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Allgemeine Zeitung. Nr. 62. Augsburg, 2. März 1840.

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die er zu seinen Rathgebern wählt, die er mit den höchsten Staatsämtern, mit dem größten Einfluß bekleidet, erstehen ihm die gefährlichsten Verräther. Edem Effendi, der Exminister der Finanzen, ließ sich durch Mehemed Ali bethören und trat mit dessen hiesigen Anhängern in die genaueste Verbindung. Durch seine Vermittelung wurde der Kislar Agassi und andere Chefs der Verschnittenen im großherrlichen Harem bestochen, um durch diese auf die Frauen und Odalisken des Padischahs und mittelbar auf letztern selbst zu Gunsten des Vicekönigs zu wirken. *)*) Mit diesem Complot im engsten Bunde steht die Sultana Valide, die längst durch ägyptisches Gold und ägyptische Schmeichelkünste gewonnen, Mehemed Ali zum Major domus der Osmaniden machen möchte. So umstrickt der Vicekönig den Sultan in immer enger gezogenen Schlingen und gibt dem bereits ermüdeten Triumvirat täglich neue Probleme zu lösen. Was daraus entstehen mag, ist wohl schwer vorauszusehen, da die Wirksamkeit der von Mehemed angewendeten Mittel sich keiner Berechnung unterwerfen läßt; andererseits ist die ganze europäische Türkei mit ägyptischen Emissären überzogen, und erst vor vier Tagen wurden zwei derselben in dem Canal der Dardanellen in dem Augenblick ergriffen, als sie sich eingeschifft hatten, um nach Alexandrien zu segeln. Es sollen wichtige Papiere bei ihnen gefunden worden seyn, durch die nicht nur einige türkische Paschas, sondern auch viele wohlhabende griechische Familien stark compromittirt werden. - In Trapezunt haben sich einige Pestfälle ereignet; es sind daher die dortigen Provenienzen einer strengen Reinigung unterworfen worden. Das letzte von dort angekommene Dampfboot ward auch gezwungen, in Quarantaine zu gehen.

Aegypten.

(10 Uhr Abends.) So eben höre ich, daß der Pascha die Absicht hat, die türkische Flotte in einigen Tagen nach Konstantinopel zurückzuschicken. (?) Da ihm Niemand mehr von dieser Flotte spricht, so käme die Sache ganz von ihm; freiwillig hätte er dieses Opfer gebracht. Ich kann Ihnen die Nachricht nicht verbürgen; zwar ist die Quelle, woraus ich sie gezogen, gewöhnlich eine der besten, allein wie wäre die Kleidung der Mannschaft der türkischen Linienschiffe in ägyptische Uniformen damit zu vereinigen?

Persien.

Ein Schreiben aus Konstantinopel vom 26 Febr. im Journal des Debats bestätigt die schon früher von uns aus ostindischen Blättern erwähnte Nachricht, daß eine starke Division russischer Truppen das kaspische Meer durchschifft habe, und zu Astrabad auf persischem Gebiet mit Einwilligung des Schahs gelandet sey. "Diese Truppen, heißt es in jenem Schreiben, sind angeblich gegen Khiwa bestimmt, haben aber eine Stellung eingenommen, in welcher sie alle Operationen der Engländer, namentlich gegen Herat lähmen können." - Ein anderes Schreiben desselben Journals aus Konstantinopel sagt: "Briefe, welche kürzlich aus Bagdad eingetroffen, melden, daß der Schah von Persien gefährlich erkrankt sey. In den Provinzen Schirags und Ispahan sind Aufstände ausgebrochen, und man läßt gegen diese Provinzen bedeutende Streitkräfte marschiren. Allgemein glaubte man in Persien, der Zweck dieser Expedition sey, den Versuchen der Engländer gegen den persischen Golf zu widerstehen. Der Schah ist mehr als je unter russischem Einfluß, und weigert sich, England Concessionen zu machen."

Ostindien.

Die uns gestern aus Bombay zugekommenen älteren Zeitungen bringen das Nähere über die Einnahme von Kelat durch die englischen Truppen. Sie schossen das Thor der Festung ein, fanden jedoch im Innern den heftigsten Widerstand. Das Haupt von Kelat mit fünf andern Häuptlingen der umliegenden Länder, so wie 5 bis 600 seiner Anhänger blieben auf dem Platze; die Engländer, die nur 1200 Mann stark waren, verloren an Todten und Verwundeten 137 Mann; da ihnen Reiterei fehlte, so entkamen viele der Feinde durch die Flucht. Es wurde bedeutende Beute gemacht. Ghisni und Kelat wurden im Afghanistan für unüberwindliche Festungen gehalten.

*) Wir haben gestern die Absetzung des Kislar Agassi sowohl als des Obersthofmeisters der Sultanin Mutter angezeigt.

die er zu seinen Rathgebern wählt, die er mit den höchsten Staatsämtern, mit dem größten Einfluß bekleidet, erstehen ihm die gefährlichsten Verräther. Edem Effendi, der Exminister der Finanzen, ließ sich durch Mehemed Ali bethören und trat mit dessen hiesigen Anhängern in die genaueste Verbindung. Durch seine Vermittelung wurde der Kislar Agassi und andere Chefs der Verschnittenen im großherrlichen Harem bestochen, um durch diese auf die Frauen und Odalisken des Padischahs und mittelbar auf letztern selbst zu Gunsten des Vicekönigs zu wirken. *)*) Mit diesem Complot im engsten Bunde steht die Sultana Valide, die längst durch ägyptisches Gold und ägyptische Schmeichelkünste gewonnen, Mehemed Ali zum Major domus der Osmaniden machen möchte. So umstrickt der Vicekönig den Sultan in immer enger gezogenen Schlingen und gibt dem bereits ermüdeten Triumvirat täglich neue Probleme zu lösen. Was daraus entstehen mag, ist wohl schwer vorauszusehen, da die Wirksamkeit der von Mehemed angewendeten Mittel sich keiner Berechnung unterwerfen läßt; andererseits ist die ganze europäische Türkei mit ägyptischen Emissären überzogen, und erst vor vier Tagen wurden zwei derselben in dem Canal der Dardanellen in dem Augenblick ergriffen, als sie sich eingeschifft hatten, um nach Alexandrien zu segeln. Es sollen wichtige Papiere bei ihnen gefunden worden seyn, durch die nicht nur einige türkische Paschas, sondern auch viele wohlhabende griechische Familien stark compromittirt werden. – In Trapezunt haben sich einige Pestfälle ereignet; es sind daher die dortigen Provenienzen einer strengen Reinigung unterworfen worden. Das letzte von dort angekommene Dampfboot ward auch gezwungen, in Quarantaine zu gehen.

Aegypten.

(10 Uhr Abends.) So eben höre ich, daß der Pascha die Absicht hat, die türkische Flotte in einigen Tagen nach Konstantinopel zurückzuschicken. (?) Da ihm Niemand mehr von dieser Flotte spricht, so käme die Sache ganz von ihm; freiwillig hätte er dieses Opfer gebracht. Ich kann Ihnen die Nachricht nicht verbürgen; zwar ist die Quelle, woraus ich sie gezogen, gewöhnlich eine der besten, allein wie wäre die Kleidung der Mannschaft der türkischen Linienschiffe in ägyptische Uniformen damit zu vereinigen?

Persien.

Ein Schreiben aus Konstantinopel vom 26 Febr. im Journal des Débats bestätigt die schon früher von uns aus ostindischen Blättern erwähnte Nachricht, daß eine starke Division russischer Truppen das kaspische Meer durchschifft habe, und zu Astrabad auf persischem Gebiet mit Einwilligung des Schahs gelandet sey. „Diese Truppen, heißt es in jenem Schreiben, sind angeblich gegen Khiwa bestimmt, haben aber eine Stellung eingenommen, in welcher sie alle Operationen der Engländer, namentlich gegen Herat lähmen können.“ – Ein anderes Schreiben desselben Journals aus Konstantinopel sagt: „Briefe, welche kürzlich aus Bagdad eingetroffen, melden, daß der Schah von Persien gefährlich erkrankt sey. In den Provinzen Schirags und Ispahan sind Aufstände ausgebrochen, und man läßt gegen diese Provinzen bedeutende Streitkräfte marschiren. Allgemein glaubte man in Persien, der Zweck dieser Expedition sey, den Versuchen der Engländer gegen den persischen Golf zu widerstehen. Der Schah ist mehr als je unter russischem Einfluß, und weigert sich, England Concessionen zu machen.“

Ostindien.

Die uns gestern aus Bombay zugekommenen älteren Zeitungen bringen das Nähere über die Einnahme von Kelat durch die englischen Truppen. Sie schossen das Thor der Festung ein, fanden jedoch im Innern den heftigsten Widerstand. Das Haupt von Kelat mit fünf andern Häuptlingen der umliegenden Länder, so wie 5 bis 600 seiner Anhänger blieben auf dem Platze; die Engländer, die nur 1200 Mann stark waren, verloren an Todten und Verwundeten 137 Mann; da ihnen Reiterei fehlte, so entkamen viele der Feinde durch die Flucht. Es wurde bedeutende Beute gemacht. Ghisni und Kelat wurden im Afghanistan für unüberwindliche Festungen gehalten.

*) Wir haben gestern die Absetzung des Kislar Agassi sowohl als des Obersthofmeisters der Sultanin Mutter angezeigt.
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[0496/0008] die er zu seinen Rathgebern wählt, die er mit den höchsten Staatsämtern, mit dem größten Einfluß bekleidet, erstehen ihm die gefährlichsten Verräther. Edem Effendi, der Exminister der Finanzen, ließ sich durch Mehemed Ali bethören und trat mit dessen hiesigen Anhängern in die genaueste Verbindung. Durch seine Vermittelung wurde der Kislar Agassi und andere Chefs der Verschnittenen im großherrlichen Harem bestochen, um durch diese auf die Frauen und Odalisken des Padischahs und mittelbar auf letztern selbst zu Gunsten des Vicekönigs zu wirken. *) *) Mit diesem Complot im engsten Bunde steht die Sultana Valide, die längst durch ägyptisches Gold und ägyptische Schmeichelkünste gewonnen, Mehemed Ali zum Major domus der Osmaniden machen möchte. So umstrickt der Vicekönig den Sultan in immer enger gezogenen Schlingen und gibt dem bereits ermüdeten Triumvirat täglich neue Probleme zu lösen. Was daraus entstehen mag, ist wohl schwer vorauszusehen, da die Wirksamkeit der von Mehemed angewendeten Mittel sich keiner Berechnung unterwerfen läßt; andererseits ist die ganze europäische Türkei mit ägyptischen Emissären überzogen, und erst vor vier Tagen wurden zwei derselben in dem Canal der Dardanellen in dem Augenblick ergriffen, als sie sich eingeschifft hatten, um nach Alexandrien zu segeln. Es sollen wichtige Papiere bei ihnen gefunden worden seyn, durch die nicht nur einige türkische Paschas, sondern auch viele wohlhabende griechische Familien stark compromittirt werden. – In Trapezunt haben sich einige Pestfälle ereignet; es sind daher die dortigen Provenienzen einer strengen Reinigung unterworfen worden. Das letzte von dort angekommene Dampfboot ward auch gezwungen, in Quarantaine zu gehen. Aegypten. _ Alexandria, 6 Febr. (10 Uhr Abends.) So eben höre ich, daß der Pascha die Absicht hat, die türkische Flotte in einigen Tagen nach Konstantinopel zurückzuschicken. (?) Da ihm Niemand mehr von dieser Flotte spricht, so käme die Sache ganz von ihm; freiwillig hätte er dieses Opfer gebracht. Ich kann Ihnen die Nachricht nicht verbürgen; zwar ist die Quelle, woraus ich sie gezogen, gewöhnlich eine der besten, allein wie wäre die Kleidung der Mannschaft der türkischen Linienschiffe in ägyptische Uniformen damit zu vereinigen? Persien. Ein Schreiben aus Konstantinopel vom 26 Febr. im Journal des Débats bestätigt die schon früher von uns aus ostindischen Blättern erwähnte Nachricht, daß eine starke Division russischer Truppen das kaspische Meer durchschifft habe, und zu Astrabad auf persischem Gebiet mit Einwilligung des Schahs gelandet sey. „Diese Truppen, heißt es in jenem Schreiben, sind angeblich gegen Khiwa bestimmt, haben aber eine Stellung eingenommen, in welcher sie alle Operationen der Engländer, namentlich gegen Herat lähmen können.“ – Ein anderes Schreiben desselben Journals aus Konstantinopel sagt: „Briefe, welche kürzlich aus Bagdad eingetroffen, melden, daß der Schah von Persien gefährlich erkrankt sey. In den Provinzen Schirags und Ispahan sind Aufstände ausgebrochen, und man läßt gegen diese Provinzen bedeutende Streitkräfte marschiren. Allgemein glaubte man in Persien, der Zweck dieser Expedition sey, den Versuchen der Engländer gegen den persischen Golf zu widerstehen. Der Schah ist mehr als je unter russischem Einfluß, und weigert sich, England Concessionen zu machen.“ Ostindien. _ Alexandria, 6 Febr. Die uns gestern aus Bombay zugekommenen älteren Zeitungen bringen das Nähere über die Einnahme von Kelat durch die englischen Truppen. Sie schossen das Thor der Festung ein, fanden jedoch im Innern den heftigsten Widerstand. Das Haupt von Kelat mit fünf andern Häuptlingen der umliegenden Länder, so wie 5 bis 600 seiner Anhänger blieben auf dem Platze; die Engländer, die nur 1200 Mann stark waren, verloren an Todten und Verwundeten 137 Mann; da ihnen Reiterei fehlte, so entkamen viele der Feinde durch die Flucht. Es wurde bedeutende Beute gemacht. Ghisni und Kelat wurden im Afghanistan für unüberwindliche Festungen gehalten. *) Wir haben gestern die Absetzung des Kislar Agassi sowohl als des Obersthofmeisters der Sultanin Mutter angezeigt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 62. Augsburg, 2. März 1840, S. 0496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_062_18400302/8>, abgerufen am 23.11.2024.