Allgemeine Zeitung. Nr. 63. Augsburg, 3. März 1840.zur Ueberlegung sowohl über seine persönliche Lage als über die Vorschläge, die er im Fall seyn könnte dem Könige vorzulegen, ausgebeten. (Temps.) Man versicherte heute (26) in dem Conferenzsaale, während Hr. Thiers bei dem Könige war, daß die Cabinetsmitglieder des 12 Mai sich gegenseitig das Versprechen gegeben hätten, in keine ministerielle Combination einzugehen, die den Zweck hätte, einige von ihnen auszuschließen. Sie verpflichteten sich, beisammen zu bleiben, oder mit einander abzutreten. Die Presse meldet, daß bei der am 26 Febr. Abends stattgehabten Versammlung der Trümmer der 221 folgende 9 Commissarien ernannt worden seyen: General Jacqueminot, Martin (du Nord), v. Lamartine, Jacques Lefebvre, Francois Delessert, Salvandy, Bignon (niedere Loire), Debelleyme, Wüstemberg. Die Versammlung überließ beim Auseinandergehen diesen Mitgliedern die Vollmacht, sie wieder, so wie sie es für zweckmäßig erachten sollten, zusammenzurufen. Die Unterschriften im National für die Medaille für Hrn. Cormenin betrugen am 25 Febr. 1319 Fr. 55 C. Der Patriote de la Meurthe hat eine Subscription zu demselben Zweck eröffnet, so wie auch das Echo du Nord, das bei diesem Anlaß sagt: "Hr. Cormenin ist jetzt der Mann des Volks und der Nation; Niemand hat mit größerer Energie, Ausdauer und Talent den Eingriffen des Hofs widerstanden. Ihm gebührt das Verdienst der Vertheidigung unserer bedrohten Interessen. Ihm gebührt daher auch eine Nationalbelohnung." Die Reserve-Escadre auf der Rhede von Toulon aus sechs Linienschiffen, einer Fregatte und zwei Briggs bestehend, soll unter dem Commando des Admirals Rosamel, wie der Touloner Eclaireur meldet, demnächst in die See stechen, um auf hohem Meer Exercitien vorzunehmen. Sie soll bis in die Gewässer der Levante segeln, ohne sich aber dort mit der Escadre Lalande's zu vereinigeu. "Nur wenn eine imposante Demonstration - fährt das Touloner Blatt fort - zu machen wäre, um gewisse diplomatische Noten zu unterstützen, würde diese Vereinigung stattfinden. Man zweifelt aber noch, daß der Admiral Rosamel dieses wichtige Commando behalte, denn das Gerücht ist verbreitet, daß er bald nach Paris berufen werde." Die Gerüchte von der Erscheinung afrikanischer Piratenschiffe im Mittelmeere wiederholen sich von allen Seiten, ohne daß man übrigens darüber zuverlässige Aufschlüsse erhielte. Das Dampfboot Tonnerre, welches von Algier nach den balearischen Inseln geschickt wurde, um über den Ramier Nachrichten einzuziehen, hörte auch in Palma von Corsaren reden, die an der spanischen Küste gesehen worden. Eine Brigantine von vier Kanonen, mit Marrokkanern bemannt, soll sich beim Cap Palos gezeigt haben. Von Algier sind Kriegsschiffe nach der spanischen Küste abgegangen, um dort Nachrichten einzuziehen, ob man die Meerenge ohne Escorte passiren kann. Paris, 26 Febr. (Um einen Tag zu spät eingetroffen.) Die Ministerialkrisis ist noch nicht weiter fortgeschritten, sie scheint vielmehr rückwärts gegangen zu seyn, indem verlautet, am Ende würden die bisherigen Minister beibehalten werden. Sicher ist, daß Graf Mole dem König erklärt hat, es sey ihm unmöglich, ein Cabinet zu bilden, welches in der Kammer die Majorität für sich hätte. Hr. Thiers soll sich nur unter der Bedingung dazu im Stande erklärt haben, daß Hr. Odilon-Barrot eintrete, was aber der König sich verbeten habe. Weniger Anstand fand der ebenfalls von Hrn. Thiers gemachte Vorschlag des Eintritts des Deputirten Rivet, ehedem Präfect in Lyon, der einen der Candidaten ersetzen würde, die ich in meinem Briefe von gestern bezeichnete. - Hr. Guizot ist gestern Abend wirklich abgereist, und viele Personen sehen in dieser Thatsache den Beweis, daß kein diesem Staatsmann feindseliges Ministerium auf dem Tapet sey, sondern vielmehr das bisherige werde beibehalten werden; mehrere Aeußerungen einzelner Mitglieder desselben deuten auch dahin, daß diese Herren nicht abgeneigt sind, ihre Amtsverrichtungen fortzusetzen. Von einer anderen Seite wird aber die Abreise des Hrn. Guizot als eine bloße Finanzoperation ausgelegt; er will, sagt man, einstweilen Besitz von seinem Posten nehmen, wodurch er die für Einrichtungskosten angewiesenen 100,000 Fr. erwirbt; im entgegengesetzten Fall hat er nicht allein auf diese Summe keinen Anspruch, sondern verliert auch die bereits zu seiner Einrichtung in London wirklich aufgewendeten Kosten. - Die Anekdote, betreffend das Verhältniß zweier an der großen Oper angestellten Damen mit zwei jungen Fürsten, die ich Ihnen am 21 d. mittheilte, ist jetzt vollständig ins Publicum und in die Zeitungen gelangt. Die Abreise der beiden Damen nach England erfolgte vermöge ihrer erkauften Einwilligung; über den Preis sind die Meinungen getheilt, die wahrscheinlichste Version ist 20,000 Fr. gleich baar, und noch 40,000 Fr. später unter der Bedingung sich nicht mehr hier betreten zu lassen. Die beiden jungen Fürsten sind übrigens nicht die ersten Anbeter der fraglichen Damen gewesen. Paris, 27 Febr. Thiers wurde gestern zum König berufen und hatte eine Unterhaltung mit ihm, die von zwei bis fünf Uhr dauerte. Er erklärte, daß er mit Vergnügen unter dem Herzog v. Broglie ins Cabinet getreten wäre, da dieser immer die Interessen von Frankreich vertheidigt habe, daß er aber unter keiner Bedingung an einem Cabinet Mole Theil nehmen würde. Er sey bereit, wenn der König es ihm auftrage, ein Cabinet zu bilden, bitte aber, daß er, im Fall der König die Absicht habe die jetzigen Minister beizubehalten, nicht consultirt werde, weil daraus nur Gerüchte im Publicum entständen, daß er nicht im Stande gewesen sey ein Ministerium zu bilden. Der König verschob die Entscheidung auf heute. Es ist wahrscheinlich, daß diese Unterhandlung zu ihrem Zweck führen wird, denn die jetzigen Minister sind unmöglich, der Herzog v. Broglie will nicht, und Mole ist zu unpopulär in der Kammer. Man versichert auch, daß alle Freunde von Mole gegen die Dotation gestimmt haben, und dieses allgemein verbreitete Gerücht, sey es wahr oder falsch, muß am Hof bekannt seyn. Ueberhaupt hört man über die Elemente der Majorität gegen das Gesetz sonderbare Dinge, deren man aber gewiß seyn müßte, um sie zu wiederholen. Das Votum hat in der Mittelclasse eine sehr ernstliche Besorgniß erregt, welche die absurden Fictionen der Journale der Partei Barrot, daß das Votum nicht gegen den König sondern gegen die Minister gerichtet gewesen sey, nicht heben können. Wenige tadeln das Votum, und wenn heute wieder abgestimmt würde, wäre das Resultat wahrscheinlich wieder dasselbe, aber man fühlt mit Besorgniß den Boden, bei einem an sich so unbedeutenden Ereigniß, unter seinen Füßen zittern. Paris, 27 Febr. Heute kamen viele Deputirte in den Conferenzsaal der Kammer, man wußte aber noch nichts Bestimmtes über die Bildung des Ministeriums. Hr. Thiers war gerade wieder bei Sr. Majestät. Nur Ein Candidat zu dem projectirten Ministerium, Hr. Dumont, kam in die Kammer. Seine Freunde umgaben ihn sogleich; er erklärte, daß er in die fragliche Combination nicht eingehen würde. Hr. Billaut soll für das Handelsministerium bestimmt seyn. Man versichert heute, daß die HH. Duchatel, Villemain und Dupin darauf zur Ueberlegung sowohl über seine persönliche Lage als über die Vorschläge, die er im Fall seyn könnte dem Könige vorzulegen, ausgebeten. (Temps.) Man versicherte heute (26) in dem Conferenzsaale, während Hr. Thiers bei dem Könige war, daß die Cabinetsmitglieder des 12 Mai sich gegenseitig das Versprechen gegeben hätten, in keine ministerielle Combination einzugehen, die den Zweck hätte, einige von ihnen auszuschließen. Sie verpflichteten sich, beisammen zu bleiben, oder mit einander abzutreten. Die Presse meldet, daß bei der am 26 Febr. Abends stattgehabten Versammlung der Trümmer der 221 folgende 9 Commissarien ernannt worden seyen: General Jacqueminot, Martin (du Nord), v. Lamartine, Jacques Lefebvre, François Delessert, Salvandy, Bignon (niedere Loire), Debelleyme, Wüstemberg. Die Versammlung überließ beim Auseinandergehen diesen Mitgliedern die Vollmacht, sie wieder, so wie sie es für zweckmäßig erachten sollten, zusammenzurufen. Die Unterschriften im National für die Medaille für Hrn. Cormenin betrugen am 25 Febr. 1319 Fr. 55 C. Der Patriote de la Meurthe hat eine Subscription zu demselben Zweck eröffnet, so wie auch das Echo du Nord, das bei diesem Anlaß sagt: „Hr. Cormenin ist jetzt der Mann des Volks und der Nation; Niemand hat mit größerer Energie, Ausdauer und Talent den Eingriffen des Hofs widerstanden. Ihm gebührt das Verdienst der Vertheidigung unserer bedrohten Interessen. Ihm gebührt daher auch eine Nationalbelohnung.“ Die Reserve-Escadre auf der Rhede von Toulon aus sechs Linienschiffen, einer Fregatte und zwei Briggs bestehend, soll unter dem Commando des Admirals Rosamel, wie der Touloner Eclaireur meldet, demnächst in die See stechen, um auf hohem Meer Exercitien vorzunehmen. Sie soll bis in die Gewässer der Levante segeln, ohne sich aber dort mit der Escadre Lalande's zu vereinigeu. „Nur wenn eine imposante Demonstration – fährt das Touloner Blatt fort – zu machen wäre, um gewisse diplomatische Noten zu unterstützen, würde diese Vereinigung stattfinden. Man zweifelt aber noch, daß der Admiral Rosamel dieses wichtige Commando behalte, denn das Gerücht ist verbreitet, daß er bald nach Paris berufen werde.“ Die Gerüchte von der Erscheinung afrikanischer Piratenschiffe im Mittelmeere wiederholen sich von allen Seiten, ohne daß man übrigens darüber zuverlässige Aufschlüsse erhielte. Das Dampfboot Tonnerre, welches von Algier nach den balearischen Inseln geschickt wurde, um über den Ramier Nachrichten einzuziehen, hörte auch in Palma von Corsaren reden, die an der spanischen Küste gesehen worden. Eine Brigantine von vier Kanonen, mit Marrokkanern bemannt, soll sich beim Cap Palos gezeigt haben. Von Algier sind Kriegsschiffe nach der spanischen Küste abgegangen, um dort Nachrichten einzuziehen, ob man die Meerenge ohne Escorte passiren kann. Paris, 26 Febr. (Um einen Tag zu spät eingetroffen.) Die Ministerialkrisis ist noch nicht weiter fortgeschritten, sie scheint vielmehr rückwärts gegangen zu seyn, indem verlautet, am Ende würden die bisherigen Minister beibehalten werden. Sicher ist, daß Graf Molé dem König erklärt hat, es sey ihm unmöglich, ein Cabinet zu bilden, welches in der Kammer die Majorität für sich hätte. Hr. Thiers soll sich nur unter der Bedingung dazu im Stande erklärt haben, daß Hr. Odilon-Barrot eintrete, was aber der König sich verbeten habe. Weniger Anstand fand der ebenfalls von Hrn. Thiers gemachte Vorschlag des Eintritts des Deputirten Rivet, ehedem Präfect in Lyon, der einen der Candidaten ersetzen würde, die ich in meinem Briefe von gestern bezeichnete. – Hr. Guizot ist gestern Abend wirklich abgereist, und viele Personen sehen in dieser Thatsache den Beweis, daß kein diesem Staatsmann feindseliges Ministerium auf dem Tapet sey, sondern vielmehr das bisherige werde beibehalten werden; mehrere Aeußerungen einzelner Mitglieder desselben deuten auch dahin, daß diese Herren nicht abgeneigt sind, ihre Amtsverrichtungen fortzusetzen. Von einer anderen Seite wird aber die Abreise des Hrn. Guizot als eine bloße Finanzoperation ausgelegt; er will, sagt man, einstweilen Besitz von seinem Posten nehmen, wodurch er die für Einrichtungskosten angewiesenen 100,000 Fr. erwirbt; im entgegengesetzten Fall hat er nicht allein auf diese Summe keinen Anspruch, sondern verliert auch die bereits zu seiner Einrichtung in London wirklich aufgewendeten Kosten. – Die Anekdote, betreffend das Verhältniß zweier an der großen Oper angestellten Damen mit zwei jungen Fürsten, die ich Ihnen am 21 d. mittheilte, ist jetzt vollständig ins Publicum und in die Zeitungen gelangt. Die Abreise der beiden Damen nach England erfolgte vermöge ihrer erkauften Einwilligung; über den Preis sind die Meinungen getheilt, die wahrscheinlichste Version ist 20,000 Fr. gleich baar, und noch 40,000 Fr. später unter der Bedingung sich nicht mehr hier betreten zu lassen. Die beiden jungen Fürsten sind übrigens nicht die ersten Anbeter der fraglichen Damen gewesen. Paris, 27 Febr. Thiers wurde gestern zum König berufen und hatte eine Unterhaltung mit ihm, die von zwei bis fünf Uhr dauerte. Er erklärte, daß er mit Vergnügen unter dem Herzog v. Broglie ins Cabinet getreten wäre, da dieser immer die Interessen von Frankreich vertheidigt habe, daß er aber unter keiner Bedingung an einem Cabinet Molé Theil nehmen würde. Er sey bereit, wenn der König es ihm auftrage, ein Cabinet zu bilden, bitte aber, daß er, im Fall der König die Absicht habe die jetzigen Minister beizubehalten, nicht consultirt werde, weil daraus nur Gerüchte im Publicum entständen, daß er nicht im Stande gewesen sey ein Ministerium zu bilden. Der König verschob die Entscheidung auf heute. Es ist wahrscheinlich, daß diese Unterhandlung zu ihrem Zweck führen wird, denn die jetzigen Minister sind unmöglich, der Herzog v. Broglie will nicht, und Molé ist zu unpopulär in der Kammer. Man versichert auch, daß alle Freunde von Molé gegen die Dotation gestimmt haben, und dieses allgemein verbreitete Gerücht, sey es wahr oder falsch, muß am Hof bekannt seyn. Ueberhaupt hört man über die Elemente der Majorität gegen das Gesetz sonderbare Dinge, deren man aber gewiß seyn müßte, um sie zu wiederholen. Das Votum hat in der Mittelclasse eine sehr ernstliche Besorgniß erregt, welche die absurden Fictionen der Journale der Partei Barrot, daß das Votum nicht gegen den König sondern gegen die Minister gerichtet gewesen sey, nicht heben können. Wenige tadeln das Votum, und wenn heute wieder abgestimmt würde, wäre das Resultat wahrscheinlich wieder dasselbe, aber man fühlt mit Besorgniß den Boden, bei einem an sich so unbedeutenden Ereigniß, unter seinen Füßen zittern. Paris, 27 Febr. Heute kamen viele Deputirte in den Conferenzsaal der Kammer, man wußte aber noch nichts Bestimmtes über die Bildung des Ministeriums. Hr. Thiers war gerade wieder bei Sr. Majestät. 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Thiers gemachte Vorschlag des Eintritts des Deputirten Rivet, ehedem Präfect in Lyon, der einen der Candidaten ersetzen würde, die ich in meinem Briefe von gestern bezeichnete. – Hr. Guizot ist gestern Abend wirklich abgereist, und viele Personen sehen in dieser Thatsache den Beweis, daß kein diesem Staatsmann feindseliges Ministerium auf dem Tapet sey, sondern vielmehr das bisherige werde beibehalten werden; mehrere Aeußerungen einzelner Mitglieder desselben deuten auch dahin, daß diese Herren nicht abgeneigt sind, ihre Amtsverrichtungen fortzusetzen. Von einer anderen Seite wird aber die Abreise des Hrn. Guizot als eine bloße Finanzoperation ausgelegt; er will, sagt man, einstweilen Besitz von seinem Posten nehmen, wodurch er die für Einrichtungskosten angewiesenen 100,000 Fr. erwirbt; im entgegengesetzten Fall hat er nicht allein auf diese Summe keinen Anspruch, sondern verliert auch die bereits zu seiner Einrichtung in London wirklich aufgewendeten Kosten. – Die Anekdote, betreffend das Verhältniß zweier an der großen Oper angestellten Damen mit zwei jungen Fürsten, die ich Ihnen am 21 d. mittheilte, ist jetzt vollständig ins Publicum und in die Zeitungen gelangt. Die Abreise der beiden Damen nach England erfolgte vermöge ihrer erkauften Einwilligung; über den Preis sind die Meinungen getheilt, die wahrscheinlichste Version ist 20,000 Fr. gleich baar, und noch 40,000 Fr. später unter der Bedingung sich nicht mehr hier betreten zu lassen. 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Es ist wahrscheinlich, daß diese Unterhandlung zu ihrem Zweck führen wird, denn die jetzigen Minister sind unmöglich, der Herzog v. Broglie will nicht, und Molé ist zu unpopulär in der Kammer. Man versichert auch, daß alle Freunde von Molé gegen die Dotation gestimmt haben, und dieses allgemein verbreitete Gerücht, sey es wahr oder falsch, muß am Hof bekannt seyn. Ueberhaupt hört man über die Elemente der Majorität gegen das Gesetz sonderbare Dinge, deren man aber gewiß seyn müßte, um sie zu wiederholen. Das Votum hat in der Mittelclasse eine sehr ernstliche Besorgniß erregt, welche die absurden Fictionen der Journale der Partei Barrot, daß das Votum nicht gegen den König sondern gegen die Minister gerichtet gewesen sey, nicht heben können. 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Die Presse meldet, daß bei der am 26 Febr. Abends stattgehabten Versammlung der Trümmer der 221 folgende 9 Commissarien ernannt worden seyen: General Jacqueminot, Martin (du Nord), v. Lamartine, Jacques Lefebvre, François Delessert, Salvandy, Bignon (niedere Loire), Debelleyme, Wüstemberg. Die Versammlung überließ beim Auseinandergehen diesen Mitgliedern die Vollmacht, sie wieder, so wie sie es für zweckmäßig erachten sollten, zusammenzurufen.
Die Unterschriften im National für die Medaille für Hrn. Cormenin betrugen am 25 Febr. 1319 Fr. 55 C. Der Patriote de la Meurthe hat eine Subscription zu demselben Zweck eröffnet, so wie auch das Echo du Nord, das bei diesem Anlaß sagt: „Hr. Cormenin ist jetzt der Mann des Volks und der Nation; Niemand hat mit größerer Energie, Ausdauer und Talent den Eingriffen des Hofs widerstanden. Ihm gebührt das Verdienst der Vertheidigung unserer bedrohten Interessen. Ihm gebührt daher auch eine Nationalbelohnung.“
Die Reserve-Escadre auf der Rhede von Toulon aus sechs Linienschiffen, einer Fregatte und zwei Briggs bestehend, soll unter dem Commando des Admirals Rosamel, wie der Touloner Eclaireur meldet, demnächst in die See stechen, um auf hohem Meer Exercitien vorzunehmen. Sie soll bis in die Gewässer der Levante segeln, ohne sich aber dort mit der Escadre Lalande's zu vereinigeu. „Nur wenn eine imposante Demonstration – fährt das Touloner Blatt fort – zu machen wäre, um gewisse diplomatische Noten zu unterstützen, würde diese Vereinigung stattfinden. Man zweifelt aber noch, daß der Admiral Rosamel dieses wichtige Commando behalte, denn das Gerücht ist verbreitet, daß er bald nach Paris berufen werde.“
Die Gerüchte von der Erscheinung afrikanischer Piratenschiffe im Mittelmeere wiederholen sich von allen Seiten, ohne daß man übrigens darüber zuverlässige Aufschlüsse erhielte. Das Dampfboot Tonnerre, welches von Algier nach den balearischen Inseln geschickt wurde, um über den Ramier Nachrichten einzuziehen, hörte auch in Palma von Corsaren reden, die an der spanischen Küste gesehen worden. Eine Brigantine von vier Kanonen, mit Marrokkanern bemannt, soll sich beim Cap Palos gezeigt haben. Von Algier sind Kriegsschiffe nach der spanischen Küste abgegangen, um dort Nachrichten einzuziehen, ob man die Meerenge ohne Escorte passiren kann.
_ Paris, 26 Febr. (Um einen Tag zu spät eingetroffen.) Die Ministerialkrisis ist noch nicht weiter fortgeschritten, sie scheint vielmehr rückwärts gegangen zu seyn, indem verlautet, am Ende würden die bisherigen Minister beibehalten werden. Sicher ist, daß Graf Molé dem König erklärt hat, es sey ihm unmöglich, ein Cabinet zu bilden, welches in der Kammer die Majorität für sich hätte. Hr. Thiers soll sich nur unter der Bedingung dazu im Stande erklärt haben, daß Hr. Odilon-Barrot eintrete, was aber der König sich verbeten habe. Weniger Anstand fand der ebenfalls von Hrn. Thiers gemachte Vorschlag des Eintritts des Deputirten Rivet, ehedem Präfect in Lyon, der einen der Candidaten ersetzen würde, die ich in meinem Briefe von gestern bezeichnete. – Hr. Guizot ist gestern Abend wirklich abgereist, und viele Personen sehen in dieser Thatsache den Beweis, daß kein diesem Staatsmann feindseliges Ministerium auf dem Tapet sey, sondern vielmehr das bisherige werde beibehalten werden; mehrere Aeußerungen einzelner Mitglieder desselben deuten auch dahin, daß diese Herren nicht abgeneigt sind, ihre Amtsverrichtungen fortzusetzen. Von einer anderen Seite wird aber die Abreise des Hrn. Guizot als eine bloße Finanzoperation ausgelegt; er will, sagt man, einstweilen Besitz von seinem Posten nehmen, wodurch er die für Einrichtungskosten angewiesenen 100,000 Fr. erwirbt; im entgegengesetzten Fall hat er nicht allein auf diese Summe keinen Anspruch, sondern verliert auch die bereits zu seiner Einrichtung in London wirklich aufgewendeten Kosten. – Die Anekdote, betreffend das Verhältniß zweier an der großen Oper angestellten Damen mit zwei jungen Fürsten, die ich Ihnen am 21 d. mittheilte, ist jetzt vollständig ins Publicum und in die Zeitungen gelangt. Die Abreise der beiden Damen nach England erfolgte vermöge ihrer erkauften Einwilligung; über den Preis sind die Meinungen getheilt, die wahrscheinlichste Version ist 20,000 Fr. gleich baar, und noch 40,000 Fr. später unter der Bedingung sich nicht mehr hier betreten zu lassen. Die beiden jungen Fürsten sind übrigens nicht die ersten Anbeter der fraglichen Damen gewesen.
_ Paris, 27 Febr. Thiers wurde gestern zum König berufen und hatte eine Unterhaltung mit ihm, die von zwei bis fünf Uhr dauerte. Er erklärte, daß er mit Vergnügen unter dem Herzog v. Broglie ins Cabinet getreten wäre, da dieser immer die Interessen von Frankreich vertheidigt habe, daß er aber unter keiner Bedingung an einem Cabinet Molé Theil nehmen würde. Er sey bereit, wenn der König es ihm auftrage, ein Cabinet zu bilden, bitte aber, daß er, im Fall der König die Absicht habe die jetzigen Minister beizubehalten, nicht consultirt werde, weil daraus nur Gerüchte im Publicum entständen, daß er nicht im Stande gewesen sey ein Ministerium zu bilden. Der König verschob die Entscheidung auf heute. Es ist wahrscheinlich, daß diese Unterhandlung zu ihrem Zweck führen wird, denn die jetzigen Minister sind unmöglich, der Herzog v. Broglie will nicht, und Molé ist zu unpopulär in der Kammer. Man versichert auch, daß alle Freunde von Molé gegen die Dotation gestimmt haben, und dieses allgemein verbreitete Gerücht, sey es wahr oder falsch, muß am Hof bekannt seyn. Ueberhaupt hört man über die Elemente der Majorität gegen das Gesetz sonderbare Dinge, deren man aber gewiß seyn müßte, um sie zu wiederholen. Das Votum hat in der Mittelclasse eine sehr ernstliche Besorgniß erregt, welche die absurden Fictionen der Journale der Partei Barrot, daß das Votum nicht gegen den König sondern gegen die Minister gerichtet gewesen sey, nicht heben können. Wenige tadeln das Votum, und wenn heute wieder abgestimmt würde, wäre das Resultat wahrscheinlich wieder dasselbe, aber man fühlt mit Besorgniß den Boden, bei einem an sich so unbedeutenden Ereigniß, unter seinen Füßen zittern.
_ Paris, 27 Febr. Heute kamen viele Deputirte in den Conferenzsaal der Kammer, man wußte aber noch nichts Bestimmtes über die Bildung des Ministeriums. Hr. Thiers war gerade wieder bei Sr. Majestät. Nur Ein Candidat zu dem projectirten Ministerium, Hr. Dumont, kam in die Kammer. Seine Freunde umgaben ihn sogleich; er erklärte, daß er in die fragliche Combination nicht eingehen würde. Hr. Billaut soll für das Handelsministerium bestimmt seyn. Man versichert heute, daß die HH. Duchàtel, Villemain und Dupin darauf
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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