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Allgemeine Zeitung. Nr. 83. Augsburg, 23. März 1840.

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für Fratze, laßt uns lachen, da ist Lemaitre! Und in der That mit dem Auftreten dieser verkörperten Pasquinade aller unserer geselligen Gebrechen und Thorheiten bemächtigte sich des ganzen Saales ein unauslöschliches Lachen, in welchem selbst die gröbsten Verstöße gegen eine anständige Sprache für einen Augenblick einen schützenden Schleier fanden. Allein dem ersten Rausche folgte die Rückkehr zu ruhiger Betrachtung, und jeder sagte sich: die Censur hat schon zu manchen Beschwerden Anlaß gegeben, es scheint, sie will uns die Gelegenheit nicht gönnen, ihr trauriges Amt auch einmal als nützlich zu erkennen, sonst - das Wort war kaum ausgesprochen, als die Antwort schon da war. "Der Minister des Innern, in Betracht des ärgerlichen Eindruckes, den die Immoralität des gestrigen Drama's, vermehrt noch durch den Ausdruck des Hauptschauspielers, hervorgebracht hat, verbietet die fernere Aufführung." Glücklicheres konnte dem Verfasser nicht geschehen. So würde man von einem Schriftsteller sagen, dem der Erfolg, selbst der eines riesenmäßigen Skandals, nicht das Höchste wäre. Bei Balzac aber wäre das übel angebracht; er hätte eine lange Reihe von Vorstellungen dem schützenden Märtyrerthum vorgezogen! - In derselben Zeit, wo Vautrin an der Porte St. Martin über die Bühne ging, ward an der großen Oper ein herzzerreißendes, mit Blumen und Guirlanden reich geschmücktes, aber darum nicht minder wirkliches Leichenbegängniß gefeiert. Es war der Tag der außerordentlichen Vorstellung zu Gunsten von Fräulein Falcon, der herrlichen, herzvollen Sängerin, der Jüdin und der Mathilde in den Hugenotten. Je nach dem Erfolg dieses Versuches sollte die Künstlerin wieder in der großen Oper eintreten oder ihre Versuche, die verlorene Stimme wieder zu erlangen, fortsetzen. Das Ergebniß war schmerzlich; alle Eigenschaften der gefühlvollen Künstlerin, außer dem Gesange, schienen gesteigert, allein die Stimme, der Klang, das Metall, besonders in den mittlern Tönen, waren in einen erstickenden Flor gehüllt, und die herzlichste Sympathie des gefüllten Hauses, sein Zurufen, wie seine Beklommenheit, konnten selbst die gefeierte Künstlerin nicht täuschen. Sie erlag beinahe unter der Aufregung, die ihr dieses peinliche Wiedersehen verursachte. Vielleicht vermögen eine fortgesetzte Ruhe und ein milderes Klima ihr wieder zu geben, was sie so tief beweint und mit ihr das Publicum, das sie als seinen Liebling begrüßte; allein die Thatsache selbst ist in diesem Augenblicke unläugbar: sie hat ihre Stimme nicht wieder gefunden.

Schweden.

Die wiederholten Niederlagen, welche die Opposition im Ritterhaus erfuhr, haben sie veranlaßt, ihren Operationsplan zu ändern. Seit einigen Tagen ist sie im Ritterhause so gut wie verstummt, dagegen tritt sie jetzt im Bauernstande, wo sie ihres Sieges gewiß ist, mit einem Project auf, das, wenn es auch des Erfolges nicht gewiß ist, jedenfalls die Bestrebungen und die Unbeugsamkeit der Opposition zeigt. Diese fühlt ihre Kraft, sie weiß, daß ihr nur veraltete Formen entgegenstehen, um völlig durchzudringen, und ist zum Aeußersten entschlossen: zu einer Art Verweigerung der Steuern. Schon im Plenum vom 26 Febr. hatten Hans Jansson und Per Hausson Motionen zur Abkürzung der Reichstage gemacht, die sich, weil im Laufe von fünf Jahren die Geschäfte sich ungemein häufen, meist sehr in die Länge ziehen. Dagegen sollen die Reichstage eigentlich nur vier Monate dauern, und die Regierung hat es also in ihrer Gewalt, dem Reichstag schnell ein Ende zu machen, sobald nach Bewilligung der Steuern auf fünf Jahre Dinge an demselben vorkommen, die ihr nicht genehm sind. Die beiden am 26 Febr. gemachten Motionen, die hauptsächlich eine Abkürzung des Geschäftsgangs zum Zweck gehabt zu haben scheinen, wurden im nächsten Plenum zurückgenommen, um modificirt zu werden, d. h. um ihnen eine ganz andere Wendung zu geben. Ich theile Ihnen nun Hans Janssons im Plenum vom 4 März gemachten Vorschlag im Auszuge mit, woraus Sie denn die Tendenz desselben am richtigsten selbst entnehmen können. "Mehrere Vorschläge wurden schon gemacht zur Abkürzung des Reichstags und es ist der allgemeine Wunsch, daß eine solche erreicht werde. Ich halte dieß nicht für unmöglich, wenn man sich über die Bedeutung dieses Reichstags klare Rechenschaft gibt. Soll dieser, wie die vorhergehenden Reichstage sich mit den vorkommenden Fragen und Gegenständen in allen ihren Details beschäftigen, so ist keine Hoffnung verhanden, daß er kürzer daure, sondern noch länger, weil der Gegenstände jetzt mehrere und von größerer Bedeutung sind. Beschäftigt sich aber der Reichstag hauptsächlich mit den großen Fragen, worauf des Landes Erwartung sich heftet, nämlich einer verbesserten Staatsverfasung und Festsetzung einer andern Repräsentation, so kann und muß der Reichstag kürzer dauern als die vorhergehenden. Es ist einleuchtend, daß wenn die Stände nicht auf diesem Reichstag den Grund legen zu einem neuen Staatsgebäude, so müssen sie wieder fünf oder sechs Jahre warten bis zum nächsten Reichstag; der jetzige Zustand muß inzwischen fortdauern mit allen seinen Unbequemlichkeiten, und ich brauche nicht erst zu sagen, wie wenig wir damit ausrichten, oder auf die Ungewißheit hinzudeuten, ob ein künftiger Reichstag alsbald dem Uebel abhilft, wenn die Annahme der neuen Constitutionsparagraphen von der ungewissen Zustimmung der Regierung abhängt. Diese Zustimmung zu erhalten, so wie den Termin bis zum nächsten Reichstag abzukürzen, muß der Hauptgegenstand der Aufmerksamkeit für die jetzigen Stände seyn. Sie haben freilich nicht die Macht, das eine oder das andere vorzuschreiben, aber sie haben ein Mittel in den Händen, das, verständig und würdig angewandt, zur Erreichung dieses Zwecks zu führen scheint. Dieß Mittel ist die Steuerbewilligung.... Wenn die Reichsangelegenheiten, wie gewöhnlich, in allen Details geordnet werden, und die größere oder geringere Nothwendigkeit der einzelnen Ausgaben untersucht wird, so braucht fürs erste der Staatsausschuß dazu eine längere Zeit, dann kommt die Reihe an die Stände, die verschiedenen Posten gutzuheißen oder zu verwerfen, hierüber soll debattirt werden, ungleiche Meinungen erheben sich unter den Ständen, dann muß man den Staatsausschuß verstärken, darüber können die gesetzlichen vier Monate für die Dauer des Reichstags verfließen, dieser kann aufgelöst werden, die alten Bewilligungen dauern fort, und alle bisherigen Arbeiten über die neuen Bewilligungen sind fruchtlos. Ich wage es deßhalb ein Mittel vorzuschlagen, das, wenigstens meiner Ansicht nach, zum Ziel führen muß, ohne der Würde irgend einer Staatsmacht zu nahe zu treten, und das mit dem Grundgesetz in völliger Uebereinstimmung steht. Dieses befiehlt, daß eine Bewilligung festgestellt werden soll. Nun wohl, die Stände thun dieß, aber zum möglichst niedern Belauf, etwa zur Hälfte des jetzigen, wobei sie als Grundsatz annehmen, daß sie keinen neuen Vorschlag genehmigen. Hiemit haben sie die Vorschrift des Grundgesetzes erfüllt, und können die Einführung der neuen Staatsverfassung abwarten. Die Regierung ist dann selbst in doppelter Hinsicht interessirt, daß die Staatsverfassung und die dann folgende Staatsregulirung so schnell als möglich statt finde, und daß die Stände zu dem Ende alsbald abermals zusammenberufen werden." Dieß sind die wichtigsten Stellen aus Hans Janssons Rede. Alsbald traten andere Redner dafür auf, und der oben schon erwähnte Per Hansson meinte, der Vorschlag, nur die Hälfte der Steuern zu verwilligen, sey nur

für Fratze, laßt uns lachen, da ist Lemaitre! Und in der That mit dem Auftreten dieser verkörperten Pasquinade aller unserer geselligen Gebrechen und Thorheiten bemächtigte sich des ganzen Saales ein unauslöschliches Lachen, in welchem selbst die gröbsten Verstöße gegen eine anständige Sprache für einen Augenblick einen schützenden Schleier fanden. Allein dem ersten Rausche folgte die Rückkehr zu ruhiger Betrachtung, und jeder sagte sich: die Censur hat schon zu manchen Beschwerden Anlaß gegeben, es scheint, sie will uns die Gelegenheit nicht gönnen, ihr trauriges Amt auch einmal als nützlich zu erkennen, sonst – das Wort war kaum ausgesprochen, als die Antwort schon da war. „Der Minister des Innern, in Betracht des ärgerlichen Eindruckes, den die Immoralität des gestrigen Drama's, vermehrt noch durch den Ausdruck des Hauptschauspielers, hervorgebracht hat, verbietet die fernere Aufführung.“ Glücklicheres konnte dem Verfasser nicht geschehen. So würde man von einem Schriftsteller sagen, dem der Erfolg, selbst der eines riesenmäßigen Skandals, nicht das Höchste wäre. Bei Balzac aber wäre das übel angebracht; er hätte eine lange Reihe von Vorstellungen dem schützenden Märtyrerthum vorgezogen! – In derselben Zeit, wo Vautrin an der Porte St. Martin über die Bühne ging, ward an der großen Oper ein herzzerreißendes, mit Blumen und Guirlanden reich geschmücktes, aber darum nicht minder wirkliches Leichenbegängniß gefeiert. Es war der Tag der außerordentlichen Vorstellung zu Gunsten von Fräulein Falcon, der herrlichen, herzvollen Sängerin, der Jüdin und der Mathilde in den Hugenotten. Je nach dem Erfolg dieses Versuches sollte die Künstlerin wieder in der großen Oper eintreten oder ihre Versuche, die verlorene Stimme wieder zu erlangen, fortsetzen. Das Ergebniß war schmerzlich; alle Eigenschaften der gefühlvollen Künstlerin, außer dem Gesange, schienen gesteigert, allein die Stimme, der Klang, das Metall, besonders in den mittlern Tönen, waren in einen erstickenden Flor gehüllt, und die herzlichste Sympathie des gefüllten Hauses, sein Zurufen, wie seine Beklommenheit, konnten selbst die gefeierte Künstlerin nicht täuschen. Sie erlag beinahe unter der Aufregung, die ihr dieses peinliche Wiedersehen verursachte. Vielleicht vermögen eine fortgesetzte Ruhe und ein milderes Klima ihr wieder zu geben, was sie so tief beweint und mit ihr das Publicum, das sie als seinen Liebling begrüßte; allein die Thatsache selbst ist in diesem Augenblicke unläugbar: sie hat ihre Stimme nicht wieder gefunden.

Schweden.

Die wiederholten Niederlagen, welche die Opposition im Ritterhaus erfuhr, haben sie veranlaßt, ihren Operationsplan zu ändern. Seit einigen Tagen ist sie im Ritterhause so gut wie verstummt, dagegen tritt sie jetzt im Bauernstande, wo sie ihres Sieges gewiß ist, mit einem Project auf, das, wenn es auch des Erfolges nicht gewiß ist, jedenfalls die Bestrebungen und die Unbeugsamkeit der Opposition zeigt. Diese fühlt ihre Kraft, sie weiß, daß ihr nur veraltete Formen entgegenstehen, um völlig durchzudringen, und ist zum Aeußersten entschlossen: zu einer Art Verweigerung der Steuern. Schon im Plenum vom 26 Febr. hatten Hans Jansson und Per Hausson Motionen zur Abkürzung der Reichstage gemacht, die sich, weil im Laufe von fünf Jahren die Geschäfte sich ungemein häufen, meist sehr in die Länge ziehen. Dagegen sollen die Reichstage eigentlich nur vier Monate dauern, und die Regierung hat es also in ihrer Gewalt, dem Reichstag schnell ein Ende zu machen, sobald nach Bewilligung der Steuern auf fünf Jahre Dinge an demselben vorkommen, die ihr nicht genehm sind. Die beiden am 26 Febr. gemachten Motionen, die hauptsächlich eine Abkürzung des Geschäftsgangs zum Zweck gehabt zu haben scheinen, wurden im nächsten Plenum zurückgenommen, um modificirt zu werden, d. h. um ihnen eine ganz andere Wendung zu geben. Ich theile Ihnen nun Hans Janssons im Plenum vom 4 März gemachten Vorschlag im Auszuge mit, woraus Sie denn die Tendenz desselben am richtigsten selbst entnehmen können. „Mehrere Vorschläge wurden schon gemacht zur Abkürzung des Reichstags und es ist der allgemeine Wunsch, daß eine solche erreicht werde. Ich halte dieß nicht für unmöglich, wenn man sich über die Bedeutung dieses Reichstags klare Rechenschaft gibt. Soll dieser, wie die vorhergehenden Reichstage sich mit den vorkommenden Fragen und Gegenständen in allen ihren Details beschäftigen, so ist keine Hoffnung verhanden, daß er kürzer daure, sondern noch länger, weil der Gegenstände jetzt mehrere und von größerer Bedeutung sind. Beschäftigt sich aber der Reichstag hauptsächlich mit den großen Fragen, worauf des Landes Erwartung sich heftet, nämlich einer verbesserten Staatsverfasung und Festsetzung einer andern Repräsentation, so kann und muß der Reichstag kürzer dauern als die vorhergehenden. Es ist einleuchtend, daß wenn die Stände nicht auf diesem Reichstag den Grund legen zu einem neuen Staatsgebäude, so müssen sie wieder fünf oder sechs Jahre warten bis zum nächsten Reichstag; der jetzige Zustand muß inzwischen fortdauern mit allen seinen Unbequemlichkeiten, und ich brauche nicht erst zu sagen, wie wenig wir damit ausrichten, oder auf die Ungewißheit hinzudeuten, ob ein künftiger Reichstag alsbald dem Uebel abhilft, wenn die Annahme der neuen Constitutionsparagraphen von der ungewissen Zustimmung der Regierung abhängt. Diese Zustimmung zu erhalten, so wie den Termin bis zum nächsten Reichstag abzukürzen, muß der Hauptgegenstand der Aufmerksamkeit für die jetzigen Stände seyn. Sie haben freilich nicht die Macht, das eine oder das andere vorzuschreiben, aber sie haben ein Mittel in den Händen, das, verständig und würdig angewandt, zur Erreichung dieses Zwecks zu führen scheint. Dieß Mittel ist die Steuerbewilligung.... Wenn die Reichsangelegenheiten, wie gewöhnlich, in allen Details geordnet werden, und die größere oder geringere Nothwendigkeit der einzelnen Ausgaben untersucht wird, so braucht fürs erste der Staatsausschuß dazu eine längere Zeit, dann kommt die Reihe an die Stände, die verschiedenen Posten gutzuheißen oder zu verwerfen, hierüber soll debattirt werden, ungleiche Meinungen erheben sich unter den Ständen, dann muß man den Staatsausschuß verstärken, darüber können die gesetzlichen vier Monate für die Dauer des Reichstags verfließen, dieser kann aufgelöst werden, die alten Bewilligungen dauern fort, und alle bisherigen Arbeiten über die neuen Bewilligungen sind fruchtlos. Ich wage es deßhalb ein Mittel vorzuschlagen, das, wenigstens meiner Ansicht nach, zum Ziel führen muß, ohne der Würde irgend einer Staatsmacht zu nahe zu treten, und das mit dem Grundgesetz in völliger Uebereinstimmung steht. Dieses befiehlt, daß eine Bewilligung festgestellt werden soll. Nun wohl, die Stände thun dieß, aber zum möglichst niedern Belauf, etwa zur Hälfte des jetzigen, wobei sie als Grundsatz annehmen, daß sie keinen neuen Vorschlag genehmigen. Hiemit haben sie die Vorschrift des Grundgesetzes erfüllt, und können die Einführung der neuen Staatsverfassung abwarten. Die Regierung ist dann selbst in doppelter Hinsicht interessirt, daß die Staatsverfassung und die dann folgende Staatsregulirung so schnell als möglich statt finde, und daß die Stände zu dem Ende alsbald abermals zusammenberufen werden.“ Dieß sind die wichtigsten Stellen aus Hans Janssons Rede. Alsbald traten andere Redner dafür auf, und der oben schon erwähnte Per Hansson meinte, der Vorschlag, nur die Hälfte der Steuern zu verwilligen, sey nur

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Dagegen sollen die Reichstage eigentlich nur vier Monate dauern, und die Regierung hat es also in ihrer Gewalt, dem Reichstag schnell ein Ende zu machen, sobald nach Bewilligung der Steuern auf fünf Jahre Dinge an demselben vorkommen, die ihr nicht genehm sind. Die beiden am 26 Febr. gemachten Motionen, die hauptsächlich eine Abkürzung des Geschäftsgangs zum Zweck gehabt zu haben scheinen, wurden im nächsten Plenum zurückgenommen, um <hi rendition="#g">modificirt</hi> zu werden, d. h. um ihnen eine ganz andere Wendung zu geben. Ich theile Ihnen nun Hans Janssons im Plenum vom 4 März gemachten Vorschlag im Auszuge mit, woraus Sie denn die Tendenz desselben am richtigsten selbst entnehmen können. &#x201E;Mehrere Vorschläge wurden schon gemacht zur Abkürzung des Reichstags und es ist der allgemeine Wunsch, daß eine solche erreicht werde. Ich halte dieß nicht für unmöglich, wenn man sich über die Bedeutung dieses Reichstags klare Rechenschaft gibt. 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Wenn die Reichsangelegenheiten, wie gewöhnlich, in allen Details geordnet werden, und die größere oder geringere Nothwendigkeit der einzelnen Ausgaben untersucht wird, so braucht fürs erste der Staatsausschuß dazu eine längere Zeit, dann kommt die Reihe an die Stände, die verschiedenen Posten gutzuheißen oder zu verwerfen, hierüber soll debattirt werden, ungleiche Meinungen erheben sich unter den Ständen, dann muß man den Staatsausschuß verstärken, darüber können die gesetzlichen vier Monate für die Dauer des Reichstags verfließen, dieser kann aufgelöst werden, die alten Bewilligungen dauern fort, und alle bisherigen Arbeiten über die neuen Bewilligungen sind fruchtlos. Ich wage es deßhalb ein Mittel vorzuschlagen, das, wenigstens meiner Ansicht nach, zum Ziel führen muß, ohne der Würde irgend einer Staatsmacht zu nahe zu treten, und das mit dem Grundgesetz in völliger Uebereinstimmung steht. Dieses befiehlt, daß eine Bewilligung festgestellt werden soll. 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[0661/0013] für Fratze, laßt uns lachen, da ist Lemaitre! Und in der That mit dem Auftreten dieser verkörperten Pasquinade aller unserer geselligen Gebrechen und Thorheiten bemächtigte sich des ganzen Saales ein unauslöschliches Lachen, in welchem selbst die gröbsten Verstöße gegen eine anständige Sprache für einen Augenblick einen schützenden Schleier fanden. Allein dem ersten Rausche folgte die Rückkehr zu ruhiger Betrachtung, und jeder sagte sich: die Censur hat schon zu manchen Beschwerden Anlaß gegeben, es scheint, sie will uns die Gelegenheit nicht gönnen, ihr trauriges Amt auch einmal als nützlich zu erkennen, sonst – das Wort war kaum ausgesprochen, als die Antwort schon da war. „Der Minister des Innern, in Betracht des ärgerlichen Eindruckes, den die Immoralität des gestrigen Drama's, vermehrt noch durch den Ausdruck des Hauptschauspielers, hervorgebracht hat, verbietet die fernere Aufführung.“ Glücklicheres konnte dem Verfasser nicht geschehen. So würde man von einem Schriftsteller sagen, dem der Erfolg, selbst der eines riesenmäßigen Skandals, nicht das Höchste wäre. Bei Balzac aber wäre das übel angebracht; er hätte eine lange Reihe von Vorstellungen dem schützenden Märtyrerthum vorgezogen! – In derselben Zeit, wo Vautrin an der Porte St. Martin über die Bühne ging, ward an der großen Oper ein herzzerreißendes, mit Blumen und Guirlanden reich geschmücktes, aber darum nicht minder wirkliches Leichenbegängniß gefeiert. Es war der Tag der außerordentlichen Vorstellung zu Gunsten von Fräulein Falcon, der herrlichen, herzvollen Sängerin, der Jüdin und der Mathilde in den Hugenotten. Je nach dem Erfolg dieses Versuches sollte die Künstlerin wieder in der großen Oper eintreten oder ihre Versuche, die verlorene Stimme wieder zu erlangen, fortsetzen. Das Ergebniß war schmerzlich; alle Eigenschaften der gefühlvollen Künstlerin, außer dem Gesange, schienen gesteigert, allein die Stimme, der Klang, das Metall, besonders in den mittlern Tönen, waren in einen erstickenden Flor gehüllt, und die herzlichste Sympathie des gefüllten Hauses, sein Zurufen, wie seine Beklommenheit, konnten selbst die gefeierte Künstlerin nicht täuschen. Sie erlag beinahe unter der Aufregung, die ihr dieses peinliche Wiedersehen verursachte. Vielleicht vermögen eine fortgesetzte Ruhe und ein milderes Klima ihr wieder zu geben, was sie so tief beweint und mit ihr das Publicum, das sie als seinen Liebling begrüßte; allein die Thatsache selbst ist in diesem Augenblicke unläugbar: sie hat ihre Stimme nicht wieder gefunden. Schweden. _ Stockholm, 6 März. Die wiederholten Niederlagen, welche die Opposition im Ritterhaus erfuhr, haben sie veranlaßt, ihren Operationsplan zu ändern. Seit einigen Tagen ist sie im Ritterhause so gut wie verstummt, dagegen tritt sie jetzt im Bauernstande, wo sie ihres Sieges gewiß ist, mit einem Project auf, das, wenn es auch des Erfolges nicht gewiß ist, jedenfalls die Bestrebungen und die Unbeugsamkeit der Opposition zeigt. Diese fühlt ihre Kraft, sie weiß, daß ihr nur veraltete Formen entgegenstehen, um völlig durchzudringen, und ist zum Aeußersten entschlossen: zu einer Art Verweigerung der Steuern. Schon im Plenum vom 26 Febr. hatten Hans Jansson und Per Hausson Motionen zur Abkürzung der Reichstage gemacht, die sich, weil im Laufe von fünf Jahren die Geschäfte sich ungemein häufen, meist sehr in die Länge ziehen. Dagegen sollen die Reichstage eigentlich nur vier Monate dauern, und die Regierung hat es also in ihrer Gewalt, dem Reichstag schnell ein Ende zu machen, sobald nach Bewilligung der Steuern auf fünf Jahre Dinge an demselben vorkommen, die ihr nicht genehm sind. Die beiden am 26 Febr. gemachten Motionen, die hauptsächlich eine Abkürzung des Geschäftsgangs zum Zweck gehabt zu haben scheinen, wurden im nächsten Plenum zurückgenommen, um modificirt zu werden, d. h. um ihnen eine ganz andere Wendung zu geben. Ich theile Ihnen nun Hans Janssons im Plenum vom 4 März gemachten Vorschlag im Auszuge mit, woraus Sie denn die Tendenz desselben am richtigsten selbst entnehmen können. „Mehrere Vorschläge wurden schon gemacht zur Abkürzung des Reichstags und es ist der allgemeine Wunsch, daß eine solche erreicht werde. Ich halte dieß nicht für unmöglich, wenn man sich über die Bedeutung dieses Reichstags klare Rechenschaft gibt. Soll dieser, wie die vorhergehenden Reichstage sich mit den vorkommenden Fragen und Gegenständen in allen ihren Details beschäftigen, so ist keine Hoffnung verhanden, daß er kürzer daure, sondern noch länger, weil der Gegenstände jetzt mehrere und von größerer Bedeutung sind. Beschäftigt sich aber der Reichstag hauptsächlich mit den großen Fragen, worauf des Landes Erwartung sich heftet, nämlich einer verbesserten Staatsverfasung und Festsetzung einer andern Repräsentation, so kann und muß der Reichstag kürzer dauern als die vorhergehenden. Es ist einleuchtend, daß wenn die Stände nicht auf diesem Reichstag den Grund legen zu einem neuen Staatsgebäude, so müssen sie wieder fünf oder sechs Jahre warten bis zum nächsten Reichstag; der jetzige Zustand muß inzwischen fortdauern mit allen seinen Unbequemlichkeiten, und ich brauche nicht erst zu sagen, wie wenig wir damit ausrichten, oder auf die Ungewißheit hinzudeuten, ob ein künftiger Reichstag alsbald dem Uebel abhilft, wenn die Annahme der neuen Constitutionsparagraphen von der ungewissen Zustimmung der Regierung abhängt. Diese Zustimmung zu erhalten, so wie den Termin bis zum nächsten Reichstag abzukürzen, muß der Hauptgegenstand der Aufmerksamkeit für die jetzigen Stände seyn. Sie haben freilich nicht die Macht, das eine oder das andere vorzuschreiben, aber sie haben ein Mittel in den Händen, das, verständig und würdig angewandt, zur Erreichung dieses Zwecks zu führen scheint. Dieß Mittel ist die Steuerbewilligung.... Wenn die Reichsangelegenheiten, wie gewöhnlich, in allen Details geordnet werden, und die größere oder geringere Nothwendigkeit der einzelnen Ausgaben untersucht wird, so braucht fürs erste der Staatsausschuß dazu eine längere Zeit, dann kommt die Reihe an die Stände, die verschiedenen Posten gutzuheißen oder zu verwerfen, hierüber soll debattirt werden, ungleiche Meinungen erheben sich unter den Ständen, dann muß man den Staatsausschuß verstärken, darüber können die gesetzlichen vier Monate für die Dauer des Reichstags verfließen, dieser kann aufgelöst werden, die alten Bewilligungen dauern fort, und alle bisherigen Arbeiten über die neuen Bewilligungen sind fruchtlos. Ich wage es deßhalb ein Mittel vorzuschlagen, das, wenigstens meiner Ansicht nach, zum Ziel führen muß, ohne der Würde irgend einer Staatsmacht zu nahe zu treten, und das mit dem Grundgesetz in völliger Uebereinstimmung steht. Dieses befiehlt, daß eine Bewilligung festgestellt werden soll. Nun wohl, die Stände thun dieß, aber zum möglichst niedern Belauf, etwa zur Hälfte des jetzigen, wobei sie als Grundsatz annehmen, daß sie keinen neuen Vorschlag genehmigen. Hiemit haben sie die Vorschrift des Grundgesetzes erfüllt, und können die Einführung der neuen Staatsverfassung abwarten. Die Regierung ist dann selbst in doppelter Hinsicht interessirt, daß die Staatsverfassung und die dann folgende Staatsregulirung so schnell als möglich statt finde, und daß die Stände zu dem Ende alsbald abermals zusammenberufen werden.“ Dieß sind die wichtigsten Stellen aus Hans Janssons Rede. Alsbald traten andere Redner dafür auf, und der oben schon erwähnte Per Hansson meinte, der Vorschlag, nur die Hälfte der Steuern zu verwilligen, sey nur

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 83. Augsburg, 23. März 1840, S. 0661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_083_18400323/13>, abgerufen am 03.12.2024.