Allgemeine Zeitung. Nr. 116. Augsburg, 25. April 1840.sind die größten Spitzbuben, wie sich dieß auch gar nicht anders erwarten läßt; sind es doch lauter Kerls, die zu Hause schon den Galgen verdient, und die gewiß nicht an die äußerste Gränze des Westens zogen, um dort unter Indianern auf ehrliche Art ihr Brod zu erwerben!" - "Sie gestehen also zu, daß die Indianer von den Western Settlers - dem von der vorschreitenden Civilisation der atlantischen Staaten nach Westen ausgeworfenen Schaum - betrogen werden?" - "Allerdings! Unter neun Händeln, welche so eine Rothhaut mit einem unserer scharfsinnigen, gewandten Krämer macht, ist er immer neunmal betrogen, und dieß besonders, wenn er zutraulich ist und sich bereden läßt, von seinem Freunde ein Glas Schnaps anzunehmen, das ihn dann sein Wirth nicht selten mit allen mitgebrachten Thierfellen bezahlen läßt. Gibt es doch kein Gericht, das den Betrüger zu strafen im Stande wäre; denn nicht nur ist die ganze Bevölkerung des westlichen Theils der Vereinigten Staaten beständig auf der Wanderung, sondern hält auch so unter sich zusammen, daß keiner unter ihnen an einem andern zum Verräther wird. In einer Streitsache zwischen einem Indianer und einem Amerikaner finden Sie gewiß auf 60 Meilen in der Runde keine Geschwornen, die dem erstern, selbst im Fall eines begangenen Mordes, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ein Weißer, lieber Herr, hat eben so wenig Unrecht gegen einen Indianer als gegen einen Neger; fragen Sie hierüber wen sie wollen, vom Cap Florida angefangen bis nach Wisconsin. Wenn dieß nicht so wäre, so lohnte es sich ja kaum der Mühe, mit diesem lumpigen Bettelvolk ihrer Pelze wegen Handel zu treiben und Factoreien zu errichten." - "Da ist es freilich begreiflich, daß die Indianer von Zeit zu Zeit Grausamkeiten begehen und sich Verbrechen schuldig machen, welche die Regierung der Vereinigten Staaten zu ahnden sich gezwungen fühlt." - "Und doch vergreift sich eine Rothhaut nicht leicht an einem Weißen, denn die Indianer kennen kein anderes Gesetz als die lex talionis aller rohen Völker. Wenn Sie von den Depredationen dieser Wilden hören, so können Sie sich überzeugt halten, daß eine hinlängliche Herausforderung unsererseits vorausgegangen, von welcher aber natürlich unsere Zeitungen nichts verkünden." (Fortsetzung folgt.) Don Ramon Cabrera. Bruchstücke aus einer demnächst erscheinenden kleinen Schrift von Baron W. v. Rahden, Brigadegeneral im Geniccorps der Carlistischen Armee. Im October 1833 verließ ein junger Student der Theologie, von einigen Freunden begleitet, alle mit Stöcken und Jagdflinten bewaffnet, die Hochschule seiner, nahe am Ausflusse des Ebro in Catalonien gelegenen Geburtsstadt Tortosa, und eilte in die nicht fernen Gebirge Aragons, wo einzelne Guerillas sich bereits gesammelt hatten, um die Rechte ihres angestammten Königs zu verfechten. - Derselbe Wunsch beseelte auch unsern Jüngling; glühender Enthusiasmus und ein nicht zu unterdrückender Zug zum neugewählten Berufe machten ihn stark. Die heilige Jungfrau de la Cinta, deren Dienste in einer Ermita bei Tortosa er sich eben gewidmet hatte, leite und schütze ihn bei seinem Unternehmen - so hat er sich damals und später jenen heroischen Entschluß erklärt. Sechs Jahre sind seitdem verflossen und dieser junge Hochschüler ist jetzt der weltberühmte Don Ramon Cabrera, Graf v. Morella, Feldmarschall und Vicekönig der Krone Aragon, d. i. der Provinzen Aragon, Valencia, Murcia und Catalonien. Cabrera wurde den 31 August 1810 in Tortosa geboren; der Heilige des Tages seiner Geburt gab ihm den Schutz und Taufnamen. Seine Eltern, aus der Classe des Mittelstandes, führten Handel auf dem nahen Meere; rastlose Thätigkeit machte sie wohlhabend, ächt christlicher Lebenswandel hochgeehrt. Wir wissen nicht, ob irgend ein besonderes Ereigniß seiner Geburt bedeutsam vorausging oder dieselbe bezeichnete. Nur so viel ist uns bekannt, daß der einzige Sohn schon von frühester Jugend an dem Dienste der Kirche geweiht wurde - vielleicht um ein Gelübde der, ihrer Religion schwärmerisch ergebenen, Mutter zu lösen. Zu diesem Endzwecke besuchte Ramon das Seminarium und die Hochschule seiner Vaterstadt; dabei überließ er sich gleichwohl lieber seinem angebornen Hange zu den Waffen, besuchte Paraden, Exercierplätze und öffentliche Zusammenkünfte, um sich mit den Officieren der Garnison zu unterreden. *)*) So versäumte er seine Collegien, und daher geschah es, daß - wahrlich nicht aus Mangel an Talenten - das Examen seines Standes ziemlich mittelmäßig ausfiel. Eine untergeordnete Stellung als Capellan in einer Ermita de nuestra Sennora, nahe bei Tortosa, war das nächste Resultat. Hier war es, wo der Ruf zu den Waffen ihm ertönte; er folgte augenblicklich, verließ seine Clause, und stand in den letzten Monaten des Jahrs 1833 als Guerillaschef, den Knotenstock als Feldherrnstab schwingend, das rothe Tuch in Form eines Turbans um den Kopf gebunden - eines aragonesischen Factiosen ächt bezeichnende Tracht - an der Spitze seiner Armee von 15 Mann, halb mit Stöcken halb mit Jagdflinten armirt. Sein Kriegsschauplatz und Schlachtenterrain waren die undurchdringlichen Wälder und tief eingeschnittenen Engthäler und Schluchten bei Bezeite, Val de robles, Fresneda, Herbes und Vallibona in der himmelhohen Sierra, welche, zwischen Alcanniz und Tortosa, rechts den Ebro begränzt, oder bestimmter gesprochen, auf dem Gebirgsrücken, welcher von dem valencianisch-aragonesischen Hochplateau nördlich ausläuft und die Wasserscheide zwischen dem Ebro und Rio Guadalupe (Nebenfluß des erstern) bildet. Noch war unser Held unberitten, obgleich sein Name, durch einige glückliche Kämpfe, wo er immer der kühnste und bravste, bereits bekannt geworden, und seine Truppe immer mehr anwuchs. - Da wagte er den ersten Angriff auf einige dreißig Reiter des feindlichen Regiments Bourbon - sie fliehen - er erwählt den stärksten Gegner und das beste Pferd, erreicht es, hält den Gaul beim Schweif im Lauf auf, schlägt mit seinem Stock den Feind zu Boden, und schwingt sich federleicht in dessen Sattel. ... Carnicer aus Alcanniz, ein gedienter Officier, in den Reihen des spanischen Heeres gebildet, gebot damals Ordnung - wenn dieß Ordnung genannt werden kann - in allen Guerillasbanden des niedern Aragons. Unter ihm befehligten Quilez, Serrador, Tallada, Forcadell, Llagostera (nicht Llangostera *) Zufällig hörte ich mehrere dieser frühern Gesellschafter Cabrera's, worunter einige, die sich später gerade nicht dessen Protection erfreuten, da sie in den Christlischen Reihen gegen ihn gefochten hatten. Alle stimmten darin überein, daß der junge Student schon damals, wie später während seiner brillanten Heldenlaufbahn, der generöseste und uneigennützigste Freund gewesen sey. Man durfte ihm nur einige Krieger- und Heldengeschichten erzählen und alsobald öffneten sich Herz und Beutel unsers Cabrera, der deßhalb auch stets Freunde und Erzähler im Ueberfluß fand.
A. d. B. sind die größten Spitzbuben, wie sich dieß auch gar nicht anders erwarten läßt; sind es doch lauter Kerls, die zu Hause schon den Galgen verdient, und die gewiß nicht an die äußerste Gränze des Westens zogen, um dort unter Indianern auf ehrliche Art ihr Brod zu erwerben!“ – „Sie gestehen also zu, daß die Indianer von den Western Settlers – dem von der vorschreitenden Civilisation der atlantischen Staaten nach Westen ausgeworfenen Schaum – betrogen werden?“ – „Allerdings! Unter neun Händeln, welche so eine Rothhaut mit einem unserer scharfsinnigen, gewandten Krämer macht, ist er immer neunmal betrogen, und dieß besonders, wenn er zutraulich ist und sich bereden läßt, von seinem Freunde ein Glas Schnaps anzunehmen, das ihn dann sein Wirth nicht selten mit allen mitgebrachten Thierfellen bezahlen läßt. Gibt es doch kein Gericht, das den Betrüger zu strafen im Stande wäre; denn nicht nur ist die ganze Bevölkerung des westlichen Theils der Vereinigten Staaten beständig auf der Wanderung, sondern hält auch so unter sich zusammen, daß keiner unter ihnen an einem andern zum Verräther wird. In einer Streitsache zwischen einem Indianer und einem Amerikaner finden Sie gewiß auf 60 Meilen in der Runde keine Geschwornen, die dem erstern, selbst im Fall eines begangenen Mordes, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ein Weißer, lieber Herr, hat eben so wenig Unrecht gegen einen Indianer als gegen einen Neger; fragen Sie hierüber wen sie wollen, vom Cap Florida angefangen bis nach Wisconsin. Wenn dieß nicht so wäre, so lohnte es sich ja kaum der Mühe, mit diesem lumpigen Bettelvolk ihrer Pelze wegen Handel zu treiben und Factoreien zu errichten.“ – „Da ist es freilich begreiflich, daß die Indianer von Zeit zu Zeit Grausamkeiten begehen und sich Verbrechen schuldig machen, welche die Regierung der Vereinigten Staaten zu ahnden sich gezwungen fühlt.“ – „Und doch vergreift sich eine Rothhaut nicht leicht an einem Weißen, denn die Indianer kennen kein anderes Gesetz als die lex talionis aller rohen Völker. Wenn Sie von den Depredationen dieser Wilden hören, so können Sie sich überzeugt halten, daß eine hinlängliche Herausforderung unsererseits vorausgegangen, von welcher aber natürlich unsere Zeitungen nichts verkünden.“ (Fortsetzung folgt.) Don Ramon Cabrera. Bruchstücke aus einer demnächst erscheinenden kleinen Schrift von Baron W. v. Rahden, Brigadegeneral im Geniccorps der Carlistischen Armee. Im October 1833 verließ ein junger Student der Theologie, von einigen Freunden begleitet, alle mit Stöcken und Jagdflinten bewaffnet, die Hochschule seiner, nahe am Ausflusse des Ebro in Catalonien gelegenen Geburtsstadt Tortosa, und eilte in die nicht fernen Gebirge Aragons, wo einzelne Guerillas sich bereits gesammelt hatten, um die Rechte ihres angestammten Königs zu verfechten. – Derselbe Wunsch beseelte auch unsern Jüngling; glühender Enthusiasmus und ein nicht zu unterdrückender Zug zum neugewählten Berufe machten ihn stark. Die heilige Jungfrau de la Cinta, deren Dienste in einer Ermita bei Tortosa er sich eben gewidmet hatte, leite und schütze ihn bei seinem Unternehmen – so hat er sich damals und später jenen heroischen Entschluß erklärt. Sechs Jahre sind seitdem verflossen und dieser junge Hochschüler ist jetzt der weltberühmte Don Ramon Cabrera, Graf v. Morella, Feldmarschall und Vicekönig der Krone Aragon, d. i. der Provinzen Aragon, Valencia, Murcia und Catalonien. Cabrera wurde den 31 August 1810 in Tortosa geboren; der Heilige des Tages seiner Geburt gab ihm den Schutz und Taufnamen. Seine Eltern, aus der Classe des Mittelstandes, führten Handel auf dem nahen Meere; rastlose Thätigkeit machte sie wohlhabend, ächt christlicher Lebenswandel hochgeehrt. Wir wissen nicht, ob irgend ein besonderes Ereigniß seiner Geburt bedeutsam vorausging oder dieselbe bezeichnete. Nur so viel ist uns bekannt, daß der einzige Sohn schon von frühester Jugend an dem Dienste der Kirche geweiht wurde – vielleicht um ein Gelübde der, ihrer Religion schwärmerisch ergebenen, Mutter zu lösen. Zu diesem Endzwecke besuchte Ramon das Seminarium und die Hochschule seiner Vaterstadt; dabei überließ er sich gleichwohl lieber seinem angebornen Hange zu den Waffen, besuchte Paraden, Exercierplätze und öffentliche Zusammenkünfte, um sich mit den Officieren der Garnison zu unterreden. *)*) So versäumte er seine Collegien, und daher geschah es, daß – wahrlich nicht aus Mangel an Talenten – das Examen seines Standes ziemlich mittelmäßig ausfiel. Eine untergeordnete Stellung als Capellan in einer Ermita de nuestra Señora, nahe bei Tortosa, war das nächste Resultat. Hier war es, wo der Ruf zu den Waffen ihm ertönte; er folgte augenblicklich, verließ seine Clause, und stand in den letzten Monaten des Jahrs 1833 als Guerillaschef, den Knotenstock als Feldherrnstab schwingend, das rothe Tuch in Form eines Turbans um den Kopf gebunden – eines aragonesischen Factiosen ächt bezeichnende Tracht – an der Spitze seiner Armee von 15 Mann, halb mit Stöcken halb mit Jagdflinten armirt. Sein Kriegsschauplatz und Schlachtenterrain waren die undurchdringlichen Wälder und tief eingeschnittenen Engthäler und Schluchten bei Bezeite, Val de robles, Fresneda, Herbes und Vallibona in der himmelhohen Sierra, welche, zwischen Alcañiz und Tortosa, rechts den Ebro begränzt, oder bestimmter gesprochen, auf dem Gebirgsrücken, welcher von dem valencianisch-aragonesischen Hochplateau nördlich ausläuft und die Wasserscheide zwischen dem Ebro und Rio Guadalupe (Nebenfluß des erstern) bildet. Noch war unser Held unberitten, obgleich sein Name, durch einige glückliche Kämpfe, wo er immer der kühnste und bravste, bereits bekannt geworden, und seine Truppe immer mehr anwuchs. – Da wagte er den ersten Angriff auf einige dreißig Reiter des feindlichen Regiments Bourbon – sie fliehen – er erwählt den stärksten Gegner und das beste Pferd, erreicht es, hält den Gaul beim Schweif im Lauf auf, schlägt mit seinem Stock den Feind zu Boden, und schwingt sich federleicht in dessen Sattel. ... Carnicer aus Alcañiz, ein gedienter Officier, in den Reihen des spanischen Heeres gebildet, gebot damals Ordnung – wenn dieß Ordnung genannt werden kann – in allen Guerillasbanden des niedern Aragons. Unter ihm befehligten Quilez, Serrador, Tallada, Forcadell, Llagostera (nicht Llangostera *) Zufällig hörte ich mehrere dieser frühern Gesellschafter Cabrera's, worunter einige, die sich später gerade nicht dessen Protection erfreuten, da sie in den Christlischen Reihen gegen ihn gefochten hatten. Alle stimmten darin überein, daß der junge Student schon damals, wie später während seiner brillanten Heldenlaufbahn, der generöseste und uneigennützigste Freund gewesen sey. Man durfte ihm nur einige Krieger- und Heldengeschichten erzählen und alsobald öffneten sich Herz und Beutel unsers Cabrera, der deßhalb auch stets Freunde und Erzähler im Ueberfluß fand.
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Gibt es doch kein Gericht, das den Betrüger zu strafen im Stande wäre; denn nicht nur ist die ganze Bevölkerung des westlichen Theils der Vereinigten Staaten beständig auf der Wanderung, sondern hält auch so unter sich zusammen, daß keiner unter ihnen an einem andern zum Verräther wird. In einer Streitsache zwischen einem Indianer und einem Amerikaner finden Sie gewiß auf 60 Meilen in der Runde keine Geschwornen, die dem erstern, <hi rendition="#g">selbst im Fall eines begangenen Mordes</hi>, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ein Weißer, lieber Herr, hat eben so wenig Unrecht gegen einen Indianer als gegen einen Neger; fragen Sie hierüber wen sie wollen, vom Cap Florida angefangen bis nach Wisconsin. Wenn dieß nicht so wäre, so lohnte es sich ja kaum der Mühe, mit diesem lumpigen Bettelvolk ihrer Pelze wegen Handel zu treiben und Factoreien zu errichten.“ – „Da ist es freilich begreiflich, daß die Indianer von Zeit zu Zeit Grausamkeiten begehen und sich Verbrechen schuldig machen, welche die Regierung der Vereinigten Staaten zu ahnden sich gezwungen fühlt.“ – „Und doch vergreift sich eine Rothhaut nicht leicht an einem Weißen, denn die Indianer kennen kein anderes Gesetz als die lex talionis aller rohen Völker. Wenn Sie von den Depredationen dieser Wilden hören, so können Sie sich überzeugt halten, daß eine hinlängliche Herausforderung unsererseits vorausgegangen, von welcher aber natürlich unsere Zeitungen nichts verkünden.“</p><lb/> <p>(Fortsetzung folgt.)</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Don Ramon Cabrera</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Bruchstücke aus einer demnächst erscheinenden kleinen Schrift von Baron W. v. 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Zu diesem Endzwecke besuchte Ramon das Seminarium und die Hochschule seiner Vaterstadt; dabei überließ er sich gleichwohl lieber seinem angebornen Hange zu den Waffen, besuchte Paraden, Exercierplätze und öffentliche Zusammenkünfte, um sich mit den Officieren der Garnison zu unterreden. <hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"><p>Zufällig hörte ich mehrere dieser frühern Gesellschafter Cabrera's, worunter einige, die sich später gerade nicht dessen Protection erfreuten, da sie in den Christlischen Reihen gegen ihn gefochten hatten. Alle stimmten darin überein, daß der junge Student schon damals, wie später während seiner brillanten Heldenlaufbahn, der generöseste und uneigennützigste Freund gewesen sey. Man durfte ihm nur einige Krieger- und Heldengeschichten erzählen und alsobald öffneten sich Herz und Beutel unsers Cabrera, der deßhalb auch stets Freunde und Erzähler im Ueberfluß fand.</p><lb/><p>A. d. B.</p></note> So versäumte er seine Collegien, und daher geschah es, daß – wahrlich nicht aus Mangel an Talenten – das Examen seines Standes ziemlich mittelmäßig ausfiel. Eine untergeordnete Stellung als Capellan in einer Ermita de nuestra Señora, nahe bei Tortosa, war das nächste Resultat.</p><lb/> <p>Hier war es, wo der Ruf zu den Waffen ihm ertönte; er folgte augenblicklich, verließ seine Clause, und stand in den letzten Monaten des Jahrs 1833 als Guerillaschef, den Knotenstock als Feldherrnstab schwingend, das rothe Tuch in Form eines Turbans um den Kopf gebunden – eines aragonesischen Factiosen ächt bezeichnende Tracht – an der Spitze seiner Armee von 15 Mann, halb mit Stöcken halb mit Jagdflinten armirt. Sein Kriegsschauplatz und Schlachtenterrain waren die undurchdringlichen Wälder und tief eingeschnittenen Engthäler und Schluchten bei Bezeite, Val de robles, Fresneda, Herbes und Vallibona in der himmelhohen Sierra, welche, zwischen Alcañiz und Tortosa, rechts den Ebro begränzt, oder bestimmter gesprochen, auf dem Gebirgsrücken, welcher von dem valencianisch-aragonesischen Hochplateau nördlich ausläuft und die Wasserscheide zwischen dem Ebro und Rio Guadalupe (Nebenfluß des erstern) bildet.</p><lb/> <p>Noch war unser Held unberitten, obgleich sein Name, durch einige glückliche Kämpfe, wo er immer der kühnste und bravste, bereits bekannt geworden, und seine Truppe immer mehr anwuchs. – Da wagte er den ersten Angriff auf einige dreißig Reiter des feindlichen Regiments Bourbon – sie fliehen – er erwählt den stärksten Gegner und das beste Pferd, erreicht es, hält den Gaul beim Schweif im Lauf auf, schlägt mit seinem Stock den Feind zu Boden, und schwingt sich federleicht in dessen Sattel. ...</p><lb/> <p>Carnicer aus Alcañiz, ein gedienter Officier, in den Reihen des spanischen Heeres gebildet, gebot damals Ordnung – wenn dieß Ordnung genannt werden kann – in allen Guerillasbanden des niedern Aragons. 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sind die größten Spitzbuben, wie sich dieß auch gar nicht anders erwarten läßt; sind es doch lauter Kerls, die zu Hause schon den Galgen verdient, und die gewiß nicht an die äußerste Gränze des Westens zogen, um dort unter Indianern auf ehrliche Art ihr Brod zu erwerben!“ – „Sie gestehen also zu, daß die Indianer von den Western Settlers – dem von der vorschreitenden Civilisation der atlantischen Staaten nach Westen ausgeworfenen Schaum – betrogen werden?“ – „Allerdings! Unter neun Händeln, welche so eine Rothhaut mit einem unserer scharfsinnigen, gewandten Krämer macht, ist er immer neunmal betrogen, und dieß besonders, wenn er zutraulich ist und sich bereden läßt, von seinem Freunde ein Glas Schnaps anzunehmen, das ihn dann sein Wirth nicht selten mit allen mitgebrachten Thierfellen bezahlen läßt. Gibt es doch kein Gericht, das den Betrüger zu strafen im Stande wäre; denn nicht nur ist die ganze Bevölkerung des westlichen Theils der Vereinigten Staaten beständig auf der Wanderung, sondern hält auch so unter sich zusammen, daß keiner unter ihnen an einem andern zum Verräther wird. In einer Streitsache zwischen einem Indianer und einem Amerikaner finden Sie gewiß auf 60 Meilen in der Runde keine Geschwornen, die dem erstern, selbst im Fall eines begangenen Mordes, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ein Weißer, lieber Herr, hat eben so wenig Unrecht gegen einen Indianer als gegen einen Neger; fragen Sie hierüber wen sie wollen, vom Cap Florida angefangen bis nach Wisconsin. Wenn dieß nicht so wäre, so lohnte es sich ja kaum der Mühe, mit diesem lumpigen Bettelvolk ihrer Pelze wegen Handel zu treiben und Factoreien zu errichten.“ – „Da ist es freilich begreiflich, daß die Indianer von Zeit zu Zeit Grausamkeiten begehen und sich Verbrechen schuldig machen, welche die Regierung der Vereinigten Staaten zu ahnden sich gezwungen fühlt.“ – „Und doch vergreift sich eine Rothhaut nicht leicht an einem Weißen, denn die Indianer kennen kein anderes Gesetz als die lex talionis aller rohen Völker. Wenn Sie von den Depredationen dieser Wilden hören, so können Sie sich überzeugt halten, daß eine hinlängliche Herausforderung unsererseits vorausgegangen, von welcher aber natürlich unsere Zeitungen nichts verkünden.“
(Fortsetzung folgt.)
Don Ramon Cabrera.
Bruchstücke aus einer demnächst erscheinenden kleinen Schrift von Baron W. v. Rahden, Brigadegeneral im Geniccorps der Carlistischen Armee.
Im October 1833 verließ ein junger Student der Theologie, von einigen Freunden begleitet, alle mit Stöcken und Jagdflinten bewaffnet, die Hochschule seiner, nahe am Ausflusse des Ebro in Catalonien gelegenen Geburtsstadt Tortosa, und eilte in die nicht fernen Gebirge Aragons, wo einzelne Guerillas sich bereits gesammelt hatten, um die Rechte ihres angestammten Königs zu verfechten. – Derselbe Wunsch beseelte auch unsern Jüngling; glühender Enthusiasmus und ein nicht zu unterdrückender Zug zum neugewählten Berufe machten ihn stark. Die heilige Jungfrau de la Cinta, deren Dienste in einer Ermita bei Tortosa er sich eben gewidmet hatte, leite und schütze ihn bei seinem Unternehmen – so hat er sich damals und später jenen heroischen Entschluß erklärt.
Sechs Jahre sind seitdem verflossen und dieser junge Hochschüler ist jetzt der weltberühmte Don Ramon Cabrera, Graf v. Morella, Feldmarschall und Vicekönig der Krone Aragon, d. i. der Provinzen Aragon, Valencia, Murcia und Catalonien.
Cabrera wurde den 31 August 1810 in Tortosa geboren; der Heilige des Tages seiner Geburt gab ihm den Schutz und Taufnamen. Seine Eltern, aus der Classe des Mittelstandes, führten Handel auf dem nahen Meere; rastlose Thätigkeit machte sie wohlhabend, ächt christlicher Lebenswandel hochgeehrt.
Wir wissen nicht, ob irgend ein besonderes Ereigniß seiner Geburt bedeutsam vorausging oder dieselbe bezeichnete. Nur so viel ist uns bekannt, daß der einzige Sohn schon von frühester Jugend an dem Dienste der Kirche geweiht wurde – vielleicht um ein Gelübde der, ihrer Religion schwärmerisch ergebenen, Mutter zu lösen. Zu diesem Endzwecke besuchte Ramon das Seminarium und die Hochschule seiner Vaterstadt; dabei überließ er sich gleichwohl lieber seinem angebornen Hange zu den Waffen, besuchte Paraden, Exercierplätze und öffentliche Zusammenkünfte, um sich mit den Officieren der Garnison zu unterreden. *) *) So versäumte er seine Collegien, und daher geschah es, daß – wahrlich nicht aus Mangel an Talenten – das Examen seines Standes ziemlich mittelmäßig ausfiel. Eine untergeordnete Stellung als Capellan in einer Ermita de nuestra Señora, nahe bei Tortosa, war das nächste Resultat.
Hier war es, wo der Ruf zu den Waffen ihm ertönte; er folgte augenblicklich, verließ seine Clause, und stand in den letzten Monaten des Jahrs 1833 als Guerillaschef, den Knotenstock als Feldherrnstab schwingend, das rothe Tuch in Form eines Turbans um den Kopf gebunden – eines aragonesischen Factiosen ächt bezeichnende Tracht – an der Spitze seiner Armee von 15 Mann, halb mit Stöcken halb mit Jagdflinten armirt. Sein Kriegsschauplatz und Schlachtenterrain waren die undurchdringlichen Wälder und tief eingeschnittenen Engthäler und Schluchten bei Bezeite, Val de robles, Fresneda, Herbes und Vallibona in der himmelhohen Sierra, welche, zwischen Alcañiz und Tortosa, rechts den Ebro begränzt, oder bestimmter gesprochen, auf dem Gebirgsrücken, welcher von dem valencianisch-aragonesischen Hochplateau nördlich ausläuft und die Wasserscheide zwischen dem Ebro und Rio Guadalupe (Nebenfluß des erstern) bildet.
Noch war unser Held unberitten, obgleich sein Name, durch einige glückliche Kämpfe, wo er immer der kühnste und bravste, bereits bekannt geworden, und seine Truppe immer mehr anwuchs. – Da wagte er den ersten Angriff auf einige dreißig Reiter des feindlichen Regiments Bourbon – sie fliehen – er erwählt den stärksten Gegner und das beste Pferd, erreicht es, hält den Gaul beim Schweif im Lauf auf, schlägt mit seinem Stock den Feind zu Boden, und schwingt sich federleicht in dessen Sattel. ...
Carnicer aus Alcañiz, ein gedienter Officier, in den Reihen des spanischen Heeres gebildet, gebot damals Ordnung – wenn dieß Ordnung genannt werden kann – in allen Guerillasbanden des niedern Aragons. Unter ihm befehligten Quilez, Serrador, Tallada, Forcadell, Llagostera (nicht Llangostera
*) Zufällig hörte ich mehrere dieser frühern Gesellschafter Cabrera's, worunter einige, die sich später gerade nicht dessen Protection erfreuten, da sie in den Christlischen Reihen gegen ihn gefochten hatten. Alle stimmten darin überein, daß der junge Student schon damals, wie später während seiner brillanten Heldenlaufbahn, der generöseste und uneigennützigste Freund gewesen sey. Man durfte ihm nur einige Krieger- und Heldengeschichten erzählen und alsobald öffneten sich Herz und Beutel unsers Cabrera, der deßhalb auch stets Freunde und Erzähler im Ueberfluß fand.
A. d. B.
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