Allgemeine Zeitung. Nr. 116. Augsburg, 25. April 1840.Die Commission der Zuschußcredite für Algerien für 1839 und 1840 ist jetzt mit ihrem Bericht fertig. Die Hauptverfügungen desselben sind: 1) die Commission hat sich einstimmig gegen jede Colonisirung in Algier ausgesprochen; sie glaubt, dieses System könne nur einen beständigen Kampf zwischen den Einheimischen und den Arabern unterhalten, und müsse zu einer Vertilgung führen; 2) die Commission hat mit einer Mehrheit von 7 Stimmen gegen 2 eine beschränkte Besetzung Algeriens, das heißt, die Besetzung mehrerer Punkte am Gestade mit einer Herrschaft durch Suzeränetät beschlossen. Die Chefs würden die ihnen durch Frankreich übertragene Staatsgewalt ausüben. Zwei Mitglieder der Majorität haben gegen die Clausel der Herrschaft durch Suzeränetät protestirt; sie wollen eine souveräne Gestadsbesetzung, das heißt, sie wollen im Innern den Arabern die Herrschaft überlassen, Frankreich aber die Herrschaft des Gestades und der See vorbehalten. Eines der zwei Mitglieder der Minorität verlangt die Besetzung der Gestadepunkte mit großen militärischen Mittelpunkten für Handel und Civilisation, das heißt, die Besetzung der Hauptstädte von Algerien, wie Tlemsan, Medeah und Constantine. Das andere verlangt eine absolute Herrschaft Frankreichs in Algerien, so wie sie gegenwärtig besteht; 3) ein Zusatzartikel der Commission soll die Regierung veranlassen, im nächsten Jahre bei Anfang der Session ein definitives System vorzulegen, wodurch die Beschaffenheit und Ausdehnung der französischen Herrschaft in Afrika bezeichnet würde. Der verlangte Credit ward übrigens einstimmig votirt, ohne daß auch nur eine Discussion darüber in der Commission stattgefunden hätte. Die Reserve-Escadre, welche kürzlich unter dem Commando des Admirals Rosamel von Toulon ausgelaufen; ist auf der Rhede von Portvendres angelangt. Zwei Linienschiffe sollten das 13te leichte Infanterieregiment an Bord nehmen und nach Oran transportiren; von den drei andern Linienschiffen, die im Begriff waren, wieder in die hohe See zu gehen, hieß es, sie würden an der Küste von Neapel kreuzen. Der Moniteur Algerien gibt unterm 11 April über das zwischen dem Scheik-el-Arab und dem Khalifa Abd-El-Kader's bei Sfelsus gelieferte Treffen ganz dieselben Details, die unser Correspondent in Toulon mitgetheilt hat. Ein anderer General des Emirs, Ben-Amer, war in die Medschana eingedrungen. Die dortigen Stämme weigerten sich aber, ihn zu unterstützen, und er mußte unverrichteter Sache wieder nach Titeri zurückkehren. Das Dampfboot Grondeur brachte nach Algier Ben-Ganahs Trophäen: die Flinten, Fahnen und Kanonen, welche er den Abd-El-Kader'schen Truppen abgenommen hatte. Ein Schreiben aus Oran erzählt eine interessante Episode des letzten Kampfes zwischen den Arabern Buhamedi's und den Spahis des Obristen Yussuff. Der Lieutenant Lepic wurde in dem Handgemenge von arabischen Reitern umringt, hieb sich aber glücklich durch, nachdem er einen ehemaligen Scheikh des Duairs getödtet und einem andern Gegner den Arm durchstochen hatte. Am folgenden Tage erhielt der Lieutenant von seinem verwundeten Gegner folgendes Schreiben: "Ich werde dich wieder erkennen, Christ, beim ersten Zusammentreffen; ich werde dich nennen bei deinem Namen, und wagst du es, dich allein mit mir zu messen, so fordre ich dich zum Zweikampfe." Dieser verwundete Araber war ein Häuptling der Angads, eines wegen seiner Abenteuerlust und seines ritterlichen Sinnes weit und breit berühmten und merkwürdigen Stammes, der die unfruchtbaren Steppen im Süden von Tlemsan bewohnt. Der französische Officier antwortete natürlich, daß er die Ausforderung annehme. Toulon, 17 April. Ein Tagsbefehl des Generals Galbois, aus Constantine vom 29 März datirt, bestätigt alle Details, welche ich Ihnen gestern über das Treffen zwischen dem Scheik-el-Arab Ben-Ganah und Bu-Asus, einem der Generale Abd-El-Kaders gemeldet habe. In Folge dieses Sieges hat der Scheik-el-Arab Biscara, eine ziemlich wichtige Stadt des Blad-el-Dscherid, welche es bisher mit dem Ex-bey Achmet hielt, besetzt. - Das Dampfboot Castor, welches auf die Gerüchte einer Kriegserklärung Marokko's hin nach Tanger geschickt worden, ist von dort zurückgekehrt und brachte uns Briefe vom 6 April. Man erwartete in Tanger die Ankunft einer französischen Escadre, welche die Schritte des Consuls unterstützen sollte. Letzterer forderte vom Sultan Muley-Abderhaman eine kategorische Erklärung hinsichtlich seiner Verbindungen mit Abd-El-Kader; er bestand darauf, daß der Sultan mit dem Emir förmlich breche, und drohte, daß eine französische Expedition gegen Tanger gerichtet würde, im Falle Muley-Abderhaman diese Forderungen verweigern oder ausweichende Antworten geben würde. Auf dieses Ultimatum des französischen Consuls ist vom Kaiser von Marokko noch keine Antwort eingelaufen. Letzterer fürchtet einerseits, daß, wenn er Abd-El-Kader seine Unterstützung verweigert, dieser die Marokkaner fanatisiren und Aufstände erregen würde; auf der andern Seite fürchtet der Kaiser aber auch eine Blokade seiner Häfen, wodurch ihm ein beträchtlicher Theil seiner Einkünfte entzogen würde. Letztere Rücksicht wird ihn daher wohl bewegen, den Versprechungen, die er Frankreich gegeben, treu zu bleiben. Dieselben Briefe sagen, daß die Gerüchte, als seyen in Tanger Leben und Eigenthum der Fremden gefährdet, grundfalsch gewesen. Die marokkanische Regierung wachte im Gegentheil sehr eifrig für die Sicherheit der Europäer, und namentlich schienen die Franzosen von den Behörden besonders wohlwollend behandelt zu werden. Muley-Abderhaman befindet sich gegenwärtig in Mekines, von wo es den französischen Consuln, wegen der nähern Lage dieser Stadt an der Küste, leichter ist, Mittheilungen zu erhalten, als von den großen Städten Fez und Marokko. Paris, 19 April. Es schwebt noch immer undurchdringliches Dunkel über den von Frankreich in Bezug auf die äußere Politik zu befolgenden Gang. Auch im Innern herrscht Ungewißheit. Zwei Fragen, die der Rentenconversion und die algierische Besetzung, scheinen das gegenwärtige Ministerium beunruhigen zu müssen: noch mehr als alles Uebrige aber die früher oder später unausbleiblich eintretende Nothwendigkeit sich von dem Parteigeiste zu reinigen, sich frei und unabhängig zu machen von der Unterstützung, die von letzterem der gegenwärtigen Regierung geleistet wird. Hr. Thiers wird sich bald gezwungen sehen, alle enthusiastischen Ideen von natürlichen Gränzen, von der Größe und dem Beruf seines Landes als Stern erster Größe der übrigen Welt vorzuleuchten, mit Einem Wort alles Extreme abzuschwören und sich nicht anf gewisse Fractionen der Kammer, sondern auf die eigentliche Macht des Landes, auf die Macht der materiellen Interessen der Mittelclassen zu stützen, die nichts von Krieg und Eroberungen wissen wollen, nur nach den Vortheilen des Friedens streben. Daher kommt es, daß das neue Ministerium nicht die Besorgnisse im Ausland erweckt, welche man anfangs zu erwarten schien, vielmehr eine Art Sympathie im Auslande erregte, deren seine unmittelbaren Vorgänger sich durchaus nicht zu erfreuen hatten. - Don Carlos beharrt noch immer auf seinen Weigerungen, auch nur das Geringste von Ludwig Philipp anzunehmen, obwohl die Casse des Prätendenten in letzter Zeit bis zu einem Punkte erschöpft war, daß sein gewöhnlicher, äußerst sparsamer Die Commission der Zuschußcredite für Algerien für 1839 und 1840 ist jetzt mit ihrem Bericht fertig. Die Hauptverfügungen desselben sind: 1) die Commission hat sich einstimmig gegen jede Colonisirung in Algier ausgesprochen; sie glaubt, dieses System könne nur einen beständigen Kampf zwischen den Einheimischen und den Arabern unterhalten, und müsse zu einer Vertilgung führen; 2) die Commission hat mit einer Mehrheit von 7 Stimmen gegen 2 eine beschränkte Besetzung Algeriens, das heißt, die Besetzung mehrerer Punkte am Gestade mit einer Herrschaft durch Suzeränetät beschlossen. Die Chefs würden die ihnen durch Frankreich übertragene Staatsgewalt ausüben. Zwei Mitglieder der Majorität haben gegen die Clausel der Herrschaft durch Suzeränetät protestirt; sie wollen eine souveräne Gestadsbesetzung, das heißt, sie wollen im Innern den Arabern die Herrschaft überlassen, Frankreich aber die Herrschaft des Gestades und der See vorbehalten. Eines der zwei Mitglieder der Minorität verlangt die Besetzung der Gestadepunkte mit großen militärischen Mittelpunkten für Handel und Civilisation, das heißt, die Besetzung der Hauptstädte von Algerien, wie Tlemsan, Medeah und Constantine. Das andere verlangt eine absolute Herrschaft Frankreichs in Algerien, so wie sie gegenwärtig besteht; 3) ein Zusatzartikel der Commission soll die Regierung veranlassen, im nächsten Jahre bei Anfang der Session ein definitives System vorzulegen, wodurch die Beschaffenheit und Ausdehnung der französischen Herrschaft in Afrika bezeichnet würde. Der verlangte Credit ward übrigens einstimmig votirt, ohne daß auch nur eine Discussion darüber in der Commission stattgefunden hätte. Die Reserve-Escadre, welche kürzlich unter dem Commando des Admirals Rosamel von Toulon ausgelaufen; ist auf der Rhede von Portvendres angelangt. Zwei Linienschiffe sollten das 13te leichte Infanterieregiment an Bord nehmen und nach Oran transportiren; von den drei andern Linienschiffen, die im Begriff waren, wieder in die hohe See zu gehen, hieß es, sie würden an der Küste von Neapel kreuzen. Der Moniteur Algerien gibt unterm 11 April über das zwischen dem Scheik-el-Arab und dem Khalifa Abd-El-Kader's bei Sfelsus gelieferte Treffen ganz dieselben Details, die unser Correspondent in Toulon mitgetheilt hat. Ein anderer General des Emirs, Ben-Amer, war in die Medschana eingedrungen. Die dortigen Stämme weigerten sich aber, ihn zu unterstützen, und er mußte unverrichteter Sache wieder nach Titeri zurückkehren. Das Dampfboot Grondeur brachte nach Algier Ben-Ganahs Trophäen: die Flinten, Fahnen und Kanonen, welche er den Abd-El-Kader'schen Truppen abgenommen hatte. Ein Schreiben aus Oran erzählt eine interessante Episode des letzten Kampfes zwischen den Arabern Buhamedi's und den Spahis des Obristen Yussuff. Der Lieutenant Lepic wurde in dem Handgemenge von arabischen Reitern umringt, hieb sich aber glücklich durch, nachdem er einen ehemaligen Scheikh des Duairs getödtet und einem andern Gegner den Arm durchstochen hatte. Am folgenden Tage erhielt der Lieutenant von seinem verwundeten Gegner folgendes Schreiben: „Ich werde dich wieder erkennen, Christ, beim ersten Zusammentreffen; ich werde dich nennen bei deinem Namen, und wagst du es, dich allein mit mir zu messen, so fordre ich dich zum Zweikampfe.“ Dieser verwundete Araber war ein Häuptling der Angads, eines wegen seiner Abenteuerlust und seines ritterlichen Sinnes weit und breit berühmten und merkwürdigen Stammes, der die unfruchtbaren Steppen im Süden von Tlemsan bewohnt. Der französische Officier antwortete natürlich, daß er die Ausforderung annehme. Toulon, 17 April. Ein Tagsbefehl des Generals Galbois, aus Constantine vom 29 März datirt, bestätigt alle Details, welche ich Ihnen gestern über das Treffen zwischen dem Scheik-el-Arab Ben-Ganah und Bu-Asus, einem der Generale Abd-El-Kaders gemeldet habe. In Folge dieses Sieges hat der Scheik-el-Arab Biscara, eine ziemlich wichtige Stadt des Blad-el-Dscherid, welche es bisher mit dem Ex-bey Achmet hielt, besetzt. – Das Dampfboot Castor, welches auf die Gerüchte einer Kriegserklärung Marokko's hin nach Tanger geschickt worden, ist von dort zurückgekehrt und brachte uns Briefe vom 6 April. Man erwartete in Tanger die Ankunft einer französischen Escadre, welche die Schritte des Consuls unterstützen sollte. Letzterer forderte vom Sultan Muley-Abderhaman eine kategorische Erklärung hinsichtlich seiner Verbindungen mit Abd-El-Kader; er bestand darauf, daß der Sultan mit dem Emir förmlich breche, und drohte, daß eine französische Expedition gegen Tanger gerichtet würde, im Falle Muley-Abderhaman diese Forderungen verweigern oder ausweichende Antworten geben würde. Auf dieses Ultimatum des französischen Consuls ist vom Kaiser von Marokko noch keine Antwort eingelaufen. Letzterer fürchtet einerseits, daß, wenn er Abd-El-Kader seine Unterstützung verweigert, dieser die Marokkaner fanatisiren und Aufstände erregen würde; auf der andern Seite fürchtet der Kaiser aber auch eine Blokade seiner Häfen, wodurch ihm ein beträchtlicher Theil seiner Einkünfte entzogen würde. Letztere Rücksicht wird ihn daher wohl bewegen, den Versprechungen, die er Frankreich gegeben, treu zu bleiben. Dieselben Briefe sagen, daß die Gerüchte, als seyen in Tanger Leben und Eigenthum der Fremden gefährdet, grundfalsch gewesen. Die marokkanische Regierung wachte im Gegentheil sehr eifrig für die Sicherheit der Europäer, und namentlich schienen die Franzosen von den Behörden besonders wohlwollend behandelt zu werden. Muley-Abderhaman befindet sich gegenwärtig in Mekines, von wo es den französischen Consuln, wegen der nähern Lage dieser Stadt an der Küste, leichter ist, Mittheilungen zu erhalten, als von den großen Städten Fez und Marokko. Paris, 19 April. Es schwebt noch immer undurchdringliches Dunkel über den von Frankreich in Bezug auf die äußere Politik zu befolgenden Gang. Auch im Innern herrscht Ungewißheit. Zwei Fragen, die der Rentenconversion und die algierische Besetzung, scheinen das gegenwärtige Ministerium beunruhigen zu müssen: noch mehr als alles Uebrige aber die früher oder später unausbleiblich eintretende Nothwendigkeit sich von dem Parteigeiste zu reinigen, sich frei und unabhängig zu machen von der Unterstützung, die von letzterem der gegenwärtigen Regierung geleistet wird. Hr. Thiers wird sich bald gezwungen sehen, alle enthusiastischen Ideen von natürlichen Gränzen, von der Größe und dem Beruf seines Landes als Stern erster Größe der übrigen Welt vorzuleuchten, mit Einem Wort alles Extreme abzuschwören und sich nicht anf gewisse Fractionen der Kammer, sondern auf die eigentliche Macht des Landes, auf die Macht der materiellen Interessen der Mittelclassen zu stützen, die nichts von Krieg und Eroberungen wissen wollen, nur nach den Vortheilen des Friedens streben. Daher kommt es, daß das neue Ministerium nicht die Besorgnisse im Ausland erweckt, welche man anfangs zu erwarten schien, vielmehr eine Art Sympathie im Auslande erregte, deren seine unmittelbaren Vorgänger sich durchaus nicht zu erfreuen hatten. – Don Carlos beharrt noch immer auf seinen Weigerungen, auch nur das Geringste von Ludwig Philipp anzunehmen, obwohl die Casse des Prätendenten in letzter Zeit bis zu einem Punkte erschöpft war, daß sein gewöhnlicher, äußerst sparsamer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="0924"/> Die Commission der Zuschußcredite für Algerien für 1839 und 1840 ist jetzt mit ihrem Bericht fertig. Die Hauptverfügungen desselben sind: 1) die Commission hat sich einstimmig gegen jede Colonisirung in Algier ausgesprochen; sie glaubt, dieses System könne nur einen beständigen Kampf zwischen den Einheimischen und den Arabern unterhalten, und müsse zu einer Vertilgung führen; 2) die Commission hat mit einer Mehrheit von 7 Stimmen gegen 2 eine beschränkte Besetzung Algeriens, das heißt, die Besetzung mehrerer Punkte am Gestade mit einer Herrschaft durch Suzeränetät beschlossen. Die Chefs würden die ihnen durch Frankreich übertragene Staatsgewalt ausüben. Zwei Mitglieder der Majorität haben gegen die Clausel der Herrschaft durch Suzeränetät protestirt; sie wollen eine souveräne Gestadsbesetzung, das heißt, sie wollen im Innern den Arabern die Herrschaft überlassen, Frankreich aber die Herrschaft des Gestades und der See vorbehalten. Eines der zwei Mitglieder der Minorität verlangt die Besetzung der Gestadepunkte mit großen militärischen Mittelpunkten für Handel und Civilisation, das heißt, die Besetzung der Hauptstädte von Algerien, wie Tlemsan, Medeah und Constantine. Das andere verlangt eine absolute Herrschaft Frankreichs in Algerien, so wie sie gegenwärtig besteht; 3) ein Zusatzartikel der Commission soll die Regierung veranlassen, im nächsten Jahre bei Anfang der Session ein definitives System vorzulegen, wodurch die Beschaffenheit und Ausdehnung der französischen Herrschaft in Afrika bezeichnet würde. Der verlangte Credit ward übrigens einstimmig votirt, ohne daß auch nur eine Discussion darüber in der Commission stattgefunden hätte.</p><lb/> <p>Die Reserve-Escadre, welche kürzlich unter dem Commando des Admirals Rosamel von Toulon ausgelaufen; ist auf der Rhede von Portvendres angelangt. 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Am folgenden Tage erhielt der Lieutenant von seinem verwundeten Gegner folgendes Schreiben: „Ich werde dich wieder erkennen, Christ, beim ersten Zusammentreffen; ich werde dich nennen bei deinem Namen, und wagst du es, dich allein mit mir zu messen, so fordre ich dich zum Zweikampfe.“ Dieser verwundete Araber war ein Häuptling der Angads, eines wegen seiner Abenteuerlust und seines ritterlichen Sinnes weit und breit berühmten und merkwürdigen Stammes, der die unfruchtbaren Steppen im Süden von Tlemsan bewohnt. 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Letzterer forderte vom Sultan Muley-Abderhaman eine kategorische Erklärung hinsichtlich seiner Verbindungen mit Abd-El-Kader; er bestand darauf, daß der Sultan mit dem Emir förmlich breche, und drohte, daß eine französische Expedition gegen Tanger gerichtet würde, im Falle Muley-Abderhaman diese Forderungen verweigern oder ausweichende Antworten geben würde. Auf dieses Ultimatum des französischen Consuls ist vom Kaiser von Marokko noch keine Antwort eingelaufen. Letzterer fürchtet einerseits, daß, wenn er Abd-El-Kader seine Unterstützung verweigert, dieser die Marokkaner fanatisiren und Aufstände erregen würde; auf der andern Seite fürchtet der Kaiser aber auch eine Blokade seiner Häfen, wodurch ihm ein beträchtlicher Theil seiner Einkünfte entzogen würde. Letztere Rücksicht wird ihn daher wohl bewegen, den Versprechungen, die er Frankreich gegeben, treu zu bleiben. Dieselben Briefe sagen, daß die Gerüchte, als seyen in Tanger Leben und Eigenthum der Fremden gefährdet, grundfalsch gewesen. Die marokkanische Regierung wachte im Gegentheil sehr eifrig für die Sicherheit der Europäer, und namentlich schienen die Franzosen von den Behörden besonders wohlwollend behandelt zu werden. Muley-Abderhaman befindet sich gegenwärtig in Mekines, von wo es den französischen Consuln, wegen der nähern Lage dieser Stadt an der Küste, leichter ist, Mittheilungen zu erhalten, als von den großen Städten Fez und Marokko.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 19 April.</dateline> <p> Es schwebt noch immer undurchdringliches Dunkel über den von Frankreich in Bezug auf die äußere Politik zu befolgenden Gang. Auch im Innern herrscht Ungewißheit. 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Daher kommt es, daß das neue Ministerium nicht die Besorgnisse im Ausland erweckt, welche man anfangs zu erwarten schien, vielmehr eine Art Sympathie im Auslande erregte, deren seine unmittelbaren Vorgänger sich durchaus nicht zu erfreuen hatten. – Don Carlos beharrt noch immer auf seinen Weigerungen, auch nur das Geringste von Ludwig Philipp anzunehmen, obwohl die Casse des Prätendenten in letzter Zeit bis zu einem Punkte erschöpft war, daß sein gewöhnlicher, äußerst sparsamer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0924/0004]
Die Commission der Zuschußcredite für Algerien für 1839 und 1840 ist jetzt mit ihrem Bericht fertig. Die Hauptverfügungen desselben sind: 1) die Commission hat sich einstimmig gegen jede Colonisirung in Algier ausgesprochen; sie glaubt, dieses System könne nur einen beständigen Kampf zwischen den Einheimischen und den Arabern unterhalten, und müsse zu einer Vertilgung führen; 2) die Commission hat mit einer Mehrheit von 7 Stimmen gegen 2 eine beschränkte Besetzung Algeriens, das heißt, die Besetzung mehrerer Punkte am Gestade mit einer Herrschaft durch Suzeränetät beschlossen. Die Chefs würden die ihnen durch Frankreich übertragene Staatsgewalt ausüben. Zwei Mitglieder der Majorität haben gegen die Clausel der Herrschaft durch Suzeränetät protestirt; sie wollen eine souveräne Gestadsbesetzung, das heißt, sie wollen im Innern den Arabern die Herrschaft überlassen, Frankreich aber die Herrschaft des Gestades und der See vorbehalten. Eines der zwei Mitglieder der Minorität verlangt die Besetzung der Gestadepunkte mit großen militärischen Mittelpunkten für Handel und Civilisation, das heißt, die Besetzung der Hauptstädte von Algerien, wie Tlemsan, Medeah und Constantine. Das andere verlangt eine absolute Herrschaft Frankreichs in Algerien, so wie sie gegenwärtig besteht; 3) ein Zusatzartikel der Commission soll die Regierung veranlassen, im nächsten Jahre bei Anfang der Session ein definitives System vorzulegen, wodurch die Beschaffenheit und Ausdehnung der französischen Herrschaft in Afrika bezeichnet würde. Der verlangte Credit ward übrigens einstimmig votirt, ohne daß auch nur eine Discussion darüber in der Commission stattgefunden hätte.
Die Reserve-Escadre, welche kürzlich unter dem Commando des Admirals Rosamel von Toulon ausgelaufen; ist auf der Rhede von Portvendres angelangt. Zwei Linienschiffe sollten das 13te leichte Infanterieregiment an Bord nehmen und nach Oran transportiren; von den drei andern Linienschiffen, die im Begriff waren, wieder in die hohe See zu gehen, hieß es, sie würden an der Küste von Neapel kreuzen.
Der Moniteur Algerien gibt unterm 11 April über das zwischen dem Scheik-el-Arab und dem Khalifa Abd-El-Kader's bei Sfelsus gelieferte Treffen ganz dieselben Details, die unser Correspondent in Toulon mitgetheilt hat. Ein anderer General des Emirs, Ben-Amer, war in die Medschana eingedrungen. Die dortigen Stämme weigerten sich aber, ihn zu unterstützen, und er mußte unverrichteter Sache wieder nach Titeri zurückkehren. Das Dampfboot Grondeur brachte nach Algier Ben-Ganahs Trophäen: die Flinten, Fahnen und Kanonen, welche er den Abd-El-Kader'schen Truppen abgenommen hatte.
Ein Schreiben aus Oran erzählt eine interessante Episode des letzten Kampfes zwischen den Arabern Buhamedi's und den Spahis des Obristen Yussuff. Der Lieutenant Lepic wurde in dem Handgemenge von arabischen Reitern umringt, hieb sich aber glücklich durch, nachdem er einen ehemaligen Scheikh des Duairs getödtet und einem andern Gegner den Arm durchstochen hatte. Am folgenden Tage erhielt der Lieutenant von seinem verwundeten Gegner folgendes Schreiben: „Ich werde dich wieder erkennen, Christ, beim ersten Zusammentreffen; ich werde dich nennen bei deinem Namen, und wagst du es, dich allein mit mir zu messen, so fordre ich dich zum Zweikampfe.“ Dieser verwundete Araber war ein Häuptling der Angads, eines wegen seiner Abenteuerlust und seines ritterlichen Sinnes weit und breit berühmten und merkwürdigen Stammes, der die unfruchtbaren Steppen im Süden von Tlemsan bewohnt. Der französische Officier antwortete natürlich, daß er die Ausforderung annehme.
_ Toulon, 17 April. Ein Tagsbefehl des Generals Galbois, aus Constantine vom 29 März datirt, bestätigt alle Details, welche ich Ihnen gestern über das Treffen zwischen dem Scheik-el-Arab Ben-Ganah und Bu-Asus, einem der Generale Abd-El-Kaders gemeldet habe. In Folge dieses Sieges hat der Scheik-el-Arab Biscara, eine ziemlich wichtige Stadt des Blad-el-Dscherid, welche es bisher mit dem Ex-bey Achmet hielt, besetzt. – Das Dampfboot Castor, welches auf die Gerüchte einer Kriegserklärung Marokko's hin nach Tanger geschickt worden, ist von dort zurückgekehrt und brachte uns Briefe vom 6 April. Man erwartete in Tanger die Ankunft einer französischen Escadre, welche die Schritte des Consuls unterstützen sollte. Letzterer forderte vom Sultan Muley-Abderhaman eine kategorische Erklärung hinsichtlich seiner Verbindungen mit Abd-El-Kader; er bestand darauf, daß der Sultan mit dem Emir förmlich breche, und drohte, daß eine französische Expedition gegen Tanger gerichtet würde, im Falle Muley-Abderhaman diese Forderungen verweigern oder ausweichende Antworten geben würde. Auf dieses Ultimatum des französischen Consuls ist vom Kaiser von Marokko noch keine Antwort eingelaufen. Letzterer fürchtet einerseits, daß, wenn er Abd-El-Kader seine Unterstützung verweigert, dieser die Marokkaner fanatisiren und Aufstände erregen würde; auf der andern Seite fürchtet der Kaiser aber auch eine Blokade seiner Häfen, wodurch ihm ein beträchtlicher Theil seiner Einkünfte entzogen würde. Letztere Rücksicht wird ihn daher wohl bewegen, den Versprechungen, die er Frankreich gegeben, treu zu bleiben. Dieselben Briefe sagen, daß die Gerüchte, als seyen in Tanger Leben und Eigenthum der Fremden gefährdet, grundfalsch gewesen. Die marokkanische Regierung wachte im Gegentheil sehr eifrig für die Sicherheit der Europäer, und namentlich schienen die Franzosen von den Behörden besonders wohlwollend behandelt zu werden. Muley-Abderhaman befindet sich gegenwärtig in Mekines, von wo es den französischen Consuln, wegen der nähern Lage dieser Stadt an der Küste, leichter ist, Mittheilungen zu erhalten, als von den großen Städten Fez und Marokko.
_ Paris, 19 April. Es schwebt noch immer undurchdringliches Dunkel über den von Frankreich in Bezug auf die äußere Politik zu befolgenden Gang. Auch im Innern herrscht Ungewißheit. Zwei Fragen, die der Rentenconversion und die algierische Besetzung, scheinen das gegenwärtige Ministerium beunruhigen zu müssen: noch mehr als alles Uebrige aber die früher oder später unausbleiblich eintretende Nothwendigkeit sich von dem Parteigeiste zu reinigen, sich frei und unabhängig zu machen von der Unterstützung, die von letzterem der gegenwärtigen Regierung geleistet wird. Hr. Thiers wird sich bald gezwungen sehen, alle enthusiastischen Ideen von natürlichen Gränzen, von der Größe und dem Beruf seines Landes als Stern erster Größe der übrigen Welt vorzuleuchten, mit Einem Wort alles Extreme abzuschwören und sich nicht anf gewisse Fractionen der Kammer, sondern auf die eigentliche Macht des Landes, auf die Macht der materiellen Interessen der Mittelclassen zu stützen, die nichts von Krieg und Eroberungen wissen wollen, nur nach den Vortheilen des Friedens streben. Daher kommt es, daß das neue Ministerium nicht die Besorgnisse im Ausland erweckt, welche man anfangs zu erwarten schien, vielmehr eine Art Sympathie im Auslande erregte, deren seine unmittelbaren Vorgänger sich durchaus nicht zu erfreuen hatten. – Don Carlos beharrt noch immer auf seinen Weigerungen, auch nur das Geringste von Ludwig Philipp anzunehmen, obwohl die Casse des Prätendenten in letzter Zeit bis zu einem Punkte erschöpft war, daß sein gewöhnlicher, äußerst sparsamer
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