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Allgemeine Zeitung. Nr. 101. Augsburg, 10. April 1840.

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Tone zu schließen, womit eifrige Hochkirchliche im Unterhaus, besonders aber die Bischofsbank im Hause der Lords, die bezügliche Bill der obercanadischen Legislatur und jeden Versuch, einen Theil jener reservirten Ländereien der Geistlichkeit der Dissenter zuzuwenden und sie allgemeinen improvements der Civiladministration unterzuordnen, als eine neue "Plünderungsmaaßregel" gegen die Staatskirche verschreien. - Nach einigen minder erheblichen Zwischenverhandlungen wurden die vertagten Debatten über Hrn. Villiers' Motion in der Korngesetzfrage wieder aufgenommen. Hr. Wodehouse eröffnete den Kampf auf Seite der Opposition; Hr. Rich antwortete mit einer historischen Behandlung der Frage. Unter dem freien Handelssystem, das von 1774 bis 1790 in Bezug auf Korneinfuhr bestand, seyen die Brodpreise stätig gewesen, und 500,000 Acres neuen Feldes der Cultur gewonnen worden. Dagegen seyen mit dem jetzigen System die ärgsten Schwankungen eingetreten, und nicht einmal die eine Hoffnung, die man darauf gebaut: Prosperität der ackerbauenden Classen, sey in Erfüllung gegangen. Die Behauptung, eine so große Nation wie die brittische müsse ihr Getreide selbst bauen, sey chimärisch; mit seiner großen, in fortwährender Zunahme begriffenen Bevölkerung könne England die Kornzufuhr vom Ausland fast so wenig entbehren, als es in Bezug auf Thee, Kaffee, Baumwolle u. dgl. von der Fremde unabhängig sey. Darum sey er, zwar nicht für völlige Aufhebung der Getreidezölle, aber für einen fixen mäßigen Zoll, welcher nicht nur das Brod wohlfeiler und die Preise stätig machen, sondern auch ein Staatseinkommen liefern werde, das der Nothwendigkeit einer neuen Steuer überheben könne. Capitän Hamilton warnt vor den Störungen und der Noth, welche die unmittelbare Folge der Abschaffung der Korngesetze in den ackerbauenden Bezirken seyn würde. Alle kleineren Landeigenthümer und Pächter würden zu Grunde gehen, der Staat hinsichtlich seines ersten Lebensbedürfnisses von Deutschland abhängig werden. Ein großer Grundeigenthümer in Hampshire habe ihm geschrieben, er beschäftige jetzt über 40 Feldarbeiter; würden die Korngesetze aufgehoben, so könnte er nicht 15 mehr halten. Was würde dann die Zufluchtstätte dieser verdienstlosen Arbeiter werden? - das Armen-Arbeitshaus, wohin ihre früheren Brodherren ihnen bald selbst nachfolgen müßten. Lord Morpeth, Generalsecretär für Irland, schickte die Bemerkung voraus, die Unmöglichkeit eines Ministeriums, das in dieser Sache seine (Morpeths) besondere Ansicht theile, habe ihn mit dem Gedanken ausgesöhnt, daß das Cabinet über diese Frage getrennter Meinung sey und darum sie für eine offene Frage erklärt habe. Er spreche hiernach zwar nicht im Namen und mit der Autorität der Regierung, gebe jedoch zu bedenken, daß in der von ihm vertretenen Grafschaft (West-York) selbst manche rein feldbauende Bezirke sich den Petitionen um Abänderung der Korngesetze angeschlossen haben. Er für seine Person würde erröthen, noch ferner zu beten: "Herr, gib uns unser täglich Brod", wenn er in diese Ansicht nicht mit einstimmte. Ueberhaupt wünsche er den freiesten Handelsverkehr zwischen allen Völkern des Erdkreises. Wie Selbstsucht aus dem Privatleben, so sollte alles Monopol aus der großen Völkerfamilie verbannt, und Philanthropie und Patriotismus synonyme Begriffe seyn. Die Nützlichkeit eines Schutzzolles wolle er übrigens nicht bestreiten, auch nicht darüber aburtheilen, ob dieser Schutzzoll ein abgestufter, oder ein fixer seyn solle; seine Vorliebe aber habe der letztere, als Gleichmäßigkeit der Zufuhr befördernd und die plötzlichen Exportationen des baaren Geldes verhindernd. Man wolle die über diese Angelegenheit herrschende Agitation als ein Argument gegen sie anführen, aber eine solche Agitation lasse sich nur mit der sie veranlassenden Beschwerde heben. Freilich gewisse Herren glichen dem Armenhauswirthschafter im Oliver Twist, der ganz verdutzt wurde vor Staunen, daß seine hungrigen Knaben mehr zu essen verlangten. Gegenwärtige Motion könne verneint werden, aber der endliche Erfolg sey gewiß. Er habe den Sieg religiöser Gewissensfreiheit und die Aufhebung der Sklaverei erlebt, so hoffe er auch den Sturz des Kornmonopols zu erleben. Die HH. G. Knight, W. Duncombe und Shaw sprachen für den Fortbestand der Gesetze im Interesse der Landwirthschaft. Letzterer suchte mit Zahlen nachzuweisen, daß der Getreidebau in Irland keineswegs so unbeträchtlich sey, als Hr. Villiers ihn habe darstellen wollen. Man klage jetzt schon in England über das Zuströmen irischer Arbeiter; würden die Korngesetze abgeschafft, dann werde England von irischen Armen ganz überfluthet werden. Hr. Pryme fand die jetzigen Schutzzölle zwar zu hoch, suchte aber mit Citaten aus den staatsökonomischen Schrifteu Adam Smiths und Ricardo's zu erweisen, daß der so schwer mit Abgaben aller Art belastete Ackerbau so gut, wie irgend eine andere Industrie, zu einem verhältnißmäßigen Schutz berechtigt sey. Er schlug sofort als Amendement vor: "die zu ernennende Committee habe zu begutachten, ob und in wie fern die der Acte 9 Georgs IV angehängte durchschnittliche Preistabelle, nach der jetzt der Einfuhrzoll geregelt wird, ermäßigt werden könne." Hr. Clay sprach für die ursprüngliche Motion; das Haus ward ungeduldig, und mehrere Mitglieder riefen: "zur Abstimmung"; indessen wurde die Debatte abermals vertagt. - Auch die Oberhaussitzungen am 1 und 2 April beschränkten sich fast ganz auf Entgegennahme von Petitionen für und gegen die Korngesetze. Der liberale Marquis v. Westminster, einer der reichsten Eigenthümer unter dem brittischen Adel, nahm dabei Anlaß, dem Lord Ashburton seine Inconsequenz vorzurücken, welcher vordem als Hr. Alexander Baring, von der großen Londoner Handelsfirma dieses Namens (er ist Oheim des jetzigen Finanzministers), sich besonders in dieser Getreidefrage höchst radical bezeigte, jetzt aber, seitdem er mit dem Baronstitel unter der Reichspairie Platz genommen, höchstens eine geringe Ermäßigung der Zölle zugeben will, weil deren gänzliche Aufhebung eine Umwälzung im Geldumlauf und im ganzen Handelssystem hervorbringen würde.

Frankreich.

(Sonntag.)

(Moniteur.) Die Ordonnanzofficiere des Kronprinzen, die HH. Herzoge von Elchingen, Bertin de Vaux, v. Montguyon, v. Chabaud-Latour und der Doctor Pasquier sind gestern Abend (3) abgereist, um mit dem Herzog von Aumale in Toulon zusammen zu treffen. Der Kronprinz und der Herzog von Aumale werden vor ihrer Einschiffung zwei Tage in jener Stadt zubringen.

Durch einen Erlaß vom 24 März hat der Kriegsminister die Mitglieder der Commission ernannt, die beauftragt ist, Subscriptionen für das Denkmal von Masagran zu sammeln, und deren Verwendung zu bestimmen. Sie besteht aus den HH. Marschall Gerard, Präsidenten, Marschall Clauzel, Graf Segur, Generallieutenant Durrieu, Chapuis-Montlaville, Vitet, Letean, Las Cases Sohn, Laurence.

Die letzte Schwester eines der berühmtesten Minister der Restauration, die Frau Marquisin v. Jumilhac, geborne Richelieu, ist in Rom, wo sie sich schon lange in einem leidenden Zustand aufhielt, gestorben.

(Courrier francais.) Letzten Freitag boten die Salons des Hrn. Odilon Barrot einen sehr belebten Anblick dar. Die

Tone zu schließen, womit eifrige Hochkirchliche im Unterhaus, besonders aber die Bischofsbank im Hause der Lords, die bezügliche Bill der obercanadischen Legislatur und jeden Versuch, einen Theil jener reservirten Ländereien der Geistlichkeit der Dissenter zuzuwenden und sie allgemeinen improvements der Civiladministration unterzuordnen, als eine neue „Plünderungsmaaßregel“ gegen die Staatskirche verschreien. – Nach einigen minder erheblichen Zwischenverhandlungen wurden die vertagten Debatten über Hrn. Villiers' Motion in der Korngesetzfrage wieder aufgenommen. Hr. Wodehouse eröffnete den Kampf auf Seite der Opposition; Hr. Rich antwortete mit einer historischen Behandlung der Frage. Unter dem freien Handelssystem, das von 1774 bis 1790 in Bezug auf Korneinfuhr bestand, seyen die Brodpreise stätig gewesen, und 500,000 Acres neuen Feldes der Cultur gewonnen worden. Dagegen seyen mit dem jetzigen System die ärgsten Schwankungen eingetreten, und nicht einmal die eine Hoffnung, die man darauf gebaut: Prosperität der ackerbauenden Classen, sey in Erfüllung gegangen. Die Behauptung, eine so große Nation wie die brittische müsse ihr Getreide selbst bauen, sey chimärisch; mit seiner großen, in fortwährender Zunahme begriffenen Bevölkerung könne England die Kornzufuhr vom Ausland fast so wenig entbehren, als es in Bezug auf Thee, Kaffee, Baumwolle u. dgl. von der Fremde unabhängig sey. Darum sey er, zwar nicht für völlige Aufhebung der Getreidezölle, aber für einen fixen mäßigen Zoll, welcher nicht nur das Brod wohlfeiler und die Preise stätig machen, sondern auch ein Staatseinkommen liefern werde, das der Nothwendigkeit einer neuen Steuer überheben könne. Capitän Hamilton warnt vor den Störungen und der Noth, welche die unmittelbare Folge der Abschaffung der Korngesetze in den ackerbauenden Bezirken seyn würde. Alle kleineren Landeigenthümer und Pächter würden zu Grunde gehen, der Staat hinsichtlich seines ersten Lebensbedürfnisses von Deutschland abhängig werden. Ein großer Grundeigenthümer in Hampshire habe ihm geschrieben, er beschäftige jetzt über 40 Feldarbeiter; würden die Korngesetze aufgehoben, so könnte er nicht 15 mehr halten. Was würde dann die Zufluchtstätte dieser verdienstlosen Arbeiter werden? – das Armen-Arbeitshaus, wohin ihre früheren Brodherren ihnen bald selbst nachfolgen müßten. Lord Morpeth, Generalsecretär für Irland, schickte die Bemerkung voraus, die Unmöglichkeit eines Ministeriums, das in dieser Sache seine (Morpeths) besondere Ansicht theile, habe ihn mit dem Gedanken ausgesöhnt, daß das Cabinet über diese Frage getrennter Meinung sey und darum sie für eine offene Frage erklärt habe. Er spreche hiernach zwar nicht im Namen und mit der Autorität der Regierung, gebe jedoch zu bedenken, daß in der von ihm vertretenen Grafschaft (West-York) selbst manche rein feldbauende Bezirke sich den Petitionen um Abänderung der Korngesetze angeschlossen haben. Er für seine Person würde erröthen, noch ferner zu beten: „Herr, gib uns unser täglich Brod“, wenn er in diese Ansicht nicht mit einstimmte. Ueberhaupt wünsche er den freiesten Handelsverkehr zwischen allen Völkern des Erdkreises. Wie Selbstsucht aus dem Privatleben, so sollte alles Monopol aus der großen Völkerfamilie verbannt, und Philanthropie und Patriotismus synonyme Begriffe seyn. Die Nützlichkeit eines Schutzzolles wolle er übrigens nicht bestreiten, auch nicht darüber aburtheilen, ob dieser Schutzzoll ein abgestufter, oder ein fixer seyn solle; seine Vorliebe aber habe der letztere, als Gleichmäßigkeit der Zufuhr befördernd und die plötzlichen Exportationen des baaren Geldes verhindernd. Man wolle die über diese Angelegenheit herrschende Agitation als ein Argument gegen sie anführen, aber eine solche Agitation lasse sich nur mit der sie veranlassenden Beschwerde heben. Freilich gewisse Herren glichen dem Armenhauswirthschafter im Oliver Twist, der ganz verdutzt wurde vor Staunen, daß seine hungrigen Knaben mehr zu essen verlangten. Gegenwärtige Motion könne verneint werden, aber der endliche Erfolg sey gewiß. Er habe den Sieg religiöser Gewissensfreiheit und die Aufhebung der Sklaverei erlebt, so hoffe er auch den Sturz des Kornmonopols zu erleben. Die HH. G. Knight, W. Duncombe und Shaw sprachen für den Fortbestand der Gesetze im Interesse der Landwirthschaft. Letzterer suchte mit Zahlen nachzuweisen, daß der Getreidebau in Irland keineswegs so unbeträchtlich sey, als Hr. Villiers ihn habe darstellen wollen. Man klage jetzt schon in England über das Zuströmen irischer Arbeiter; würden die Korngesetze abgeschafft, dann werde England von irischen Armen ganz überfluthet werden. Hr. Pryme fand die jetzigen Schutzzölle zwar zu hoch, suchte aber mit Citaten aus den staatsökonomischen Schrifteu Adam Smiths und Ricardo's zu erweisen, daß der so schwer mit Abgaben aller Art belastete Ackerbau so gut, wie irgend eine andere Industrie, zu einem verhältnißmäßigen Schutz berechtigt sey. Er schlug sofort als Amendement vor: „die zu ernennende Committee habe zu begutachten, ob und in wie fern die der Acte 9 Georgs IV angehängte durchschnittliche Preistabelle, nach der jetzt der Einfuhrzoll geregelt wird, ermäßigt werden könne.“ Hr. Clay sprach für die ursprüngliche Motion; das Haus ward ungeduldig, und mehrere Mitglieder riefen: „zur Abstimmung“; indessen wurde die Debatte abermals vertagt. – Auch die Oberhaussitzungen am 1 und 2 April beschränkten sich fast ganz auf Entgegennahme von Petitionen für und gegen die Korngesetze. Der liberale Marquis v. Westminster, einer der reichsten Eigenthümer unter dem brittischen Adel, nahm dabei Anlaß, dem Lord Ashburton seine Inconsequenz vorzurücken, welcher vordem als Hr. Alexander Baring, von der großen Londoner Handelsfirma dieses Namens (er ist Oheim des jetzigen Finanzministers), sich besonders in dieser Getreidefrage höchst radical bezeigte, jetzt aber, seitdem er mit dem Baronstitel unter der Reichspairie Platz genommen, höchstens eine geringe Ermäßigung der Zölle zugeben will, weil deren gänzliche Aufhebung eine Umwälzung im Geldumlauf und im ganzen Handelssystem hervorbringen würde.

Frankreich.

(Sonntag.)

(Moniteur.) Die Ordonnanzofficiere des Kronprinzen, die HH. Herzoge von Elchingen, Bertin de Vaux, v. Montguyon, v. Chabaud-Latour und der Doctor Pasquier sind gestern Abend (3) abgereist, um mit dem Herzog von Aumale in Toulon zusammen zu treffen. Der Kronprinz und der Herzog von Aumale werden vor ihrer Einschiffung zwei Tage in jener Stadt zubringen.

Durch einen Erlaß vom 24 März hat der Kriegsminister die Mitglieder der Commission ernannt, die beauftragt ist, Subscriptionen für das Denkmal von Masagran zu sammeln, und deren Verwendung zu bestimmen. Sie besteht aus den HH. Marschall Gérard, Präsidenten, Marschall Clauzel, Graf Segur, Generallieutenant Durrieu, Chapuis-Montlaville, Vitet, Letéan, Las Cases Sohn, Laurence.

Die letzte Schwester eines der berühmtesten Minister der Restauration, die Frau Marquisin v. Jumilhac, geborne Richelieu, ist in Rom, wo sie sich schon lange in einem leidenden Zustand aufhielt, gestorben.

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Dagegen seyen mit dem jetzigen System die ärgsten Schwankungen eingetreten, und nicht einmal die eine Hoffnung, die man darauf gebaut: Prosperität der ackerbauenden Classen, sey in Erfüllung gegangen. Die Behauptung, eine so große Nation wie die brittische müsse ihr Getreide selbst bauen, sey chimärisch; mit seiner großen, in fortwährender Zunahme begriffenen Bevölkerung könne England die Kornzufuhr vom Ausland fast so wenig entbehren, als es in Bezug auf Thee, Kaffee, Baumwolle u. dgl. von der Fremde unabhängig sey. Darum sey er, zwar nicht für völlige Aufhebung der Getreidezölle, aber für einen fixen mäßigen Zoll, welcher nicht nur das Brod wohlfeiler und die Preise stätig machen, sondern auch ein Staatseinkommen liefern werde, das der Nothwendigkeit einer neuen Steuer überheben könne. Capitän <hi rendition="#g">Hamilton</hi> warnt vor den Störungen und der Noth, welche die unmittelbare Folge der Abschaffung der Korngesetze in den ackerbauenden Bezirken seyn würde. 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Er spreche hiernach zwar nicht im Namen und mit der Autorität der Regierung, gebe jedoch zu bedenken, daß in der von ihm vertretenen Grafschaft (West-York) selbst manche rein feldbauende Bezirke sich den Petitionen um Abänderung der Korngesetze angeschlossen haben. Er für seine Person würde erröthen, noch ferner zu beten: &#x201E;Herr, gib uns unser täglich Brod&#x201C;, wenn er in diese Ansicht nicht mit einstimmte. Ueberhaupt wünsche er den freiesten Handelsverkehr zwischen allen Völkern des Erdkreises. Wie Selbstsucht aus dem Privatleben, so sollte alles Monopol aus der großen Völkerfamilie verbannt, und Philanthropie und Patriotismus synonyme Begriffe seyn. Die Nützlichkeit eines Schutzzolles wolle er übrigens nicht bestreiten, auch nicht darüber aburtheilen, ob dieser Schutzzoll ein abgestufter, oder ein fixer seyn solle; seine Vorliebe aber habe der letztere, als Gleichmäßigkeit der Zufuhr befördernd und die plötzlichen Exportationen des baaren Geldes verhindernd. Man wolle die über diese Angelegenheit herrschende Agitation als ein Argument gegen sie anführen, aber eine solche Agitation lasse sich nur mit der sie veranlassenden Beschwerde heben. Freilich gewisse Herren glichen dem Armenhauswirthschafter im Oliver Twist, der ganz verdutzt wurde vor Staunen, daß seine hungrigen Knaben mehr zu essen verlangten. Gegenwärtige Motion könne verneint werden, aber der endliche Erfolg sey gewiß. Er habe den Sieg religiöser Gewissensfreiheit und die Aufhebung der Sklaverei erlebt, so hoffe er auch den Sturz des Kornmonopols zu erleben. Die HH. G. <hi rendition="#g">Knight</hi>, W. <hi rendition="#g">Duncombe</hi> und <hi rendition="#g">Shaw</hi> sprachen für den Fortbestand der Gesetze im Interesse der Landwirthschaft. Letzterer suchte mit Zahlen nachzuweisen, daß der Getreidebau in Irland keineswegs so unbeträchtlich sey, als Hr. Villiers ihn habe darstellen wollen. 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[0802/0002] Tone zu schließen, womit eifrige Hochkirchliche im Unterhaus, besonders aber die Bischofsbank im Hause der Lords, die bezügliche Bill der obercanadischen Legislatur und jeden Versuch, einen Theil jener reservirten Ländereien der Geistlichkeit der Dissenter zuzuwenden und sie allgemeinen improvements der Civiladministration unterzuordnen, als eine neue „Plünderungsmaaßregel“ gegen die Staatskirche verschreien. – Nach einigen minder erheblichen Zwischenverhandlungen wurden die vertagten Debatten über Hrn. Villiers' Motion in der Korngesetzfrage wieder aufgenommen. Hr. Wodehouse eröffnete den Kampf auf Seite der Opposition; Hr. Rich antwortete mit einer historischen Behandlung der Frage. Unter dem freien Handelssystem, das von 1774 bis 1790 in Bezug auf Korneinfuhr bestand, seyen die Brodpreise stätig gewesen, und 500,000 Acres neuen Feldes der Cultur gewonnen worden. 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Er spreche hiernach zwar nicht im Namen und mit der Autorität der Regierung, gebe jedoch zu bedenken, daß in der von ihm vertretenen Grafschaft (West-York) selbst manche rein feldbauende Bezirke sich den Petitionen um Abänderung der Korngesetze angeschlossen haben. Er für seine Person würde erröthen, noch ferner zu beten: „Herr, gib uns unser täglich Brod“, wenn er in diese Ansicht nicht mit einstimmte. Ueberhaupt wünsche er den freiesten Handelsverkehr zwischen allen Völkern des Erdkreises. Wie Selbstsucht aus dem Privatleben, so sollte alles Monopol aus der großen Völkerfamilie verbannt, und Philanthropie und Patriotismus synonyme Begriffe seyn. Die Nützlichkeit eines Schutzzolles wolle er übrigens nicht bestreiten, auch nicht darüber aburtheilen, ob dieser Schutzzoll ein abgestufter, oder ein fixer seyn solle; seine Vorliebe aber habe der letztere, als Gleichmäßigkeit der Zufuhr befördernd und die plötzlichen Exportationen des baaren Geldes verhindernd. Man wolle die über diese Angelegenheit herrschende Agitation als ein Argument gegen sie anführen, aber eine solche Agitation lasse sich nur mit der sie veranlassenden Beschwerde heben. Freilich gewisse Herren glichen dem Armenhauswirthschafter im Oliver Twist, der ganz verdutzt wurde vor Staunen, daß seine hungrigen Knaben mehr zu essen verlangten. Gegenwärtige Motion könne verneint werden, aber der endliche Erfolg sey gewiß. Er habe den Sieg religiöser Gewissensfreiheit und die Aufhebung der Sklaverei erlebt, so hoffe er auch den Sturz des Kornmonopols zu erleben. Die HH. G. Knight, W. Duncombe und Shaw sprachen für den Fortbestand der Gesetze im Interesse der Landwirthschaft. Letzterer suchte mit Zahlen nachzuweisen, daß der Getreidebau in Irland keineswegs so unbeträchtlich sey, als Hr. Villiers ihn habe darstellen wollen. 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Clay sprach für die ursprüngliche Motion; das Haus ward ungeduldig, und mehrere Mitglieder riefen: „zur Abstimmung“; indessen wurde die Debatte abermals vertagt. – Auch die Oberhaussitzungen am 1 und 2 April beschränkten sich fast ganz auf Entgegennahme von Petitionen für und gegen die Korngesetze. Der liberale Marquis v. Westminster, einer der reichsten Eigenthümer unter dem brittischen Adel, nahm dabei Anlaß, dem Lord Ashburton seine Inconsequenz vorzurücken, welcher vordem als Hr. Alexander Baring, von der großen Londoner Handelsfirma dieses Namens (er ist Oheim des jetzigen Finanzministers), sich besonders in dieser Getreidefrage höchst radical bezeigte, jetzt aber, seitdem er mit dem Baronstitel unter der Reichspairie Platz genommen, höchstens eine geringe Ermäßigung der Zölle zugeben will, weil deren gänzliche Aufhebung eine Umwälzung im Geldumlauf und im ganzen Handelssystem hervorbringen würde. Frankreich. _ Paris, 5 April. (Sonntag.) (Moniteur.) Die Ordonnanzofficiere des Kronprinzen, die HH. Herzoge von Elchingen, Bertin de Vaux, v. Montguyon, v. Chabaud-Latour und der Doctor Pasquier sind gestern Abend (3) abgereist, um mit dem Herzog von Aumale in Toulon zusammen zu treffen. Der Kronprinz und der Herzog von Aumale werden vor ihrer Einschiffung zwei Tage in jener Stadt zubringen. Durch einen Erlaß vom 24 März hat der Kriegsminister die Mitglieder der Commission ernannt, die beauftragt ist, Subscriptionen für das Denkmal von Masagran zu sammeln, und deren Verwendung zu bestimmen. Sie besteht aus den HH. Marschall Gérard, Präsidenten, Marschall Clauzel, Graf Segur, Generallieutenant Durrieu, Chapuis-Montlaville, Vitet, Letéan, Las Cases Sohn, Laurence. Die letzte Schwester eines der berühmtesten Minister der Restauration, die Frau Marquisin v. Jumilhac, geborne Richelieu, ist in Rom, wo sie sich schon lange in einem leidenden Zustand aufhielt, gestorben. (Courrier français.) Letzten Freitag boten die Salons des Hrn. Odilon Barrot einen sehr belebten Anblick dar. Die

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 101. Augsburg, 10. April 1840, S. 0802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_101_18400410/2>, abgerufen am 03.12.2024.