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Allgemeine Zeitung. Nr. 119. Augsburg, 28. April 1840.

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eine Geldsumme bestochen worden, um den bekannten Quecksilbercontract abzuschließen - eine Verleumdung, die das M. Chronicle selbst eingestand, sobald es sich durch eine kostspielige Injurienklage bedroht sah. Wenn aber die Angabe, Lord Palmerston habe die spanische Regierung darüber beglückwünscht, daß sie mit Festigkeit und Mäßigung die Versuche der Ruhestörer vom 24 Febr. unterdrückt habe, für "Verleumdung" gelten soll, so müßte man natürlich auf die Vermuthung gerathen, Lord Palmerston schäme sich, als ein Freund der öffentlichen Ruhe dargestellt worden zu seyn. Schwerlich darf man annehmen, daß Lord Palmerston wünsche, in Spanien die Pöbelherrschaft eingeführt zu sehen; wäre dieß aber wirklich das Glaubensbekenntniß des englischen Cabinets, so würde man es wenigstens dem edlen Lord zum Vorwurf machen können, daß er es durch so ungeschickte Organe und auf eine so plumpe Weise, wie im M. Chronicle geschieht, vor der ganzen Welt zur Schau tragen lasse. Das M. Chronicle nennt die achtungswerthesten Männer Spaniens profligates, weil sie sich nicht (dieß geht aus seinen Worten hervor) von England durch einen Handelsvertrag übervortheilen, und weil sie ihre Küsten durch bewaffnete Fahrzeuge gegen den Schleichhandel bewachen lassen wollen. Es bezeichnet geradezu die Spanier, welche die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes lieben, als den brittischen Interessen feindlich gesinnt, und gibt dadurch auf sehr naive Weise die wahre Quelle seines Zorns an. Im Uebrigen bin ich veranlaßt worden, den Umstand, daß Lord Palmerston Hrn. Ferningham beauftragt habe, Hrn. Perez de Castro auf die angegebene Weise zu beglückwünschen, für einen Irrthum zu erklären, obgleich er mir von höchst achtungswerther Hand mitgetheilt worden war. Alles Uebrige in meinem Schreiben vom 14 v. M. bleibt der strengsten Wahrheit gemäß, und wenn das M. Chronicle den englischen Diplomaten den Rath gibt, sich nicht in die Parteihändel der Spanier zu mischen, so wird man gerade in meinem Artikel vom 14 v. M. finden, daß ich der hiesigen englischen Gesandtschaft meine volle Anerkennung widerfahren ließ, weil sie in der That jenes Verfahren beobachtete.

Großbritannien.

Gestern, am Ostermontag, gaben im Mansion-House die Municipalbehörden der City das übliche Oster-Festmahl. Von ministeriellen Beamten war Niemand dabei erschienen, als der Attorney- und der Solicitor-General, vom hohen Clerus die Bischöfe von London und Llandaff, vom diplomatischen Corps die Gesandten der argentinischen Republik und von Venezuela, dann Hr. Guizot. Letzterer übernahm es, für den vom Lordmayor ausgebrachten Toast auf die fremden Gesandten zu danken. Er äußerte in sehr gutem Englisch, unter allen Nationen der Welt wünsche keine aufrichtiger friedliche und freundschaftliche Verhältnisse mit England zu unterhalten und zu pflegen, als die französische, und er flehe den Himmel an, daß der nun fünfundzwanzigjährige Friede zwischen diesen beiden großen Völkern ihnen seine Segnungen noch ein halb Jahrhundert lang spenden möge.

O'Connell, der sich jetzt in Dublin befindet, entwickelt in Versammlungen und öffentlichen Sendschreiben eine rastlose Thätigkeit. Sein neuester Plan ist die Errichtung einer "irischen Nationalassociation zur Erlangung vollständiger Gerechtigkeit für Irland oder der Auflösung der Union." Die Grundlagen des Vereins sollen seyn: "1) Ergebenheit und unwandelbare Treue gegen unsere allergnädigste und vielgeliebte Herrin, Königin Victoria, und ihre Erben und Nachfolger; 2) Enthaltung von aller Gewalt und jeder Handlung, welche den Gesetzen und Geboten des ewigen Gottes widerspräche; 3) als einzige Mittel ruhige, gesetzliche und verfassungsmäßige Vereinigung aller Classen, Secten und Glaubensmeinungen unter dem Schirme der öffentlichen Meinung und mit der Aussicht auf ein heilsames, gesetzliches Ziel; 4) Ausschließung alles Unterschieds wegen des confessionellen Glaubens und Herstellung vollkommener Gleichheit aller Christen von dem Gesetz und voller Gewissensfreiheit. Die Forderungen des Vereins sollen seyn: "1) daß die Kircheneinkünfte in Irland zur Unterstützung der Armen, zur Beförderung des Unterrichts und zu andern gemeinnützigen Zwecken verwendet werden; 2) Reform unserer verdorbenen und bigotten städtischen Corporationen, gleich der in England und Schottland ausgeführten; 3) Gleichheit des Wahlgesetzes mit dem englischen; 4) Vermehrung der Vertreter der irischen Grafschaften; 5) überhaupt Vermehrung der irischen Repräsentanten im Hause der Gemeinen in so hinlänglicher Zahl, daß Irland dieselbe parlamentarische Stellung wie England und Schottland erlange." Indessen soll, wie der (O'Connelln wegen seines Ministerialismus bekanntlich nicht wohlwollende) Spectator wissen will, der liberale Herzog v. Leinster die Einladung, an die Spitze dieses neuen Vereins zu treten, abgelehnt haben. O'Connells Reden in den Versammlungen sind außerdem besonders gegen Lord Stanley und dessen Bill zur "Verbesserung der Wahlstimmen-Registrirung in Irland" gerichtet. Eine Anzahl liberaler irischer Parlamentsmitglieder, darunter Hr. Grattan, soll erklärt haben, aus dem Hause der Gemeinen austreten zu wollen, wenn diese auf völlige Vernichtung der irischen Wahlfreiheit abzweckende Tory-Maaßregel angenommen würde.

(M. Chronicle.) Eine gemischte englisch-französische Commission ist ernannt, um die mehrerwähnte Frage wegen Portendics zu untersuchen, und über die daraus erhobenen Ansprüche zu begutachten. Die englischen Commissarien sind Hr. H. L. Bulwer, Gesandtschaftssecretär in Paris, und Hr. Rotherby. Die Commission wird in Paris sitzen, und ihre Arbeiten sogleich beginnen.

(Sun.) Der Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen Frankreich und Texas enthält die nicht unwichtige Stipulation, daß im Falle eines Krieges, in welchen der eine oder andere dieser Staaten mit einer dritten Macht verwickelt werden möchte, dieselben ihren Bürgern nicht gestatten dürfen, Caperbriefe gegen den befreundeten Staat zu nehmen, oder dessen Handel sonstwie zu belästigen, sondern daß beide gegen einander den Grundsatz befolgen: die Flagge deckt die Waare.

Kein Ministerium hat noch gleich bei seinem Entstehen bei den verschiedensten, zum Theil sich widersprechenden Tendenzen der europäischen Politik mehr Hoffnungen erweckt und gewissermaßen freudigere Bewegung veranlaßt, als das französische vom 1 März. Man wünschte sich in London Glück, daß in Frankreich ein Minister das Steuerruder ergriff, der im Angesicht der französischen Deputirtenkammer die Heiligkeit der von Frankreich hinsichtlich des Orients übernommenen Verbindlichkeiten anerkannt, und ohne Umschweife die Politik des Ministeriums Soult als eine obscure und inconsequente bezeichnet hatte. Man glaubte dem neuen Conseilpräsidenten die größten Rücksichten schuldig zu seyn, und suchte sich ihm so viel möglich zu nähern, ihm mit der größten Bereitwilligkeit entgegenzukommen, ja man scheute sich nicht das, was durch viele Anstrengungen zwischen den andern Mächten zu Stande gekommen war, rückgängig zu machen oder durch das schwankendste Benehmen in Frage zu stellen, um

eine Geldsumme bestochen worden, um den bekannten Quecksilbercontract abzuschließen – eine Verleumdung, die das M. Chronicle selbst eingestand, sobald es sich durch eine kostspielige Injurienklage bedroht sah. Wenn aber die Angabe, Lord Palmerston habe die spanische Regierung darüber beglückwünscht, daß sie mit Festigkeit und Mäßigung die Versuche der Ruhestörer vom 24 Febr. unterdrückt habe, für „Verleumdung“ gelten soll, so müßte man natürlich auf die Vermuthung gerathen, Lord Palmerston schäme sich, als ein Freund der öffentlichen Ruhe dargestellt worden zu seyn. Schwerlich darf man annehmen, daß Lord Palmerston wünsche, in Spanien die Pöbelherrschaft eingeführt zu sehen; wäre dieß aber wirklich das Glaubensbekenntniß des englischen Cabinets, so würde man es wenigstens dem edlen Lord zum Vorwurf machen können, daß er es durch so ungeschickte Organe und auf eine so plumpe Weise, wie im M. Chronicle geschieht, vor der ganzen Welt zur Schau tragen lasse. Das M. Chronicle nennt die achtungswerthesten Männer Spaniens profligates, weil sie sich nicht (dieß geht aus seinen Worten hervor) von England durch einen Handelsvertrag übervortheilen, und weil sie ihre Küsten durch bewaffnete Fahrzeuge gegen den Schleichhandel bewachen lassen wollen. Es bezeichnet geradezu die Spanier, welche die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes lieben, als den brittischen Interessen feindlich gesinnt, und gibt dadurch auf sehr naive Weise die wahre Quelle seines Zorns an. Im Uebrigen bin ich veranlaßt worden, den Umstand, daß Lord Palmerston Hrn. Ferningham beauftragt habe, Hrn. Perez de Castro auf die angegebene Weise zu beglückwünschen, für einen Irrthum zu erklären, obgleich er mir von höchst achtungswerther Hand mitgetheilt worden war. Alles Uebrige in meinem Schreiben vom 14 v. M. bleibt der strengsten Wahrheit gemäß, und wenn das M. Chronicle den englischen Diplomaten den Rath gibt, sich nicht in die Parteihändel der Spanier zu mischen, so wird man gerade in meinem Artikel vom 14 v. M. finden, daß ich der hiesigen englischen Gesandtschaft meine volle Anerkennung widerfahren ließ, weil sie in der That jenes Verfahren beobachtete.

Großbritannien.

Gestern, am Ostermontag, gaben im Mansion-House die Municipalbehörden der City das übliche Oster-Festmahl. Von ministeriellen Beamten war Niemand dabei erschienen, als der Attorney- und der Solicitor-General, vom hohen Clerus die Bischöfe von London und Llandaff, vom diplomatischen Corps die Gesandten der argentinischen Republik und von Venezuela, dann Hr. Guizot. Letzterer übernahm es, für den vom Lordmayor ausgebrachten Toast auf die fremden Gesandten zu danken. Er äußerte in sehr gutem Englisch, unter allen Nationen der Welt wünsche keine aufrichtiger friedliche und freundschaftliche Verhältnisse mit England zu unterhalten und zu pflegen, als die französische, und er flehe den Himmel an, daß der nun fünfundzwanzigjährige Friede zwischen diesen beiden großen Völkern ihnen seine Segnungen noch ein halb Jahrhundert lang spenden möge.

O'Connell, der sich jetzt in Dublin befindet, entwickelt in Versammlungen und öffentlichen Sendschreiben eine rastlose Thätigkeit. Sein neuester Plan ist die Errichtung einer „irischen Nationalassociation zur Erlangung vollständiger Gerechtigkeit für Irland oder der Auflösung der Union.“ Die Grundlagen des Vereins sollen seyn: „1) Ergebenheit und unwandelbare Treue gegen unsere allergnädigste und vielgeliebte Herrin, Königin Victoria, und ihre Erben und Nachfolger; 2) Enthaltung von aller Gewalt und jeder Handlung, welche den Gesetzen und Geboten des ewigen Gottes widerspräche; 3) als einzige Mittel ruhige, gesetzliche und verfassungsmäßige Vereinigung aller Classen, Secten und Glaubensmeinungen unter dem Schirme der öffentlichen Meinung und mit der Aussicht auf ein heilsames, gesetzliches Ziel; 4) Ausschließung alles Unterschieds wegen des confessionellen Glaubens und Herstellung vollkommener Gleichheit aller Christen von dem Gesetz und voller Gewissensfreiheit. Die Forderungen des Vereins sollen seyn: „1) daß die Kircheneinkünfte in Irland zur Unterstützung der Armen, zur Beförderung des Unterrichts und zu andern gemeinnützigen Zwecken verwendet werden; 2) Reform unserer verdorbenen und bigotten städtischen Corporationen, gleich der in England und Schottland ausgeführten; 3) Gleichheit des Wahlgesetzes mit dem englischen; 4) Vermehrung der Vertreter der irischen Grafschaften; 5) überhaupt Vermehrung der irischen Repräsentanten im Hause der Gemeinen in so hinlänglicher Zahl, daß Irland dieselbe parlamentarische Stellung wie England und Schottland erlange.“ Indessen soll, wie der (O'Connelln wegen seines Ministerialismus bekanntlich nicht wohlwollende) Spectator wissen will, der liberale Herzog v. Leinster die Einladung, an die Spitze dieses neuen Vereins zu treten, abgelehnt haben. O'Connells Reden in den Versammlungen sind außerdem besonders gegen Lord Stanley und dessen Bill zur „Verbesserung der Wahlstimmen-Registrirung in Irland“ gerichtet. Eine Anzahl liberaler irischer Parlamentsmitglieder, darunter Hr. Grattan, soll erklärt haben, aus dem Hause der Gemeinen austreten zu wollen, wenn diese auf völlige Vernichtung der irischen Wahlfreiheit abzweckende Tory-Maaßregel angenommen würde.

(M. Chronicle.) Eine gemischte englisch-französische Commission ist ernannt, um die mehrerwähnte Frage wegen Portendics zu untersuchen, und über die daraus erhobenen Ansprüche zu begutachten. Die englischen Commissarien sind Hr. H. L. Bulwer, Gesandtschaftssecretär in Paris, und Hr. Rotherby. Die Commission wird in Paris sitzen, und ihre Arbeiten sogleich beginnen.

(Sun.) Der Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen Frankreich und Texas enthält die nicht unwichtige Stipulation, daß im Falle eines Krieges, in welchen der eine oder andere dieser Staaten mit einer dritten Macht verwickelt werden möchte, dieselben ihren Bürgern nicht gestatten dürfen, Caperbriefe gegen den befreundeten Staat zu nehmen, oder dessen Handel sonstwie zu belästigen, sondern daß beide gegen einander den Grundsatz befolgen: die Flagge deckt die Waare.

Kein Ministerium hat noch gleich bei seinem Entstehen bei den verschiedensten, zum Theil sich widersprechenden Tendenzen der europäischen Politik mehr Hoffnungen erweckt und gewissermaßen freudigere Bewegung veranlaßt, als das französische vom 1 März. Man wünschte sich in London Glück, daß in Frankreich ein Minister das Steuerruder ergriff, der im Angesicht der französischen Deputirtenkammer die Heiligkeit der von Frankreich hinsichtlich des Orients übernommenen Verbindlichkeiten anerkannt, und ohne Umschweife die Politik des Ministeriums Soult als eine obscure und inconsequente bezeichnet hatte. Man glaubte dem neuen Conseilpräsidenten die größten Rücksichten schuldig zu seyn, und suchte sich ihm so viel möglich zu nähern, ihm mit der größten Bereitwilligkeit entgegenzukommen, ja man scheute sich nicht das, was durch viele Anstrengungen zwischen den andern Mächten zu Stande gekommen war, rückgängig zu machen oder durch das schwankendste Benehmen in Frage zu stellen, um

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eine Geldsumme bestochen worden, um den bekannten Quecksilbercontract abzuschließen &#x2013; eine Verleumdung, die das M. Chronicle selbst eingestand, sobald es sich durch eine kostspielige Injurienklage bedroht sah. Wenn aber die Angabe, Lord Palmerston habe die spanische Regierung darüber beglückwünscht, daß sie mit Festigkeit und Mäßigung die Versuche der Ruhestörer vom 24 Febr. unterdrückt habe, für &#x201E;Verleumdung&#x201C; gelten soll, so müßte man natürlich auf die Vermuthung gerathen, Lord Palmerston schäme sich, als ein Freund der öffentlichen Ruhe dargestellt worden zu seyn. Schwerlich darf man annehmen, daß Lord Palmerston wünsche, in Spanien die Pöbelherrschaft eingeführt zu sehen; wäre dieß aber wirklich das Glaubensbekenntniß des englischen Cabinets, so würde man es wenigstens dem edlen Lord zum Vorwurf machen können, daß er es durch so ungeschickte Organe und auf eine so plumpe Weise, wie im M. Chronicle geschieht, vor der ganzen Welt zur Schau tragen lasse. Das M. Chronicle nennt die achtungswerthesten Männer Spaniens profligates, weil sie sich nicht (dieß geht aus seinen Worten hervor) von England durch einen Handelsvertrag übervortheilen, und weil sie ihre Küsten durch bewaffnete Fahrzeuge gegen den Schleichhandel bewachen lassen wollen. Es bezeichnet geradezu die Spanier, welche die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes lieben, als den brittischen Interessen feindlich gesinnt, und gibt dadurch auf sehr naive Weise die wahre Quelle seines Zorns an. Im Uebrigen bin ich veranlaßt worden, den Umstand, daß Lord Palmerston Hrn. Ferningham beauftragt habe, Hrn. Perez de Castro auf die angegebene Weise zu beglückwünschen, für einen Irrthum zu erklären, obgleich er mir von höchst achtungswerther Hand mitgetheilt worden war. Alles Uebrige in meinem Schreiben vom 14 v. M. bleibt der strengsten Wahrheit gemäß, und wenn das M. Chronicle den englischen Diplomaten den Rath gibt, sich nicht in die Parteihändel der Spanier zu mischen, so wird man gerade in meinem Artikel vom 14 v. M. finden, daß ich der hiesigen englischen Gesandtschaft meine volle Anerkennung widerfahren ließ, weil sie in der That jenes Verfahren beobachtete.</p>
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[0946/0002] eine Geldsumme bestochen worden, um den bekannten Quecksilbercontract abzuschließen – eine Verleumdung, die das M. Chronicle selbst eingestand, sobald es sich durch eine kostspielige Injurienklage bedroht sah. Wenn aber die Angabe, Lord Palmerston habe die spanische Regierung darüber beglückwünscht, daß sie mit Festigkeit und Mäßigung die Versuche der Ruhestörer vom 24 Febr. unterdrückt habe, für „Verleumdung“ gelten soll, so müßte man natürlich auf die Vermuthung gerathen, Lord Palmerston schäme sich, als ein Freund der öffentlichen Ruhe dargestellt worden zu seyn. Schwerlich darf man annehmen, daß Lord Palmerston wünsche, in Spanien die Pöbelherrschaft eingeführt zu sehen; wäre dieß aber wirklich das Glaubensbekenntniß des englischen Cabinets, so würde man es wenigstens dem edlen Lord zum Vorwurf machen können, daß er es durch so ungeschickte Organe und auf eine so plumpe Weise, wie im M. Chronicle geschieht, vor der ganzen Welt zur Schau tragen lasse. Das M. Chronicle nennt die achtungswerthesten Männer Spaniens profligates, weil sie sich nicht (dieß geht aus seinen Worten hervor) von England durch einen Handelsvertrag übervortheilen, und weil sie ihre Küsten durch bewaffnete Fahrzeuge gegen den Schleichhandel bewachen lassen wollen. Es bezeichnet geradezu die Spanier, welche die Unabhängigkeit ihres Vaterlandes lieben, als den brittischen Interessen feindlich gesinnt, und gibt dadurch auf sehr naive Weise die wahre Quelle seines Zorns an. Im Uebrigen bin ich veranlaßt worden, den Umstand, daß Lord Palmerston Hrn. Ferningham beauftragt habe, Hrn. Perez de Castro auf die angegebene Weise zu beglückwünschen, für einen Irrthum zu erklären, obgleich er mir von höchst achtungswerther Hand mitgetheilt worden war. Alles Uebrige in meinem Schreiben vom 14 v. M. bleibt der strengsten Wahrheit gemäß, und wenn das M. Chronicle den englischen Diplomaten den Rath gibt, sich nicht in die Parteihändel der Spanier zu mischen, so wird man gerade in meinem Artikel vom 14 v. M. finden, daß ich der hiesigen englischen Gesandtschaft meine volle Anerkennung widerfahren ließ, weil sie in der That jenes Verfahren beobachtete. Großbritannien. _ London, 21 April. Gestern, am Ostermontag, gaben im Mansion-House die Municipalbehörden der City das übliche Oster-Festmahl. Von ministeriellen Beamten war Niemand dabei erschienen, als der Attorney- und der Solicitor-General, vom hohen Clerus die Bischöfe von London und Llandaff, vom diplomatischen Corps die Gesandten der argentinischen Republik und von Venezuela, dann Hr. Guizot. Letzterer übernahm es, für den vom Lordmayor ausgebrachten Toast auf die fremden Gesandten zu danken. Er äußerte in sehr gutem Englisch, unter allen Nationen der Welt wünsche keine aufrichtiger friedliche und freundschaftliche Verhältnisse mit England zu unterhalten und zu pflegen, als die französische, und er flehe den Himmel an, daß der nun fünfundzwanzigjährige Friede zwischen diesen beiden großen Völkern ihnen seine Segnungen noch ein halb Jahrhundert lang spenden möge. O'Connell, der sich jetzt in Dublin befindet, entwickelt in Versammlungen und öffentlichen Sendschreiben eine rastlose Thätigkeit. Sein neuester Plan ist die Errichtung einer „irischen Nationalassociation zur Erlangung vollständiger Gerechtigkeit für Irland oder der Auflösung der Union.“ Die Grundlagen des Vereins sollen seyn: „1) Ergebenheit und unwandelbare Treue gegen unsere allergnädigste und vielgeliebte Herrin, Königin Victoria, und ihre Erben und Nachfolger; 2) Enthaltung von aller Gewalt und jeder Handlung, welche den Gesetzen und Geboten des ewigen Gottes widerspräche; 3) als einzige Mittel ruhige, gesetzliche und verfassungsmäßige Vereinigung aller Classen, Secten und Glaubensmeinungen unter dem Schirme der öffentlichen Meinung und mit der Aussicht auf ein heilsames, gesetzliches Ziel; 4) Ausschließung alles Unterschieds wegen des confessionellen Glaubens und Herstellung vollkommener Gleichheit aller Christen von dem Gesetz und voller Gewissensfreiheit. Die Forderungen des Vereins sollen seyn: „1) daß die Kircheneinkünfte in Irland zur Unterstützung der Armen, zur Beförderung des Unterrichts und zu andern gemeinnützigen Zwecken verwendet werden; 2) Reform unserer verdorbenen und bigotten städtischen Corporationen, gleich der in England und Schottland ausgeführten; 3) Gleichheit des Wahlgesetzes mit dem englischen; 4) Vermehrung der Vertreter der irischen Grafschaften; 5) überhaupt Vermehrung der irischen Repräsentanten im Hause der Gemeinen in so hinlänglicher Zahl, daß Irland dieselbe parlamentarische Stellung wie England und Schottland erlange.“ Indessen soll, wie der (O'Connelln wegen seines Ministerialismus bekanntlich nicht wohlwollende) Spectator wissen will, der liberale Herzog v. Leinster die Einladung, an die Spitze dieses neuen Vereins zu treten, abgelehnt haben. O'Connells Reden in den Versammlungen sind außerdem besonders gegen Lord Stanley und dessen Bill zur „Verbesserung der Wahlstimmen-Registrirung in Irland“ gerichtet. Eine Anzahl liberaler irischer Parlamentsmitglieder, darunter Hr. Grattan, soll erklärt haben, aus dem Hause der Gemeinen austreten zu wollen, wenn diese auf völlige Vernichtung der irischen Wahlfreiheit abzweckende Tory-Maaßregel angenommen würde. (M. Chronicle.) Eine gemischte englisch-französische Commission ist ernannt, um die mehrerwähnte Frage wegen Portendics zu untersuchen, und über die daraus erhobenen Ansprüche zu begutachten. Die englischen Commissarien sind Hr. H. L. Bulwer, Gesandtschaftssecretär in Paris, und Hr. Rotherby. Die Commission wird in Paris sitzen, und ihre Arbeiten sogleich beginnen. (Sun.) Der Freundschafts- und Handelsvertrag zwischen Frankreich und Texas enthält die nicht unwichtige Stipulation, daß im Falle eines Krieges, in welchen der eine oder andere dieser Staaten mit einer dritten Macht verwickelt werden möchte, dieselben ihren Bürgern nicht gestatten dürfen, Caperbriefe gegen den befreundeten Staat zu nehmen, oder dessen Handel sonstwie zu belästigen, sondern daß beide gegen einander den Grundsatz befolgen: die Flagge deckt die Waare. _ London, 18 April. Kein Ministerium hat noch gleich bei seinem Entstehen bei den verschiedensten, zum Theil sich widersprechenden Tendenzen der europäischen Politik mehr Hoffnungen erweckt und gewissermaßen freudigere Bewegung veranlaßt, als das französische vom 1 März. Man wünschte sich in London Glück, daß in Frankreich ein Minister das Steuerruder ergriff, der im Angesicht der französischen Deputirtenkammer die Heiligkeit der von Frankreich hinsichtlich des Orients übernommenen Verbindlichkeiten anerkannt, und ohne Umschweife die Politik des Ministeriums Soult als eine obscure und inconsequente bezeichnet hatte. Man glaubte dem neuen Conseilpräsidenten die größten Rücksichten schuldig zu seyn, und suchte sich ihm so viel möglich zu nähern, ihm mit der größten Bereitwilligkeit entgegenzukommen, ja man scheute sich nicht das, was durch viele Anstrengungen zwischen den andern Mächten zu Stande gekommen war, rückgängig zu machen oder durch das schwankendste Benehmen in Frage zu stellen, um

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 119. Augsburg, 28. April 1840, S. 0946. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_119_18400428/2>, abgerufen am 27.04.2024.