Allgemeine Zeitung. Nr. 65. Augsburg, 5. März 1840.und einem Blockschiff, dem cassirten Linienschiff Phönix, dem einzigen, welches die Engländer 1807 hier ließen, weil es unvollendet auf dem Stapel stand. Sie sägten es durch, aber die Dänen flickten es wieder zusammen. Als Beispiel der Schreibseligkeit und Weitschweifigkeit des dänischen Geschäftsganges mag angeführt werden, daß die Admiralität 12 Comptoire, nämlich für jedes Linienschiff zwei, und folglich 12 Comptoirchefs und 44 Buchhalter, Revisoren, Copisten u. s. w. gebraucht, um diese kleine Flotte im Hafen in guter Ordnung zu halten, des Heeres von Volontären, Boten, Ofenheizern, Wächtern u. s. w. gar nicht zu gedenken. Rußland. Von der russischen Gränze, 23 Febr. Se. kais. Hoh. der Großfürst-Thronfolger wird die beabsichtigte, im vorigen Jahr durch sein Erkranken unterbrochene Reise nach Darmstadt sogleich nach den griechischen Ostern antreten; Hr. v. Brunnow ist angewiesen ihn zu empfangen. Des letztern Aufenthalt zu London kann demnach auf keinen Fall mehr von langer Dauer seyn. Ueber den Antritt der Reise I. Maj. der Kaiserin nach Deutschland ist eine genauere Bestimmung noch nicht getroffen. Oesterreich. Wien, 28 Febr. Se. Maj. der Kaiser hat das durch den Tod des Civil- und Militärgouverneurs von Dalmatien, Grafen v. Lilienberg, erledigte Infanterieregiment dem Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär in Italien, v. Reisinger, verliehen. - Der Gesundheitszustand Wiens bessert sich zusehends; die herrschenden Krankheiten nehmen nicht nur an Zahl, sondern vorzugsweise auch an Intensität ab, so daß die Sterblichkeit schon bedeutend geringer ist. - Graf Montbel, der Begleiter des Herzogs von Bordeaux, hat Wien heute wieder verlassen, um sich nach Görz zurückzubegeben. Wien, 29 Febr. Gestern und heute wurde der Sterbetag des höchstseligen Kaisers Franz von der Kaiserfamilie durch Trauerandachten in der Hofburgpfarrkirche in gewohnter Weise begangen, und auch in den übrigen Kirchen Wiens fanden Vigilien statt; die beiden Hoftheater blieben gestern geschlossen. Obgleich der Jahrestag eigentlich auf den 2 März fällt, dieser Tag aber wie sein Vorgänger als die letzten des Faschings auch gewöhnlich die belebtesten sind, so hat Se. Maj. der Kaiser, um in den öffentlichen Vergnügungen eine Störung zu vermeiden, die Abhaltung der Trauerfeier auf gestern als den Vorabend und heute zu verlegen geruht. Türkei. Von der türkischen Gränze, 21 Febr. Aus Konstantinopel schreibt man, die Pforte habe den Repräsentanten der fünf Großmächte erklärt,*)*) daß sie dem ihr so äußerst nachtheiligen gegenwärtigen Stand der Dinge, der ihr so große Opfer abzwinge - wenn nicht bald durch ihre Vermittlung ein Uebereinkommen getroffen werde - dadurch ein Ende machen werde, daß sie sich Rußland ausschließlich in die Arme werfe, und dessen vertragsmäßig schuldige Unterstützung in Anspruch nehme. Ein sonst gut unterrichteter Berichterstatter fügt bei, diese Erklärung sey zweifelsohne dem Reis-Efendi durch England nur zu dem Zwecke eingegeben worden, um durch das drohende Gespenst einer russischen Intervention die Bedenklichkeiten Frankreichs zu besiegen und es zu vermögen, sich den englischen Vorschlägen anzuschließen, und dadurch größerm Uebel zuvorzukommen.*)*) Die Abberufung Hasnib Pascha's, Gouverneurs von Salonichi, ist in dem ganzen seiner Verwaltung anvertraut gewesenen Bezirk mit Bedauern vernommen worden. Er war wegen seiner Rechtsliebe und Unparteilichkeit allgemein beliebt. Größeres Aufsehen noch machte die Ernennung Emin Pascha's, Sohnes des bekannten Großwessirs Reschid Pascha, zum Statthalter von Trikala, die als eben kein freundliches Zeichen gegen Griechenland betrachtet wird. Emin Pascha ist bloß Krieger, von rauhem Charakter; Eigenschaften eines Staatsmannes, wie dieser Gränzposten sie erforderte, fehlen ihm ganz. Es ist als habe die Pforte durch seine Versetzung an die Gränze Griechenlands andeuten wollen, daß sie gegen etwaige aufrührerische Bewegungen mit Strenge vorgehen werde, und man sieht hieraus, daß man in Konstantinopel von dem thörichten Wahne, die griechische Regierung stehe selbst an der Spitze der in diesen Gegenden beabsichtigten Aufstände, nur schwer lassen kann. Der k. griechische Minister Zographos war in Verzweiflung, daß er seine Verhandlungen mit der Pforte in Betreff eines Handelsvertrags keinem glücklichen Ende zuführen konnte, woran wohl auch jener Argwohn einige Schuld haben mochte. Es ist bekannt, daß Hr. Zographos auf dem Punkte war, Konstantinopel unverrichteter Sache wieder zu verlassen, als sich die Verhältnisse unerwartet umgestalteten, so daß nun alle Aussicht vorhanden ist, daß er doch noch das erwünschte Ziel erreichen wird. Diese günstige Veränderung wird Hrn. v. Butenieff zugeschrieben, der von seinem Hofe den Auftrag erhalten hatte, den griechischen Bevollmächtigten zu unterstützen. Die Rebellion in Dibra hat, wie wir voraussahen, bereits ihr schmähliches Ende erreicht. Die Bevölkerung hat die Urheber, zwei in diesem Bezirke reich begüterte Brüder, dem Rumely Walessy gebunden ausgeliefert, der diese nach Kleinasien verwiesen und allen übrigen Theilnehmern verziehen hat. - In den Districten von Ipek und Pristina besteht der Aufruhr noch, jedoch ohne sich weiter zu verbreiten. In Bosnien und Herzegowina herrscht noch große Aufregung. Zwischen dem Statthalter der letztgenannten Provinz und den Montenegrinern wird es wohl wieder zu blutigen Auftritten kommen, da die Bewohner des streitigen Gebiets von Grahowo kürzlich, wie es heißt auf Anstiften des Vladika, den von Ali Pascha gesandten Steuereinsammler gewaltsam davon jagten. - Der Vladika von Montenegro hat neulich von Podgoritza und einigen andern christlichen Gemeinden der Nachbarschaft Deputationen empfangen, die ihm Vereinigung mit Montenegro antrugen, und um das türkische Joch abzuschütteln Waffen und Munition verlangten. Diese Anträge hat der Vladika aufs freundlichste aufgenommen, und die Deputirten mit großen Versprechungen und ansehnlichen Geschenken entlassen. Gegen Oesterreich beobachtet der Vladika unablässig das freundlichste Zuvorkommen. Er hat auf den Höhen von Pastrovichi Galgen errichten und in der angränzenden Nahia cernitza bekannt machen lassen, daß an diesen jeder, der den Frieden mit Oesterreich störe, seine Strafe erhalten werde. Nach Berichten aus Alexandria hat sich Mehemed Ali gegen die Consuln bitter beschwert über die von der Pforte ausgesprochene Absetzung des Kapudan Pascha's, der sich in seinen *) Andern glaubwürdigen Berichten zufolge hätte Reschid Pascha diese Drohung bloß gelegentlich, gleichsam wie zufällig hingeworfen. Anmerk. des Corresp. *) Wir haben dieser Tage gemeldet, daß der Konstantinopler Correspondenz des Journal des Debats zufolge Hr. v. Pontois gegen jedes Einrücken oder Landen russischer Truppen protestirt habe.
und einem Blockschiff, dem cassirten Linienschiff Phönix, dem einzigen, welches die Engländer 1807 hier ließen, weil es unvollendet auf dem Stapel stand. Sie sägten es durch, aber die Dänen flickten es wieder zusammen. Als Beispiel der Schreibseligkeit und Weitschweifigkeit des dänischen Geschäftsganges mag angeführt werden, daß die Admiralität 12 Comptoire, nämlich für jedes Linienschiff zwei, und folglich 12 Comptoirchefs und 44 Buchhalter, Revisoren, Copisten u. s. w. gebraucht, um diese kleine Flotte im Hafen in guter Ordnung zu halten, des Heeres von Volontären, Boten, Ofenheizern, Wächtern u. s. w. gar nicht zu gedenken. Rußland. Von der russischen Gränze, 23 Febr. Se. kais. Hoh. der Großfürst-Thronfolger wird die beabsichtigte, im vorigen Jahr durch sein Erkranken unterbrochene Reise nach Darmstadt sogleich nach den griechischen Ostern antreten; Hr. v. Brunnow ist angewiesen ihn zu empfangen. Des letztern Aufenthalt zu London kann demnach auf keinen Fall mehr von langer Dauer seyn. Ueber den Antritt der Reise I. Maj. der Kaiserin nach Deutschland ist eine genauere Bestimmung noch nicht getroffen. Oesterreich. Wien, 28 Febr. Se. Maj. der Kaiser hat das durch den Tod des Civil- und Militärgouverneurs von Dalmatien, Grafen v. Lilienberg, erledigte Infanterieregiment dem Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär in Italien, v. Reisinger, verliehen. – Der Gesundheitszustand Wiens bessert sich zusehends; die herrschenden Krankheiten nehmen nicht nur an Zahl, sondern vorzugsweise auch an Intensität ab, so daß die Sterblichkeit schon bedeutend geringer ist. – Graf Montbel, der Begleiter des Herzogs von Bordeaux, hat Wien heute wieder verlassen, um sich nach Görz zurückzubegeben. Wien, 29 Febr. Gestern und heute wurde der Sterbetag des höchstseligen Kaisers Franz von der Kaiserfamilie durch Trauerandachten in der Hofburgpfarrkirche in gewohnter Weise begangen, und auch in den übrigen Kirchen Wiens fanden Vigilien statt; die beiden Hoftheater blieben gestern geschlossen. Obgleich der Jahrestag eigentlich auf den 2 März fällt, dieser Tag aber wie sein Vorgänger als die letzten des Faschings auch gewöhnlich die belebtesten sind, so hat Se. Maj. der Kaiser, um in den öffentlichen Vergnügungen eine Störung zu vermeiden, die Abhaltung der Trauerfeier auf gestern als den Vorabend und heute zu verlegen geruht. Türkei. Von der türkischen Gränze, 21 Febr. Aus Konstantinopel schreibt man, die Pforte habe den Repräsentanten der fünf Großmächte erklärt,*)*) daß sie dem ihr so äußerst nachtheiligen gegenwärtigen Stand der Dinge, der ihr so große Opfer abzwinge – wenn nicht bald durch ihre Vermittlung ein Uebereinkommen getroffen werde – dadurch ein Ende machen werde, daß sie sich Rußland ausschließlich in die Arme werfe, und dessen vertragsmäßig schuldige Unterstützung in Anspruch nehme. Ein sonst gut unterrichteter Berichterstatter fügt bei, diese Erklärung sey zweifelsohne dem Reis-Efendi durch England nur zu dem Zwecke eingegeben worden, um durch das drohende Gespenst einer russischen Intervention die Bedenklichkeiten Frankreichs zu besiegen und es zu vermögen, sich den englischen Vorschlägen anzuschließen, und dadurch größerm Uebel zuvorzukommen.*)*) Die Abberufung Hasnib Pascha's, Gouverneurs von Salonichi, ist in dem ganzen seiner Verwaltung anvertraut gewesenen Bezirk mit Bedauern vernommen worden. Er war wegen seiner Rechtsliebe und Unparteilichkeit allgemein beliebt. Größeres Aufsehen noch machte die Ernennung Emin Pascha's, Sohnes des bekannten Großwessirs Reschid Pascha, zum Statthalter von Trikala, die als eben kein freundliches Zeichen gegen Griechenland betrachtet wird. Emin Pascha ist bloß Krieger, von rauhem Charakter; Eigenschaften eines Staatsmannes, wie dieser Gränzposten sie erforderte, fehlen ihm ganz. Es ist als habe die Pforte durch seine Versetzung an die Gränze Griechenlands andeuten wollen, daß sie gegen etwaige aufrührerische Bewegungen mit Strenge vorgehen werde, und man sieht hieraus, daß man in Konstantinopel von dem thörichten Wahne, die griechische Regierung stehe selbst an der Spitze der in diesen Gegenden beabsichtigten Aufstände, nur schwer lassen kann. Der k. griechische Minister Zographos war in Verzweiflung, daß er seine Verhandlungen mit der Pforte in Betreff eines Handelsvertrags keinem glücklichen Ende zuführen konnte, woran wohl auch jener Argwohn einige Schuld haben mochte. Es ist bekannt, daß Hr. Zographos auf dem Punkte war, Konstantinopel unverrichteter Sache wieder zu verlassen, als sich die Verhältnisse unerwartet umgestalteten, so daß nun alle Aussicht vorhanden ist, daß er doch noch das erwünschte Ziel erreichen wird. Diese günstige Veränderung wird Hrn. v. Butenieff zugeschrieben, der von seinem Hofe den Auftrag erhalten hatte, den griechischen Bevollmächtigten zu unterstützen. Die Rebellion in Dibra hat, wie wir voraussahen, bereits ihr schmähliches Ende erreicht. Die Bevölkerung hat die Urheber, zwei in diesem Bezirke reich begüterte Brüder, dem Rumely Walessy gebunden ausgeliefert, der diese nach Kleinasien verwiesen und allen übrigen Theilnehmern verziehen hat. – In den Districten von Ipek und Pristina besteht der Aufruhr noch, jedoch ohne sich weiter zu verbreiten. In Bosnien und Herzegowina herrscht noch große Aufregung. Zwischen dem Statthalter der letztgenannten Provinz und den Montenegrinern wird es wohl wieder zu blutigen Auftritten kommen, da die Bewohner des streitigen Gebiets von Grahowo kürzlich, wie es heißt auf Anstiften des Vladika, den von Ali Pascha gesandten Steuereinsammler gewaltsam davon jagten. – Der Vladika von Montenegro hat neulich von Podgoritza und einigen andern christlichen Gemeinden der Nachbarschaft Deputationen empfangen, die ihm Vereinigung mit Montenegro antrugen, und um das türkische Joch abzuschütteln Waffen und Munition verlangten. Diese Anträge hat der Vladika aufs freundlichste aufgenommen, und die Deputirten mit großen Versprechungen und ansehnlichen Geschenken entlassen. Gegen Oesterreich beobachtet der Vladika unablässig das freundlichste Zuvorkommen. Er hat auf den Höhen von Pastrovichi Galgen errichten und in der angränzenden Nahia cernitza bekannt machen lassen, daß an diesen jeder, der den Frieden mit Oesterreich störe, seine Strafe erhalten werde. Nach Berichten aus Alexandria hat sich Mehemed Ali gegen die Consuln bitter beschwert über die von der Pforte ausgesprochene Absetzung des Kapudan Pascha's, der sich in seinen *) Andern glaubwürdigen Berichten zufolge hätte Reschid Pascha diese Drohung bloß gelegentlich, gleichsam wie zufällig hingeworfen. Anmerk. des Corresp. *) Wir haben dieser Tage gemeldet, daß der Konstantinopler Correspondenz des Journal des Débats zufolge Hr. v. Pontois gegen jedes Einrücken oder Landen russischer Truppen protestirt habe.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0007" n="0519"/> und einem Blockschiff, dem cassirten Linienschiff Phönix, dem einzigen, welches die Engländer 1807 hier ließen, weil es unvollendet auf dem Stapel stand. Sie sägten es durch, aber die Dänen flickten es wieder zusammen. Als Beispiel der Schreibseligkeit und Weitschweifigkeit des dänischen Geschäftsganges mag angeführt werden, daß die Admiralität 12 Comptoire, nämlich für jedes Linienschiff zwei, und folglich 12 Comptoirchefs und 44 Buchhalter, Revisoren, Copisten u. s. w. gebraucht, um diese kleine Flotte <hi rendition="#g">im Hafen</hi> in guter Ordnung zu halten, des Heeres von Volontären, Boten, Ofenheizern, Wächtern u. s. w. gar nicht zu gedenken.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Rußland.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Von der russischen Gränze,</hi> 23 Febr.</dateline> <p> Se. kais. Hoh. der Großfürst-Thronfolger wird die beabsichtigte, im vorigen Jahr durch sein Erkranken unterbrochene Reise nach Darmstadt sogleich nach den griechischen Ostern antreten; Hr. v. Brunnow ist angewiesen ihn zu empfangen. Des letztern Aufenthalt zu London kann demnach auf keinen Fall mehr von langer Dauer seyn. Ueber den Antritt der Reise I. Maj. der Kaiserin nach Deutschland ist eine genauere Bestimmung noch nicht getroffen.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Oesterreich.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 28 Febr.</dateline> <p> Se. Maj. der Kaiser hat das durch den Tod des Civil- und Militärgouverneurs von Dalmatien, Grafen v. Lilienberg, erledigte Infanterieregiment dem Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär in Italien, v. Reisinger, verliehen. – Der Gesundheitszustand Wiens bessert sich zusehends; die herrschenden Krankheiten nehmen nicht nur an Zahl, sondern vorzugsweise auch an Intensität ab, so daß die Sterblichkeit schon bedeutend geringer ist. – Graf Montbel, der Begleiter des Herzogs von Bordeaux, hat Wien heute wieder verlassen, um sich nach Görz zurückzubegeben.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 29 Febr.</dateline> <p> Gestern und heute wurde der Sterbetag des höchstseligen Kaisers Franz von der Kaiserfamilie durch Trauerandachten in der Hofburgpfarrkirche in gewohnter Weise begangen, und auch in den übrigen Kirchen Wiens fanden Vigilien statt; die beiden Hoftheater blieben gestern geschlossen. Obgleich der Jahrestag eigentlich auf den 2 März fällt, dieser Tag aber wie sein Vorgänger als die letzten des Faschings auch gewöhnlich die belebtesten sind, so hat Se. Maj. der Kaiser, um in den öffentlichen Vergnügungen eine Störung zu vermeiden, die Abhaltung der Trauerfeier auf gestern als den Vorabend und heute zu verlegen geruht.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Von der türkischen Gränze,</hi> 21 Febr.</dateline> <p> Aus Konstantinopel schreibt man, die Pforte habe den Repräsentanten der fünf Großmächte erklärt,<hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"><p>Andern glaubwürdigen Berichten zufolge hätte Reschid Pascha diese Drohung bloß gelegentlich, gleichsam wie zufällig hingeworfen.</p><p>Anmerk. des Corresp.</p></note> daß sie dem ihr so äußerst nachtheiligen gegenwärtigen Stand der Dinge, der ihr so große Opfer abzwinge – wenn nicht bald durch ihre Vermittlung ein Uebereinkommen getroffen werde – dadurch ein Ende machen werde, daß sie sich Rußland ausschließlich in die Arme werfe, und dessen vertragsmäßig schuldige Unterstützung in Anspruch nehme. Ein sonst gut unterrichteter Berichterstatter fügt bei, diese Erklärung sey zweifelsohne dem Reis-Efendi durch England nur zu dem Zwecke eingegeben worden, um durch das drohende Gespenst einer russischen Intervention die Bedenklichkeiten Frankreichs zu besiegen und es zu vermögen, sich den englischen Vorschlägen anzuschließen, und dadurch größerm Uebel zuvorzukommen.<hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)">Wir haben dieser Tage gemeldet, daß der Konstantinopler Correspondenz des Journal des Débats zufolge Hr. v. Pontois gegen jedes Einrücken oder Landen russischer Truppen protestirt habe.</note></p><lb/> <p>Die Abberufung Hasnib Pascha's, Gouverneurs von Salonichi, ist in dem ganzen seiner Verwaltung anvertraut gewesenen Bezirk mit Bedauern vernommen worden. Er war wegen seiner Rechtsliebe und Unparteilichkeit allgemein beliebt. Größeres Aufsehen noch machte die Ernennung Emin Pascha's, Sohnes des bekannten Großwessirs Reschid Pascha, zum Statthalter von Trikala, die als eben kein freundliches Zeichen gegen Griechenland betrachtet wird. Emin Pascha ist bloß Krieger, von rauhem Charakter; Eigenschaften eines Staatsmannes, wie dieser Gränzposten sie erforderte, fehlen ihm ganz. Es ist als habe die Pforte durch seine Versetzung an die Gränze Griechenlands andeuten wollen, daß sie gegen etwaige aufrührerische Bewegungen mit Strenge vorgehen werde, und man sieht hieraus, daß man in Konstantinopel von dem thörichten Wahne, die griechische Regierung stehe selbst an der Spitze der in diesen Gegenden beabsichtigten Aufstände, nur schwer lassen kann. Der k. griechische Minister Zographos war in Verzweiflung, daß er seine Verhandlungen mit der Pforte in Betreff eines Handelsvertrags keinem glücklichen Ende zuführen konnte, woran wohl auch jener Argwohn einige Schuld haben mochte. Es ist bekannt, daß Hr. Zographos auf dem Punkte war, Konstantinopel unverrichteter Sache wieder zu verlassen, als sich die Verhältnisse unerwartet umgestalteten, so daß nun alle Aussicht vorhanden ist, daß er doch noch das erwünschte Ziel erreichen wird. Diese günstige Veränderung wird Hrn. v. Butenieff zugeschrieben, der von seinem Hofe den Auftrag erhalten hatte, den griechischen Bevollmächtigten zu unterstützen.</p><lb/> <p>Die Rebellion in Dibra hat, wie wir voraussahen, bereits ihr schmähliches Ende erreicht. Die Bevölkerung hat die Urheber, zwei in diesem Bezirke reich begüterte Brüder, dem Rumely Walessy gebunden ausgeliefert, der diese nach Kleinasien verwiesen und allen übrigen Theilnehmern verziehen hat. – In den Districten von Ipek und Pristina besteht der Aufruhr noch, jedoch ohne sich weiter zu verbreiten.</p><lb/> <p>In Bosnien und Herzegowina herrscht noch große Aufregung. Zwischen dem Statthalter der letztgenannten Provinz und den Montenegrinern wird es wohl wieder zu blutigen Auftritten kommen, da die Bewohner des streitigen Gebiets von Grahowo kürzlich, wie es heißt auf Anstiften des Vladika, den von Ali Pascha gesandten Steuereinsammler gewaltsam davon jagten. – Der Vladika von Montenegro hat neulich von Podgoritza und einigen andern christlichen Gemeinden der Nachbarschaft Deputationen empfangen, die ihm Vereinigung mit Montenegro antrugen, und um das türkische Joch abzuschütteln Waffen und Munition verlangten. Diese Anträge hat der Vladika aufs freundlichste aufgenommen, und die Deputirten mit großen Versprechungen und ansehnlichen Geschenken entlassen. Gegen Oesterreich beobachtet der Vladika unablässig das freundlichste Zuvorkommen. Er hat auf den Höhen von Pastrovichi Galgen errichten und in der angränzenden Nahia cernitza bekannt machen lassen, daß an diesen jeder, der den Frieden mit Oesterreich störe, seine Strafe erhalten werde.</p><lb/> <p>Nach Berichten aus Alexandria hat sich Mehemed Ali gegen die Consuln bitter beschwert über die von der Pforte ausgesprochene Absetzung des Kapudan Pascha's, der sich in seinen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0519/0007]
und einem Blockschiff, dem cassirten Linienschiff Phönix, dem einzigen, welches die Engländer 1807 hier ließen, weil es unvollendet auf dem Stapel stand. Sie sägten es durch, aber die Dänen flickten es wieder zusammen. Als Beispiel der Schreibseligkeit und Weitschweifigkeit des dänischen Geschäftsganges mag angeführt werden, daß die Admiralität 12 Comptoire, nämlich für jedes Linienschiff zwei, und folglich 12 Comptoirchefs und 44 Buchhalter, Revisoren, Copisten u. s. w. gebraucht, um diese kleine Flotte im Hafen in guter Ordnung zu halten, des Heeres von Volontären, Boten, Ofenheizern, Wächtern u. s. w. gar nicht zu gedenken.
Rußland.
_ Von der russischen Gränze, 23 Febr. Se. kais. Hoh. der Großfürst-Thronfolger wird die beabsichtigte, im vorigen Jahr durch sein Erkranken unterbrochene Reise nach Darmstadt sogleich nach den griechischen Ostern antreten; Hr. v. Brunnow ist angewiesen ihn zu empfangen. Des letztern Aufenthalt zu London kann demnach auf keinen Fall mehr von langer Dauer seyn. Ueber den Antritt der Reise I. Maj. der Kaiserin nach Deutschland ist eine genauere Bestimmung noch nicht getroffen.
Oesterreich.
_ Wien, 28 Febr. Se. Maj. der Kaiser hat das durch den Tod des Civil- und Militärgouverneurs von Dalmatien, Grafen v. Lilienberg, erledigte Infanterieregiment dem Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär in Italien, v. Reisinger, verliehen. – Der Gesundheitszustand Wiens bessert sich zusehends; die herrschenden Krankheiten nehmen nicht nur an Zahl, sondern vorzugsweise auch an Intensität ab, so daß die Sterblichkeit schon bedeutend geringer ist. – Graf Montbel, der Begleiter des Herzogs von Bordeaux, hat Wien heute wieder verlassen, um sich nach Görz zurückzubegeben.
_ Wien, 29 Febr. Gestern und heute wurde der Sterbetag des höchstseligen Kaisers Franz von der Kaiserfamilie durch Trauerandachten in der Hofburgpfarrkirche in gewohnter Weise begangen, und auch in den übrigen Kirchen Wiens fanden Vigilien statt; die beiden Hoftheater blieben gestern geschlossen. Obgleich der Jahrestag eigentlich auf den 2 März fällt, dieser Tag aber wie sein Vorgänger als die letzten des Faschings auch gewöhnlich die belebtesten sind, so hat Se. Maj. der Kaiser, um in den öffentlichen Vergnügungen eine Störung zu vermeiden, die Abhaltung der Trauerfeier auf gestern als den Vorabend und heute zu verlegen geruht.
Türkei.
_ Von der türkischen Gränze, 21 Febr. Aus Konstantinopel schreibt man, die Pforte habe den Repräsentanten der fünf Großmächte erklärt,*) *) daß sie dem ihr so äußerst nachtheiligen gegenwärtigen Stand der Dinge, der ihr so große Opfer abzwinge – wenn nicht bald durch ihre Vermittlung ein Uebereinkommen getroffen werde – dadurch ein Ende machen werde, daß sie sich Rußland ausschließlich in die Arme werfe, und dessen vertragsmäßig schuldige Unterstützung in Anspruch nehme. Ein sonst gut unterrichteter Berichterstatter fügt bei, diese Erklärung sey zweifelsohne dem Reis-Efendi durch England nur zu dem Zwecke eingegeben worden, um durch das drohende Gespenst einer russischen Intervention die Bedenklichkeiten Frankreichs zu besiegen und es zu vermögen, sich den englischen Vorschlägen anzuschließen, und dadurch größerm Uebel zuvorzukommen.*) *)
Die Abberufung Hasnib Pascha's, Gouverneurs von Salonichi, ist in dem ganzen seiner Verwaltung anvertraut gewesenen Bezirk mit Bedauern vernommen worden. Er war wegen seiner Rechtsliebe und Unparteilichkeit allgemein beliebt. Größeres Aufsehen noch machte die Ernennung Emin Pascha's, Sohnes des bekannten Großwessirs Reschid Pascha, zum Statthalter von Trikala, die als eben kein freundliches Zeichen gegen Griechenland betrachtet wird. Emin Pascha ist bloß Krieger, von rauhem Charakter; Eigenschaften eines Staatsmannes, wie dieser Gränzposten sie erforderte, fehlen ihm ganz. Es ist als habe die Pforte durch seine Versetzung an die Gränze Griechenlands andeuten wollen, daß sie gegen etwaige aufrührerische Bewegungen mit Strenge vorgehen werde, und man sieht hieraus, daß man in Konstantinopel von dem thörichten Wahne, die griechische Regierung stehe selbst an der Spitze der in diesen Gegenden beabsichtigten Aufstände, nur schwer lassen kann. Der k. griechische Minister Zographos war in Verzweiflung, daß er seine Verhandlungen mit der Pforte in Betreff eines Handelsvertrags keinem glücklichen Ende zuführen konnte, woran wohl auch jener Argwohn einige Schuld haben mochte. Es ist bekannt, daß Hr. Zographos auf dem Punkte war, Konstantinopel unverrichteter Sache wieder zu verlassen, als sich die Verhältnisse unerwartet umgestalteten, so daß nun alle Aussicht vorhanden ist, daß er doch noch das erwünschte Ziel erreichen wird. Diese günstige Veränderung wird Hrn. v. Butenieff zugeschrieben, der von seinem Hofe den Auftrag erhalten hatte, den griechischen Bevollmächtigten zu unterstützen.
Die Rebellion in Dibra hat, wie wir voraussahen, bereits ihr schmähliches Ende erreicht. Die Bevölkerung hat die Urheber, zwei in diesem Bezirke reich begüterte Brüder, dem Rumely Walessy gebunden ausgeliefert, der diese nach Kleinasien verwiesen und allen übrigen Theilnehmern verziehen hat. – In den Districten von Ipek und Pristina besteht der Aufruhr noch, jedoch ohne sich weiter zu verbreiten.
In Bosnien und Herzegowina herrscht noch große Aufregung. Zwischen dem Statthalter der letztgenannten Provinz und den Montenegrinern wird es wohl wieder zu blutigen Auftritten kommen, da die Bewohner des streitigen Gebiets von Grahowo kürzlich, wie es heißt auf Anstiften des Vladika, den von Ali Pascha gesandten Steuereinsammler gewaltsam davon jagten. – Der Vladika von Montenegro hat neulich von Podgoritza und einigen andern christlichen Gemeinden der Nachbarschaft Deputationen empfangen, die ihm Vereinigung mit Montenegro antrugen, und um das türkische Joch abzuschütteln Waffen und Munition verlangten. Diese Anträge hat der Vladika aufs freundlichste aufgenommen, und die Deputirten mit großen Versprechungen und ansehnlichen Geschenken entlassen. Gegen Oesterreich beobachtet der Vladika unablässig das freundlichste Zuvorkommen. Er hat auf den Höhen von Pastrovichi Galgen errichten und in der angränzenden Nahia cernitza bekannt machen lassen, daß an diesen jeder, der den Frieden mit Oesterreich störe, seine Strafe erhalten werde.
Nach Berichten aus Alexandria hat sich Mehemed Ali gegen die Consuln bitter beschwert über die von der Pforte ausgesprochene Absetzung des Kapudan Pascha's, der sich in seinen
*) Andern glaubwürdigen Berichten zufolge hätte Reschid Pascha diese Drohung bloß gelegentlich, gleichsam wie zufällig hingeworfen.
Anmerk. des Corresp.
*) Wir haben dieser Tage gemeldet, daß der Konstantinopler Correspondenz des Journal des Débats zufolge Hr. v. Pontois gegen jedes Einrücken oder Landen russischer Truppen protestirt habe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |