Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 86. Augsburg, 26. März 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Es laufen Ministerlisten um, die aber unter den gegenwärtigen Umständen von untergeordneter Wichtigkeit sind, da der Gang des Reichstags und die Gegenstände, die dabei zur Sprache kommen, die Aufmerksamkeit mehr in Anspruch nehmen, obwohl man von gewissen Seiten sich das Ansehen gibt, als sehe man vornehm und verächtlich darüber hinweg. Was aus den Bestrebungen der Opposition auf diesem Reichstag noch werden wird, ist nicht leicht abzusehen, so viel aber ist gewiß, daß ihre Ansichten, so weit sie sich auf praktische Dinge beziehen, mehr und mehr Anklang und Eingang finden. So hat ein Hr. Wedberg den Antrag gemacht, gewisse Cassen, welche bisher keiner eigentlichen ständischen Controle unterlagen, wie z. B. ausstehende Forderungen des Staats, eine besondere Casse der Artillerie u. s. w., deren Bestand zusammen über 4 Mill. Reichsthaler ausmacht, gleichfalls in die Staatsrechnungen aufzunehmen. Ein Hr. Oxehufvud macht einen sehr umfassenden Vorschlag über das Zunftwesen in Schweden, und weist nach, wie die Beschränkungen im Gewerbwesen und die Bevormundung durch die Regierung den Handel und den Geschäftsbetrieb des Landes wesentlich benachtheiligen. Einige seiner Bemerkungen lassen vermuthen, daß die Bemerkungen des Engländers Laing, dessen Buch in Schweden viel gelesen wird, aber bei der Regierung und dem Beamtenadel aus leicht begreiflichen Gründen viel böses Blut macht, auch über den Punkt der Näringsfrihet (Nahrungsfreiheit), wie man hier sagt, sehr richtig sind, und vielleicht manche Anträge deßhalb auf dem Reichstag veranlaßten, wie denn überhaupt das Buch, wahrscheinlich aus Oppositionsgeist, in Zeitungen und in den Sitzungen des Reichstags schon mehrfach citirt wurde. Ein kaum minder wichtiger Umstand ist, daß der Bewilligungsausschuß am 6 März darauf antrug, die sogenannte Schutzabgabe, welche namentlich auf dem gemeinen Volke lastet, bedeutend herabzusetzen; die Milderung ist auf die nicht unbedeutende Summe von 500,000 Rthlrn. berechnet. Einen entsprechenden Vorschlag hat der Landshöfding Hr. Sandelhjelm gemacht, und es ist kein Zweifel, daß die Stände darauf eingehen werden. Dann fallen die financiellen Propositionen der Regierung gleich vorweg zusammen, und müssen wesentlich modificirt werden. - Ich habe vor einiger Zeit vergessen, Ihnen den Vorschlag Hrn. Heurlin's zu melden, der darauf antrug, dem großen Linne ein Denkmal zu errichten. Er wünscht, daß der Staat das Gut, auf dem Linne geboren wurde, ankaufe, dort einen botanischen Garten anlege, und zugleich ein einfaches Denkmal errichte.

Rußland.

In Galacz bildet sich eine Gesellschaft zur Flußreinigung der Donaumündungen. Ihre Thätigkeit soll sich zuerst auf die Sulina richten, den zur Schifffahrt geeignetsten Arm des Delta, welcher auch fast ausschließlich von den Handelsschiffen benützt wird. Die Herstellung der erforderlichen Maschinen und überhaupt alle Unkosten des Unternehmens sollen durch Unterzeichnungen gedeckt, der Nominalwerth der einzelnen Actien auf 100 fl. festgesetzt werden. Die provisorische Gesellschaftsdirection ist bereits ernannt. - Die Buchhändler Lauron und Mieville, welche in Kiew Bücher unter das Publicum brachten, die im russischen Index prohibitorum stehen, sind aus Rußland verwiesen worden.

Oesterreich.

Der Generalmajor Ritter v. Turszky, Brigadier in Zara, ist zum provisorischen Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt worden. Der österreichische Feldmarschall-Lieutenant Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha ist, wie Sie wissen, allein zurückgekehrt. Der Prinz wird nach den Osterfeiertagen Wien wieder verlassen, um nach Brüssel zurückzugehen. Se. D. gedenkt in Gesellschaft seines zweiten Sohnes, des Prinzen August, dahin zu reisen; man will wissen, daß eine doppelte Verbindung mit dem k. französischen Hause beabsichtigt werde. Die Prinzessin Clementine, Tochter des Königs Ludwig Philipp, ist am 3 Jun. 1817 geboren. - Der Courierwechsel mit London und Paris ist seit einigen Tagen besonders lebhaft. - Miß Pardoe, von der Ihnen Semilasso von Pesth aus bereits geschrieben, befindet sich gegenwärtig in Wien. Ich höre, daß sie als ordentlicher Correspondent des Pesther Journals "das Tageblatt" sich längere Zeit hier aufhalten werde. Der Pesther "Spiegel" scheint sich die Verfolgung der armen Miß zum besondern Geschäft gemacht zu haben.

Türkei.

Der Versuch der serbischen Regierung, den Fürsten Michael bei seiner Rückkunft von Konstantinopel mit einem kleinen Corps von neuem regulären Militär zu überraschen, ist mißlungen. Man hatte zu diesem Ende einige Hundert junge Leute ausgehoben und ihnen eine entsprechende Anzahl Officiere gegeben. Eines schönen Abends, wo sämmtliche Officiere abwesend waren, zogen die jungen Krieger mit Sack und Pack (sie nahmen sogar ihre Gewehre mit) nach ihren Dörfern, und ließen nur einige kranke Cameraden zurück, welche den am andern Morgen vom Ball heimkommenden Officieren das Geschehene mittheilten. - Hr. Campiniano ist zurückgekehrt; es scheint, daß Hr. v. Ghika ein strenges Verfahren gegen ihn beobachten will. Man spricht von Verbannung, und bezeichnet Philippopel als sein künftiges Exil. Da sich aber bedeutende Personen für ihn verwenden, glaubt man, daß die Angelegenheiten Campiniano's leicht ausgeglichen werden dürften.

Der Dragoman, Hr. v. Avedic, ist, das wissen Sie bereits, auf Pontois Verlangen abgesetzt worden. Lange hatte die Pforte gegen diese Zumuthung Frankreichs Widerstand geleistet; sie gab endlich nach. Hr. v. Pontois hatte zweimal ausgesprochen, der Bericht des Hrn. Avedic enthalte nichts, was die Pforte nicht schon durch Hrn. Lalande aus seinen Depeschen vom 5 Jul. erfahren hätte. Und doch muß Hr. Avedic die Strafe der Destitution erleiden? Sie müsse doch etwas mehr enthalten haben. Dagegen erklärte bekanntlich Admiral Duperre in den französischen Kammern, Hr. v. Avedic sey bei den Unterredungen, die zwischen dem türkischen Admiral und Viceadmiral französischerseits gepflogen wurden, gar nicht gegenwärtig gewesen. Sonderbar, daß dieser treffende Beleg für die Unverläßlichkeit des Hrn. Avedic hier im Orient von Niemand benützt ward, ja Niemanden bekannt gewesen zu seyn scheint, da weder Hr. v. Pontois in seiner Note vom 31 Dec., noch der Schreiber des im Echo de l'Orient vom 25 Jan. enthaltenen Briefes d. d. Pera 20 Jan., dieses Umstandes erwähnte. Und doch würde durch ihn allein alles Uebrige, was in dieser Sache gesagt ward, entbehrlich gemacht worden seyn. Wenn Sie das erwähnte Schreiben im Echo de l'Orient mit Hrn. v. Pontois' Note aufmerksam vergleichen, so wird Ihnen über den Verfasser des erstern kein Zweifel übrig bleiben. Wenigstens würde der Umstand der besagten Abwesenheit des Hrn. v. Avedic unstreitig einen triftigern Beweis gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen abgegeben haben, als die höchst sonderbare Argumentation des Hrn. v. Pontois, daß der alsbald nach dem vollbrachten Ereigniß abgestattete Rapport des Admirals Lalande weit mehr Glauben verdiene,

Es laufen Ministerlisten um, die aber unter den gegenwärtigen Umständen von untergeordneter Wichtigkeit sind, da der Gang des Reichstags und die Gegenstände, die dabei zur Sprache kommen, die Aufmerksamkeit mehr in Anspruch nehmen, obwohl man von gewissen Seiten sich das Ansehen gibt, als sehe man vornehm und verächtlich darüber hinweg. Was aus den Bestrebungen der Opposition auf diesem Reichstag noch werden wird, ist nicht leicht abzusehen, so viel aber ist gewiß, daß ihre Ansichten, so weit sie sich auf praktische Dinge beziehen, mehr und mehr Anklang und Eingang finden. So hat ein Hr. Wedberg den Antrag gemacht, gewisse Cassen, welche bisher keiner eigentlichen ständischen Controle unterlagen, wie z. B. ausstehende Forderungen des Staats, eine besondere Casse der Artillerie u. s. w., deren Bestand zusammen über 4 Mill. Reichsthaler ausmacht, gleichfalls in die Staatsrechnungen aufzunehmen. Ein Hr. Oxehufvud macht einen sehr umfassenden Vorschlag über das Zunftwesen in Schweden, und weist nach, wie die Beschränkungen im Gewerbwesen und die Bevormundung durch die Regierung den Handel und den Geschäftsbetrieb des Landes wesentlich benachtheiligen. Einige seiner Bemerkungen lassen vermuthen, daß die Bemerkungen des Engländers Laing, dessen Buch in Schweden viel gelesen wird, aber bei der Regierung und dem Beamtenadel aus leicht begreiflichen Gründen viel böses Blut macht, auch über den Punkt der Näringsfrihet (Nahrungsfreiheit), wie man hier sagt, sehr richtig sind, und vielleicht manche Anträge deßhalb auf dem Reichstag veranlaßten, wie denn überhaupt das Buch, wahrscheinlich aus Oppositionsgeist, in Zeitungen und in den Sitzungen des Reichstags schon mehrfach citirt wurde. Ein kaum minder wichtiger Umstand ist, daß der Bewilligungsausschuß am 6 März darauf antrug, die sogenannte Schutzabgabe, welche namentlich auf dem gemeinen Volke lastet, bedeutend herabzusetzen; die Milderung ist auf die nicht unbedeutende Summe von 500,000 Rthlrn. berechnet. Einen entsprechenden Vorschlag hat der Landshöfding Hr. Sandelhjelm gemacht, und es ist kein Zweifel, daß die Stände darauf eingehen werden. Dann fallen die financiellen Propositionen der Regierung gleich vorweg zusammen, und müssen wesentlich modificirt werden. – Ich habe vor einiger Zeit vergessen, Ihnen den Vorschlag Hrn. Heurlin's zu melden, der darauf antrug, dem großen Linné ein Denkmal zu errichten. Er wünscht, daß der Staat das Gut, auf dem Linné geboren wurde, ankaufe, dort einen botanischen Garten anlege, und zugleich ein einfaches Denkmal errichte.

Rußland.

In Galacz bildet sich eine Gesellschaft zur Flußreinigung der Donaumündungen. Ihre Thätigkeit soll sich zuerst auf die Sulina richten, den zur Schifffahrt geeignetsten Arm des Delta, welcher auch fast ausschließlich von den Handelsschiffen benützt wird. Die Herstellung der erforderlichen Maschinen und überhaupt alle Unkosten des Unternehmens sollen durch Unterzeichnungen gedeckt, der Nominalwerth der einzelnen Actien auf 100 fl. festgesetzt werden. Die provisorische Gesellschaftsdirection ist bereits ernannt. – Die Buchhändler Lauron und Miéville, welche in Kiew Bücher unter das Publicum brachten, die im russischen Index prohibitorum stehen, sind aus Rußland verwiesen worden.

Oesterreich.

Der Generalmajor Ritter v. Turszky, Brigadier in Zara, ist zum provisorischen Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt worden. Der österreichische Feldmarschall-Lieutenant Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha ist, wie Sie wissen, allein zurückgekehrt. Der Prinz wird nach den Osterfeiertagen Wien wieder verlassen, um nach Brüssel zurückzugehen. Se. D. gedenkt in Gesellschaft seines zweiten Sohnes, des Prinzen August, dahin zu reisen; man will wissen, daß eine doppelte Verbindung mit dem k. französischen Hause beabsichtigt werde. Die Prinzessin Clementine, Tochter des Königs Ludwig Philipp, ist am 3 Jun. 1817 geboren. – Der Courierwechsel mit London und Paris ist seit einigen Tagen besonders lebhaft. – Miß Pardoe, von der Ihnen Semilasso von Pesth aus bereits geschrieben, befindet sich gegenwärtig in Wien. Ich höre, daß sie als ordentlicher Correspondent des Pesther Journals „das Tageblatt“ sich längere Zeit hier aufhalten werde. Der Pesther „Spiegel“ scheint sich die Verfolgung der armen Miß zum besondern Geschäft gemacht zu haben.

Türkei.

Der Versuch der serbischen Regierung, den Fürsten Michael bei seiner Rückkunft von Konstantinopel mit einem kleinen Corps von neuem regulären Militär zu überraschen, ist mißlungen. Man hatte zu diesem Ende einige Hundert junge Leute ausgehoben und ihnen eine entsprechende Anzahl Officiere gegeben. Eines schönen Abends, wo sämmtliche Officiere abwesend waren, zogen die jungen Krieger mit Sack und Pack (sie nahmen sogar ihre Gewehre mit) nach ihren Dörfern, und ließen nur einige kranke Cameraden zurück, welche den am andern Morgen vom Ball heimkommenden Officieren das Geschehene mittheilten. – Hr. Campiniano ist zurückgekehrt; es scheint, daß Hr. v. Ghika ein strenges Verfahren gegen ihn beobachten will. Man spricht von Verbannung, und bezeichnet Philippopel als sein künftiges Exil. Da sich aber bedeutende Personen für ihn verwenden, glaubt man, daß die Angelegenheiten Campiniano's leicht ausgeglichen werden dürften.

Der Dragoman, Hr. v. Avédic, ist, das wissen Sie bereits, auf Pontois Verlangen abgesetzt worden. Lange hatte die Pforte gegen diese Zumuthung Frankreichs Widerstand geleistet; sie gab endlich nach. Hr. v. Pontois hatte zweimal ausgesprochen, der Bericht des Hrn. Avédic enthalte nichts, was die Pforte nicht schon durch Hrn. Lalande aus seinen Depeschen vom 5 Jul. erfahren hätte. Und doch muß Hr. Avédic die Strafe der Destitution erleiden? Sie müsse doch etwas mehr enthalten haben. Dagegen erklärte bekanntlich Admiral Duperré in den französischen Kammern, Hr. v. Avédic sey bei den Unterredungen, die zwischen dem türkischen Admiral und Viceadmiral französischerseits gepflogen wurden, gar nicht gegenwärtig gewesen. Sonderbar, daß dieser treffende Beleg für die Unverläßlichkeit des Hrn. Avédic hier im Orient von Niemand benützt ward, ja Niemanden bekannt gewesen zu seyn scheint, da weder Hr. v. Pontois in seiner Note vom 31 Dec., noch der Schreiber des im Echo de l'Orient vom 25 Jan. enthaltenen Briefes d. d. Pera 20 Jan., dieses Umstandes erwähnte. Und doch würde durch ihn allein alles Uebrige, was in dieser Sache gesagt ward, entbehrlich gemacht worden seyn. Wenn Sie das erwähnte Schreiben im Echo de l'Orient mit Hrn. v. Pontois' Note aufmerksam vergleichen, so wird Ihnen über den Verfasser des erstern kein Zweifel übrig bleiben. Wenigstens würde der Umstand der besagten Abwesenheit des Hrn. v. Avédic unstreitig einen triftigern Beweis gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen abgegeben haben, als die höchst sonderbare Argumentation des Hrn. v. Pontois, daß der alsbald nach dem vollbrachten Ereigniß abgestattete Rapport des Admirals Lalande weit mehr Glauben verdiene,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0006" n="0686"/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>***</docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Stockholm,</hi> 10 März.</dateline>
          <p> Es laufen Ministerlisten um, die aber unter den gegenwärtigen Umständen von untergeordneter Wichtigkeit sind, da der Gang des Reichstags und die Gegenstände, die dabei zur Sprache kommen, die Aufmerksamkeit mehr in Anspruch nehmen, obwohl man von gewissen Seiten sich das Ansehen gibt, als sehe man vornehm und verächtlich darüber hinweg. Was aus den Bestrebungen der Opposition auf diesem Reichstag noch werden wird, ist nicht leicht abzusehen, so viel aber ist gewiß, daß ihre Ansichten, so weit sie sich auf praktische Dinge beziehen, mehr und mehr Anklang und Eingang finden. So hat ein Hr. Wedberg den Antrag gemacht, gewisse Cassen, welche bisher keiner eigentlichen ständischen Controle unterlagen, wie z. B. ausstehende Forderungen des Staats, eine besondere Casse der Artillerie u. s. w., deren Bestand zusammen über 4 Mill. Reichsthaler ausmacht, gleichfalls in die Staatsrechnungen aufzunehmen. Ein Hr. Oxehufvud macht einen sehr umfassenden Vorschlag über das Zunftwesen in Schweden, und weist nach, wie die Beschränkungen im Gewerbwesen und die Bevormundung durch die Regierung den Handel und den Geschäftsbetrieb des Landes wesentlich benachtheiligen. Einige seiner Bemerkungen lassen vermuthen, daß die Bemerkungen des Engländers Laing, dessen Buch in Schweden viel gelesen wird, aber bei der Regierung und dem Beamtenadel aus leicht begreiflichen Gründen viel böses Blut macht, auch über den Punkt der <hi rendition="#g">Näringsfrihet</hi> (Nahrungsfreiheit), wie man hier sagt, sehr richtig sind, und vielleicht manche Anträge deßhalb auf dem Reichstag veranlaßten, wie denn überhaupt das Buch, wahrscheinlich aus Oppositionsgeist, in Zeitungen und in den Sitzungen des Reichstags schon mehrfach citirt wurde. Ein kaum minder wichtiger Umstand ist, daß der Bewilligungsausschuß am 6 März darauf antrug, die sogenannte Schutzabgabe, welche namentlich auf dem gemeinen Volke lastet, bedeutend herabzusetzen; die Milderung ist auf die nicht unbedeutende Summe von 500,000 Rthlrn. berechnet. Einen entsprechenden Vorschlag hat der Landshöfding Hr. Sandelhjelm gemacht, und es ist kein Zweifel, daß die Stände darauf eingehen werden. Dann fallen die financiellen Propositionen der Regierung gleich vorweg zusammen, und müssen wesentlich modificirt werden. &#x2013; Ich habe vor einiger Zeit vergessen, Ihnen den Vorschlag Hrn. Heurlin's zu melden, der darauf antrug, dem großen Linné ein Denkmal zu errichten. Er wünscht, daß der Staat das Gut, auf dem Linné geboren wurde, ankaufe, dort einen botanischen Garten anlege, und zugleich ein einfaches Denkmal errichte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Rußland.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Bucharest,</hi> 9 März.</dateline>
          <p> In Galacz bildet sich eine Gesellschaft zur Flußreinigung der Donaumündungen. Ihre Thätigkeit soll sich zuerst auf die Sulina richten, den zur Schifffahrt geeignetsten Arm des Delta, welcher auch fast ausschließlich von den Handelsschiffen benützt wird. Die Herstellung der erforderlichen Maschinen und überhaupt alle Unkosten des Unternehmens sollen durch Unterzeichnungen gedeckt, der Nominalwerth der einzelnen Actien auf 100 fl. festgesetzt werden. Die provisorische Gesellschaftsdirection ist bereits ernannt. &#x2013; Die Buchhändler Lauron und Miéville, welche in Kiew Bücher unter das Publicum brachten, die im russischen Index prohibitorum stehen, sind aus Rußland verwiesen worden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Oesterreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 21 März.</dateline>
          <p> Der Generalmajor Ritter v. Turszky, Brigadier in Zara, ist zum provisorischen Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt worden. Der österreichische Feldmarschall-Lieutenant Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha ist, wie Sie wissen, allein zurückgekehrt. Der Prinz wird nach den Osterfeiertagen Wien wieder verlassen, um nach Brüssel zurückzugehen. Se. D. gedenkt in Gesellschaft seines zweiten Sohnes, des Prinzen August, dahin zu reisen; man will wissen, daß eine doppelte Verbindung mit dem k. französischen Hause beabsichtigt werde. Die Prinzessin Clementine, Tochter des Königs Ludwig Philipp, ist am 3 Jun. 1817 geboren. &#x2013; Der Courierwechsel mit London und Paris ist seit einigen Tagen besonders lebhaft. &#x2013; Miß Pardoe, von der Ihnen Semilasso von Pesth aus bereits geschrieben, befindet sich gegenwärtig in Wien. Ich höre, daß sie als ordentlicher Correspondent des Pesther Journals &#x201E;das Tageblatt&#x201C; sich längere Zeit hier aufhalten werde. Der Pesther &#x201E;Spiegel&#x201C; scheint sich die Verfolgung der armen Miß zum besondern Geschäft gemacht zu haben.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Bucharest,</hi> 9 März.</dateline>
          <p> Der Versuch der serbischen Regierung, den Fürsten Michael bei seiner Rückkunft von Konstantinopel mit einem kleinen Corps von neuem regulären Militär zu überraschen, ist mißlungen. Man hatte zu diesem Ende einige Hundert junge Leute ausgehoben und ihnen eine entsprechende Anzahl Officiere gegeben. Eines schönen Abends, wo sämmtliche Officiere abwesend waren, zogen die jungen Krieger mit Sack und Pack (sie nahmen sogar ihre Gewehre mit) nach ihren Dörfern, und ließen nur einige kranke Cameraden zurück, welche den am andern Morgen vom Ball heimkommenden Officieren das Geschehene mittheilten. &#x2013; Hr. Campiniano ist zurückgekehrt; es scheint, daß Hr. v. Ghika ein strenges Verfahren gegen ihn beobachten will. Man spricht von Verbannung, und bezeichnet Philippopel als sein künftiges Exil. Da sich aber bedeutende Personen für ihn verwenden, glaubt man, daß die Angelegenheiten Campiniano's leicht ausgeglichen werden dürften.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>*&#x271D;</docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Konstantinopel,</hi> 4 März.</dateline>
          <p> Der Dragoman, Hr. v. Avédic, ist, das wissen Sie bereits, auf Pontois Verlangen abgesetzt worden. Lange hatte die Pforte gegen diese Zumuthung Frankreichs Widerstand geleistet; sie gab endlich nach. Hr. v. Pontois hatte zweimal ausgesprochen, der Bericht des Hrn. Avédic enthalte nichts, was die Pforte nicht schon durch Hrn. Lalande aus seinen Depeschen vom 5 Jul. erfahren hätte. Und doch muß Hr. Avédic die Strafe der Destitution erleiden? Sie müsse doch etwas mehr enthalten haben. Dagegen erklärte bekanntlich Admiral Duperré in den französischen Kammern, Hr. v. Avédic sey bei den Unterredungen, die zwischen dem türkischen Admiral und Viceadmiral französischerseits gepflogen wurden, gar nicht gegenwärtig gewesen. Sonderbar, daß dieser treffende Beleg für die Unverläßlichkeit des Hrn. Avédic hier im Orient von Niemand benützt ward, ja Niemanden bekannt gewesen zu seyn scheint, da weder Hr. v. Pontois in seiner Note vom 31 Dec., noch der Schreiber des im Echo de l'Orient vom 25 Jan. enthaltenen Briefes d. d. Pera 20 Jan., dieses Umstandes erwähnte. Und doch würde durch ihn allein alles Uebrige, was in dieser Sache gesagt ward, entbehrlich gemacht worden seyn. Wenn Sie das erwähnte Schreiben im Echo de l'Orient mit Hrn. v. Pontois' Note aufmerksam vergleichen, so wird Ihnen über den Verfasser des erstern kein Zweifel übrig bleiben. Wenigstens würde der Umstand der besagten Abwesenheit des Hrn. v. Avédic unstreitig einen triftigern Beweis gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen abgegeben haben, als die höchst sonderbare Argumentation des Hrn. v. Pontois, daß der alsbald nach dem vollbrachten Ereigniß abgestattete Rapport des Admirals Lalande weit mehr Glauben verdiene,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0686/0006] *** Stockholm, 10 März. Es laufen Ministerlisten um, die aber unter den gegenwärtigen Umständen von untergeordneter Wichtigkeit sind, da der Gang des Reichstags und die Gegenstände, die dabei zur Sprache kommen, die Aufmerksamkeit mehr in Anspruch nehmen, obwohl man von gewissen Seiten sich das Ansehen gibt, als sehe man vornehm und verächtlich darüber hinweg. Was aus den Bestrebungen der Opposition auf diesem Reichstag noch werden wird, ist nicht leicht abzusehen, so viel aber ist gewiß, daß ihre Ansichten, so weit sie sich auf praktische Dinge beziehen, mehr und mehr Anklang und Eingang finden. So hat ein Hr. Wedberg den Antrag gemacht, gewisse Cassen, welche bisher keiner eigentlichen ständischen Controle unterlagen, wie z. B. ausstehende Forderungen des Staats, eine besondere Casse der Artillerie u. s. w., deren Bestand zusammen über 4 Mill. Reichsthaler ausmacht, gleichfalls in die Staatsrechnungen aufzunehmen. Ein Hr. Oxehufvud macht einen sehr umfassenden Vorschlag über das Zunftwesen in Schweden, und weist nach, wie die Beschränkungen im Gewerbwesen und die Bevormundung durch die Regierung den Handel und den Geschäftsbetrieb des Landes wesentlich benachtheiligen. Einige seiner Bemerkungen lassen vermuthen, daß die Bemerkungen des Engländers Laing, dessen Buch in Schweden viel gelesen wird, aber bei der Regierung und dem Beamtenadel aus leicht begreiflichen Gründen viel böses Blut macht, auch über den Punkt der Näringsfrihet (Nahrungsfreiheit), wie man hier sagt, sehr richtig sind, und vielleicht manche Anträge deßhalb auf dem Reichstag veranlaßten, wie denn überhaupt das Buch, wahrscheinlich aus Oppositionsgeist, in Zeitungen und in den Sitzungen des Reichstags schon mehrfach citirt wurde. Ein kaum minder wichtiger Umstand ist, daß der Bewilligungsausschuß am 6 März darauf antrug, die sogenannte Schutzabgabe, welche namentlich auf dem gemeinen Volke lastet, bedeutend herabzusetzen; die Milderung ist auf die nicht unbedeutende Summe von 500,000 Rthlrn. berechnet. Einen entsprechenden Vorschlag hat der Landshöfding Hr. Sandelhjelm gemacht, und es ist kein Zweifel, daß die Stände darauf eingehen werden. Dann fallen die financiellen Propositionen der Regierung gleich vorweg zusammen, und müssen wesentlich modificirt werden. – Ich habe vor einiger Zeit vergessen, Ihnen den Vorschlag Hrn. Heurlin's zu melden, der darauf antrug, dem großen Linné ein Denkmal zu errichten. Er wünscht, daß der Staat das Gut, auf dem Linné geboren wurde, ankaufe, dort einen botanischen Garten anlege, und zugleich ein einfaches Denkmal errichte. Rußland. Bucharest, 9 März. In Galacz bildet sich eine Gesellschaft zur Flußreinigung der Donaumündungen. Ihre Thätigkeit soll sich zuerst auf die Sulina richten, den zur Schifffahrt geeignetsten Arm des Delta, welcher auch fast ausschließlich von den Handelsschiffen benützt wird. Die Herstellung der erforderlichen Maschinen und überhaupt alle Unkosten des Unternehmens sollen durch Unterzeichnungen gedeckt, der Nominalwerth der einzelnen Actien auf 100 fl. festgesetzt werden. Die provisorische Gesellschaftsdirection ist bereits ernannt. – Die Buchhändler Lauron und Miéville, welche in Kiew Bücher unter das Publicum brachten, die im russischen Index prohibitorum stehen, sind aus Rußland verwiesen worden. Oesterreich. Wien, 21 März. Der Generalmajor Ritter v. Turszky, Brigadier in Zara, ist zum provisorischen Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt worden. Der österreichische Feldmarschall-Lieutenant Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha ist, wie Sie wissen, allein zurückgekehrt. Der Prinz wird nach den Osterfeiertagen Wien wieder verlassen, um nach Brüssel zurückzugehen. Se. D. gedenkt in Gesellschaft seines zweiten Sohnes, des Prinzen August, dahin zu reisen; man will wissen, daß eine doppelte Verbindung mit dem k. französischen Hause beabsichtigt werde. Die Prinzessin Clementine, Tochter des Königs Ludwig Philipp, ist am 3 Jun. 1817 geboren. – Der Courierwechsel mit London und Paris ist seit einigen Tagen besonders lebhaft. – Miß Pardoe, von der Ihnen Semilasso von Pesth aus bereits geschrieben, befindet sich gegenwärtig in Wien. Ich höre, daß sie als ordentlicher Correspondent des Pesther Journals „das Tageblatt“ sich längere Zeit hier aufhalten werde. Der Pesther „Spiegel“ scheint sich die Verfolgung der armen Miß zum besondern Geschäft gemacht zu haben. Türkei. Bucharest, 9 März. Der Versuch der serbischen Regierung, den Fürsten Michael bei seiner Rückkunft von Konstantinopel mit einem kleinen Corps von neuem regulären Militär zu überraschen, ist mißlungen. Man hatte zu diesem Ende einige Hundert junge Leute ausgehoben und ihnen eine entsprechende Anzahl Officiere gegeben. Eines schönen Abends, wo sämmtliche Officiere abwesend waren, zogen die jungen Krieger mit Sack und Pack (sie nahmen sogar ihre Gewehre mit) nach ihren Dörfern, und ließen nur einige kranke Cameraden zurück, welche den am andern Morgen vom Ball heimkommenden Officieren das Geschehene mittheilten. – Hr. Campiniano ist zurückgekehrt; es scheint, daß Hr. v. Ghika ein strenges Verfahren gegen ihn beobachten will. Man spricht von Verbannung, und bezeichnet Philippopel als sein künftiges Exil. Da sich aber bedeutende Personen für ihn verwenden, glaubt man, daß die Angelegenheiten Campiniano's leicht ausgeglichen werden dürften. *✝ Konstantinopel, 4 März. Der Dragoman, Hr. v. Avédic, ist, das wissen Sie bereits, auf Pontois Verlangen abgesetzt worden. Lange hatte die Pforte gegen diese Zumuthung Frankreichs Widerstand geleistet; sie gab endlich nach. Hr. v. Pontois hatte zweimal ausgesprochen, der Bericht des Hrn. Avédic enthalte nichts, was die Pforte nicht schon durch Hrn. Lalande aus seinen Depeschen vom 5 Jul. erfahren hätte. Und doch muß Hr. Avédic die Strafe der Destitution erleiden? Sie müsse doch etwas mehr enthalten haben. Dagegen erklärte bekanntlich Admiral Duperré in den französischen Kammern, Hr. v. Avédic sey bei den Unterredungen, die zwischen dem türkischen Admiral und Viceadmiral französischerseits gepflogen wurden, gar nicht gegenwärtig gewesen. Sonderbar, daß dieser treffende Beleg für die Unverläßlichkeit des Hrn. Avédic hier im Orient von Niemand benützt ward, ja Niemanden bekannt gewesen zu seyn scheint, da weder Hr. v. Pontois in seiner Note vom 31 Dec., noch der Schreiber des im Echo de l'Orient vom 25 Jan. enthaltenen Briefes d. d. Pera 20 Jan., dieses Umstandes erwähnte. Und doch würde durch ihn allein alles Uebrige, was in dieser Sache gesagt ward, entbehrlich gemacht worden seyn. Wenn Sie das erwähnte Schreiben im Echo de l'Orient mit Hrn. v. Pontois' Note aufmerksam vergleichen, so wird Ihnen über den Verfasser des erstern kein Zweifel übrig bleiben. Wenigstens würde der Umstand der besagten Abwesenheit des Hrn. v. Avédic unstreitig einen triftigern Beweis gegen die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen abgegeben haben, als die höchst sonderbare Argumentation des Hrn. v. Pontois, daß der alsbald nach dem vollbrachten Ereigniß abgestattete Rapport des Admirals Lalande weit mehr Glauben verdiene,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_086_18400326
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_086_18400326/6
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 86. Augsburg, 26. März 1840, S. 0686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_086_18400326/6>, abgerufen am 09.11.2024.