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Allgemeine Zeitung. Nr. 111. Augsburg, 20. April 1840.

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mit Ländereien treiben. Die deutsche Colonie ist fast der einzige Theil der Bevölkerung, welcher sich hauptsächlich und ernstlich mit Landbau beschäftigt, was bei dem ungeheuern Preise der Lebensmittel eben so wohlthätig für die ganze Bevölkerung als vortheilhaft für die Deutschen ist. Die Lage der Dinge dort ist leicht erklärlich. Die Bevölkerung der ganzen Colonie beträgt gegenwärtig 10,000 Seelen, welche seit drei Jahren eingewandert sind, und aus zwei ganz getrennten Classen bestehen: reichen Capitalisten, welche Ländereien ankaufen, um für ihre Familien den Grund großen Besitzes zu legen, wie sie ihn in England bei der Concurrenz der Capitalien nicht erhalten könnten, und Arbeitern, welche vom Ertrag der Ländereien gratis dorthin geschifft werden. Es ist daher Alles zu erschaffen: man vermißt Land, baut Häuser in der Stadt, kauft Heerden aus Neusüdwallis und Vandiemensland. Die südaustralische Gesellschaft treibt Wallfischfang, baut einen Hafen u. s. w. Kurz es ist auf allen Seiten mehr Capital, als verwendet werden kann, und mehr Arbeit begehrt, als geliefert werden kann, so daß man sich auf das Dringendste richtet, was am schnellsten einträgt, und für die Zukunft die besten Positionen sichert, während Ackerbau mit gemietheten Arbeitern so gut als unmöglich ist, weil der Preis der Arbeit alle Maaßen übersteigt; ein Holzhauer hat 10 Schilling täglich, ein Maurer 14 Schilling, ein Wagner 18 bis 25 Schilling, so daß das Verhältniß der Stände bis jetzt ganz umgestoßen ist. Der Generalsecretär der Regierung hat z. B. 400 Pf. jährlich, d. h. weniger als ein Tischler verdient; der Friedensrichter hat 100 Pf., also weniger als der Handlanger des Maurers, der sein Haus baut. Dieser Zustand ist natürlich provisorisch, und nur dadurch erträglich, weil der Capitalist seine zukünftigen Aussichten escomptirt. Es sind jetzt über 200,000 Morgen Landes verkauft, und die Progression ist im Steigen, so daß die Regierungscommissäre hier über 150,000 Pf. in der Casse haben, welche zum Transport von 8000 Arbeitern hinreichend sind, und man klagt in der Colonie über die Langsamkeit, mit welcher sie verfahren. Sie entschuldigen sich damit, daß es an Schiffen zum Transport fehle, aber in einem Hafen, wie der hiesige, wo jährlich 24,000 Schiffe ankommen, kann es nie lange währen, bis eine Classe von Schiffen, für die ein stetiges Bedürfniß existirt, wie jetzt für Transportschiffe nach Sidney, Adelaide und Neuseeland, in Ueberzahl gebaut werde. Die Folge dieses Zustandes ist, daß Lebensmittel einen unmäßigen Preis erreicht haben; nach den letzten Nachrichten kostete der vierpfündige Laib Brod 3 Schilling, Käse 2 1/2 Schilling das Pfund, gesalzene Butter ebensoviel, frische Butter 5 1/2 Schilling, Talglichter 2 Schilling, Fleisch 1 Schilling. Diese Theuerung kommt zum Theil daher, daß seit drei Jahren eine allgemeine Dürre in allen australischen Colonien herrschte, so daß der Kriegsminister vor einigen Monaten vom Parlament einen Credit von 275,000 Pf. St. extra für die Garnison von Sidney und Hobartstown verlangte, weil sie auf 1 Mahl täglich reducirt war, und nicht mehr bestehen konnte, da der Bushel Weizen in Sidney 240 Schilling kostete, während 80 Schilling in England für einen Hungersnothpreis gilt. Man kann sich daher leicht denken, welche Wohlthat für Südaustralien eine fleißige deutsche Colonie ist, welche kein Capital und keine Lust zu Speculationen hat, und sich des Pflugs und der Schaufel befleißigt. Welche Früchte sie aus ihrem Gartenbau wenigstens in den ersten Zeiten ziehen werde, läßt sich aus den unglaublichen Preisen schließen, die man kürzlich in öffentlicher Versteigerung aus einer kleinen Quantität Obst erhielt, das aus Sidney angekommen war, nämlich für zehn Aprikosen 3 Pf. St. 5 Schilling, für vier Mandeln 19 1/2 Schilling, zwanzig Haselnüsse 3 Pf. 10 Schilling, siebzehn Pfirsiche 10 Pf. Sterl. zwanzig Maulbeeren 7 1/2 Pf., zwanzig Birnen 4 Pf. 15 Schilling, zwanzig Pflaumen 7 1/2 Pf., fünfzig Kirschen 21 1/2 Pf. etc. Dieß sind freilich Preise für langentbehrte Seltenheiten, aber sie versprechen der deutschen Colonie für den Anfang solche Einnahmen, daß sie in wenigen Jahren im Stande seyn wird, das Land, welches sie gemiethet hat, anzukaufen und sich dann nach Bedürfniß und nach Zunahme ihrer Zahl auszudehnen. Ihr ruhiges und fleißiges Benehmen in der Mitte der lärmenden, ehrgeizigen englischen Bevölkerung (welche für 10,000 Seelen nicht weniger als vier Journale hat, die den verschiedenen Parteien als Ventilatoren dienen) hat ihnen das allgemeine Wohlwollen zugewendet, von dem sie viele Beweise erhalten haben, z. B. ein Engländer aus Calcutta, welcher die Colonie besucht hatte, hat ihnen eine Sammlung von Samen aus Indien und aus Mauritius Zuckerrohr mit einer vollständigen Sammlung aller zur Zuckercultur nöthigen Instrumente geschickt. Ein ganz besonderes Verdienst um die Colonie baben sie sich durch ihre humane Sorge für die Eingebornen erworben. Der Prediger Schurmann hat ihre Sprache gelernt, und viel unter ihnen gelebt; er hat sie sehr gutmüthig und gelehrig gefunden, und sie überredet, sich in einigen Handwerken unterrichten zu lassen. Sie haben jetzt angefangen Häuser aus Pile für sich zu errichten, einige sind in den Dienst des Landvermessers getreten und sind bezahlt wie weiße Arbeiter, andere sind im Dienst der südaustralischen Gesellschaft und bilden die Bemannung eines Wallfischboots, wo sie sich durch ihre Geschicklichkeit im Gebrauch der Ruder auszeichnen. Schurmann hat einen interessanten Brief über sie an die Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der brittischen Colonien geschrieben, in welchem er um Vieh und Ackerbauinstrumente für sie bittet. Er sagt, es sey ein Irrthum zu glauben, daß sie kein Landeigenthum besitzen, denn jeder werde als erblicher Besitzer eines bestimmten Stück Landes angesehen, das er zwar nicht bebaue, dessen Besitz aber nie bestritten werde. Sie machen freilich keine Schwierigkeiten, wenn die Weißen ihr Land in Besitz nehmen, es verkaufen und anbauen, weil sie durch den Verkehr mit ihnen Zucker, Zwieback und andere Leckereien erhalten, allein sie sind eben als Kinder anzusehen, welche bevormundet werden müssen, und denen eine civilisirte Gesellschaft eine Entschädigung für den unersetzlichen Verlust ihrer Ländereien schuldig ist, obgleich sie dessen Größe noch nicht einsehen können. Es sind zwei Schulen für ihre Kinder errichtet worden, welche sie regelmäßig besuchen. H. George Fife Angas stellte in der letzten Sitzung der hiesigen Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der Versammlung drei deutsche Missionäre vor, welche sich nach Südaustralien begeben, und von der Dresdener Gesellschaft ausgeschickt werden; er sagte, daß sich in Berlin 28 Personen angeboten hätten nach Südaustralien auszuwandern, sich im Innern niederzulassen und den Ertrag ihrer Arbeit auf Civilisirung der Eingeborenen zu verwenden.

(Beschluß folgt.)

Italien.

In Nr. 89 der Allg. Zeitung schreibt ein Correspondent unterm 19 März aus Rom: "Aus Ancona erfahren wir, das Gericht habe im Verlaufe des Processes gegen den englischen Matrosen, welcher vor kurzem einen Schiffscapitän im Streit durch Schläge so zugerichtet, daß derselbe seinen Geist aufgab, so viele entschuldigende Umstände gefunden, daß es ihn nur zu einjähriger Festungsstrafe verurtheilte."

mit Ländereien treiben. Die deutsche Colonie ist fast der einzige Theil der Bevölkerung, welcher sich hauptsächlich und ernstlich mit Landbau beschäftigt, was bei dem ungeheuern Preise der Lebensmittel eben so wohlthätig für die ganze Bevölkerung als vortheilhaft für die Deutschen ist. Die Lage der Dinge dort ist leicht erklärlich. Die Bevölkerung der ganzen Colonie beträgt gegenwärtig 10,000 Seelen, welche seit drei Jahren eingewandert sind, und aus zwei ganz getrennten Classen bestehen: reichen Capitalisten, welche Ländereien ankaufen, um für ihre Familien den Grund großen Besitzes zu legen, wie sie ihn in England bei der Concurrenz der Capitalien nicht erhalten könnten, und Arbeitern, welche vom Ertrag der Ländereien gratis dorthin geschifft werden. Es ist daher Alles zu erschaffen: man vermißt Land, baut Häuser in der Stadt, kauft Heerden aus Neusüdwallis und Vandiemensland. Die südaustralische Gesellschaft treibt Wallfischfang, baut einen Hafen u. s. w. Kurz es ist auf allen Seiten mehr Capital, als verwendet werden kann, und mehr Arbeit begehrt, als geliefert werden kann, so daß man sich auf das Dringendste richtet, was am schnellsten einträgt, und für die Zukunft die besten Positionen sichert, während Ackerbau mit gemietheten Arbeitern so gut als unmöglich ist, weil der Preis der Arbeit alle Maaßen übersteigt; ein Holzhauer hat 10 Schilling täglich, ein Maurer 14 Schilling, ein Wagner 18 bis 25 Schilling, so daß das Verhältniß der Stände bis jetzt ganz umgestoßen ist. Der Generalsecretär der Regierung hat z. B. 400 Pf. jährlich, d. h. weniger als ein Tischler verdient; der Friedensrichter hat 100 Pf., also weniger als der Handlanger des Maurers, der sein Haus baut. Dieser Zustand ist natürlich provisorisch, und nur dadurch erträglich, weil der Capitalist seine zukünftigen Aussichten escomptirt. Es sind jetzt über 200,000 Morgen Landes verkauft, und die Progression ist im Steigen, so daß die Regierungscommissäre hier über 150,000 Pf. in der Casse haben, welche zum Transport von 8000 Arbeitern hinreichend sind, und man klagt in der Colonie über die Langsamkeit, mit welcher sie verfahren. Sie entschuldigen sich damit, daß es an Schiffen zum Transport fehle, aber in einem Hafen, wie der hiesige, wo jährlich 24,000 Schiffe ankommen, kann es nie lange währen, bis eine Classe von Schiffen, für die ein stetiges Bedürfniß existirt, wie jetzt für Transportschiffe nach Sidney, Adelaide und Neuseeland, in Ueberzahl gebaut werde. Die Folge dieses Zustandes ist, daß Lebensmittel einen unmäßigen Preis erreicht haben; nach den letzten Nachrichten kostete der vierpfündige Laib Brod 3 Schilling, Käse 2 1/2 Schilling das Pfund, gesalzene Butter ebensoviel, frische Butter 5 1/2 Schilling, Talglichter 2 Schilling, Fleisch 1 Schilling. Diese Theuerung kommt zum Theil daher, daß seit drei Jahren eine allgemeine Dürre in allen australischen Colonien herrschte, so daß der Kriegsminister vor einigen Monaten vom Parlament einen Credit von 275,000 Pf. St. extra für die Garnison von Sidney und Hobartstown verlangte, weil sie auf 1 Mahl täglich reducirt war, und nicht mehr bestehen konnte, da der Bushel Weizen in Sidney 240 Schilling kostete, während 80 Schilling in England für einen Hungersnothpreis gilt. Man kann sich daher leicht denken, welche Wohlthat für Südaustralien eine fleißige deutsche Colonie ist, welche kein Capital und keine Lust zu Speculationen hat, und sich des Pflugs und der Schaufel befleißigt. Welche Früchte sie aus ihrem Gartenbau wenigstens in den ersten Zeiten ziehen werde, läßt sich aus den unglaublichen Preisen schließen, die man kürzlich in öffentlicher Versteigerung aus einer kleinen Quantität Obst erhielt, das aus Sidney angekommen war, nämlich für zehn Aprikosen 3 Pf. St. 5 Schilling, für vier Mandeln 19 1/2 Schilling, zwanzig Haselnüsse 3 Pf. 10 Schilling, siebzehn Pfirsiche 10 Pf. Sterl. zwanzig Maulbeeren 7 1/2 Pf., zwanzig Birnen 4 Pf. 15 Schilling, zwanzig Pflaumen 7 1/2 Pf., fünfzig Kirschen 21 1/2 Pf. etc. Dieß sind freilich Preise für langentbehrte Seltenheiten, aber sie versprechen der deutschen Colonie für den Anfang solche Einnahmen, daß sie in wenigen Jahren im Stande seyn wird, das Land, welches sie gemiethet hat, anzukaufen und sich dann nach Bedürfniß und nach Zunahme ihrer Zahl auszudehnen. Ihr ruhiges und fleißiges Benehmen in der Mitte der lärmenden, ehrgeizigen englischen Bevölkerung (welche für 10,000 Seelen nicht weniger als vier Journale hat, die den verschiedenen Parteien als Ventilatoren dienen) hat ihnen das allgemeine Wohlwollen zugewendet, von dem sie viele Beweise erhalten haben, z. B. ein Engländer aus Calcutta, welcher die Colonie besucht hatte, hat ihnen eine Sammlung von Samen aus Indien und aus Mauritius Zuckerrohr mit einer vollständigen Sammlung aller zur Zuckercultur nöthigen Instrumente geschickt. Ein ganz besonderes Verdienst um die Colonie baben sie sich durch ihre humane Sorge für die Eingebornen erworben. Der Prediger Schurmann hat ihre Sprache gelernt, und viel unter ihnen gelebt; er hat sie sehr gutmüthig und gelehrig gefunden, und sie überredet, sich in einigen Handwerken unterrichten zu lassen. Sie haben jetzt angefangen Häuser aus Pilé für sich zu errichten, einige sind in den Dienst des Landvermessers getreten und sind bezahlt wie weiße Arbeiter, andere sind im Dienst der südaustralischen Gesellschaft und bilden die Bemannung eines Wallfischboots, wo sie sich durch ihre Geschicklichkeit im Gebrauch der Ruder auszeichnen. Schurmann hat einen interessanten Brief über sie an die Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der brittischen Colonien geschrieben, in welchem er um Vieh und Ackerbauinstrumente für sie bittet. Er sagt, es sey ein Irrthum zu glauben, daß sie kein Landeigenthum besitzen, denn jeder werde als erblicher Besitzer eines bestimmten Stück Landes angesehen, das er zwar nicht bebaue, dessen Besitz aber nie bestritten werde. Sie machen freilich keine Schwierigkeiten, wenn die Weißen ihr Land in Besitz nehmen, es verkaufen und anbauen, weil sie durch den Verkehr mit ihnen Zucker, Zwieback und andere Leckereien erhalten, allein sie sind eben als Kinder anzusehen, welche bevormundet werden müssen, und denen eine civilisirte Gesellschaft eine Entschädigung für den unersetzlichen Verlust ihrer Ländereien schuldig ist, obgleich sie dessen Größe noch nicht einsehen können. Es sind zwei Schulen für ihre Kinder errichtet worden, welche sie regelmäßig besuchen. H. George Fife Angas stellte in der letzten Sitzung der hiesigen Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der Versammlung drei deutsche Missionäre vor, welche sich nach Südaustralien begeben, und von der Dresdener Gesellschaft ausgeschickt werden; er sagte, daß sich in Berlin 28 Personen angeboten hätten nach Südaustralien auszuwandern, sich im Innern niederzulassen und den Ertrag ihrer Arbeit auf Civilisirung der Eingeborenen zu verwenden.

(Beschluß folgt.)

Italien.

In Nr. 89 der Allg. Zeitung schreibt ein Correspondent unterm 19 März aus Rom: „Aus Ancona erfahren wir, das Gericht habe im Verlaufe des Processes gegen den englischen Matrosen, welcher vor kurzem einen Schiffscapitän im Streit durch Schläge so zugerichtet, daß derselbe seinen Geist aufgab, so viele entschuldigende Umstände gefunden, daß es ihn nur zu einjähriger Festungsstrafe verurtheilte.“

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mit Ländereien treiben. Die deutsche Colonie ist fast der einzige Theil der Bevölkerung, welcher sich hauptsächlich und ernstlich mit Landbau beschäftigt, was bei dem ungeheuern Preise der Lebensmittel eben so wohlthätig für die ganze Bevölkerung als vortheilhaft für die Deutschen ist. Die Lage der Dinge dort ist leicht erklärlich. Die Bevölkerung der ganzen Colonie beträgt gegenwärtig 10,000 Seelen, welche seit drei Jahren eingewandert sind, und aus zwei ganz getrennten Classen bestehen: reichen Capitalisten, welche Ländereien ankaufen, um für ihre Familien den Grund großen Besitzes zu legen, wie sie ihn in England bei der Concurrenz der Capitalien nicht erhalten könnten, und Arbeitern, welche vom Ertrag der Ländereien gratis dorthin geschifft werden. Es ist daher Alles zu erschaffen: man vermißt Land, baut Häuser in der Stadt, kauft Heerden aus Neusüdwallis und Vandiemensland. Die südaustralische Gesellschaft treibt Wallfischfang, baut einen Hafen u. s. w. Kurz es ist auf allen Seiten mehr Capital, als verwendet werden kann, und mehr Arbeit begehrt, als geliefert werden kann, so daß man sich auf das Dringendste richtet, was am schnellsten einträgt, und für die Zukunft die besten Positionen sichert, während Ackerbau mit gemietheten Arbeitern so gut als unmöglich ist, weil der Preis der Arbeit alle Maaßen übersteigt; ein Holzhauer hat 10 Schilling täglich, ein Maurer 14 Schilling, ein Wagner 18 bis 25 Schilling, so daß das Verhältniß der Stände bis jetzt ganz umgestoßen ist. Der Generalsecretär der Regierung hat z. B. 400 Pf. jährlich, d. h. weniger als ein Tischler verdient; der Friedensrichter hat 100 Pf., also weniger als der Handlanger des Maurers, der sein Haus baut. Dieser Zustand ist natürlich provisorisch, und nur dadurch erträglich, weil der Capitalist seine zukünftigen Aussichten escomptirt. Es sind jetzt über 200,000 Morgen Landes verkauft, und die Progression ist im Steigen, so daß die Regierungscommissäre hier über 150,000 Pf. in der Casse haben, welche zum Transport von 8000 Arbeitern hinreichend sind, und man klagt in der Colonie über die Langsamkeit, mit welcher sie verfahren. Sie entschuldigen sich damit, daß es an Schiffen zum Transport fehle, aber in einem Hafen, wie der hiesige, wo jährlich 24,000 Schiffe ankommen, kann es nie lange währen, bis eine Classe von Schiffen, für die ein stetiges Bedürfniß existirt, wie jetzt für Transportschiffe nach Sidney, Adelaide und Neuseeland, in Ueberzahl gebaut werde. Die Folge dieses Zustandes ist, daß Lebensmittel einen unmäßigen Preis erreicht haben; nach den letzten Nachrichten kostete der vierpfündige Laib Brod 3 Schilling, Käse 2 1/2 Schilling das Pfund, gesalzene Butter ebensoviel, frische Butter 5 1/2 Schilling, Talglichter 2 Schilling, Fleisch 1 Schilling. Diese Theuerung kommt zum Theil daher, daß seit drei Jahren eine allgemeine Dürre in allen australischen Colonien herrschte, so daß der Kriegsminister vor einigen Monaten vom Parlament einen Credit von 275,000 Pf. St. extra für die Garnison von Sidney und Hobartstown verlangte, weil sie auf 1 Mahl täglich reducirt war, und nicht mehr bestehen konnte, da der Bushel Weizen in Sidney 240 Schilling kostete, während 80 Schilling in England für einen Hungersnothpreis gilt. Man kann sich daher leicht denken, welche Wohlthat für Südaustralien eine fleißige deutsche Colonie ist, welche kein Capital und keine Lust zu Speculationen hat, und sich des Pflugs und der Schaufel befleißigt. Welche Früchte sie aus ihrem Gartenbau wenigstens in den ersten Zeiten ziehen werde, läßt sich aus den unglaublichen Preisen schließen, die man kürzlich in öffentlicher Versteigerung aus einer kleinen Quantität Obst erhielt, das aus Sidney angekommen war, nämlich für zehn Aprikosen 3 Pf. St. 5 Schilling, für vier Mandeln 19 1/2 Schilling, zwanzig Haselnüsse 3 Pf. 10 Schilling, siebzehn Pfirsiche 10 Pf. Sterl. zwanzig Maulbeeren 7 1/2 Pf., zwanzig Birnen 4 Pf. 15 Schilling, zwanzig Pflaumen 7 1/2 Pf., fünfzig Kirschen 21 1/2 Pf. etc. Dieß sind freilich Preise für langentbehrte Seltenheiten, aber sie versprechen der deutschen Colonie für den Anfang solche Einnahmen, daß sie in wenigen Jahren im Stande seyn wird, das Land, welches sie gemiethet hat, anzukaufen und sich dann nach Bedürfniß und nach Zunahme ihrer Zahl auszudehnen. Ihr ruhiges und fleißiges Benehmen in der Mitte der lärmenden, ehrgeizigen englischen Bevölkerung (welche für 10,000 Seelen nicht weniger als vier Journale hat, die den verschiedenen Parteien als Ventilatoren dienen) hat ihnen das allgemeine Wohlwollen zugewendet, von dem sie viele Beweise erhalten haben, z. B. ein Engländer aus Calcutta, welcher die Colonie besucht hatte, hat ihnen eine Sammlung von Samen aus Indien und aus Mauritius Zuckerrohr mit einer vollständigen Sammlung aller zur Zuckercultur nöthigen Instrumente geschickt. Ein ganz besonderes Verdienst um die Colonie baben sie sich durch ihre humane Sorge für die Eingebornen erworben. Der Prediger Schurmann hat ihre Sprache gelernt, und viel unter ihnen gelebt; er hat sie sehr gutmüthig und gelehrig gefunden, und sie überredet, sich in einigen Handwerken unterrichten zu lassen. Sie haben jetzt angefangen Häuser aus Pilé für sich zu errichten, einige sind in den Dienst des Landvermessers getreten und sind bezahlt wie weiße Arbeiter, andere sind im Dienst der südaustralischen Gesellschaft und bilden die Bemannung eines Wallfischboots, wo sie sich durch ihre Geschicklichkeit im Gebrauch der Ruder auszeichnen. Schurmann hat einen interessanten Brief über sie an die Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der brittischen Colonien geschrieben, in welchem er um Vieh und Ackerbauinstrumente für sie bittet. Er sagt, es sey ein Irrthum zu glauben, daß sie kein Landeigenthum besitzen, denn jeder werde als erblicher Besitzer eines bestimmten Stück Landes angesehen, das er zwar nicht bebaue, dessen Besitz aber nie bestritten werde. Sie machen freilich keine Schwierigkeiten, wenn die Weißen ihr Land in Besitz nehmen, es verkaufen und anbauen, weil sie durch den Verkehr mit ihnen Zucker, Zwieback und andere Leckereien erhalten, allein sie sind eben als Kinder anzusehen, welche bevormundet werden müssen, und denen eine civilisirte Gesellschaft eine Entschädigung für den unersetzlichen Verlust ihrer Ländereien schuldig ist, obgleich sie dessen Größe noch nicht einsehen können. Es sind zwei Schulen für ihre Kinder errichtet worden, welche sie regelmäßig besuchen. H. George Fife Angas stellte in der letzten Sitzung der hiesigen Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der Versammlung drei deutsche Missionäre vor, welche sich nach Südaustralien begeben, und von der Dresdener Gesellschaft ausgeschickt werden; er sagte, daß sich in Berlin 28 Personen angeboten hätten nach Südaustralien auszuwandern, sich im Innern niederzulassen und den Ertrag ihrer Arbeit auf Civilisirung der Eingeborenen zu verwenden.</p><lb/>
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[0883/0011] mit Ländereien treiben. Die deutsche Colonie ist fast der einzige Theil der Bevölkerung, welcher sich hauptsächlich und ernstlich mit Landbau beschäftigt, was bei dem ungeheuern Preise der Lebensmittel eben so wohlthätig für die ganze Bevölkerung als vortheilhaft für die Deutschen ist. Die Lage der Dinge dort ist leicht erklärlich. Die Bevölkerung der ganzen Colonie beträgt gegenwärtig 10,000 Seelen, welche seit drei Jahren eingewandert sind, und aus zwei ganz getrennten Classen bestehen: reichen Capitalisten, welche Ländereien ankaufen, um für ihre Familien den Grund großen Besitzes zu legen, wie sie ihn in England bei der Concurrenz der Capitalien nicht erhalten könnten, und Arbeitern, welche vom Ertrag der Ländereien gratis dorthin geschifft werden. Es ist daher Alles zu erschaffen: man vermißt Land, baut Häuser in der Stadt, kauft Heerden aus Neusüdwallis und Vandiemensland. Die südaustralische Gesellschaft treibt Wallfischfang, baut einen Hafen u. s. w. Kurz es ist auf allen Seiten mehr Capital, als verwendet werden kann, und mehr Arbeit begehrt, als geliefert werden kann, so daß man sich auf das Dringendste richtet, was am schnellsten einträgt, und für die Zukunft die besten Positionen sichert, während Ackerbau mit gemietheten Arbeitern so gut als unmöglich ist, weil der Preis der Arbeit alle Maaßen übersteigt; ein Holzhauer hat 10 Schilling täglich, ein Maurer 14 Schilling, ein Wagner 18 bis 25 Schilling, so daß das Verhältniß der Stände bis jetzt ganz umgestoßen ist. Der Generalsecretär der Regierung hat z. B. 400 Pf. jährlich, d. h. weniger als ein Tischler verdient; der Friedensrichter hat 100 Pf., also weniger als der Handlanger des Maurers, der sein Haus baut. Dieser Zustand ist natürlich provisorisch, und nur dadurch erträglich, weil der Capitalist seine zukünftigen Aussichten escomptirt. Es sind jetzt über 200,000 Morgen Landes verkauft, und die Progression ist im Steigen, so daß die Regierungscommissäre hier über 150,000 Pf. in der Casse haben, welche zum Transport von 8000 Arbeitern hinreichend sind, und man klagt in der Colonie über die Langsamkeit, mit welcher sie verfahren. Sie entschuldigen sich damit, daß es an Schiffen zum Transport fehle, aber in einem Hafen, wie der hiesige, wo jährlich 24,000 Schiffe ankommen, kann es nie lange währen, bis eine Classe von Schiffen, für die ein stetiges Bedürfniß existirt, wie jetzt für Transportschiffe nach Sidney, Adelaide und Neuseeland, in Ueberzahl gebaut werde. Die Folge dieses Zustandes ist, daß Lebensmittel einen unmäßigen Preis erreicht haben; nach den letzten Nachrichten kostete der vierpfündige Laib Brod 3 Schilling, Käse 2 1/2 Schilling das Pfund, gesalzene Butter ebensoviel, frische Butter 5 1/2 Schilling, Talglichter 2 Schilling, Fleisch 1 Schilling. Diese Theuerung kommt zum Theil daher, daß seit drei Jahren eine allgemeine Dürre in allen australischen Colonien herrschte, so daß der Kriegsminister vor einigen Monaten vom Parlament einen Credit von 275,000 Pf. St. extra für die Garnison von Sidney und Hobartstown verlangte, weil sie auf 1 Mahl täglich reducirt war, und nicht mehr bestehen konnte, da der Bushel Weizen in Sidney 240 Schilling kostete, während 80 Schilling in England für einen Hungersnothpreis gilt. Man kann sich daher leicht denken, welche Wohlthat für Südaustralien eine fleißige deutsche Colonie ist, welche kein Capital und keine Lust zu Speculationen hat, und sich des Pflugs und der Schaufel befleißigt. Welche Früchte sie aus ihrem Gartenbau wenigstens in den ersten Zeiten ziehen werde, läßt sich aus den unglaublichen Preisen schließen, die man kürzlich in öffentlicher Versteigerung aus einer kleinen Quantität Obst erhielt, das aus Sidney angekommen war, nämlich für zehn Aprikosen 3 Pf. St. 5 Schilling, für vier Mandeln 19 1/2 Schilling, zwanzig Haselnüsse 3 Pf. 10 Schilling, siebzehn Pfirsiche 10 Pf. Sterl. zwanzig Maulbeeren 7 1/2 Pf., zwanzig Birnen 4 Pf. 15 Schilling, zwanzig Pflaumen 7 1/2 Pf., fünfzig Kirschen 21 1/2 Pf. etc. Dieß sind freilich Preise für langentbehrte Seltenheiten, aber sie versprechen der deutschen Colonie für den Anfang solche Einnahmen, daß sie in wenigen Jahren im Stande seyn wird, das Land, welches sie gemiethet hat, anzukaufen und sich dann nach Bedürfniß und nach Zunahme ihrer Zahl auszudehnen. Ihr ruhiges und fleißiges Benehmen in der Mitte der lärmenden, ehrgeizigen englischen Bevölkerung (welche für 10,000 Seelen nicht weniger als vier Journale hat, die den verschiedenen Parteien als Ventilatoren dienen) hat ihnen das allgemeine Wohlwollen zugewendet, von dem sie viele Beweise erhalten haben, z. B. ein Engländer aus Calcutta, welcher die Colonie besucht hatte, hat ihnen eine Sammlung von Samen aus Indien und aus Mauritius Zuckerrohr mit einer vollständigen Sammlung aller zur Zuckercultur nöthigen Instrumente geschickt. Ein ganz besonderes Verdienst um die Colonie baben sie sich durch ihre humane Sorge für die Eingebornen erworben. Der Prediger Schurmann hat ihre Sprache gelernt, und viel unter ihnen gelebt; er hat sie sehr gutmüthig und gelehrig gefunden, und sie überredet, sich in einigen Handwerken unterrichten zu lassen. Sie haben jetzt angefangen Häuser aus Pilé für sich zu errichten, einige sind in den Dienst des Landvermessers getreten und sind bezahlt wie weiße Arbeiter, andere sind im Dienst der südaustralischen Gesellschaft und bilden die Bemannung eines Wallfischboots, wo sie sich durch ihre Geschicklichkeit im Gebrauch der Ruder auszeichnen. Schurmann hat einen interessanten Brief über sie an die Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der brittischen Colonien geschrieben, in welchem er um Vieh und Ackerbauinstrumente für sie bittet. Er sagt, es sey ein Irrthum zu glauben, daß sie kein Landeigenthum besitzen, denn jeder werde als erblicher Besitzer eines bestimmten Stück Landes angesehen, das er zwar nicht bebaue, dessen Besitz aber nie bestritten werde. Sie machen freilich keine Schwierigkeiten, wenn die Weißen ihr Land in Besitz nehmen, es verkaufen und anbauen, weil sie durch den Verkehr mit ihnen Zucker, Zwieback und andere Leckereien erhalten, allein sie sind eben als Kinder anzusehen, welche bevormundet werden müssen, und denen eine civilisirte Gesellschaft eine Entschädigung für den unersetzlichen Verlust ihrer Ländereien schuldig ist, obgleich sie dessen Größe noch nicht einsehen können. Es sind zwei Schulen für ihre Kinder errichtet worden, welche sie regelmäßig besuchen. H. George Fife Angas stellte in der letzten Sitzung der hiesigen Gesellschaft für Beschützung der Eingebornen der Versammlung drei deutsche Missionäre vor, welche sich nach Südaustralien begeben, und von der Dresdener Gesellschaft ausgeschickt werden; er sagte, daß sich in Berlin 28 Personen angeboten hätten nach Südaustralien auszuwandern, sich im Innern niederzulassen und den Ertrag ihrer Arbeit auf Civilisirung der Eingeborenen zu verwenden. (Beschluß folgt.) Italien. _ Ancona, 11 April. In Nr. 89 der Allg. Zeitung schreibt ein Correspondent unterm 19 März aus Rom: „Aus Ancona erfahren wir, das Gericht habe im Verlaufe des Processes gegen den englischen Matrosen, welcher vor kurzem einen Schiffscapitän im Streit durch Schläge so zugerichtet, daß derselbe seinen Geist aufgab, so viele entschuldigende Umstände gefunden, daß es ihn nur zu einjähriger Festungsstrafe verurtheilte.“

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 111. Augsburg, 20. April 1840, S. 0883. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_111_18400420/11>, abgerufen am 03.12.2024.