Allgemeine Zeitung. Nr. 93. Augsburg, 2. April 1840.Feindseligkeiten nicht so leicht zu denken sey, so scheint doch das Auftreten der neapolitanischen Regierung eine Ausforderung an England nicht unähnlich, welche diese Macht gewiß dazu benützen wird, noch bedeutendere Handelsvortheile, als sie bisher schon besaß, mit einem Schein von Recht zu gewinnen. Kein Besonnener kann es sich verbergen, daß bei der unzufriedenen Stimmung in Sicilien diese Geschichte leicht einen sehr bedenklichen Charakter annehmen könnte. Mehrere Engländer, die auf dem Punkt waren, nach Neapel zu reisen, haben bei so bewandten Umständen ihren Plan aufgegeben, und von vielen sich dort aufhaltenden Engländern wird berichtet, daß sie sich auf die Abreise von Neapel vorbereiten. - Der Prinz von Syrakus wird in einigen Tagen nach Neapel abreisen, dagegen hat der Herzog von Lucca seinen früheren Plan, Neapel zu besuchen, ganz aufgegeben; er wird von hier direct nach Lucca gehen. Die Pariser Presse sagt: "Zwischen England und dem König von Neapel ist es zu einem Bruch gekommen. Diese wichtige Nachricht brachte das Dampfboot von Neapel nach Livorno, wo es am 21 März eingetroffen ist. Lord Palmerston hatte an die neapolitanische Regierung eine officielle Note gerichtet, in welcher er eine sehr starke Summe als Entschädigung für den Schaden, der dem Handel Großbritanniens durch Einführung des Schwefelmonopols in Sicilien zugefügt worden, fordert. Die brittische Regierung erklärt, sie betrachte die hinsichtlich dieses Gegenstandes mit Frankreich geschlossene Uebereinkunft als eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit und eine Verletzung der Verträge. Ueberdieß forderte Lord Palmerston für jeden Tag des Aufschubs der Abschaffung des Monopols 25,000 Fr. Man versichert, der König von Neapel habe in einer Anwandlung des Unwillens die Note des englischen Ministers zerrissen, und der englische Gesandte habe hierauf sogleich seine Pässe verlangt. Bemerkenswerth ist, daß es Frankreich und die Interessen des französischen Handels sind, welche Lord Palmerston in Neapel bei dieser Angelegenheit wie überall verfolgt. Er will nicht dulden, daß die Franzosen, auch wenn es nur Privatpersonen sind, an irgend einem Ort, nicht einmal in Ländern, welche durch Verträge und gemeinsame Interessen am innigsten mit uns verbunden sind, für gewisse Zweige des Handels Privilegien erhalten, deren nicht auch alle jene, welche das Glück haben Bürger Großbritanniens zu heißen, genießen würden." Deutschland. Erlangen, 28 März. An die durch den Tod des geheimen Kirchenraths Olshausen erledigte theologische Lehrstelle hatte Tholuck in Halle vor einiger Zeit einen Ruf erhalten, denselben jedoch abgelehnt. Hierauf kamen mehrere inländische Geistliche in Vorschlag, welche sich durch gründliche wissenschaftliche Bildung auszeichnen. Gestern lief ein königliches Rescript ein, in welchem der bisherige Dekan und gräflich Giech'sche Consistorialrath Ranke in Thurnau, ein Bruder des berühmten Historikers, zum fünften ordentlichen Professor in der theologischen Facultät, für das Fach der Dogmatik, ernannt wurde. Professor Ranke hat sich im Fache der alttestamentlichen Exegese als Schriftsteller Ruf erworben und sich in anderer Hinsicht, als Seelsorger, so wie als öfteres Mitglied der theologischen Prüfungscommission in Ansbach, mehrfach bewährt. An seinen Namen knüpfen sich um so größere Hoffnungen, als das neue Werk seines berühmten Bruders, Leopold Ranke's deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, gerade in der gegenwärtigen Zeit in allen Kreisen der Gesellschaft und besonders an der hiesigen Hochschule die größte Theilnahme findet. Das Lehrpersonal der theologischen Facultät wird hier im nächsten Jahr vollzähliger als je auftreten, da sich im Laufe des Winters mehrere junge Docenten habilitirt haben. Karlsruhe, 27 März. Gestern hat die zweite Kammer zur Berathung des Strafgesetzesentwurfs die zwölfte Sitzung gehalten. Die erste dieser Sitzungen (am 10 d.) ward allein zur allgemeinen Discussion verwendet; in den andern eilf Sitzungen wurden die ersten vier Titel (§§. 1 - 132) discutirt und angenommen. Im Ganzen nimmt die Berathung einen raschen Fortgang, zumal wenn man sie mit der Berathung solcher Gesetzbücher in andern Staaten, z. B. in Sachsen und Würtemberg, vergleicht. In der allgemeinen Discussion vom 10 d. stellte der Abg. Trefurt den Antrag auf Niedersetzung einer Commission, welche über Art und Weise, wie eine abgekürzte Berathung eintreten soll, Bericht zu erstatten habe. Der Redner meinte nämlich, die Kammer sey nicht im Stande, den Entwurf wirklich zu verbessern; die Harmonie des Ganzen sey in Gefahr, wenn diese Versammlung über die feinsten Rechtsfragen durch Stimmenmehrheit entscheide. Von anderer Seite, insbesondere von Welcker und Sander, wurde dagegen aus einer Detailberathung in der Kammer, wobei man immer wieder auf Mängel stoßen und sie verbessern werde, nur Gutes erwartet, und etwanige Dissonanzen, die sich aus einzelnen Beschlüssen ergeben möchten, könnten bei einer nochmaligen Durchgehung beseitigt werden. Die einzelnen Abgeordneten, welche keine Männer vom Fach seyen, und den Entwurf nicht studiren können, hätten auch ohne Detailberathung vom Ganzen nicht die erforderliche Kenntniß, um darüber gewissenhaft abstimmen zu können. Auf Vorschlag des Abg. Bader wurde nun beschlossen, mit der Detailberathung den Anfang zu machen, und wenn sich die von Trefurt u. A. geäußerten Besorgnisse realisiren sollten, auf den Vorschlag einer abgekürzten Berathungsart wieder zurückzukommen. Im Ganzen nahm nun die Discussion, wie schon bemerkt, bisher einen ziemlich raschen Gang, und mit wenigen Ausnahmen wurden alle Amendements (die nicht etwa die Regierung selbst machte oder zugestand) verworfen. Von günstiger Wirkung ist ohne Zweifel, daß die Commission außer dem Kammerpräsidenten Mittermaier (dessen große Autorität im Criminalrecht dem vorliegenden Werke der Gesetzgebungscommission, deren Mitglied er ist, zur Stütze dient), aus 11 Mitgliedern bestand, daß also die Mehrzahl der Sachverständigen der Kammer in einer gemeinschaftlichen, mit den Regierungscommissären gepflogenen Vorberathung ihre Gedanken hinlänglich ausgetauscht, und sich über die wichtigen Streitfragen möglichst aufgeklärt hat - daß nun die Vorschläge der Commission aus dieser gemeinsamen Berathung hervorgingen, und mit fast allen Beschlüssen die Regierungscommissäre einverstanden waren, indem sie einzelne Aenderungen selbst billigten, und sich andern als unwesentlich wenigstens nicht widersetzten. Dazu kommt, daß der Staatsrath Jolly, Präsident des Justizministeriums und der Gesetzgebungscommission, in der Kammer viel Vertrauen genießt, und daß die zwei Abgeordneten, Duttlinger (Geheimerath und ausgezeichneter Lehrer des Criminalrechts) und Bekk (Vicekanzler des Oberhofgerichts), welche zugleich Mitglieder der Gesetzgebungscommission sind, als Regierungscommissäre den Entwurf mit vertheidigen. - Gegen das Strafsystem und überhaupt gegen die Grundprincipien des Entwurfs im Ganzen hat sich bei der allgemeinen Discussion auch nicht Eine Stimme erhoben. Die Bedenken, die von einer Seite gegen die Einführung des Entwurfs im Allgemeinen erhoben wurden, betrafen nicht den Inhalt des Entwurfs selbst, sondern nur die Frage: ob es nothwendig sey, daß gleichzeitig auch Feindseligkeiten nicht so leicht zu denken sey, so scheint doch das Auftreten der neapolitanischen Regierung eine Ausforderung an England nicht unähnlich, welche diese Macht gewiß dazu benützen wird, noch bedeutendere Handelsvortheile, als sie bisher schon besaß, mit einem Schein von Recht zu gewinnen. Kein Besonnener kann es sich verbergen, daß bei der unzufriedenen Stimmung in Sicilien diese Geschichte leicht einen sehr bedenklichen Charakter annehmen könnte. Mehrere Engländer, die auf dem Punkt waren, nach Neapel zu reisen, haben bei so bewandten Umständen ihren Plan aufgegeben, und von vielen sich dort aufhaltenden Engländern wird berichtet, daß sie sich auf die Abreise von Neapel vorbereiten. – Der Prinz von Syrakus wird in einigen Tagen nach Neapel abreisen, dagegen hat der Herzog von Lucca seinen früheren Plan, Neapel zu besuchen, ganz aufgegeben; er wird von hier direct nach Lucca gehen. Die Pariser Presse sagt: „Zwischen England und dem König von Neapel ist es zu einem Bruch gekommen. Diese wichtige Nachricht brachte das Dampfboot von Neapel nach Livorno, wo es am 21 März eingetroffen ist. Lord Palmerston hatte an die neapolitanische Regierung eine officielle Note gerichtet, in welcher er eine sehr starke Summe als Entschädigung für den Schaden, der dem Handel Großbritanniens durch Einführung des Schwefelmonopols in Sicilien zugefügt worden, fordert. Die brittische Regierung erklärt, sie betrachte die hinsichtlich dieses Gegenstandes mit Frankreich geschlossene Uebereinkunft als eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit und eine Verletzung der Verträge. Ueberdieß forderte Lord Palmerston für jeden Tag des Aufschubs der Abschaffung des Monopols 25,000 Fr. Man versichert, der König von Neapel habe in einer Anwandlung des Unwillens die Note des englischen Ministers zerrissen, und der englische Gesandte habe hierauf sogleich seine Pässe verlangt. Bemerkenswerth ist, daß es Frankreich und die Interessen des französischen Handels sind, welche Lord Palmerston in Neapel bei dieser Angelegenheit wie überall verfolgt. Er will nicht dulden, daß die Franzosen, auch wenn es nur Privatpersonen sind, an irgend einem Ort, nicht einmal in Ländern, welche durch Verträge und gemeinsame Interessen am innigsten mit uns verbunden sind, für gewisse Zweige des Handels Privilegien erhalten, deren nicht auch alle jene, welche das Glück haben Bürger Großbritanniens zu heißen, genießen würden.“ Deutschland. Erlangen, 28 März. An die durch den Tod des geheimen Kirchenraths Olshausen erledigte theologische Lehrstelle hatte Tholuck in Halle vor einiger Zeit einen Ruf erhalten, denselben jedoch abgelehnt. Hierauf kamen mehrere inländische Geistliche in Vorschlag, welche sich durch gründliche wissenschaftliche Bildung auszeichnen. Gestern lief ein königliches Rescript ein, in welchem der bisherige Dekan und gräflich Giech'sche Consistorialrath Ranke in Thurnau, ein Bruder des berühmten Historikers, zum fünften ordentlichen Professor in der theologischen Facultät, für das Fach der Dogmatik, ernannt wurde. Professor Ranke hat sich im Fache der alttestamentlichen Exegese als Schriftsteller Ruf erworben und sich in anderer Hinsicht, als Seelsorger, so wie als öfteres Mitglied der theologischen Prüfungscommission in Ansbach, mehrfach bewährt. An seinen Namen knüpfen sich um so größere Hoffnungen, als das neue Werk seines berühmten Bruders, Leopold Ranke's deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, gerade in der gegenwärtigen Zeit in allen Kreisen der Gesellschaft und besonders an der hiesigen Hochschule die größte Theilnahme findet. Das Lehrpersonal der theologischen Facultät wird hier im nächsten Jahr vollzähliger als je auftreten, da sich im Laufe des Winters mehrere junge Docenten habilitirt haben. Karlsruhe, 27 März. Gestern hat die zweite Kammer zur Berathung des Strafgesetzesentwurfs die zwölfte Sitzung gehalten. Die erste dieser Sitzungen (am 10 d.) ward allein zur allgemeinen Discussion verwendet; in den andern eilf Sitzungen wurden die ersten vier Titel (§§. 1 - 132) discutirt und angenommen. Im Ganzen nimmt die Berathung einen raschen Fortgang, zumal wenn man sie mit der Berathung solcher Gesetzbücher in andern Staaten, z. B. in Sachsen und Würtemberg, vergleicht. In der allgemeinen Discussion vom 10 d. stellte der Abg. Trefurt den Antrag auf Niedersetzung einer Commission, welche über Art und Weise, wie eine abgekürzte Berathung eintreten soll, Bericht zu erstatten habe. Der Redner meinte nämlich, die Kammer sey nicht im Stande, den Entwurf wirklich zu verbessern; die Harmonie des Ganzen sey in Gefahr, wenn diese Versammlung über die feinsten Rechtsfragen durch Stimmenmehrheit entscheide. Von anderer Seite, insbesondere von Welcker und Sander, wurde dagegen aus einer Detailberathung in der Kammer, wobei man immer wieder auf Mängel stoßen und sie verbessern werde, nur Gutes erwartet, und etwanige Dissonanzen, die sich aus einzelnen Beschlüssen ergeben möchten, könnten bei einer nochmaligen Durchgehung beseitigt werden. Die einzelnen Abgeordneten, welche keine Männer vom Fach seyen, und den Entwurf nicht studiren können, hätten auch ohne Detailberathung vom Ganzen nicht die erforderliche Kenntniß, um darüber gewissenhaft abstimmen zu können. Auf Vorschlag des Abg. Bader wurde nun beschlossen, mit der Detailberathung den Anfang zu machen, und wenn sich die von Trefurt u. A. geäußerten Besorgnisse realisiren sollten, auf den Vorschlag einer abgekürzten Berathungsart wieder zurückzukommen. Im Ganzen nahm nun die Discussion, wie schon bemerkt, bisher einen ziemlich raschen Gang, und mit wenigen Ausnahmen wurden alle Amendements (die nicht etwa die Regierung selbst machte oder zugestand) verworfen. Von günstiger Wirkung ist ohne Zweifel, daß die Commission außer dem Kammerpräsidenten Mittermaier (dessen große Autorität im Criminalrecht dem vorliegenden Werke der Gesetzgebungscommission, deren Mitglied er ist, zur Stütze dient), aus 11 Mitgliedern bestand, daß also die Mehrzahl der Sachverständigen der Kammer in einer gemeinschaftlichen, mit den Regierungscommissären gepflogenen Vorberathung ihre Gedanken hinlänglich ausgetauscht, und sich über die wichtigen Streitfragen möglichst aufgeklärt hat – daß nun die Vorschläge der Commission aus dieser gemeinsamen Berathung hervorgingen, und mit fast allen Beschlüssen die Regierungscommissäre einverstanden waren, indem sie einzelne Aenderungen selbst billigten, und sich andern als unwesentlich wenigstens nicht widersetzten. Dazu kommt, daß der Staatsrath Jolly, Präsident des Justizministeriums und der Gesetzgebungscommission, in der Kammer viel Vertrauen genießt, und daß die zwei Abgeordneten, Duttlinger (Geheimerath und ausgezeichneter Lehrer des Criminalrechts) und Bekk (Vicekanzler des Oberhofgerichts), welche zugleich Mitglieder der Gesetzgebungscommission sind, als Regierungscommissäre den Entwurf mit vertheidigen. – Gegen das Strafsystem und überhaupt gegen die Grundprincipien des Entwurfs im Ganzen hat sich bei der allgemeinen Discussion auch nicht Eine Stimme erhoben. Die Bedenken, die von einer Seite gegen die Einführung des Entwurfs im Allgemeinen erhoben wurden, betrafen nicht den Inhalt des Entwurfs selbst, sondern nur die Frage: ob es nothwendig sey, daß gleichzeitig auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="0741"/> Feindseligkeiten nicht so leicht zu denken sey, so scheint doch das Auftreten der neapolitanischen Regierung eine Ausforderung an England nicht unähnlich, welche diese Macht gewiß dazu benützen wird, noch bedeutendere Handelsvortheile, als sie bisher schon besaß, mit einem Schein von Recht zu gewinnen. Kein Besonnener kann es sich verbergen, daß bei der unzufriedenen Stimmung in Sicilien diese Geschichte leicht einen sehr bedenklichen Charakter annehmen könnte. Mehrere Engländer, die auf dem Punkt waren, nach Neapel zu reisen, haben bei so bewandten Umständen ihren Plan aufgegeben, und von vielen sich dort aufhaltenden Engländern wird berichtet, daß sie sich auf die Abreise von Neapel vorbereiten. – Der Prinz von Syrakus wird in einigen Tagen nach Neapel abreisen, dagegen hat der Herzog von Lucca seinen früheren Plan, Neapel zu besuchen, ganz aufgegeben; er wird von hier direct nach Lucca gehen.</p><lb/> <p>Die Pariser <hi rendition="#g">Presse</hi> sagt: „Zwischen England und dem König von Neapel ist es zu einem Bruch gekommen. Diese wichtige Nachricht brachte das Dampfboot von Neapel nach Livorno, wo es am 21 März eingetroffen ist. Lord Palmerston hatte an die neapolitanische Regierung eine officielle Note gerichtet, in welcher er eine sehr starke Summe als Entschädigung für den Schaden, der dem Handel Großbritanniens durch Einführung des Schwefelmonopols in Sicilien zugefügt worden, fordert. Die brittische Regierung erklärt, sie betrachte die hinsichtlich dieses Gegenstandes mit Frankreich geschlossene Uebereinkunft als eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit und eine Verletzung der Verträge. Ueberdieß forderte Lord Palmerston für jeden Tag des Aufschubs der Abschaffung des Monopols 25,000 Fr. Man versichert, der König von Neapel habe in einer Anwandlung des Unwillens die Note des englischen Ministers zerrissen, und der englische Gesandte habe hierauf sogleich seine Pässe verlangt. Bemerkenswerth ist, daß es Frankreich und die Interessen des französischen Handels sind, welche Lord Palmerston in Neapel bei dieser Angelegenheit wie überall verfolgt. Er will nicht dulden, daß die Franzosen, auch wenn es nur Privatpersonen sind, an irgend einem Ort, nicht einmal in Ländern, welche durch Verträge und gemeinsame Interessen am innigsten mit uns verbunden sind, für gewisse Zweige des Handels Privilegien erhalten, deren nicht auch alle jene, welche das Glück haben Bürger Großbritanniens zu heißen, genießen würden.“</p><lb/> </div> </div> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Deutschland.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Erlangen,</hi> 28 März.</dateline> <p> An die durch den Tod des geheimen Kirchenraths Olshausen erledigte theologische Lehrstelle hatte Tholuck in Halle vor einiger Zeit einen Ruf erhalten, denselben jedoch abgelehnt. Hierauf kamen mehrere inländische Geistliche in Vorschlag, welche sich durch gründliche wissenschaftliche Bildung auszeichnen. Gestern lief ein königliches Rescript ein, in welchem der bisherige Dekan und gräflich Giech'sche Consistorialrath Ranke in Thurnau, ein Bruder des berühmten Historikers, zum fünften ordentlichen Professor in der theologischen Facultät, für das Fach der Dogmatik, ernannt wurde. Professor Ranke hat sich im Fache der alttestamentlichen Exegese als Schriftsteller Ruf erworben und sich in anderer Hinsicht, als Seelsorger, so wie als öfteres Mitglied der theologischen Prüfungscommission in Ansbach, mehrfach bewährt. An seinen Namen knüpfen sich um so größere Hoffnungen, als das neue Werk seines berühmten Bruders, Leopold Ranke's deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, gerade in der gegenwärtigen Zeit in allen Kreisen der Gesellschaft und besonders an der hiesigen Hochschule die größte Theilnahme findet. Das Lehrpersonal der theologischen Facultät wird hier im nächsten Jahr vollzähliger als je auftreten, da sich im Laufe des Winters mehrere junge Docenten habilitirt haben.</p> </div><lb/> <div n="2"> <byline> <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Karlsruhe,</hi> 27 März.</dateline> <p> Gestern hat die zweite Kammer zur Berathung des Strafgesetzesentwurfs die zwölfte Sitzung gehalten. Die erste dieser Sitzungen (am 10 d.) ward allein zur <hi rendition="#g">allgemeinen</hi> Discussion verwendet; in den andern eilf Sitzungen wurden die ersten vier Titel (§§. 1 - 132) discutirt und angenommen. Im Ganzen nimmt die Berathung einen raschen Fortgang, zumal wenn man sie mit der Berathung solcher Gesetzbücher in <hi rendition="#g">andern</hi> Staaten, z. B. in Sachsen und Würtemberg, vergleicht. In der <hi rendition="#g">allgemeinen</hi> Discussion vom 10 d. stellte der Abg. <hi rendition="#g">Trefurt</hi> den Antrag auf Niedersetzung einer Commission, welche über Art und Weise, wie eine <hi rendition="#g">abgekürzte</hi> Berathung eintreten soll, Bericht zu erstatten habe. Der Redner meinte nämlich, die Kammer sey nicht im Stande, den Entwurf wirklich zu verbessern; die Harmonie des Ganzen sey in Gefahr, wenn diese Versammlung über die feinsten Rechtsfragen durch Stimmenmehrheit entscheide. Von anderer Seite, insbesondere von <hi rendition="#g">Welcker</hi> und <hi rendition="#g">Sander</hi>, wurde dagegen aus einer Detailberathung in der Kammer, wobei man immer wieder auf Mängel stoßen und sie verbessern werde, nur Gutes erwartet, und etwanige Dissonanzen, die sich aus einzelnen Beschlüssen ergeben möchten, könnten bei einer nochmaligen Durchgehung beseitigt werden. Die einzelnen Abgeordneten, welche keine Männer vom Fach seyen, und den Entwurf nicht studiren können, hätten auch ohne Detailberathung vom Ganzen nicht die erforderliche Kenntniß, um darüber gewissenhaft abstimmen zu können. Auf Vorschlag des Abg. <hi rendition="#g">Bader</hi> wurde nun beschlossen, mit der Detailberathung den Anfang zu machen, und wenn sich die von Trefurt u. A. geäußerten Besorgnisse realisiren sollten, auf den Vorschlag einer abgekürzten Berathungsart wieder zurückzukommen. Im Ganzen nahm nun die Discussion, wie schon bemerkt, bisher einen ziemlich raschen Gang, und mit wenigen Ausnahmen wurden alle Amendements (die nicht etwa die Regierung selbst machte oder zugestand) verworfen. Von günstiger Wirkung ist ohne Zweifel, daß die Commission außer dem Kammerpräsidenten Mittermaier (dessen große Autorität im Criminalrecht dem vorliegenden Werke der Gesetzgebungscommission, deren Mitglied er ist, zur Stütze dient), aus 11 Mitgliedern bestand, daß also die Mehrzahl der Sachverständigen der Kammer in einer gemeinschaftlichen, mit den Regierungscommissären gepflogenen Vorberathung ihre Gedanken hinlänglich ausgetauscht, und sich über die wichtigen Streitfragen möglichst aufgeklärt hat – daß nun die Vorschläge der Commission aus dieser gemeinsamen Berathung hervorgingen, und mit fast allen Beschlüssen die Regierungscommissäre einverstanden waren, indem sie einzelne Aenderungen selbst billigten, und sich andern als unwesentlich wenigstens nicht widersetzten. Dazu kommt, daß der Staatsrath <hi rendition="#g">Jolly</hi>, Präsident des Justizministeriums und der Gesetzgebungscommission, in der Kammer viel Vertrauen genießt, und daß die zwei Abgeordneten, <hi rendition="#g">Duttlinger</hi> (Geheimerath und ausgezeichneter Lehrer des Criminalrechts) und <hi rendition="#g">Bekk</hi> (Vicekanzler des Oberhofgerichts), welche zugleich Mitglieder der Gesetzgebungscommission sind, als Regierungscommissäre den Entwurf mit vertheidigen. – Gegen das Strafsystem und überhaupt gegen die Grundprincipien des Entwurfs im Ganzen hat sich bei der allgemeinen Discussion auch nicht Eine Stimme erhoben. Die Bedenken, die von einer Seite gegen die Einführung des Entwurfs im Allgemeinen erhoben wurden, betrafen nicht den Inhalt des Entwurfs selbst, sondern nur die Frage: ob es nothwendig sey, daß gleichzeitig auch<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0741/0005]
Feindseligkeiten nicht so leicht zu denken sey, so scheint doch das Auftreten der neapolitanischen Regierung eine Ausforderung an England nicht unähnlich, welche diese Macht gewiß dazu benützen wird, noch bedeutendere Handelsvortheile, als sie bisher schon besaß, mit einem Schein von Recht zu gewinnen. Kein Besonnener kann es sich verbergen, daß bei der unzufriedenen Stimmung in Sicilien diese Geschichte leicht einen sehr bedenklichen Charakter annehmen könnte. Mehrere Engländer, die auf dem Punkt waren, nach Neapel zu reisen, haben bei so bewandten Umständen ihren Plan aufgegeben, und von vielen sich dort aufhaltenden Engländern wird berichtet, daß sie sich auf die Abreise von Neapel vorbereiten. – Der Prinz von Syrakus wird in einigen Tagen nach Neapel abreisen, dagegen hat der Herzog von Lucca seinen früheren Plan, Neapel zu besuchen, ganz aufgegeben; er wird von hier direct nach Lucca gehen.
Die Pariser Presse sagt: „Zwischen England und dem König von Neapel ist es zu einem Bruch gekommen. Diese wichtige Nachricht brachte das Dampfboot von Neapel nach Livorno, wo es am 21 März eingetroffen ist. Lord Palmerston hatte an die neapolitanische Regierung eine officielle Note gerichtet, in welcher er eine sehr starke Summe als Entschädigung für den Schaden, der dem Handel Großbritanniens durch Einführung des Schwefelmonopols in Sicilien zugefügt worden, fordert. Die brittische Regierung erklärt, sie betrachte die hinsichtlich dieses Gegenstandes mit Frankreich geschlossene Uebereinkunft als eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit und eine Verletzung der Verträge. Ueberdieß forderte Lord Palmerston für jeden Tag des Aufschubs der Abschaffung des Monopols 25,000 Fr. Man versichert, der König von Neapel habe in einer Anwandlung des Unwillens die Note des englischen Ministers zerrissen, und der englische Gesandte habe hierauf sogleich seine Pässe verlangt. Bemerkenswerth ist, daß es Frankreich und die Interessen des französischen Handels sind, welche Lord Palmerston in Neapel bei dieser Angelegenheit wie überall verfolgt. Er will nicht dulden, daß die Franzosen, auch wenn es nur Privatpersonen sind, an irgend einem Ort, nicht einmal in Ländern, welche durch Verträge und gemeinsame Interessen am innigsten mit uns verbunden sind, für gewisse Zweige des Handels Privilegien erhalten, deren nicht auch alle jene, welche das Glück haben Bürger Großbritanniens zu heißen, genießen würden.“
Deutschland.
_ Erlangen, 28 März. An die durch den Tod des geheimen Kirchenraths Olshausen erledigte theologische Lehrstelle hatte Tholuck in Halle vor einiger Zeit einen Ruf erhalten, denselben jedoch abgelehnt. Hierauf kamen mehrere inländische Geistliche in Vorschlag, welche sich durch gründliche wissenschaftliche Bildung auszeichnen. Gestern lief ein königliches Rescript ein, in welchem der bisherige Dekan und gräflich Giech'sche Consistorialrath Ranke in Thurnau, ein Bruder des berühmten Historikers, zum fünften ordentlichen Professor in der theologischen Facultät, für das Fach der Dogmatik, ernannt wurde. Professor Ranke hat sich im Fache der alttestamentlichen Exegese als Schriftsteller Ruf erworben und sich in anderer Hinsicht, als Seelsorger, so wie als öfteres Mitglied der theologischen Prüfungscommission in Ansbach, mehrfach bewährt. An seinen Namen knüpfen sich um so größere Hoffnungen, als das neue Werk seines berühmten Bruders, Leopold Ranke's deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, gerade in der gegenwärtigen Zeit in allen Kreisen der Gesellschaft und besonders an der hiesigen Hochschule die größte Theilnahme findet. Das Lehrpersonal der theologischen Facultät wird hier im nächsten Jahr vollzähliger als je auftreten, da sich im Laufe des Winters mehrere junge Docenten habilitirt haben.
_ Karlsruhe, 27 März. Gestern hat die zweite Kammer zur Berathung des Strafgesetzesentwurfs die zwölfte Sitzung gehalten. Die erste dieser Sitzungen (am 10 d.) ward allein zur allgemeinen Discussion verwendet; in den andern eilf Sitzungen wurden die ersten vier Titel (§§. 1 - 132) discutirt und angenommen. Im Ganzen nimmt die Berathung einen raschen Fortgang, zumal wenn man sie mit der Berathung solcher Gesetzbücher in andern Staaten, z. B. in Sachsen und Würtemberg, vergleicht. In der allgemeinen Discussion vom 10 d. stellte der Abg. Trefurt den Antrag auf Niedersetzung einer Commission, welche über Art und Weise, wie eine abgekürzte Berathung eintreten soll, Bericht zu erstatten habe. Der Redner meinte nämlich, die Kammer sey nicht im Stande, den Entwurf wirklich zu verbessern; die Harmonie des Ganzen sey in Gefahr, wenn diese Versammlung über die feinsten Rechtsfragen durch Stimmenmehrheit entscheide. Von anderer Seite, insbesondere von Welcker und Sander, wurde dagegen aus einer Detailberathung in der Kammer, wobei man immer wieder auf Mängel stoßen und sie verbessern werde, nur Gutes erwartet, und etwanige Dissonanzen, die sich aus einzelnen Beschlüssen ergeben möchten, könnten bei einer nochmaligen Durchgehung beseitigt werden. Die einzelnen Abgeordneten, welche keine Männer vom Fach seyen, und den Entwurf nicht studiren können, hätten auch ohne Detailberathung vom Ganzen nicht die erforderliche Kenntniß, um darüber gewissenhaft abstimmen zu können. Auf Vorschlag des Abg. Bader wurde nun beschlossen, mit der Detailberathung den Anfang zu machen, und wenn sich die von Trefurt u. A. geäußerten Besorgnisse realisiren sollten, auf den Vorschlag einer abgekürzten Berathungsart wieder zurückzukommen. Im Ganzen nahm nun die Discussion, wie schon bemerkt, bisher einen ziemlich raschen Gang, und mit wenigen Ausnahmen wurden alle Amendements (die nicht etwa die Regierung selbst machte oder zugestand) verworfen. Von günstiger Wirkung ist ohne Zweifel, daß die Commission außer dem Kammerpräsidenten Mittermaier (dessen große Autorität im Criminalrecht dem vorliegenden Werke der Gesetzgebungscommission, deren Mitglied er ist, zur Stütze dient), aus 11 Mitgliedern bestand, daß also die Mehrzahl der Sachverständigen der Kammer in einer gemeinschaftlichen, mit den Regierungscommissären gepflogenen Vorberathung ihre Gedanken hinlänglich ausgetauscht, und sich über die wichtigen Streitfragen möglichst aufgeklärt hat – daß nun die Vorschläge der Commission aus dieser gemeinsamen Berathung hervorgingen, und mit fast allen Beschlüssen die Regierungscommissäre einverstanden waren, indem sie einzelne Aenderungen selbst billigten, und sich andern als unwesentlich wenigstens nicht widersetzten. Dazu kommt, daß der Staatsrath Jolly, Präsident des Justizministeriums und der Gesetzgebungscommission, in der Kammer viel Vertrauen genießt, und daß die zwei Abgeordneten, Duttlinger (Geheimerath und ausgezeichneter Lehrer des Criminalrechts) und Bekk (Vicekanzler des Oberhofgerichts), welche zugleich Mitglieder der Gesetzgebungscommission sind, als Regierungscommissäre den Entwurf mit vertheidigen. – Gegen das Strafsystem und überhaupt gegen die Grundprincipien des Entwurfs im Ganzen hat sich bei der allgemeinen Discussion auch nicht Eine Stimme erhoben. Die Bedenken, die von einer Seite gegen die Einführung des Entwurfs im Allgemeinen erhoben wurden, betrafen nicht den Inhalt des Entwurfs selbst, sondern nur die Frage: ob es nothwendig sey, daß gleichzeitig auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |