jede Verbesserung in der Cultur ihnen ausschließlich zu Gute kommen sollte, einen Vortheil sahen, der alles Andere weit aufwog. In den wenigen Fällen, wo über einen Besitz oder eine Markung unrecht entschieden worden wäre, blieb ihnen der Weg des Recurses an die Gerichte offen. Diese Operationen nahmen in den meisten Districten vier bis fünf Jahre weg, und sind zum Theil noch nicht vollendet.

Die Regierung hat einen Theil der Berichte der Collectoren, deren Operationen vollendet sind, drucken lassen, und man sieht mit Vergnügen daraus, mit welcher Sorgfalt und Schonung darin verfahren worden ist. Sie geben zugleich eine Masse statistischer Details von großem Interesse, die aber viel zu ausführlich sind, als daß ich versuchen könnte, sie zu condensiren. Doch will ich aus dem neuesten, der vor mir liegt, einige Auszüge geben, da er einen Begriff von den Wirkungen dieser Operationen geben kann; er ist von Thomason, Collector von Azimgurk. Dieser District besteht aus 5541 Dörfern, mit einer Bevölkerung von 780,000 Seelen, wovon 554,104 mit Ackerbau beschäftigt sind, und deren Landtaxe 1,306,642 Rupien (130,000 Pf. St.) beträgt. Der District enthält 1,375,579 englische Morgen Landes, wovon 629,234 bearbeitet sind, 278,036 fruchtbar, aber unbearbeitet, und 450,399 in Wäldern, Sümpfen oder steinigem Boden bestehen. Der District liefert gegenwärtig nicht genug Getreide für seine Bevölkerung, ist aber einer der fruchtbarsten von Indien in Zucker, Opium und Indigo, besonders das für Zucker taugliche Land trägt im Allgemeinen dem Besitzer 14-15 Rupien per Morgen Pachtzins ein, und in einigen Theilen bis auf 40 Rupien. Die Masse des fabricirten Zuckers beläuft sich auf 400,000 Centner, welche früher großentheils nach Mirzapur zum Verführen nach Centralindien verkauft wurden, aber seit der Abschaffung der Zölle auf dem Ganges und der Herabsetzung des Zolls in England großentheils den Ganges herab nach Calcutta zur Ausfuhr geschickt werden; diesen Weg nahmen im Jahr 1837 mehr als 170,000 Centner. Der Preis des Zuckers ist etwa 12 Rupien per Centner an Ort und Stelle, aber die Cultur gibt bei diesem Preis einen so hohen Profit, daß sie sich unter dem neuen Steuersystem, das die nöthigen Wasserleitungen anzulegen erlaubt, schnell über einen Theil des jetzt wüsten Landes ausdehnen muß. Die gegenwärtige Ausfuhr des Districts beträgt an Baumwolle und Seidenwaaren 100,000 Pf. St., an Indigo 27,000, an Opium 50,000 und an Zucker 230,000 Pf. St. Die Production von Opium beläuft sich auf 1700 Centner; sie wird jetzt vielleicht sinken, aber ohne Schaden für die Bevölkerung, denn sie beschäftigt fast ausschließend die Kaste der Keore, eine Classe von Gärtnern, deren Intelligenz und sorgfältige Cultur den Zuckerplantagen sehr zu Gute kommen würde, sobald die Regierung aufhörte, Vorschüsse für das Opium zu geben.

Der Erfolg des neuen Steuersystems in dem District ist bis jetzt vollkommen gewesen; seit drei Jahren sind nicht nur die Steuern vollständig, zum Theil im voraus und ohne Schwierigkeit bezahlt worden, sondern die Rückstände der letzten zwölf Jahre sind von den Dörfern größtentheils abgezahlt. Das große Bedürfniß von Indien ist die Vermehrung und Verbesserung seiner Ausfuhrartikel, und daß diese durch die ungeheure Masse gegenwärtig wüst liegenden Landes, welche in den obern Provinzen jetzt den Dörfern steuerfrei überliefert worden ist, unberechenbar zunehmen muß, kann Niemand zweifelhaft seyn, der den zerstörenden Einfluß des jährlichen oder dreijährigen Steuersatzes beobachtet hat. Wenn die Finanzverwaltung dieser Provinzen nur wenige Jahre in dem gegenwärtigen Geist fortgeführt wird, so werden die Resultate der Art seyn, daß man dasselbe System nicht nur auf die unglücklichen Provinzen von Madras, die gegenwärtig unter dem Ryotwarsystem verwaltet werden, sondern selbst auf Bengalen und sein Zemindarsystem wird ausdehnen müssen. Denn es

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Versammlung über eine 30jährige Landsteuer übereinzukommen, welche sie entweder individuell oder durch einen von ihnen aufzustellenden Delegaten abzuliefern hätten. Die Basis dieser Landsteuer ist der 10jährige Durchschnitt der unter den alten Reglements wirklich bezahlten Steuer, und das Princip ihrer Umlage ist der verhältnißmäßige Ertrag des Landes an Getreide, so daß nicht mehr, wie bisher, künstliche und reiche Culturen, wie Zucker, Baumwolle, Indigo, Opium u. s. w. höher angelegt sind, als Getreide. Die wüst liegenden Ländereien werden den Gemeinden oder Familien, welche Ansprüche darauf haben, oder an deren Güter sie stoßen, lagerbüchlich zugeschrieben, und der Staat verzichtet auf alle Erhöhung der Steuer während der Periode von 30 Jahren, wie sehr auch die Culturen in Umfang oder Werth zunehmen mögen. Diese Reglements sind die Anwendung der von General Briggs aufgestellten Grundsätze, nur hatte er die Festsetzung der Steuer für immer verlangt, während die Compagnie sie nur für 30 Jahre zugesteht; allein diese Periode ist hinreichend, um einen Sporn zur Verbesserung der Cultur zu geben, und wahrscheinlich wird diese provisorische Steuer definitiv bleiben, wie es bei dem Zemindarsystem gewesen ist, das ursprünglich nur auf zehn Jahre angenommen war. Dennoch wäre besser gewesen, durch absolutes Verzichten auf alle künftige Steuererhöhung eine völlige Sicherheit zu geben, um so mehr, als die hauptsächlichsten Arbeiten, welche der Besitzer zu unternehmen hat, um wüste Ländereien zu bebauen, in kostbaren Bewässerungsanstalten bestehen, welche außerordentliche Anstrengungen und Auslagen erfordern. Einige Districtsbeamte haben die Steuer nur auf zwanzig Jahre fixirt, was man nicht hätte dulden sollen. Die Arbeiten, welche dieses Steuerreglement erforderte, waren überaus beträchtlich. Das erste war, daß man jeden District durch europäische Officiere vermessen ließ, die Karten mit dem (in jeder indischen Commune bestehenden) Kataster verglich und die einzelnen Güter darein eintrug, wobei die Rechte der verschiedenen Classen von Besitzern und Hintersassen festgesetzt werden mußten. Dieß hatte nur geringe Schwierigkeit, so weit es sich von wirklich bearbeitetem Land handelte, wo die Dorfversammlung alle nöthige Kenntniß und Tradition besaß, so daß sogleich in jedem streitigen Fall Zeugen auftreten konnten. Die Schwierigkeit lag in der Bestimmung der Gränzen der Markungen, da diese bei abnehmender Cultur mehr oder weniger wüst lagen, obgleich sie guten Theils aus Ländereien von großem Werth bestanden. Dieß wurde provisorisch von dem eingebornen Steuerbeamten, Tahsildar, mit Hülfe der Bürgermeister u. s. w. festgesetzt; dabei fielen große Bestechungen vor, welche die Dörfer lebhaft beschäftigten, bis nach einigen Monaten der europäische Steuerbeamte (Collector) kam und eine öffentliche Versammlung hielt, zu der er die naheliegenden Dörfer einlud, und hier die Steuerfixation vornahm. Bei dieser wurden zuerst die Klagen gehört, die Zeugen traten aus der Mitte der Zuschauer vor und erklärten sich über jeden Fall, die angesehensten Häupter der alten Familien wurden zugezogen und die Fälle einzeln entschieden, im Allgemeinen zur größten Zufriedenheit. Der Steuercontract wurde hierauf mit den Dörfern oder Familien gemacht, und meistens ohne die geringste Schwierigkeit. Denn selbst da, wo sich die Dörfer zu hoch angelegt fanden, bestanden sie selten auf Reductionen, indem sie in der legalen und steuerfreien Urbarmachung der wüsten Ländereien, und in der Gewißheit, daß künftig jede Verbesserung in der Cultur ihnen ausschließlich zu Gute kommen sollte, einen Vortheil sahen, der alles Andere weit aufwog. In den wenigen Fällen, wo über einen Besitz oder eine Markung unrecht entschieden worden wäre, blieb ihnen der Weg des Recurses an die Gerichte offen. Diese Operationen nahmen in den meisten Districten vier bis fünf Jahre weg, und sind zum Theil noch nicht vollendet.</p><lb/>
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[0405/0013] Versammlung über eine 30jährige Landsteuer übereinzukommen, welche sie entweder individuell oder durch einen von ihnen aufzustellenden Delegaten abzuliefern hätten. Die Basis dieser Landsteuer ist der 10jährige Durchschnitt der unter den alten Reglements wirklich bezahlten Steuer, und das Princip ihrer Umlage ist der verhältnißmäßige Ertrag des Landes an Getreide, so daß nicht mehr, wie bisher, künstliche und reiche Culturen, wie Zucker, Baumwolle, Indigo, Opium u. s. w. höher angelegt sind, als Getreide. Die wüst liegenden Ländereien werden den Gemeinden oder Familien, welche Ansprüche darauf haben, oder an deren Güter sie stoßen, lagerbüchlich zugeschrieben, und der Staat verzichtet auf alle Erhöhung der Steuer während der Periode von 30 Jahren, wie sehr auch die Culturen in Umfang oder Werth zunehmen mögen. Diese Reglements sind die Anwendung der von General Briggs aufgestellten Grundsätze, nur hatte er die Festsetzung der Steuer für immer verlangt, während die Compagnie sie nur für 30 Jahre zugesteht; allein diese Periode ist hinreichend, um einen Sporn zur Verbesserung der Cultur zu geben, und wahrscheinlich wird diese provisorische Steuer definitiv bleiben, wie es bei dem Zemindarsystem gewesen ist, das ursprünglich nur auf zehn Jahre angenommen war. Dennoch wäre besser gewesen, durch absolutes Verzichten auf alle künftige Steuererhöhung eine völlige Sicherheit zu geben, um so mehr, als die hauptsächlichsten Arbeiten, welche der Besitzer zu unternehmen hat, um wüste Ländereien zu bebauen, in kostbaren Bewässerungsanstalten bestehen, welche außerordentliche Anstrengungen und Auslagen erfordern. Einige Districtsbeamte haben die Steuer nur auf zwanzig Jahre fixirt, was man nicht hätte dulden sollen. Die Arbeiten, welche dieses Steuerreglement erforderte, waren überaus beträchtlich. Das erste war, daß man jeden District durch europäische Officiere vermessen ließ, die Karten mit dem (in jeder indischen Commune bestehenden) Kataster verglich und die einzelnen Güter darein eintrug, wobei die Rechte der verschiedenen Classen von Besitzern und Hintersassen festgesetzt werden mußten. Dieß hatte nur geringe Schwierigkeit, so weit es sich von wirklich bearbeitetem Land handelte, wo die Dorfversammlung alle nöthige Kenntniß und Tradition besaß, so daß sogleich in jedem streitigen Fall Zeugen auftreten konnten. Die Schwierigkeit lag in der Bestimmung der Gränzen der Markungen, da diese bei abnehmender Cultur mehr oder weniger wüst lagen, obgleich sie guten Theils aus Ländereien von großem Werth bestanden. Dieß wurde provisorisch von dem eingebornen Steuerbeamten, Tahsildar, mit Hülfe der Bürgermeister u. s. w. festgesetzt; dabei fielen große Bestechungen vor, welche die Dörfer lebhaft beschäftigten, bis nach einigen Monaten der europäische Steuerbeamte (Collector) kam und eine öffentliche Versammlung hielt, zu der er die naheliegenden Dörfer einlud, und hier die Steuerfixation vornahm. Bei dieser wurden zuerst die Klagen gehört, die Zeugen traten aus der Mitte der Zuschauer vor und erklärten sich über jeden Fall, die angesehensten Häupter der alten Familien wurden zugezogen und die Fälle einzeln entschieden, im Allgemeinen zur größten Zufriedenheit. Der Steuercontract wurde hierauf mit den Dörfern oder Familien gemacht, und meistens ohne die geringste Schwierigkeit. Denn selbst da, wo sich die Dörfer zu hoch angelegt fanden, bestanden sie selten auf Reductionen, indem sie in der legalen und steuerfreien Urbarmachung der wüsten Ländereien, und in der Gewißheit, daß künftig jede Verbesserung in der Cultur ihnen ausschließlich zu Gute kommen sollte, einen Vortheil sahen, der alles Andere weit aufwog. In den wenigen Fällen, wo über einen Besitz oder eine Markung unrecht entschieden worden wäre, blieb ihnen der Weg des Recurses an die Gerichte offen. Diese Operationen nahmen in den meisten Districten vier bis fünf Jahre weg, und sind zum Theil noch nicht vollendet. Die Regierung hat einen Theil der Berichte der Collectoren, deren Operationen vollendet sind, drucken lassen, und man sieht mit Vergnügen daraus, mit welcher Sorgfalt und Schonung darin verfahren worden ist. Sie geben zugleich eine Masse statistischer Details von großem Interesse, die aber viel zu ausführlich sind, als daß ich versuchen könnte, sie zu condensiren. Doch will ich aus dem neuesten, der vor mir liegt, einige Auszüge geben, da er einen Begriff von den Wirkungen dieser Operationen geben kann; er ist von Thomason, Collector von Azimgurk. Dieser District besteht aus 5541 Dörfern, mit einer Bevölkerung von 780,000 Seelen, wovon 554,104 mit Ackerbau beschäftigt sind, und deren Landtaxe 1,306,642 Rupien (130,000 Pf. St.) beträgt. Der District enthält 1,375,579 englische Morgen Landes, wovon 629,234 bearbeitet sind, 278,036 fruchtbar, aber unbearbeitet, und 450,399 in Wäldern, Sümpfen oder steinigem Boden bestehen. Der District liefert gegenwärtig nicht genug Getreide für seine Bevölkerung, ist aber einer der fruchtbarsten von Indien in Zucker, Opium und Indigo, besonders das für Zucker taugliche Land trägt im Allgemeinen dem Besitzer 14-15 Rupien per Morgen Pachtzins ein, und in einigen Theilen bis auf 40 Rupien. Die Masse des fabricirten Zuckers beläuft sich auf 400,000 Centner, welche früher großentheils nach Mirzapur zum Verführen nach Centralindien verkauft wurden, aber seit der Abschaffung der Zölle auf dem Ganges und der Herabsetzung des Zolls in England großentheils den Ganges herab nach Calcutta zur Ausfuhr geschickt werden; diesen Weg nahmen im Jahr 1837 mehr als 170,000 Centner. Der Preis des Zuckers ist etwa 12 Rupien per Centner an Ort und Stelle, aber die Cultur gibt bei diesem Preis einen so hohen Profit, daß sie sich unter dem neuen Steuersystem, das die nöthigen Wasserleitungen anzulegen erlaubt, schnell über einen Theil des jetzt wüsten Landes ausdehnen muß. Die gegenwärtige Ausfuhr des Districts beträgt an Baumwolle und Seidenwaaren 100,000 Pf. St., an Indigo 27,000, an Opium 50,000 und an Zucker 230,000 Pf. St. Die Production von Opium beläuft sich auf 1700 Centner; sie wird jetzt vielleicht sinken, aber ohne Schaden für die Bevölkerung, denn sie beschäftigt fast ausschließend die Kaste der Keore, eine Classe von Gärtnern, deren Intelligenz und sorgfältige Cultur den Zuckerplantagen sehr zu Gute kommen würde, sobald die Regierung aufhörte, Vorschüsse für das Opium zu geben. Der Erfolg des neuen Steuersystems in dem District ist bis jetzt vollkommen gewesen; seit drei Jahren sind nicht nur die Steuern vollständig, zum Theil im voraus und ohne Schwierigkeit bezahlt worden, sondern die Rückstände der letzten zwölf Jahre sind von den Dörfern größtentheils abgezahlt. Das große Bedürfniß von Indien ist die Vermehrung und Verbesserung seiner Ausfuhrartikel, und daß diese durch die ungeheure Masse gegenwärtig wüst liegenden Landes, welche in den obern Provinzen jetzt den Dörfern steuerfrei überliefert worden ist, unberechenbar zunehmen muß, kann Niemand zweifelhaft seyn, der den zerstörenden Einfluß des jährlichen oder dreijährigen Steuersatzes beobachtet hat. Wenn die Finanzverwaltung dieser Provinzen nur wenige Jahre in dem gegenwärtigen Geist fortgeführt wird, so werden die Resultate der Art seyn, daß man dasselbe System nicht nur auf die unglücklichen Provinzen von Madras, die gegenwärtig unter dem Ryotwarsystem verwaltet werden, sondern selbst auf Bengalen und sein Zemindarsystem wird ausdehnen müssen. Denn es

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 51. Augsburg, 20. Februar 1840, S. 0405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_051_18400220/13>, abgerufen am 02.05.2024.