Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 61. Augsburg, 1. März 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sentinelle des Pyrenees vom 22 Febr. meldet, daß in Bayonne eine große Zahl spanischer Emigranten in ihren Wohnungen verhaftet worden. Die einen wurden ins Stadtgefängniß abgeführt, die andern in Begleitung von Gendarmen ins Innere transportirt.

In französischen Blättern liest man: "Die kürzlich aus Morella entkommenen Christinischen Gefangenen sagen aus, sie haben am 4 Cabrera gesehen, wie er sich von Morella nach San Mateo begab. Er war zu Pferd und wurde auf beiden Seiten von Officieren unterstützt, wobei er ohne Unterlaß Stärkungsmittel anwendete; er soll abgemagert, gelb und so leichenhaft ausgesehen haben, daß man jeden Augenblick auf seinen Tod wartete. Nachdem er Morella verlassen, wurde er in eine Sänfte gebracht, und seither hat man nichts mehr von ihm gesehen. In Morella herrscht die größte Bestürzung. Was an diesen Gerüchten wahr ist, muß sich bald zeigen, wenn der Herzog de la Victoria wirklich die Carlisten angreift."

Großbritannien.

Auch aus den Provinzen warteten in den letzten Tagen mehrere Deputationen mit Glückwunschadressen dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent auf, von denen sie äußerst huldvoll empfangen wurden. Obrist Wylde, der im Peninsularkriege mit Auszeichnung gedient, ist zum Stallmeister des Prinzen ernannt; Lord R. Grosvenor wird als künftiger Garderobeaufseher (groom of the stole) Sr. königl. Hoh. bezeichnet.

Hr. Sergeant Th. Wylde, der neue Solicitor-General, empfing von Ihrer Maj. bei dem neulichen Lever den Ritterschlag, heißt also jetzt Sir Thomas Wylde.

(Standard.) Man glaubt allgemein, daß die Minister demnächst ihre Zuflucht zu einem Anlehen von 8 bis 10 Mill. Pf. St. werden nehmen müssen.

Das Dampfboot Great Western, das seit Weihnachten auf dem Werft lag und einer gänzlichen Reparatur unterworfen wurde, hat am 20 wieder die Fahrt nach New-York angetreten. Unter den 76 Passagieren desselben befindet sich der Prinz Joseph Lucian Murat.

(Verspätet über Ostende.) Gestern fand seit der Vermählung das erste Lever in St. Jamespalast statt. Ein solcher Cerimonialact am hiesigen Hof gewinnt so wohl durch die Persönlichkeit der jugendlichen Monarchin und ihres nunmehrigen Gemahls als auch durch die unendliche Menge von Personen, die dabei erscheinen, und durch die Wichtigkeit der Namen und Aemter so vieler unter diesen, einen nicht geringen Grad von Interesse. Gegen 2 Uhr öffneten sich die Thüren des alterthümlichen Thronsaals, in welchem sich Ihre Maj. die Königin, ihr Gemahl, die Herzoge von Sussex und Cambridge, der junge Prinz von Cambridge, der regierende Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg, die Minister, der Lord Kammerherr und andere zum Hof gehörige Personen befanden. Bemerkt muß hierbei werden, daß die Königin von ihrem Gemahl geführt eingetreten und die königliche Familie gefolgt war. Ihre Maj. hat hiermit dem Hof und dem Publicum einen Beweis gegeben, daß sie den Rang des Prinzen Albert, dessen Bestimmung Veranlassung zu so vielen Discussionen gab, zunächst dem ihrigen wissen will und vertheidigt. Die Oheime der Königin schienen die Sache gutmüthig hinzunehmen, denn sie blieben bis ganz zuletzt. Die Königin, deren Schleppe während der Cerimonie von einem Pagen gehalten ward, stand seitwärts vom Throne, hinter ihr die Herzoginnen v. Sutherland und Bedford, ihr zur Linken Prinz Albert und rechter Hand der Lord in waiting, welcher das Amt hatte, die Karten und Adressen der einzeln Vortretenden zu empfangen, laut zu lesen und jene dann vorzustellen. Die Ehre dieser Vorstellung hatte zunächst das diplomatische Corps, welches im angränzenden Saal versammelt war, und verschiedene Fremde unter dem Schutz ihrer Gesandtschaften. Man bemerkte unter den letztern die türkische in ihrem eigenthümlichen Costume, welches in seinem Bestreben, sich dem europäischen zu nähern, alle morgenländische Grandiosität eingebüßt hat. Der russische Diplomat Hr. v. Brunnow befand sich unter den Anwesenden, dagegen wurden die österreichischen, französischen und preußischen Ambassaden durch ihre nächsten Würdenträger vertreten. Von der portugiesischen war Niemand sichtbar. Nach dem diplomatischen Corps wurden diejenigen vorgelassen, die sich im zweiten Saal versammelt hatten, Unterthanen der großbritannischen Reiche. Da kamen sie im Talar der Amtswürden, des Parlaments, der Aldermanschaft ihrer Städte, mit und ohne Perrücken, im Hofkleid mit Stahldegen und Haarbeutel, wie aus dem Vorzimmer Ludwig XV oder der Königin Anna, und endlich in modernen prachtvollen Uniformen der Landarmee oder der Marine, auch einige Schotten im vollen Nationalcostume und im romantischen Mangel des Kleidungsstückes, welches der Hochländer für überflüssig erachtet. Alle in bunter Reihe, einer nach dem andern, hatten durch den Halbkreis zu schreiten, den der Hof der Königin bildete, und genossen die Ehre, sich entweder nur vor derselben zu verneigen, oder kniend ihre königliche Rechte zu küssen. Das letztere war ein Vorrecht desjenigen, der sich für eine, in letzter Zeit ihm zu Theil gewordene Auszeichnung, Huld oder Beförderung zu bedanken hatte. Bei einigen nahm Ihre Maj. das, ihr von Lord Hill als Gold stick dargereichte Schwert, berührte damit beide Schultern des vor ihr Knieenden, und schlug ihn auf diese Weise zum Ritter. Andere, die Abgeordneten von Corporationen, trugen größere oder kleinere Papierrollen (einige dieser Rollen waren von enormen Umfang), die Adressen ihrer Communen oder Städte unter dem Arm, welche, sobald sie sich ihrer entledigt hatten, einem Pagen übergeben wurden, der sie zu einem recht ansehnlichen Hügel aufthürmte. Der Zug aller auf solche Art Vorüberwandelnden dauerte lange, denn es waren ihrer mehr als tausend. Mancher der laut genannten Namen zog die Blicke unwillkürlich auf sich. In schwarzem Talar und das Haupt mit einer Perrücke bedeckt, aber voll kräftigen, männlichen, einnehmenden Anstandes, nahte der alte Agitator O'Connell, lächelte freundlich dem königlichen Paare zu, und wandelte nach den üblichen Begrüßungen vorüber. Auch ein Anderer, den ein zürnender Schatten ewig verfolgen wird, befand sich in der Reihe - Sir Hudson Lowe. Einer der ersten, die sich der Königin näherten, war Sir R. Peel. Der ganze Act dauerte wohl zwei Stunden, worauf Ihre Maj. mit ihrem nächsten Gefolge sich in die inneren Appartements zurückzog. Abends war Gesellschaft bei der Marquise v. Londonderry, weniger zahlreich als auserlesen. Der Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg-Gotha und der Prinz von Cambridge nebst den ersten Lords und Ladies von England wohnten ihr bei. Wie lange die geehrten Gäste Ihrer Maj., Schwiegervater und Schwager, hier noch verweilen werden, ist bis jetzt unbestimmt; man hofft bis in die Mitte nächsten Monats. - Die Gesundheit des Herzogs v. Wellington ist etwas besser, doch flößt sein Zustand noch mmer Besorgniß ein. Die Königin ließ sich gestern angelegentlich nach seinem Befinden erkundigen. - Das Wetter, bisher so mild, ist plötzlich in sein Gegentheil umgeschlagen; es ist kalt geworden, und Schnee bedeckt die Dächer.

Die gestrigen Debatten im Unterhause bei Vorlegung des Kostenüberschlages fürs laufende Jahr in Bezug auf die Marine sind zwar viel zahmer ausgefallen,

Die Sentinelle des Pyrenées vom 22 Febr. meldet, daß in Bayonne eine große Zahl spanischer Emigranten in ihren Wohnungen verhaftet worden. Die einen wurden ins Stadtgefängniß abgeführt, die andern in Begleitung von Gendarmen ins Innere transportirt.

In französischen Blättern liest man: „Die kürzlich aus Morella entkommenen Christinischen Gefangenen sagen aus, sie haben am 4 Cabrera gesehen, wie er sich von Morella nach San Mateo begab. Er war zu Pferd und wurde auf beiden Seiten von Officieren unterstützt, wobei er ohne Unterlaß Stärkungsmittel anwendete; er soll abgemagert, gelb und so leichenhaft ausgesehen haben, daß man jeden Augenblick auf seinen Tod wartete. Nachdem er Morella verlassen, wurde er in eine Sänfte gebracht, und seither hat man nichts mehr von ihm gesehen. In Morella herrscht die größte Bestürzung. Was an diesen Gerüchten wahr ist, muß sich bald zeigen, wenn der Herzog de la Victoria wirklich die Carlisten angreift.“

Großbritannien.

Auch aus den Provinzen warteten in den letzten Tagen mehrere Deputationen mit Glückwunschadressen dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent auf, von denen sie äußerst huldvoll empfangen wurden. Obrist Wylde, der im Peninsularkriege mit Auszeichnung gedient, ist zum Stallmeister des Prinzen ernannt; Lord R. Grosvenor wird als künftiger Garderobeaufseher (groom of the stole) Sr. königl. Hoh. bezeichnet.

Hr. Sergeant Th. Wylde, der neue Solicitor-General, empfing von Ihrer Maj. bei dem neulichen Lever den Ritterschlag, heißt also jetzt Sir Thomas Wylde.

(Standard.) Man glaubt allgemein, daß die Minister demnächst ihre Zuflucht zu einem Anlehen von 8 bis 10 Mill. Pf. St. werden nehmen müssen.

Das Dampfboot Great Western, das seit Weihnachten auf dem Werft lag und einer gänzlichen Reparatur unterworfen wurde, hat am 20 wieder die Fahrt nach New-York angetreten. Unter den 76 Passagieren desselben befindet sich der Prinz Joseph Lucian Murat.

(Verspätet über Ostende.) Gestern fand seit der Vermählung das erste Lever in St. Jamespalast statt. Ein solcher Cerimonialact am hiesigen Hof gewinnt so wohl durch die Persönlichkeit der jugendlichen Monarchin und ihres nunmehrigen Gemahls als auch durch die unendliche Menge von Personen, die dabei erscheinen, und durch die Wichtigkeit der Namen und Aemter so vieler unter diesen, einen nicht geringen Grad von Interesse. Gegen 2 Uhr öffneten sich die Thüren des alterthümlichen Thronsaals, in welchem sich Ihre Maj. die Königin, ihr Gemahl, die Herzoge von Sussex und Cambridge, der junge Prinz von Cambridge, der regierende Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg, die Minister, der Lord Kammerherr und andere zum Hof gehörige Personen befanden. Bemerkt muß hierbei werden, daß die Königin von ihrem Gemahl geführt eingetreten und die königliche Familie gefolgt war. Ihre Maj. hat hiermit dem Hof und dem Publicum einen Beweis gegeben, daß sie den Rang des Prinzen Albert, dessen Bestimmung Veranlassung zu so vielen Discussionen gab, zunächst dem ihrigen wissen will und vertheidigt. Die Oheime der Königin schienen die Sache gutmüthig hinzunehmen, denn sie blieben bis ganz zuletzt. Die Königin, deren Schleppe während der Cerimonie von einem Pagen gehalten ward, stand seitwärts vom Throne, hinter ihr die Herzoginnen v. Sutherland und Bedford, ihr zur Linken Prinz Albert und rechter Hand der Lord in waiting, welcher das Amt hatte, die Karten und Adressen der einzeln Vortretenden zu empfangen, laut zu lesen und jene dann vorzustellen. Die Ehre dieser Vorstellung hatte zunächst das diplomatische Corps, welches im angränzenden Saal versammelt war, und verschiedene Fremde unter dem Schutz ihrer Gesandtschaften. Man bemerkte unter den letztern die türkische in ihrem eigenthümlichen Costume, welches in seinem Bestreben, sich dem europäischen zu nähern, alle morgenländische Grandiosität eingebüßt hat. Der russische Diplomat Hr. v. Brunnow befand sich unter den Anwesenden, dagegen wurden die österreichischen, französischen und preußischen Ambassaden durch ihre nächsten Würdenträger vertreten. Von der portugiesischen war Niemand sichtbar. Nach dem diplomatischen Corps wurden diejenigen vorgelassen, die sich im zweiten Saal versammelt hatten, Unterthanen der großbritannischen Reiche. Da kamen sie im Talar der Amtswürden, des Parlaments, der Aldermanschaft ihrer Städte, mit und ohne Perrücken, im Hofkleid mit Stahldegen und Haarbeutel, wie aus dem Vorzimmer Ludwig XV oder der Königin Anna, und endlich in modernen prachtvollen Uniformen der Landarmee oder der Marine, auch einige Schotten im vollen Nationalcostume und im romantischen Mangel des Kleidungsstückes, welches der Hochländer für überflüssig erachtet. Alle in bunter Reihe, einer nach dem andern, hatten durch den Halbkreis zu schreiten, den der Hof der Königin bildete, und genossen die Ehre, sich entweder nur vor derselben zu verneigen, oder kniend ihre königliche Rechte zu küssen. Das letztere war ein Vorrecht desjenigen, der sich für eine, in letzter Zeit ihm zu Theil gewordene Auszeichnung, Huld oder Beförderung zu bedanken hatte. Bei einigen nahm Ihre Maj. das, ihr von Lord Hill als Gold stick dargereichte Schwert, berührte damit beide Schultern des vor ihr Knieenden, und schlug ihn auf diese Weise zum Ritter. Andere, die Abgeordneten von Corporationen, trugen größere oder kleinere Papierrollen (einige dieser Rollen waren von enormen Umfang), die Adressen ihrer Communen oder Städte unter dem Arm, welche, sobald sie sich ihrer entledigt hatten, einem Pagen übergeben wurden, der sie zu einem recht ansehnlichen Hügel aufthürmte. Der Zug aller auf solche Art Vorüberwandelnden dauerte lange, denn es waren ihrer mehr als tausend. Mancher der laut genannten Namen zog die Blicke unwillkürlich auf sich. In schwarzem Talar und das Haupt mit einer Perrücke bedeckt, aber voll kräftigen, männlichen, einnehmenden Anstandes, nahte der alte Agitator O'Connell, lächelte freundlich dem königlichen Paare zu, und wandelte nach den üblichen Begrüßungen vorüber. Auch ein Anderer, den ein zürnender Schatten ewig verfolgen wird, befand sich in der Reihe – Sir Hudson Lowe. Einer der ersten, die sich der Königin näherten, war Sir R. Peel. Der ganze Act dauerte wohl zwei Stunden, worauf Ihre Maj. mit ihrem nächsten Gefolge sich in die inneren Appartements zurückzog. Abends war Gesellschaft bei der Marquise v. Londonderry, weniger zahlreich als auserlesen. Der Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg-Gotha und der Prinz von Cambridge nebst den ersten Lords und Ladies von England wohnten ihr bei. Wie lange die geehrten Gäste Ihrer Maj., Schwiegervater und Schwager, hier noch verweilen werden, ist bis jetzt unbestimmt; man hofft bis in die Mitte nächsten Monats. – Die Gesundheit des Herzogs v. Wellington ist etwas besser, doch flößt sein Zustand noch mmer Besorgniß ein. Die Königin ließ sich gestern angelegentlich nach seinem Befinden erkundigen. – Das Wetter, bisher so mild, ist plötzlich in sein Gegentheil umgeschlagen; es ist kalt geworden, und Schnee bedeckt die Dächer.

Die gestrigen Debatten im Unterhause bei Vorlegung des Kostenüberschlages fürs laufende Jahr in Bezug auf die Marine sind zwar viel zahmer ausgefallen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <pb facs="#f0002" n="0482"/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Sentinelle des Pyrenées</hi> vom 22 Febr. meldet, daß in Bayonne eine große Zahl spanischer Emigranten in ihren Wohnungen verhaftet worden. Die einen wurden ins Stadtgefängniß abgeführt, die andern in Begleitung von Gendarmen ins Innere transportirt.</p><lb/>
          <p>In französischen Blättern liest man: &#x201E;Die kürzlich aus Morella entkommenen Christinischen Gefangenen sagen aus, sie haben am 4 Cabrera gesehen, wie er sich von Morella nach San Mateo begab. Er war zu Pferd und wurde auf beiden Seiten von Officieren unterstützt, wobei er ohne Unterlaß Stärkungsmittel anwendete; er soll abgemagert, gelb und so leichenhaft ausgesehen haben, daß man jeden Augenblick auf seinen Tod wartete. Nachdem er Morella verlassen, wurde er in eine Sänfte gebracht, und seither hat man nichts mehr von ihm gesehen. In Morella herrscht die größte Bestürzung. Was an diesen Gerüchten wahr ist, muß sich bald zeigen, wenn der Herzog de la Victoria wirklich die Carlisten angreift.&#x201C;</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/>
        <p>Auch aus den Provinzen warteten in den letzten Tagen mehrere Deputationen mit Glückwunschadressen dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent auf, von denen sie äußerst huldvoll empfangen wurden. Obrist Wylde, der im Peninsularkriege mit Auszeichnung gedient, ist zum Stallmeister des Prinzen ernannt; Lord R. Grosvenor wird als künftiger Garderobeaufseher (groom of the stole) Sr. königl. Hoh. bezeichnet.</p><lb/>
        <p>Hr. Sergeant Th. Wylde, der neue Solicitor-General, empfing von Ihrer Maj. bei dem neulichen Lever den Ritterschlag, heißt also jetzt Sir Thomas Wylde.</p><lb/>
        <p>(<hi rendition="#g">Standard</hi>.) Man glaubt allgemein, daß die Minister demnächst ihre Zuflucht zu einem Anlehen von 8 bis 10 Mill. Pf. St. werden nehmen müssen.</p><lb/>
        <p>Das Dampfboot Great Western, das seit Weihnachten auf dem Werft lag und einer gänzlichen Reparatur unterworfen wurde, hat am 20 wieder die Fahrt nach New-York angetreten. Unter den 76 Passagieren desselben befindet sich der Prinz Joseph Lucian Murat.</p><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>&#x271D;*</docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 20 Febr.</dateline>
          <p> (Verspätet über Ostende.) Gestern fand seit der Vermählung das erste Lever in St. Jamespalast statt. Ein solcher Cerimonialact am hiesigen Hof gewinnt so wohl durch die Persönlichkeit der jugendlichen Monarchin und ihres nunmehrigen Gemahls als auch durch die unendliche Menge von Personen, die dabei erscheinen, und durch die Wichtigkeit der Namen und Aemter so vieler unter diesen, einen nicht geringen Grad von Interesse. Gegen 2 Uhr öffneten sich die Thüren des alterthümlichen Thronsaals, in welchem sich Ihre Maj. die Königin, ihr Gemahl, die Herzoge von Sussex und Cambridge, der junge Prinz von Cambridge, der regierende Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg, die Minister, der Lord Kammerherr und andere zum Hof gehörige Personen befanden. Bemerkt muß hierbei werden, daß die Königin von ihrem Gemahl geführt eingetreten und die königliche Familie gefolgt war. Ihre Maj. hat hiermit dem Hof und dem Publicum einen Beweis gegeben, daß sie den Rang des Prinzen Albert, dessen Bestimmung Veranlassung zu so vielen Discussionen gab, zunächst dem ihrigen wissen will und vertheidigt. Die Oheime der Königin schienen die Sache gutmüthig hinzunehmen, denn sie blieben bis ganz zuletzt. Die Königin, deren Schleppe während der Cerimonie von einem Pagen gehalten ward, stand seitwärts vom Throne, hinter ihr die Herzoginnen v. Sutherland und Bedford, ihr zur Linken Prinz Albert und rechter Hand der Lord in waiting, welcher das Amt hatte, die Karten und Adressen der einzeln Vortretenden zu empfangen, laut zu lesen und jene dann vorzustellen. Die Ehre dieser Vorstellung hatte zunächst das diplomatische Corps, welches im angränzenden Saal versammelt war, und verschiedene Fremde unter dem Schutz ihrer Gesandtschaften. Man bemerkte unter den letztern die türkische in ihrem eigenthümlichen Costume, welches in seinem Bestreben, sich dem europäischen zu nähern, alle morgenländische Grandiosität eingebüßt hat. Der russische Diplomat Hr. v. Brunnow befand sich unter den Anwesenden, dagegen wurden die österreichischen, französischen und preußischen Ambassaden durch ihre nächsten Würdenträger vertreten. Von der portugiesischen war Niemand sichtbar. Nach dem diplomatischen Corps wurden diejenigen vorgelassen, die sich im zweiten Saal versammelt hatten, Unterthanen der großbritannischen Reiche. Da kamen sie im Talar der Amtswürden, des Parlaments, der Aldermanschaft ihrer Städte, mit und ohne Perrücken, im Hofkleid mit Stahldegen und Haarbeutel, wie aus dem Vorzimmer Ludwig XV oder der Königin Anna, und endlich in modernen prachtvollen Uniformen der Landarmee oder der Marine, auch einige Schotten im vollen Nationalcostume und im romantischen Mangel des Kleidungsstückes, welches der Hochländer für überflüssig erachtet. Alle in bunter Reihe, einer nach dem andern, hatten durch den Halbkreis zu schreiten, den der Hof der Königin bildete, und genossen die Ehre, sich entweder nur vor derselben zu verneigen, oder kniend ihre königliche Rechte zu küssen. Das letztere war ein Vorrecht desjenigen, der sich für eine, in letzter Zeit ihm zu Theil gewordene Auszeichnung, Huld oder Beförderung zu bedanken hatte. Bei einigen nahm Ihre Maj. das, ihr von Lord Hill als Gold stick dargereichte Schwert, berührte damit beide Schultern des vor ihr Knieenden, und schlug ihn auf diese Weise zum Ritter. Andere, die Abgeordneten von Corporationen, trugen größere oder kleinere Papierrollen (einige dieser Rollen waren von enormen Umfang), die Adressen ihrer Communen oder Städte unter dem Arm, welche, sobald sie sich ihrer entledigt hatten, einem Pagen übergeben wurden, der sie zu einem recht ansehnlichen Hügel aufthürmte. Der Zug aller auf solche Art Vorüberwandelnden dauerte lange, denn es waren ihrer mehr als tausend. Mancher der laut genannten Namen zog die Blicke unwillkürlich auf sich. In schwarzem Talar und das Haupt mit einer Perrücke bedeckt, aber voll kräftigen, männlichen, einnehmenden Anstandes, nahte der alte Agitator O'Connell, lächelte freundlich dem königlichen Paare zu, und wandelte nach den üblichen Begrüßungen vorüber. Auch ein Anderer, den ein zürnender Schatten ewig verfolgen wird, befand sich in der Reihe &#x2013; Sir Hudson Lowe. Einer der ersten, die sich der Königin näherten, war Sir R. Peel. Der ganze Act dauerte wohl zwei Stunden, worauf Ihre Maj. mit ihrem nächsten Gefolge sich in die inneren Appartements zurückzog. Abends war Gesellschaft bei der Marquise v. Londonderry, weniger zahlreich als auserlesen. Der Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg-Gotha und der Prinz von Cambridge nebst den ersten Lords und Ladies von England wohnten ihr bei. Wie lange die geehrten Gäste Ihrer Maj., Schwiegervater und Schwager, hier noch verweilen werden, ist bis jetzt unbestimmt; man hofft bis in die Mitte nächsten Monats. &#x2013; Die Gesundheit des Herzogs v. Wellington ist etwas besser, doch flößt sein Zustand noch mmer Besorgniß ein. Die Königin ließ sich gestern angelegentlich nach seinem Befinden erkundigen. &#x2013; Das Wetter, bisher so mild, ist plötzlich in sein Gegentheil umgeschlagen; es ist kalt geworden, und Schnee bedeckt die Dächer.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>*</docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 22 Febr.</dateline>
          <p> Die gestrigen Debatten im Unterhause bei Vorlegung des Kostenüberschlages fürs laufende Jahr in Bezug auf die Marine sind zwar viel zahmer ausgefallen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0482/0002] Die Sentinelle des Pyrenées vom 22 Febr. meldet, daß in Bayonne eine große Zahl spanischer Emigranten in ihren Wohnungen verhaftet worden. Die einen wurden ins Stadtgefängniß abgeführt, die andern in Begleitung von Gendarmen ins Innere transportirt. In französischen Blättern liest man: „Die kürzlich aus Morella entkommenen Christinischen Gefangenen sagen aus, sie haben am 4 Cabrera gesehen, wie er sich von Morella nach San Mateo begab. Er war zu Pferd und wurde auf beiden Seiten von Officieren unterstützt, wobei er ohne Unterlaß Stärkungsmittel anwendete; er soll abgemagert, gelb und so leichenhaft ausgesehen haben, daß man jeden Augenblick auf seinen Tod wartete. Nachdem er Morella verlassen, wurde er in eine Sänfte gebracht, und seither hat man nichts mehr von ihm gesehen. In Morella herrscht die größte Bestürzung. Was an diesen Gerüchten wahr ist, muß sich bald zeigen, wenn der Herzog de la Victoria wirklich die Carlisten angreift.“ Großbritannien. Auch aus den Provinzen warteten in den letzten Tagen mehrere Deputationen mit Glückwunschadressen dem Prinzen Albert und der Herzogin von Kent auf, von denen sie äußerst huldvoll empfangen wurden. Obrist Wylde, der im Peninsularkriege mit Auszeichnung gedient, ist zum Stallmeister des Prinzen ernannt; Lord R. Grosvenor wird als künftiger Garderobeaufseher (groom of the stole) Sr. königl. Hoh. bezeichnet. Hr. Sergeant Th. Wylde, der neue Solicitor-General, empfing von Ihrer Maj. bei dem neulichen Lever den Ritterschlag, heißt also jetzt Sir Thomas Wylde. (Standard.) Man glaubt allgemein, daß die Minister demnächst ihre Zuflucht zu einem Anlehen von 8 bis 10 Mill. Pf. St. werden nehmen müssen. Das Dampfboot Great Western, das seit Weihnachten auf dem Werft lag und einer gänzlichen Reparatur unterworfen wurde, hat am 20 wieder die Fahrt nach New-York angetreten. Unter den 76 Passagieren desselben befindet sich der Prinz Joseph Lucian Murat. ✝* London, 20 Febr. (Verspätet über Ostende.) Gestern fand seit der Vermählung das erste Lever in St. Jamespalast statt. Ein solcher Cerimonialact am hiesigen Hof gewinnt so wohl durch die Persönlichkeit der jugendlichen Monarchin und ihres nunmehrigen Gemahls als auch durch die unendliche Menge von Personen, die dabei erscheinen, und durch die Wichtigkeit der Namen und Aemter so vieler unter diesen, einen nicht geringen Grad von Interesse. Gegen 2 Uhr öffneten sich die Thüren des alterthümlichen Thronsaals, in welchem sich Ihre Maj. die Königin, ihr Gemahl, die Herzoge von Sussex und Cambridge, der junge Prinz von Cambridge, der regierende Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg, die Minister, der Lord Kammerherr und andere zum Hof gehörige Personen befanden. Bemerkt muß hierbei werden, daß die Königin von ihrem Gemahl geführt eingetreten und die königliche Familie gefolgt war. Ihre Maj. hat hiermit dem Hof und dem Publicum einen Beweis gegeben, daß sie den Rang des Prinzen Albert, dessen Bestimmung Veranlassung zu so vielen Discussionen gab, zunächst dem ihrigen wissen will und vertheidigt. Die Oheime der Königin schienen die Sache gutmüthig hinzunehmen, denn sie blieben bis ganz zuletzt. Die Königin, deren Schleppe während der Cerimonie von einem Pagen gehalten ward, stand seitwärts vom Throne, hinter ihr die Herzoginnen v. Sutherland und Bedford, ihr zur Linken Prinz Albert und rechter Hand der Lord in waiting, welcher das Amt hatte, die Karten und Adressen der einzeln Vortretenden zu empfangen, laut zu lesen und jene dann vorzustellen. Die Ehre dieser Vorstellung hatte zunächst das diplomatische Corps, welches im angränzenden Saal versammelt war, und verschiedene Fremde unter dem Schutz ihrer Gesandtschaften. Man bemerkte unter den letztern die türkische in ihrem eigenthümlichen Costume, welches in seinem Bestreben, sich dem europäischen zu nähern, alle morgenländische Grandiosität eingebüßt hat. Der russische Diplomat Hr. v. Brunnow befand sich unter den Anwesenden, dagegen wurden die österreichischen, französischen und preußischen Ambassaden durch ihre nächsten Würdenträger vertreten. Von der portugiesischen war Niemand sichtbar. Nach dem diplomatischen Corps wurden diejenigen vorgelassen, die sich im zweiten Saal versammelt hatten, Unterthanen der großbritannischen Reiche. Da kamen sie im Talar der Amtswürden, des Parlaments, der Aldermanschaft ihrer Städte, mit und ohne Perrücken, im Hofkleid mit Stahldegen und Haarbeutel, wie aus dem Vorzimmer Ludwig XV oder der Königin Anna, und endlich in modernen prachtvollen Uniformen der Landarmee oder der Marine, auch einige Schotten im vollen Nationalcostume und im romantischen Mangel des Kleidungsstückes, welches der Hochländer für überflüssig erachtet. Alle in bunter Reihe, einer nach dem andern, hatten durch den Halbkreis zu schreiten, den der Hof der Königin bildete, und genossen die Ehre, sich entweder nur vor derselben zu verneigen, oder kniend ihre königliche Rechte zu küssen. Das letztere war ein Vorrecht desjenigen, der sich für eine, in letzter Zeit ihm zu Theil gewordene Auszeichnung, Huld oder Beförderung zu bedanken hatte. Bei einigen nahm Ihre Maj. das, ihr von Lord Hill als Gold stick dargereichte Schwert, berührte damit beide Schultern des vor ihr Knieenden, und schlug ihn auf diese Weise zum Ritter. Andere, die Abgeordneten von Corporationen, trugen größere oder kleinere Papierrollen (einige dieser Rollen waren von enormen Umfang), die Adressen ihrer Communen oder Städte unter dem Arm, welche, sobald sie sich ihrer entledigt hatten, einem Pagen übergeben wurden, der sie zu einem recht ansehnlichen Hügel aufthürmte. Der Zug aller auf solche Art Vorüberwandelnden dauerte lange, denn es waren ihrer mehr als tausend. Mancher der laut genannten Namen zog die Blicke unwillkürlich auf sich. In schwarzem Talar und das Haupt mit einer Perrücke bedeckt, aber voll kräftigen, männlichen, einnehmenden Anstandes, nahte der alte Agitator O'Connell, lächelte freundlich dem königlichen Paare zu, und wandelte nach den üblichen Begrüßungen vorüber. Auch ein Anderer, den ein zürnender Schatten ewig verfolgen wird, befand sich in der Reihe – Sir Hudson Lowe. Einer der ersten, die sich der Königin näherten, war Sir R. Peel. Der ganze Act dauerte wohl zwei Stunden, worauf Ihre Maj. mit ihrem nächsten Gefolge sich in die inneren Appartements zurückzog. Abends war Gesellschaft bei der Marquise v. Londonderry, weniger zahlreich als auserlesen. Der Herzog und der Erbprinz von Sachsen-Coburg-Gotha und der Prinz von Cambridge nebst den ersten Lords und Ladies von England wohnten ihr bei. Wie lange die geehrten Gäste Ihrer Maj., Schwiegervater und Schwager, hier noch verweilen werden, ist bis jetzt unbestimmt; man hofft bis in die Mitte nächsten Monats. – Die Gesundheit des Herzogs v. Wellington ist etwas besser, doch flößt sein Zustand noch mmer Besorgniß ein. Die Königin ließ sich gestern angelegentlich nach seinem Befinden erkundigen. – Das Wetter, bisher so mild, ist plötzlich in sein Gegentheil umgeschlagen; es ist kalt geworden, und Schnee bedeckt die Dächer. * London, 22 Febr. Die gestrigen Debatten im Unterhause bei Vorlegung des Kostenüberschlages fürs laufende Jahr in Bezug auf die Marine sind zwar viel zahmer ausgefallen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_061_18400301
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_061_18400301/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 61. Augsburg, 1. März 1840, S. 0482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_061_18400301/2>, abgerufen am 29.04.2024.