Allgemeine Zeitung. Nr. 123. Augsburg, 2. Mai 1840.geweigert, gemartert und ins Gefängniß geworfen. Nach dem Völkerrechte sey eine solche Verfahrungsweise verwerflich; auch hätten die Consuln beständig gegen solche Gewaltthätigkeiten protestirt. Zu dieser ersten Ursache der Mißstimmung habe sich eine Frage der Nationalehre gesellt. Die Engländer und die Amerikaner hätten sich dieser unsinnigen Forderung entzogen, und die Franzosen hätten unmöglich mit ihren Rechten hinter diesen zurückbleiben können. So wie einmal die Blokade begonnen, hätten Riveira und General Lavalle eingesehen, daß der Augenblick für sie gekommen sey, gegen den Despoten von Buenos-Ayres die Offensive zu ergreifen. Es habe ihnen aber an Waffen und Geld gefehlt, und sie hätten geglaubt, sich an Frankreich wenden zu müssen. Der französische Generalconsul sey nach einer Anfrage bei seiner Regierung ermächtigt worden, ihnen Geldvorschüsse zu machen, die dann größer geworden seyen, als man vorausgesehen habe. Man habe anfangs bloß an einen Aufwand von 2 bis 300,000 Fr. gedacht. Die Ehre und die Würde Frankreichs seyen nun bei der Fortsetzung dieses Kriegs betheiligt, und nur die große Entfernung habe bisher Buenos-Ayres einer stärkern Repression entziehen können. Hr. Mermilliod spricht gegen das bisher befolgte System des Temporisirens, das man auch noch ferner beibehalten zu wollen scheine. Der Conseilpräsident scheine sich Illusionen über die Hülfsquellen und die vermeintliche Schwäche von Rosas zu machen. Man werde nach einem Aufwande von Millionen in diesem Kriege zum Rückzug genöthigt seyn, und die Verbündeten Frankreichs wie den französischen Namen preisgeben müssen. Es sey sonach dringend, nicht nur den verlangten Credit zu votiren, sondern auch größere Energie an den Tag zu legen und die Sache selbst mit noch weit größern Kosten zu Ende zu führen. Hr. Thiers: "Die Regierung wird es nicht an Energie fehlen lassen, und sie ist mit der Lage der Dinge völlig bekannt. Es ist unrichtig, wenn man gesagt hat, die Regierung habe die Absicht, zu temporisiren. Eben so wenig ist wahr, daß sie die Handlungen ihrer Agenten desavouire. Man scheint eine Expedition zu verlangen: die Regierung hat bis jetzt das, was sie thun mußte, gethan; sie bedient sich der Heere des Landes, und der von ihr abgeschickten Streitkräfte. Sie hat dem Rosas Feinde geschaffen. Sollte später eine Expedition nöthig erachtet werden, so wird man nicht davor zurücktreten. Bis jetzt sind aber die Sachen noch nicht zu dem Punkte gediehen, daß man zu so extremen Mitteln schreiten müßte." Die Kammer stimmte hierauf über den vorliegenden Entwurf ab, und nahm ihn mit 260 weißen gegen 10 schwarze Kugeln an. Hierauf begann die Erörterung über den Gesetzesentwurf, das Salz betreffend. In der Sitzung der Deputirtenkammer am 25 April kam unter mehreren Petitionen auch eine von dem Baron Lhulier von Vic Bigorre vor, die den alten Antrag erneuert, die irdischen Reste Napoleons und seines Sohnes unter der Vendomesäule niederzulegen, das Bild des Kaisers im Kreuz der Ehrenlegion herzustellen, und das Gesetz, welches die Mitglieder seiner Familie aus Frankreich verbannt, abzuschaffen. Die Kammer verwies diese Petition an den Conseilpräsidenten. Das Commerce sagt in Bezug auf diese Petition: "Dieß sind edle und nationale Wünsche; die Kammer hat sich ihnen beigesellt. Wir kennen nichts Seltsameres, als jene Eindrängung des Bildnisses Heinrichs IV in die Insignie eines Ordens, der mehr als 150 Jahre nach seinem Tode von einem Manne ganz andern Geistes, ganz anderer Reinheit und Größe des Charakters, als der des Chefs der bourbonischen Dynastie gegründet wurde. Diese Armseligkeit war zu einer Zeit möglich, wo die französische Revolution nur als eine Episode der Regierung Ludwigs XVII erschien, und wo der von dem Volke gekrönte, von dem Papst gesalbte Sieger von Austerlitz nur der Marquis von Bonaparte, Generallieutenant der Heere Sr. Maj. Ludwigs XVIII genannt wurde. Zehen Jahre nach der Juliusrevolution aber, jetzt, wo die Statue des Kaisers wieder auf seiner Säule steht, läßt sich die Fortdauer dieses lächerlichen Anachronismus nicht begreifen. Was die irdischen Ueberreste Napoleons betrifft, so erinnern wir uns, daß vor einigen Tagen ein vertrautes Journal des Hrn. Thiers durchblicken ließ, daß der Conseilpräsident gesonnen sey, die Unterhandlungen um Zurückgabe jener glorreichen Reliquien zu eröffnen. Ohne Zweifel wollte die Kammer das Cabinet in dieser edlen Gesinnung bestärken. Wir wünschen ihr Glück dazu, und das heutige Votum ist eine Art von Anruf, den eine umfassende und lebendige Intelligenz unfehlbar auffassen würde, die einsieht, wie viel ein politisches System durch den Zauber populären Hochgefühls gewinnen könnte." (Revue de Paris.) Die in der Schwefeldifferenz mit Neapel von England angenommene Vermittlung Frankreichs gereicht dem Cabinet zur Ehre. Sie beweist und bestätigt den Erfolg, welchen sich unser Botschafter in London zu verschaffen gewußt hat. Fürst Talleyrand und General Sebastiani hatten den Posten schwierig gemacht. Hr. Guizot war aber um so glücklicher in seiner Unternehmung, je mehr er bei seiner edlen Einfachheit und Würde beharrte. Er zeigte den Engländern das, was sie vor Allem anzieht, eine starke und wahre Originalität; man sah in England, daß man es hier mit einem außergewöhnlichen Manne zu thun hatte. Man erinnerte sich, daß dieß der zweite protestantische Botschafter war, den Frankreich nach England geschickt hatte; Sully war der erste. Sicher geschah es das erstemal, daß ein Botschafter Frankreichs bei einem politischen Gastmahl eine englische Rede hielt, wie kürzlich Hr. Guizot that. Das zwischen Hrn. Guizot und dem Conseilpräsidenten herrschende gute Einverständniß trägt nicht wenig zu den Vortheilen der Stellung des Hrn. Guizot bei. Es tritt nicht selten der Fall ein, daß Hr. Thiers Depeschen des Hrn. Guizot in das Conseil bringt, und die merkwürdigsten Stellen daraus vorliest. Belgien. Ein k. Beschluß vom 22 April widerruft den Beschluß vom 15 Jul. 1839, wodurch der in Nichtactivität gestellte General Vandersmissen den mit seiner Stellung verbundenen Gehalt bezog. Vor dem Assisenhofe von Brabant wurden am 23 April die Debatten in Betreff der Unruhen von Gent beendigt. Es wurden 26 Fragen den Geschwornen gestellt. Nach einer zweistündigen Berathung wurde Sirjacobs mit einer Mehrheit von 7 gegen 5 Stimmen der Rebellion für schuldig erklärt, und hierauf zu einem Gefängniß von 3 Monaten und in die Kosten verurtheilt. Die übrigen Angeklagten wurden einstimmig freigesprochen. Niederlande. Se. k. H. der Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, der einen unbestimmten Urlaub erhielt, hat Utrecht verlassen, um sich nach Mannheim zu begeben, woselbst er vorläufig verweilen wird. Vom Niederrhein, 25 April. Die Regierung scheint fast selbst zu erwarten, daß das Budget abermals verworfen werden wird, denn Ersparungen sind wieder das Losungswort: man erwartet eine Anordnung Sr. Maj., wodurch eine bedeutende Anzahl Generale, Obristen, Obristlieutenants, Majore etc. namentlich auch die Provincial- und Platzcommandanten pensionirt oder auf Nichtactivitätssold gestellt werden sollen. - geweigert, gemartert und ins Gefängniß geworfen. Nach dem Völkerrechte sey eine solche Verfahrungsweise verwerflich; auch hätten die Consuln beständig gegen solche Gewaltthätigkeiten protestirt. Zu dieser ersten Ursache der Mißstimmung habe sich eine Frage der Nationalehre gesellt. Die Engländer und die Amerikaner hätten sich dieser unsinnigen Forderung entzogen, und die Franzosen hätten unmöglich mit ihren Rechten hinter diesen zurückbleiben können. So wie einmal die Blokade begonnen, hätten Riveira und General Lavalle eingesehen, daß der Augenblick für sie gekommen sey, gegen den Despoten von Buenos-Ayres die Offensive zu ergreifen. Es habe ihnen aber an Waffen und Geld gefehlt, und sie hätten geglaubt, sich an Frankreich wenden zu müssen. Der französische Generalconsul sey nach einer Anfrage bei seiner Regierung ermächtigt worden, ihnen Geldvorschüsse zu machen, die dann größer geworden seyen, als man vorausgesehen habe. Man habe anfangs bloß an einen Aufwand von 2 bis 300,000 Fr. gedacht. Die Ehre und die Würde Frankreichs seyen nun bei der Fortsetzung dieses Kriegs betheiligt, und nur die große Entfernung habe bisher Buenos-Ayres einer stärkern Repression entziehen können. Hr. Mermilliod spricht gegen das bisher befolgte System des Temporisirens, das man auch noch ferner beibehalten zu wollen scheine. Der Conseilpräsident scheine sich Illusionen über die Hülfsquellen und die vermeintliche Schwäche von Rosas zu machen. Man werde nach einem Aufwande von Millionen in diesem Kriege zum Rückzug genöthigt seyn, und die Verbündeten Frankreichs wie den französischen Namen preisgeben müssen. Es sey sonach dringend, nicht nur den verlangten Credit zu votiren, sondern auch größere Energie an den Tag zu legen und die Sache selbst mit noch weit größern Kosten zu Ende zu führen. Hr. Thiers: „Die Regierung wird es nicht an Energie fehlen lassen, und sie ist mit der Lage der Dinge völlig bekannt. Es ist unrichtig, wenn man gesagt hat, die Regierung habe die Absicht, zu temporisiren. Eben so wenig ist wahr, daß sie die Handlungen ihrer Agenten desavouire. Man scheint eine Expedition zu verlangen: die Regierung hat bis jetzt das, was sie thun mußte, gethan; sie bedient sich der Heere des Landes, und der von ihr abgeschickten Streitkräfte. Sie hat dem Rosas Feinde geschaffen. Sollte später eine Expedition nöthig erachtet werden, so wird man nicht davor zurücktreten. Bis jetzt sind aber die Sachen noch nicht zu dem Punkte gediehen, daß man zu so extremen Mitteln schreiten müßte.“ Die Kammer stimmte hierauf über den vorliegenden Entwurf ab, und nahm ihn mit 260 weißen gegen 10 schwarze Kugeln an. Hierauf begann die Erörterung über den Gesetzesentwurf, das Salz betreffend. In der Sitzung der Deputirtenkammer am 25 April kam unter mehreren Petitionen auch eine von dem Baron Lhulier von Vic Bigorre vor, die den alten Antrag erneuert, die irdischen Reste Napoleons und seines Sohnes unter der Vendomesäule niederzulegen, das Bild des Kaisers im Kreuz der Ehrenlegion herzustellen, und das Gesetz, welches die Mitglieder seiner Familie aus Frankreich verbannt, abzuschaffen. Die Kammer verwies diese Petition an den Conseilpräsidenten. Das Commerce sagt in Bezug auf diese Petition: „Dieß sind edle und nationale Wünsche; die Kammer hat sich ihnen beigesellt. Wir kennen nichts Seltsameres, als jene Eindrängung des Bildnisses Heinrichs IV in die Insignie eines Ordens, der mehr als 150 Jahre nach seinem Tode von einem Manne ganz andern Geistes, ganz anderer Reinheit und Größe des Charakters, als der des Chefs der bourbonischen Dynastie gegründet wurde. Diese Armseligkeit war zu einer Zeit möglich, wo die französische Revolution nur als eine Episode der Regierung Ludwigs XVII erschien, und wo der von dem Volke gekrönte, von dem Papst gesalbte Sieger von Austerlitz nur der Marquis von Bonaparte, Generallieutenant der Heere Sr. Maj. Ludwigs XVIII genannt wurde. Zehen Jahre nach der Juliusrevolution aber, jetzt, wo die Statue des Kaisers wieder auf seiner Säule steht, läßt sich die Fortdauer dieses lächerlichen Anachronismus nicht begreifen. Was die irdischen Ueberreste Napoleons betrifft, so erinnern wir uns, daß vor einigen Tagen ein vertrautes Journal des Hrn. Thiers durchblicken ließ, daß der Conseilpräsident gesonnen sey, die Unterhandlungen um Zurückgabe jener glorreichen Reliquien zu eröffnen. Ohne Zweifel wollte die Kammer das Cabinet in dieser edlen Gesinnung bestärken. Wir wünschen ihr Glück dazu, und das heutige Votum ist eine Art von Anruf, den eine umfassende und lebendige Intelligenz unfehlbar auffassen würde, die einsieht, wie viel ein politisches System durch den Zauber populären Hochgefühls gewinnen könnte.“ (Revue de Paris.) Die in der Schwefeldifferenz mit Neapel von England angenommene Vermittlung Frankreichs gereicht dem Cabinet zur Ehre. Sie beweist und bestätigt den Erfolg, welchen sich unser Botschafter in London zu verschaffen gewußt hat. Fürst Talleyrand und General Sebastiani hatten den Posten schwierig gemacht. Hr. Guizot war aber um so glücklicher in seiner Unternehmung, je mehr er bei seiner edlen Einfachheit und Würde beharrte. Er zeigte den Engländern das, was sie vor Allem anzieht, eine starke und wahre Originalität; man sah in England, daß man es hier mit einem außergewöhnlichen Manne zu thun hatte. Man erinnerte sich, daß dieß der zweite protestantische Botschafter war, den Frankreich nach England geschickt hatte; Sully war der erste. Sicher geschah es das erstemal, daß ein Botschafter Frankreichs bei einem politischen Gastmahl eine englische Rede hielt, wie kürzlich Hr. Guizot that. Das zwischen Hrn. Guizot und dem Conseilpräsidenten herrschende gute Einverständniß trägt nicht wenig zu den Vortheilen der Stellung des Hrn. Guizot bei. Es tritt nicht selten der Fall ein, daß Hr. Thiers Depeschen des Hrn. Guizot in das Conseil bringt, und die merkwürdigsten Stellen daraus vorliest. Belgien. Ein k. Beschluß vom 22 April widerruft den Beschluß vom 15 Jul. 1839, wodurch der in Nichtactivität gestellte General Vandersmissen den mit seiner Stellung verbundenen Gehalt bezog. Vor dem Assisenhofe von Brabant wurden am 23 April die Debatten in Betreff der Unruhen von Gent beendigt. Es wurden 26 Fragen den Geschwornen gestellt. Nach einer zweistündigen Berathung wurde Sirjacobs mit einer Mehrheit von 7 gegen 5 Stimmen der Rebellion für schuldig erklärt, und hierauf zu einem Gefängniß von 3 Monaten und in die Kosten verurtheilt. Die übrigen Angeklagten wurden einstimmig freigesprochen. Niederlande. Se. k. H. der Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, der einen unbestimmten Urlaub erhielt, hat Utrecht verlassen, um sich nach Mannheim zu begeben, woselbst er vorläufig verweilen wird. Vom Niederrhein, 25 April. Die Regierung scheint fast selbst zu erwarten, daß das Budget abermals verworfen werden wird, denn Ersparungen sind wieder das Losungswort: man erwartet eine Anordnung Sr. Maj., wodurch eine bedeutende Anzahl Generale, Obristen, Obristlieutenants, Majore etc. namentlich auch die Provincial- und Platzcommandanten pensionirt oder auf Nichtactivitätssold gestellt werden sollen. – <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0003" n="0979"/> geweigert, gemartert und ins Gefängniß geworfen. Nach dem Völkerrechte sey eine solche Verfahrungsweise verwerflich; auch hätten die Consuln beständig gegen solche Gewaltthätigkeiten protestirt. Zu dieser ersten Ursache der Mißstimmung habe sich eine Frage der Nationalehre gesellt. Die Engländer und die Amerikaner hätten sich dieser unsinnigen Forderung entzogen, und die Franzosen hätten unmöglich mit ihren Rechten hinter diesen zurückbleiben können. So wie einmal die Blokade begonnen, hätten Riveira und General Lavalle eingesehen, daß der Augenblick für sie gekommen sey, gegen den Despoten von Buenos-Ayres die Offensive zu ergreifen. Es habe ihnen aber an Waffen und Geld gefehlt, und sie hätten geglaubt, sich an Frankreich wenden zu müssen. Der französische Generalconsul sey nach einer Anfrage bei seiner Regierung ermächtigt worden, ihnen Geldvorschüsse zu machen, die dann größer geworden seyen, als man vorausgesehen habe. Man habe anfangs bloß an einen Aufwand von 2 bis 300,000 Fr. gedacht. Die Ehre und die Würde Frankreichs seyen nun bei der Fortsetzung dieses Kriegs betheiligt, und nur die große Entfernung habe bisher Buenos-Ayres einer stärkern Repression entziehen können. Hr. <hi rendition="#g">Mermilliod</hi> spricht gegen das bisher befolgte System des Temporisirens, das man auch noch ferner beibehalten zu wollen scheine. 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Sollte später eine Expedition nöthig erachtet werden, so wird man nicht davor zurücktreten. Bis jetzt sind aber die Sachen noch nicht zu dem Punkte gediehen, daß man zu so extremen Mitteln schreiten müßte.“ Die Kammer stimmte hierauf über den vorliegenden Entwurf ab, und nahm ihn mit 260 weißen gegen 10 schwarze Kugeln an. Hierauf begann die Erörterung über den Gesetzesentwurf, das Salz betreffend.</p><lb/> <p>In der Sitzung der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> am 25 April kam unter mehreren Petitionen auch eine von dem Baron Lhulier von Vic Bigorre vor, die den alten Antrag erneuert, die irdischen Reste Napoleons und seines Sohnes unter der Vendomesäule niederzulegen, das Bild des Kaisers im Kreuz der Ehrenlegion herzustellen, und das Gesetz, welches die Mitglieder seiner Familie aus Frankreich verbannt, abzuschaffen. 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Zehen Jahre nach der Juliusrevolution aber, jetzt, wo die Statue des Kaisers wieder auf seiner Säule steht, läßt sich die Fortdauer dieses lächerlichen Anachronismus nicht begreifen. Was die irdischen Ueberreste Napoleons betrifft, so erinnern wir uns, daß vor einigen Tagen ein vertrautes Journal des Hrn. Thiers durchblicken ließ, daß der Conseilpräsident gesonnen sey, die Unterhandlungen um Zurückgabe jener glorreichen Reliquien zu eröffnen. Ohne Zweifel wollte die Kammer das Cabinet in dieser edlen Gesinnung bestärken. Wir wünschen ihr Glück dazu, und das heutige Votum ist eine Art von Anruf, den eine umfassende und lebendige Intelligenz unfehlbar auffassen würde, die einsieht, wie viel ein politisches System durch den Zauber populären Hochgefühls gewinnen könnte.“</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Revue de Paris</hi>.) Die in der Schwefeldifferenz mit Neapel von England angenommene Vermittlung Frankreichs gereicht dem Cabinet zur Ehre. 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In der Sitzung der Deputirtenkammer am 25 April kam unter mehreren Petitionen auch eine von dem Baron Lhulier von Vic Bigorre vor, die den alten Antrag erneuert, die irdischen Reste Napoleons und seines Sohnes unter der Vendomesäule niederzulegen, das Bild des Kaisers im Kreuz der Ehrenlegion herzustellen, und das Gesetz, welches die Mitglieder seiner Familie aus Frankreich verbannt, abzuschaffen. Die Kammer verwies diese Petition an den Conseilpräsidenten.
Das Commerce sagt in Bezug auf diese Petition: „Dieß sind edle und nationale Wünsche; die Kammer hat sich ihnen beigesellt. Wir kennen nichts Seltsameres, als jene Eindrängung des Bildnisses Heinrichs IV in die Insignie eines Ordens, der mehr als 150 Jahre nach seinem Tode von einem Manne ganz andern Geistes, ganz anderer Reinheit und Größe des Charakters, als der des Chefs der bourbonischen Dynastie gegründet wurde. Diese Armseligkeit war zu einer Zeit möglich, wo die französische Revolution nur als eine Episode der Regierung Ludwigs XVII erschien, und wo der von dem Volke gekrönte, von dem Papst gesalbte Sieger von Austerlitz nur der Marquis von Bonaparte, Generallieutenant der Heere Sr. Maj. Ludwigs XVIII genannt wurde. Zehen Jahre nach der Juliusrevolution aber, jetzt, wo die Statue des Kaisers wieder auf seiner Säule steht, läßt sich die Fortdauer dieses lächerlichen Anachronismus nicht begreifen. Was die irdischen Ueberreste Napoleons betrifft, so erinnern wir uns, daß vor einigen Tagen ein vertrautes Journal des Hrn. Thiers durchblicken ließ, daß der Conseilpräsident gesonnen sey, die Unterhandlungen um Zurückgabe jener glorreichen Reliquien zu eröffnen. Ohne Zweifel wollte die Kammer das Cabinet in dieser edlen Gesinnung bestärken. Wir wünschen ihr Glück dazu, und das heutige Votum ist eine Art von Anruf, den eine umfassende und lebendige Intelligenz unfehlbar auffassen würde, die einsieht, wie viel ein politisches System durch den Zauber populären Hochgefühls gewinnen könnte.“
(Revue de Paris.) Die in der Schwefeldifferenz mit Neapel von England angenommene Vermittlung Frankreichs gereicht dem Cabinet zur Ehre. Sie beweist und bestätigt den Erfolg, welchen sich unser Botschafter in London zu verschaffen gewußt hat. Fürst Talleyrand und General Sebastiani hatten den Posten schwierig gemacht. Hr. Guizot war aber um so glücklicher in seiner Unternehmung, je mehr er bei seiner edlen Einfachheit und Würde beharrte. Er zeigte den Engländern das, was sie vor Allem anzieht, eine starke und wahre Originalität; man sah in England, daß man es hier mit einem außergewöhnlichen Manne zu thun hatte. Man erinnerte sich, daß dieß der zweite protestantische Botschafter war, den Frankreich nach England geschickt hatte; Sully war der erste. Sicher geschah es das erstemal, daß ein Botschafter Frankreichs bei einem politischen Gastmahl eine englische Rede hielt, wie kürzlich Hr. Guizot that. Das zwischen Hrn. Guizot und dem Conseilpräsidenten herrschende gute Einverständniß trägt nicht wenig zu den Vortheilen der Stellung des Hrn. Guizot bei. Es tritt nicht selten der Fall ein, daß Hr. Thiers Depeschen des Hrn. Guizot in das Conseil bringt, und die merkwürdigsten Stellen daraus vorliest.
Belgien.
Ein k. Beschluß vom 22 April widerruft den Beschluß vom 15 Jul. 1839, wodurch der in Nichtactivität gestellte General Vandersmissen den mit seiner Stellung verbundenen Gehalt bezog.
Vor dem Assisenhofe von Brabant wurden am 23 April die Debatten in Betreff der Unruhen von Gent beendigt. Es wurden 26 Fragen den Geschwornen gestellt. Nach einer zweistündigen Berathung wurde Sirjacobs mit einer Mehrheit von 7 gegen 5 Stimmen der Rebellion für schuldig erklärt, und hierauf zu einem Gefängniß von 3 Monaten und in die Kosten verurtheilt. Die übrigen Angeklagten wurden einstimmig freigesprochen.
Niederlande.
Se. k. H. der Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, der einen unbestimmten Urlaub erhielt, hat Utrecht verlassen, um sich nach Mannheim zu begeben, woselbst er vorläufig verweilen wird.
_ Vom Niederrhein, 25 April. Die Regierung scheint fast selbst zu erwarten, daß das Budget abermals verworfen werden wird, denn Ersparungen sind wieder das Losungswort: man erwartet eine Anordnung Sr. Maj., wodurch eine bedeutende Anzahl Generale, Obristen, Obristlieutenants, Majore etc. namentlich auch die Provincial- und Platzcommandanten pensionirt oder auf Nichtactivitätssold gestellt werden sollen. –
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