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Allgemeine Zeitung. Nr. 118. Augsburg, 27. April 1840.

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Litteratur an der Sorbonne zu errichten und selbst, daß er diesen Lehrstuhl eventuell dem polnischen Dichter Mizkiewicz, der in diesem Augenblick in der Schweiz lebt, angetragen, von diesem aber eine abschlägige Antwort erhalten habe. Wir wissen nicht, inwiefern dieses letzte Gerücht gegründet ist, wahrscheinlich ist es jedenfalls nicht, denn wenn es in dem gegenwärtigen Stande der europäischen Staatenverhältnisse wie der Litteratur einen Lehrstuhl, namentlich in Frankreich, gibt, der mit allem Reiz der Neuheit und des Stoffreichthums umkleidet ist, so ist es sicherlich der Lehrstuhl der slavischen Sprache und Litteratur, seiner Poesie und Volkstraditionen, die nothwendig zu einer vollständigen Geschichte des Slaventhums führen müssen. So viel ist indessen thatsächlich, daß Hr. Cousin in der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer einen förmlichen Gesetzesvorschlag deßhalb vorgelegt hat. Die Summe, die der Minister zu diesem Behuf von der Kammer in Anspruch nimmt, beträgt allerdings nur 5000 Fr., wie denn überhaupt die Universitätslehrer nur sehr mittelmäßig bezahlt sind, allein die Stelle eines Professors an der Sorbonne gehört zu den ehrenvollsten, zu den einflußreichsten der Gesellschaft, und kann zu allen andern Würden führen. In einer Epoche, in welcher das Slaventhum in der Politik wie in der Litteratur sich hervorthut, und nach einem entscheidenden Einflusse auf die politischen Verhältnisse ringt, war es vor Allem der ältesten der bestehenden Universitäten Europa's würdig, ihm mit gastlicher Großmuth eine Heimath, eine bleibende Stätte, eine Tribune zu errichten. Gleichzeitig mit diesem Gesetzesvorschlag beantragte der Minister die Errichtung einer Facultät der Arzneikunde und der physikalischen und Naturwissenschaften in Rennes. Mehr und mehr treten die neuernden Entwürfe Cousins ins Leben und versprechen dem höhern Unterricht in Frankreich Entfaltung, Reichthum und eine wachende Aufsicht von oben. Ohne Zweifel wird auch die Reihe des Elementarunterrichts kommen, dort fehlt es an Gelegenheit zu Verbesserungen weniger als irgendwo.

Niederlande.

Die zweite Kammer der Generalstaaten wird nächsten Donnerstag ihre Sitzungen wieder aufnehmen und es werden ihr dann die Antworten der Regierung auf die Bedenken der Kammer, bezüglich des Budgets für die zweite Hälfte d. J., mitgetheilt werden. Diese Gesetzentwürfe sollen einige Veränderungen erlitten haben. - Der Großfürst Thronfolger von Rußland wird vorerst nicht hier erwartet.

Deutschland.

Heute setzte die zweite Kammer ihre durch die Osterferien unterbrochenen Sitzungen wieder fort. Es wurde in dieser einzigen Sitzung die Berathung über die Tit. XXVIII von der Unterschlagung, XXIX von dem Raub, XXX von der Erpressung und XXXI von der Fälschung beendigt. Zum Begriff der Unterschlagung fordert der §. 361, daß der Thäter die ihm anvertraute Sache sich in der Absicht zueignet, "sie dem zur Rückforderung Berechtigten ohne Ersatz zu entziehen." Sander schlug nun vor, dieses Erforderniß wegzulassen, dagegen festzusetzen, daß der geleistete Ersatz straffrei mache. Es genüge nicht an der im §. 363 aufgestellten Vermuthung, daß von demjenigen, welcher die Sache verbrauchte, oder veräußerte, ohne mit guten Gründen erwarten zu können, daß er zu rechter Zeit die Mittel des Ersatzes haben werde, und ohne alsdann den Ersatz wirklich leisten zu können, die Absicht einer, die Unterschlagung bedingenden, Zueignung vermuthet werde. Es werde sich jeder damit entschuldigen, daß er habe Ersatz leisten wollen, und daß er dazu die Mittel zu besitzen, oder noch rechtzeitig beizuschaffen, geglaubt habe. Man habe ja auch bei Verrechnern von öffentlichen Geldern die bloße Zueignung als genügend angenommen, man dürfe die Treue unter Privaten nicht geringer behandeln. Auch beim Diebstahl habe man eine besondere Absicht, sich die Sache ohne Ersatz zuzueignen, nicht gefordert. Bohm: das Furtum usus, wobei die heimlich weggenommene Sache nach gemachtem Gebrauche alsbald wieder zurückzugeben beabsichtigt werde, sey im §. 337 unter dem Begriff des Diebstahls ebenfalls nicht enthalten. Den öffentlichen Rechnern werden aber aus politischen Gründen besondere Verpflichtungen auferlegt, die bei Privat-Mandatarien etc. nicht vorliegen. Wo keine solchen besondern Rücksichten eintreten, müsse aber bei der Unterschlagung im Allgemeinen wie bei andern Verbrechen eine böse Absicht gefordert werden, und diese könne hier nur darin bestehen, sich die Sache unwiederbringlich zuzueignen, wie sie der Entwurf bestimme. Baumgärtner erhebt Bedenken in Bezug auf die Verwaltung der Vormünder, deren Treue ebenfalls durch das Strafgesetz geschützt werden sollte. Vicekanzler Bekk: Da möge man im Tit. XXXVIII "von Beschädigung fremder Rechte durch Untreue oder Verrath," eine besondere Bestimmung aufnehmen, insofern der dort vorkommende §. 495 nicht genüge, wornach die Vormünder, die ihre Pflichten gegen die Mündel aus Eigennutz verletzen, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu einem Jahr bestraft werden. Im Allgemeinen werde man aber die Absicht, sich die Sache ohne Ersatz zuzueignen, aus dem Begriffe der Unterschlagung nicht weglassen können. Sie sey hier nichts Anderes, als die beim Diebstahl geforderte gewinnsüchtige Absicht, da man in dem Falle, wo Jemand eine ihm anvertraute Rolle Geldes zu einem augenblicklichen Bedürfnisse verwende, mit dem Vorsatze, sie demnächst durch eine andere zu ersetzen, keine gewinnsüchtige Absicht annehmen könne. Würde es in einen solchen Falle nun auch dem Thäter wegen eines dazwischen getretenen Brandes oder andern großen Unglücks unmöglich, diesen Ersatz wirklich zu leisten, so soll die That bloß wegen dieses Zufalls nicht zur Unterschlagung werden, sofern nur der Thäter zur Zeit der Verwendung des Geldes mit der Absicht des rechtzeitigen Ersatzes zugleich die sichere Voraussicht hatte, daß er denselben werde leisten können. In einer andern Beziehung gehe aber Sanders Vorschlag zu weit, wenn er den wirklichen Ersatz jedesmal als einen Grund der Straflosigkeit aufstellen wolle, während der Entwurf da, wo anfänglich eine Zueignung in betrüglicher Absicht geschah, wo z. B. der Verwalter eine Einnahme unter, oder eine Ausgabe über ihren wirklichen Betrag angebe, um sich die Differenz definitiv zuzueignen, den nachträglich geleisteten Ersatz nur insofern, als er freiwillig vor obrigkeitlichem Einschreiten geleistet wurde, und zwar nur als Milderungsgrund, und nicht als Straflosigkeitsgrund annehme. Kunzer und Knapp erklärten sich für, Aschbach, Merk und Trefurt aber gegen Sanders Vorschlag, der sofort durch große Mehrheit abgelehnt wurde. Dagegen wurde ein Antrag des Geheimenraths Duttlinger angenommen, daß im §. 363 der Ausdruck: mit "gutem Grunde erwarten zu können," mit dem Ausdruck des Regierungsentwurfs: "mit Sicherheit vorauszusehen," wieder vertauscht werde, um das Bedenken zu beseitigen, der Thäter möchte, wenn er für die verwendete Sache keinen Ersatz leisten kann, mit der Entschuldigung, er habe zur Zeit der Verwendung den Ersatz leisten zu können geglaubt, zu leicht gehört werden. - Die Strafe der Unterschlagung ist im §. 364 nach der Summe in drei Classen bestimmt, und zwar wie die Diebstahlsstrafe, außer daß auch bei einem Antrag von me[h]r als 300 fl. nie Zuchthaus, sondern nur Arbeitshaus (bis sechs Jahr) eintreten kann. Die Unterschlagung gefundener Sachen wird nach §. 368 von der Hälfte der Unterschlagungsstrafe getroffen, und die Unterschla[g]ung eines auf fremdem Gute gefundenen Schatzes nach §. 369 mit dem Verlust des dem Finder gehörigen Antheils zu Gunsten des Eigenthümers bestraft. Die einfache Strafe des Raubs ist im §. 373 IV. auf Arbeitshaus nicht unter ein Jahr bis zu acht Jahren Zuchthaus festgesetzt, es sind aber für die Fälle, da der Räuber körperliche Peinigungen oder Martern anwendete, eine Tödtung oder schwere Körperverletzung verübte, höhere Strafen gedroht. Ist eine Tödtung dem Räuber auch nur zum unbestimmten Vorsatz zuzurechnen, so tritt die Todesstrafe ein, obschon sonst im Allgemeinen die vorbedachten, jedoch nur mit unbestimmtem Vorsatz verübten Tödtungen nach §. 184 nicht mit der Todesstrafe bedroht sind. Der Raub kann nach §. 371 auf dreierlei Weise verübt werden, indem der Angegriffene zur Ueberlassung der Sache genöthigt wird: durch thätliche Gewalt,

Litteratur an der Sorbonne zu errichten und selbst, daß er diesen Lehrstuhl eventuell dem polnischen Dichter Mizkiewicz, der in diesem Augenblick in der Schweiz lebt, angetragen, von diesem aber eine abschlägige Antwort erhalten habe. Wir wissen nicht, inwiefern dieses letzte Gerücht gegründet ist, wahrscheinlich ist es jedenfalls nicht, denn wenn es in dem gegenwärtigen Stande der europäischen Staatenverhältnisse wie der Litteratur einen Lehrstuhl, namentlich in Frankreich, gibt, der mit allem Reiz der Neuheit und des Stoffreichthums umkleidet ist, so ist es sicherlich der Lehrstuhl der slavischen Sprache und Litteratur, seiner Poesie und Volkstraditionen, die nothwendig zu einer vollständigen Geschichte des Slaventhums führen müssen. So viel ist indessen thatsächlich, daß Hr. Cousin in der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer einen förmlichen Gesetzesvorschlag deßhalb vorgelegt hat. Die Summe, die der Minister zu diesem Behuf von der Kammer in Anspruch nimmt, beträgt allerdings nur 5000 Fr., wie denn überhaupt die Universitätslehrer nur sehr mittelmäßig bezahlt sind, allein die Stelle eines Professors an der Sorbonne gehört zu den ehrenvollsten, zu den einflußreichsten der Gesellschaft, und kann zu allen andern Würden führen. In einer Epoche, in welcher das Slaventhum in der Politik wie in der Litteratur sich hervorthut, und nach einem entscheidenden Einflusse auf die politischen Verhältnisse ringt, war es vor Allem der ältesten der bestehenden Universitäten Europa's würdig, ihm mit gastlicher Großmuth eine Heimath, eine bleibende Stätte, eine Tribune zu errichten. Gleichzeitig mit diesem Gesetzesvorschlag beantragte der Minister die Errichtung einer Facultät der Arzneikunde und der physikalischen und Naturwissenschaften in Rennes. Mehr und mehr treten die neuernden Entwürfe Cousins ins Leben und versprechen dem höhern Unterricht in Frankreich Entfaltung, Reichthum und eine wachende Aufsicht von oben. Ohne Zweifel wird auch die Reihe des Elementarunterrichts kommen, dort fehlt es an Gelegenheit zu Verbesserungen weniger als irgendwo.

Niederlande.

Die zweite Kammer der Generalstaaten wird nächsten Donnerstag ihre Sitzungen wieder aufnehmen und es werden ihr dann die Antworten der Regierung auf die Bedenken der Kammer, bezüglich des Budgets für die zweite Hälfte d. J., mitgetheilt werden. Diese Gesetzentwürfe sollen einige Veränderungen erlitten haben. – Der Großfürst Thronfolger von Rußland wird vorerst nicht hier erwartet.

Deutschland.

Heute setzte die zweite Kammer ihre durch die Osterferien unterbrochenen Sitzungen wieder fort. Es wurde in dieser einzigen Sitzung die Berathung über die Tit. XXVIII von der Unterschlagung, XXIX von dem Raub, XXX von der Erpressung und XXXI von der Fälschung beendigt. Zum Begriff der Unterschlagung fordert der §. 361, daß der Thäter die ihm anvertraute Sache sich in der Absicht zueignet, „sie dem zur Rückforderung Berechtigten ohne Ersatz zu entziehen.“ Sander schlug nun vor, dieses Erforderniß wegzulassen, dagegen festzusetzen, daß der geleistete Ersatz straffrei mache. Es genüge nicht an der im §. 363 aufgestellten Vermuthung, daß von demjenigen, welcher die Sache verbrauchte, oder veräußerte, ohne mit guten Gründen erwarten zu können, daß er zu rechter Zeit die Mittel des Ersatzes haben werde, und ohne alsdann den Ersatz wirklich leisten zu können, die Absicht einer, die Unterschlagung bedingenden, Zueignung vermuthet werde. Es werde sich jeder damit entschuldigen, daß er habe Ersatz leisten wollen, und daß er dazu die Mittel zu besitzen, oder noch rechtzeitig beizuschaffen, geglaubt habe. Man habe ja auch bei Verrechnern von öffentlichen Geldern die bloße Zueignung als genügend angenommen, man dürfe die Treue unter Privaten nicht geringer behandeln. Auch beim Diebstahl habe man eine besondere Absicht, sich die Sache ohne Ersatz zuzueignen, nicht gefordert. Bohm: das Furtum usus, wobei die heimlich weggenommene Sache nach gemachtem Gebrauche alsbald wieder zurückzugeben beabsichtigt werde, sey im §. 337 unter dem Begriff des Diebstahls ebenfalls nicht enthalten. Den öffentlichen Rechnern werden aber aus politischen Gründen besondere Verpflichtungen auferlegt, die bei Privat-Mandatarien etc. nicht vorliegen. Wo keine solchen besondern Rücksichten eintreten, müsse aber bei der Unterschlagung im Allgemeinen wie bei andern Verbrechen eine böse Absicht gefordert werden, und diese könne hier nur darin bestehen, sich die Sache unwiederbringlich zuzueignen, wie sie der Entwurf bestimme. Baumgärtner erhebt Bedenken in Bezug auf die Verwaltung der Vormünder, deren Treue ebenfalls durch das Strafgesetz geschützt werden sollte. Vicekanzler Bekk: Da möge man im Tit. XXXVIII „von Beschädigung fremder Rechte durch Untreue oder Verrath,“ eine besondere Bestimmung aufnehmen, insofern der dort vorkommende §. 495 nicht genüge, wornach die Vormünder, die ihre Pflichten gegen die Mündel aus Eigennutz verletzen, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu einem Jahr bestraft werden. Im Allgemeinen werde man aber die Absicht, sich die Sache ohne Ersatz zuzueignen, aus dem Begriffe der Unterschlagung nicht weglassen können. Sie sey hier nichts Anderes, als die beim Diebstahl geforderte gewinnsüchtige Absicht, da man in dem Falle, wo Jemand eine ihm anvertraute Rolle Geldes zu einem augenblicklichen Bedürfnisse verwende, mit dem Vorsatze, sie demnächst durch eine andere zu ersetzen, keine gewinnsüchtige Absicht annehmen könne. Würde es in einen solchen Falle nun auch dem Thäter wegen eines dazwischen getretenen Brandes oder andern großen Unglücks unmöglich, diesen Ersatz wirklich zu leisten, so soll die That bloß wegen dieses Zufalls nicht zur Unterschlagung werden, sofern nur der Thäter zur Zeit der Verwendung des Geldes mit der Absicht des rechtzeitigen Ersatzes zugleich die sichere Voraussicht hatte, daß er denselben werde leisten können. In einer andern Beziehung gehe aber Sanders Vorschlag zu weit, wenn er den wirklichen Ersatz jedesmal als einen Grund der Straflosigkeit aufstellen wolle, während der Entwurf da, wo anfänglich eine Zueignung in betrüglicher Absicht geschah, wo z. B. der Verwalter eine Einnahme unter, oder eine Ausgabe über ihren wirklichen Betrag angebe, um sich die Differenz definitiv zuzueignen, den nachträglich geleisteten Ersatz nur insofern, als er freiwillig vor obrigkeitlichem Einschreiten geleistet wurde, und zwar nur als Milderungsgrund, und nicht als Straflosigkeitsgrund annehme. Kunzer und Knapp erklärten sich für, Aschbach, Merk und Trefurt aber gegen Sanders Vorschlag, der sofort durch große Mehrheit abgelehnt wurde. Dagegen wurde ein Antrag des Geheimenraths Duttlinger angenommen, daß im §. 363 der Ausdruck: mit „gutem Grunde erwarten zu können,“ mit dem Ausdruck des Regierungsentwurfs: „mit Sicherheit vorauszusehen,“ wieder vertauscht werde, um das Bedenken zu beseitigen, der Thäter möchte, wenn er für die verwendete Sache keinen Ersatz leisten kann, mit der Entschuldigung, er habe zur Zeit der Verwendung den Ersatz leisten zu können geglaubt, zu leicht gehört werden. – Die Strafe der Unterschlagung ist im §. 364 nach der Summe in drei Classen bestimmt, und zwar wie die Diebstahlsstrafe, außer daß auch bei einem Antrag von me[h]r als 300 fl. nie Zuchthaus, sondern nur Arbeitshaus (bis sechs Jahr) eintreten kann. Die Unterschlagung gefundener Sachen wird nach §. 368 von der Hälfte der Unterschlagungsstrafe getroffen, und die Unterschla[g]ung eines auf fremdem Gute gefundenen Schatzes nach §. 369 mit dem Verlust des dem Finder gehörigen Antheils zu Gunsten des Eigenthümers bestraft. Die einfache Strafe des Raubs ist im §. 373 IV. auf Arbeitshaus nicht unter ein Jahr bis zu acht Jahren Zuchthaus festgesetzt, es sind aber für die Fälle, da der Räuber körperliche Peinigungen oder Martern anwendete, eine Tödtung oder schwere Körperverletzung verübte, höhere Strafen gedroht. Ist eine Tödtung dem Räuber auch nur zum unbestimmten Vorsatz zuzurechnen, so tritt die Todesstrafe ein, obschon sonst im Allgemeinen die vorbedachten, jedoch nur mit unbestimmtem Vorsatz verübten Tödtungen nach §. 184 nicht mit der Todesstrafe bedroht sind. Der Raub kann nach §. 371 auf dreierlei Weise verübt werden, indem der Angegriffene zur Ueberlassung der Sache genöthigt wird: durch thätliche Gewalt,

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XXVIII von der Unterschlagung, XXIX von dem Raub, XXX von der Erpressung und XXXI von der Fälschung beendigt. Zum Begriff der Unterschlagung fordert der §. 361, daß der Thäter die ihm anvertraute Sache sich in der Absicht zueignet, „sie dem zur Rückforderung Berechtigten ohne Ersatz zu entziehen.“ Sander schlug nun vor, dieses Erforderniß wegzulassen, dagegen festzusetzen, daß der geleistete Ersatz straffrei mache. Es genüge nicht an der im §. 363 aufgestellten Vermuthung, daß von demjenigen, welcher die Sache verbrauchte, oder veräußerte, ohne mit guten Gründen erwarten zu können, daß er zu rechter Zeit die Mittel des Ersatzes haben werde, und ohne alsdann den Ersatz wirklich leisten zu können, die Absicht einer, die Unterschlagung bedingenden, Zueignung vermuthet werde. Es werde sich jeder damit entschuldigen, daß er habe Ersatz leisten wollen, und daß er dazu die Mittel zu besitzen, oder noch rechtzeitig beizuschaffen, geglaubt habe. Man habe ja auch bei Verrechnern von öffentlichen Geldern die bloße Zueignung als genügend angenommen, man dürfe die Treue unter Privaten nicht geringer behandeln. Auch beim Diebstahl habe man eine besondere Absicht, sich die Sache ohne Ersatz zuzueignen, nicht gefordert. Bohm: das Furtum usus, wobei die heimlich weggenommene Sache nach gemachtem Gebrauche alsbald wieder zurückzugeben beabsichtigt werde, sey im §. 337 unter dem Begriff des Diebstahls ebenfalls nicht enthalten. Den öffentlichen Rechnern werden aber aus politischen Gründen besondere Verpflichtungen auferlegt, die bei Privat-Mandatarien etc. nicht vorliegen. Wo keine solchen besondern Rücksichten eintreten, müsse aber bei der Unterschlagung im Allgemeinen wie bei andern Verbrechen eine böse Absicht gefordert werden, und diese könne hier nur darin bestehen, sich die Sache unwiederbringlich zuzueignen, wie sie der Entwurf bestimme. Baumgärtner erhebt Bedenken in Bezug auf die Verwaltung der Vormünder, deren Treue ebenfalls durch das Strafgesetz geschützt werden sollte. Vicekanzler Bekk: Da möge man im Tit. XXXVIII „von Beschädigung fremder Rechte durch Untreue oder Verrath,“ eine besondere Bestimmung aufnehmen, insofern der dort vorkommende §. 495 nicht genüge, wornach die Vormünder, die ihre Pflichten gegen die Mündel aus Eigennutz verletzen, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu einem Jahr bestraft werden. Im Allgemeinen werde man aber die Absicht, sich die Sache ohne Ersatz zuzueignen, aus dem Begriffe der Unterschlagung nicht weglassen können. Sie sey hier nichts Anderes, als die beim Diebstahl geforderte gewinnsüchtige Absicht, da man in dem Falle, wo Jemand eine ihm anvertraute Rolle Geldes zu einem augenblicklichen Bedürfnisse verwende, mit dem Vorsatze, sie demnächst durch eine andere zu ersetzen, keine gewinnsüchtige Absicht annehmen könne. Würde es in einen solchen Falle nun auch dem Thäter wegen eines dazwischen getretenen Brandes oder andern großen Unglücks unmöglich, diesen Ersatz wirklich zu leisten, so soll die That bloß wegen dieses Zufalls nicht zur Unterschlagung werden, sofern nur der Thäter zur Zeit der Verwendung des Geldes mit der Absicht des rechtzeitigen Ersatzes zugleich die sichere Voraussicht hatte, daß er denselben werde leisten können. In einer andern Beziehung gehe aber Sanders Vorschlag zu weit, wenn er den wirklichen Ersatz jedesmal als einen Grund der Straflosigkeit aufstellen wolle, während der Entwurf da, wo anfänglich eine Zueignung in betrüglicher Absicht geschah, wo z. B. der Verwalter eine Einnahme unter, oder eine Ausgabe über ihren wirklichen Betrag angebe, um sich die Differenz definitiv zuzueignen, den nachträglich geleisteten Ersatz nur insofern, als er freiwillig vor obrigkeitlichem Einschreiten geleistet wurde, und zwar nur als Milderungsgrund, und nicht als Straflosigkeitsgrund annehme. Kunzer und Knapp erklärten sich für, Aschbach, Merk und Trefurt aber gegen Sanders Vorschlag, der sofort durch große Mehrheit abgelehnt wurde. Dagegen wurde ein Antrag des Geheimenraths Duttlinger angenommen, daß im §. 363 der Ausdruck: mit „gutem Grunde erwarten zu können,“ mit dem Ausdruck des Regierungsentwurfs: „mit Sicherheit vorauszusehen,“ wieder vertauscht werde, um das Bedenken zu beseitigen, der Thäter möchte, wenn er für die verwendete Sache keinen Ersatz leisten kann, mit der Entschuldigung, er habe zur Zeit der Verwendung den Ersatz leisten zu können geglaubt, zu leicht gehört werden. – Die Strafe der Unterschlagung ist im §. 364 nach der Summe in drei Classen bestimmt, und zwar wie die Diebstahlsstrafe, außer daß auch bei einem Antrag von mehr als 300 fl. nie Zuchthaus, sondern nur Arbeitshaus (bis sechs Jahr) eintreten kann. Die Unterschlagung gefundener Sachen wird nach §. 368 von der Hälfte der Unterschlagungsstrafe getroffen, und die Unterschlagung eines auf fremdem Gute gefundenen Schatzes nach §. 369 mit dem Verlust des dem Finder gehörigen Antheils zu Gunsten des Eigenthümers bestraft. Die einfache Strafe des Raubs ist im §. 373 IV. auf Arbeitshaus nicht unter ein Jahr bis zu acht Jahren Zuchthaus festgesetzt, es sind aber für die Fälle, da der Räuber körperliche Peinigungen oder Martern anwendete, eine Tödtung oder schwere Körperverletzung verübte, höhere Strafen gedroht. Ist eine Tödtung dem Räuber auch nur zum unbestimmten Vorsatz zuzurechnen, so tritt die Todesstrafe ein, obschon sonst im Allgemeinen die vorbedachten, jedoch nur mit unbestimmtem Vorsatz verübten Tödtungen nach §. 184 nicht mit der Todesstrafe bedroht sind. Der Raub kann nach §. 371 auf dreierlei Weise verübt werden, indem der Angegriffene zur Ueberlassung der Sache genöthigt wird: durch thätliche Gewalt,

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 118. Augsburg, 27. April 1840, S. 0940. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_118_18400427/4>, abgerufen am 29.04.2024.