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Allgemeine Zeitung. Nr. 136. Augsburg, 15. Mai 1840.

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Verordnung vorbereitet, nach der vom 1 August an die Deportationen sowohl nach Neu-Süd-Wales als auch nach den schon bebauten und bewohnten Gegenden von Vandiemensland völlig aufhören solle; zugleich sey die Regierung entschieden der Absicht, das Pönitentiarsystem nach Kräften zu verbessern, und es, für eine gewisse Zeit, auf alle Verbrecher auszudehnen. Bei alle dem jedoch könne er (Lord J. Russell) die Motion Sir Williams in ihrem ganzen Umfange nicht gutheißen und müsse vorschlagen, darüber zur Tagesordnung zu schreiten. Gegen diese Bemerkungen sowohl Sir William's als Lord John's spricht Lord Mahon, indem er die Deportation von allen Strafarten für die beste und dem Vaterland, der Strafcolonie wie auch dem Verbrecher selbst für gleich vortheilhaft erklärt. Besonders wundert er sich, daß der sehr ehrenwerthe Baronet, dessen preiswürdige Beweggründe er übrigens anerkennt - das System gerade zu einer Zeit angreife, wo man es namentlich in Frankreich, von den gräulichen Wirkungen jener Verbrechen brütenden Bagnos erschreckt, allgemein bewundere und nachzuahmen suche. Möge das Deportationssystem jetzt mit vielen Mißbräuchen behaftet seyn, gewiß stehe es der Regierung eher zu, es davon zu reinigen, als es ganz und gar aufzugeben. Hr. Ward spricht wieder in Sir Williams Sinne, indem er die Herren-Zuschreibung (assignment system) von der Deportation für unzertrennlich hält, und überdieß besonders der Regierung die Ungesetzlichkeit vorwirft, mit der sie die für Beförderung der Auswanderer verwilligten Gelder auf den Bau von Kerkern u. dgl. verwandt habe. - Nachdem sodann noch mehrere andere Redner in verschiedenem Sinne gesprochen haben, wird zur Tagesordnung geschritten.

Der Globe stellt sich zur Wehr gegen mehrere Beschuldigungen, die der brittische Charakter kürzlich von der französischen Presse besonders hinsichtlich seiner uneigennützigen Menschenliebe erfahren hat. "Dem ehrlichen John Bull bei seinen guten Handlungen andere Beweggründe als er selbst angibt, unterzuschieben, ist um so ungerechter, als John gewiß nicht zu den Leuten gehört, die sich, wenn sie eine Tugend nicht haben, viel Mühe geben, dieselbe zu heucheln. Er ist viel zu sehr gewohnt seine Fehler für eben so gut zu halten, als ein anderer seine Tugenden, und denkt nie daran seinem Stolz oder seiner Gewaltsamkeit ein freundliches Ansehen zu geben. Wir behaupten frei, daß, nach unserer Ueberzeugung, die lange Gewohnheit freier Verhandlung und freien Handelns, verbunden mit mehreren andern hier nicht zu erwähnenden Eigenheiten und Umständen, dem englischen Volkscharakter eine höhere Spannung (a higher tone) oder wenigstens einen größern Grad von Offenheit ertheilt haben, als man anderswo so leicht finden könnte, und unsere Nachbarn können überzeugt seyn, daß jede Meinung, die in diesem Lande einen umfassenden Ausdruck findet, eine wirkliche Meinung ist und nicht eine Maske, von bloßem Egoismus vorgenommen."

Frankreich.

(Moniteur.) Das Journal la Presse sprach gestern von einem von dem Ministerium eingegangenen Kauf, wodurch drei Journale in ein einziges vereinigt worden seyen, das die Bestimmung hätte, dem Cabinet als offenkundiges Morgenorgan zu dienen. Wir sind ermächtigt, dieser Angabe den förmlichsten Widerspruch entgegenzusetzen. Die Regierung hätte viel zu thun, wenn sie sich die Mühe geben wollte, täglich die jeden Morgen von gewissen Journalen verbreiteten verleumderischen Gerüchte zu widerlegen. Man hat das Ministerium beschuldigt, den Tagblättern Unterstützungen zu reichen; diese Angabe ward widerlegt. Jetzt will man dieselbe Auflage gegen die periodischen Revuen aufstellen, wir widersprechen auch dieser neuen Form einer und derselben Verleumdung. Diese Erläuterung wird aber die letzte seyn.

Wir kommen noch einmal auf die Rede des Conseilpräsidenten Hrn. Thiers in der Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Mai zurück. Folgende Bemerkungen finden sich darin über Frankreichs überseeische Besitzungen: "Die französischen Colonien sind Bourbon, Guadeloupe, Martinique; überdieß haben wir einige unbedeutende Comptoirs in Ostindien, am Senegal und in Cayenne. Bourbon hat, seitdem wir Islede-France verloren, keinen Kriegshafen mehr. Doch könnten wir Einiges thun, die Lage dieser Colonie zu verbessern. Bourbon ist unser letzter Ankerplatz in den indischen Meeren; übrigens kein Punkt von Wichtigkeit. Dagegen sind Martinique und Guadeloupe in den Antillen Punkte, die viele Berücksichtigung verdienen. Ich höre viel vom Handel des Orients sprechen, zweifle aber daran sehr und fürchte, daß ehrgeizige Mächte den Orient noch viel mit Blut bespritzen, bevor er der Schauplatz eines großen Handels werden kann. Sicher bin ich dagegen, daß Amerika unserm Handel eine unermeßliche Zukunft darbietet. Derselbe ist bereits blühend in Nordamerika. In den Republiken des Südens, die eine regelmäßige Organisation annehmen, ist unser Handel im Aufschwung begriffen. Zwar gibt es einige Staaten, welche, wie Sie in Buenos-Ayres und in Mexico gesehen, noch nicht alle Regeln des Völkerrechts anerkennen; doch auch sie können sich organisiren, und ich bin überzeugt, daß Frankreichs Producte im Süden Amerika's eben so große Absatzwege finden werden, wie im Norden. Zwei Besitzungen wie Martinique und Guadeloupe sind von großer Wichtigkeit, und es wäre unbillig, sie vernachlässigen oder sich selbst überlassen zu wollen, was so viel hieße, als sie ganz aufgeben." Hr. Thiers ging mit vielen Details in den gegenwärtigen Stand der französischen Kriegsmarine ein. Die Zahl der inscribirten Seeleute beträgt 110,000 Mann. Unter diesen 110,000 Inscribirten befinden sich aber 14,000 Schiffsjungen von 10 bis 15 Jahren, 17,000 Novizen von 15 bis 18 Jahren, 10 bis 11,000 Hafenarbeiter und 9 bis 10,000 Küstenfahrer und Kauffahrteischiffscapitäne; die Zahl der eigentlichen activen Seeleute von 18 bis 50 Jahren, welche verpflichtet sind, dem Staate beim ersten Aufruf Folge zu leisten, beläuft sich auf 55 bis 56,000 Mann mit Inbegriff der Officiere und Unterofficiere. "Dieß ist fuhr Hr. Thiers fort - noch nicht Alles. Ich will nicht von Rußland sprechen, wo man Soldaten aus Individuen macht, die dem Boden entrissen werden; ich spreche nicht, wie Napoleon einst im Staatsrath zum Admiral Truguet gesagt: "Gebt mir Menschen und Geld, ich werde euch Matrosen daraus machen." Es war eines jener außerordentlichen Worte, wie sie zuweilen von dem Munde des Mannes kamen, dessen Geist so mächtig war. Dagegen gibt es andere Fragen, die öfters in der Marine zur Sprache kamen, und die Anlaß zu einem Gesetzesentwurf geben könnten, den ich sobald als möglich der Kammer vorlegen werde. Es gibt in unsern Seehäfen viele Ausländer, welche vom Fischfang leben, und alle Vortheile französischer Matrosen genießen, ohne deren Bedingungen zu erfüllen, ohne Militärdienste zu thun. In unsern mittelmeerischen Häfen sind es Neapolitaner, Catalonier, Sarden, nämlich Genueser; im Ocean Spanier, im Golfe der Gascogne Basken, an unsern Nordküsten Belgier. Sie bilden zusammen eine Masse von 10,000 Menschen. Ueberdieß gibt es noch Arsenalarbeiter, die vom Militärdienst frei sind, aus denen sich auch 5 bis 6000 Männer nehmen ließen. Unterwirft man nun alle diese Individuen der Marineinscription, so vermehrt man die 65 bis

Verordnung vorbereitet, nach der vom 1 August an die Deportationen sowohl nach Neu-Süd-Wales als auch nach den schon bebauten und bewohnten Gegenden von Vandiemensland völlig aufhören solle; zugleich sey die Regierung entschieden der Absicht, das Pönitentiarsystem nach Kräften zu verbessern, und es, für eine gewisse Zeit, auf alle Verbrecher auszudehnen. Bei alle dem jedoch könne er (Lord J. Russell) die Motion Sir Williams in ihrem ganzen Umfange nicht gutheißen und müsse vorschlagen, darüber zur Tagesordnung zu schreiten. Gegen diese Bemerkungen sowohl Sir William's als Lord John's spricht Lord Mahon, indem er die Deportation von allen Strafarten für die beste und dem Vaterland, der Strafcolonie wie auch dem Verbrecher selbst für gleich vortheilhaft erklärt. Besonders wundert er sich, daß der sehr ehrenwerthe Baronet, dessen preiswürdige Beweggründe er übrigens anerkennt – das System gerade zu einer Zeit angreife, wo man es namentlich in Frankreich, von den gräulichen Wirkungen jener Verbrechen brütenden Bagnos erschreckt, allgemein bewundere und nachzuahmen suche. Möge das Deportationssystem jetzt mit vielen Mißbräuchen behaftet seyn, gewiß stehe es der Regierung eher zu, es davon zu reinigen, als es ganz und gar aufzugeben. Hr. Ward spricht wieder in Sir Williams Sinne, indem er die Herren-Zuschreibung (assignment system) von der Deportation für unzertrennlich hält, und überdieß besonders der Regierung die Ungesetzlichkeit vorwirft, mit der sie die für Beförderung der Auswanderer verwilligten Gelder auf den Bau von Kerkern u. dgl. verwandt habe. – Nachdem sodann noch mehrere andere Redner in verschiedenem Sinne gesprochen haben, wird zur Tagesordnung geschritten.

Der Globe stellt sich zur Wehr gegen mehrere Beschuldigungen, die der brittische Charakter kürzlich von der französischen Presse besonders hinsichtlich seiner uneigennützigen Menschenliebe erfahren hat. „Dem ehrlichen John Bull bei seinen guten Handlungen andere Beweggründe als er selbst angibt, unterzuschieben, ist um so ungerechter, als John gewiß nicht zu den Leuten gehört, die sich, wenn sie eine Tugend nicht haben, viel Mühe geben, dieselbe zu heucheln. Er ist viel zu sehr gewohnt seine Fehler für eben so gut zu halten, als ein anderer seine Tugenden, und denkt nie daran seinem Stolz oder seiner Gewaltsamkeit ein freundliches Ansehen zu geben. Wir behaupten frei, daß, nach unserer Ueberzeugung, die lange Gewohnheit freier Verhandlung und freien Handelns, verbunden mit mehreren andern hier nicht zu erwähnenden Eigenheiten und Umständen, dem englischen Volkscharakter eine höhere Spannung (a higher tone) oder wenigstens einen größern Grad von Offenheit ertheilt haben, als man anderswo so leicht finden könnte, und unsere Nachbarn können überzeugt seyn, daß jede Meinung, die in diesem Lande einen umfassenden Ausdruck findet, eine wirkliche Meinung ist und nicht eine Maske, von bloßem Egoismus vorgenommen.“

Frankreich.

(Moniteur.) Das Journal la Presse sprach gestern von einem von dem Ministerium eingegangenen Kauf, wodurch drei Journale in ein einziges vereinigt worden seyen, das die Bestimmung hätte, dem Cabinet als offenkundiges Morgenorgan zu dienen. Wir sind ermächtigt, dieser Angabe den förmlichsten Widerspruch entgegenzusetzen. Die Regierung hätte viel zu thun, wenn sie sich die Mühe geben wollte, täglich die jeden Morgen von gewissen Journalen verbreiteten verleumderischen Gerüchte zu widerlegen. Man hat das Ministerium beschuldigt, den Tagblättern Unterstützungen zu reichen; diese Angabe ward widerlegt. Jetzt will man dieselbe Auflage gegen die periodischen Revuen aufstellen, wir widersprechen auch dieser neuen Form einer und derselben Verleumdung. Diese Erläuterung wird aber die letzte seyn.

Wir kommen noch einmal auf die Rede des Conseilpräsidenten Hrn. Thiers in der Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Mai zurück. Folgende Bemerkungen finden sich darin über Frankreichs überseeische Besitzungen: „Die französischen Colonien sind Bourbon, Guadeloupe, Martinique; überdieß haben wir einige unbedeutende Comptoirs in Ostindien, am Senegal und in Cayenne. Bourbon hat, seitdem wir Islede-France verloren, keinen Kriegshafen mehr. Doch könnten wir Einiges thun, die Lage dieser Colonie zu verbessern. Bourbon ist unser letzter Ankerplatz in den indischen Meeren; übrigens kein Punkt von Wichtigkeit. Dagegen sind Martinique und Guadeloupe in den Antillen Punkte, die viele Berücksichtigung verdienen. Ich höre viel vom Handel des Orients sprechen, zweifle aber daran sehr und fürchte, daß ehrgeizige Mächte den Orient noch viel mit Blut bespritzen, bevor er der Schauplatz eines großen Handels werden kann. Sicher bin ich dagegen, daß Amerika unserm Handel eine unermeßliche Zukunft darbietet. Derselbe ist bereits blühend in Nordamerika. In den Republiken des Südens, die eine regelmäßige Organisation annehmen, ist unser Handel im Aufschwung begriffen. Zwar gibt es einige Staaten, welche, wie Sie in Buenos-Ayres und in Mexico gesehen, noch nicht alle Regeln des Völkerrechts anerkennen; doch auch sie können sich organisiren, und ich bin überzeugt, daß Frankreichs Producte im Süden Amerika's eben so große Absatzwege finden werden, wie im Norden. Zwei Besitzungen wie Martinique und Guadeloupe sind von großer Wichtigkeit, und es wäre unbillig, sie vernachlässigen oder sich selbst überlassen zu wollen, was so viel hieße, als sie ganz aufgeben.“ Hr. Thiers ging mit vielen Details in den gegenwärtigen Stand der französischen Kriegsmarine ein. Die Zahl der inscribirten Seeleute beträgt 110,000 Mann. Unter diesen 110,000 Inscribirten befinden sich aber 14,000 Schiffsjungen von 10 bis 15 Jahren, 17,000 Novizen von 15 bis 18 Jahren, 10 bis 11,000 Hafenarbeiter und 9 bis 10,000 Küstenfahrer und Kauffahrteischiffscapitäne; die Zahl der eigentlichen activen Seeleute von 18 bis 50 Jahren, welche verpflichtet sind, dem Staate beim ersten Aufruf Folge zu leisten, beläuft sich auf 55 bis 56,000 Mann mit Inbegriff der Officiere und Unterofficiere. „Dieß ist fuhr Hr. Thiers fort – noch nicht Alles. Ich will nicht von Rußland sprechen, wo man Soldaten aus Individuen macht, die dem Boden entrissen werden; ich spreche nicht, wie Napoleon einst im Staatsrath zum Admiral Truguet gesagt: „Gebt mir Menschen und Geld, ich werde euch Matrosen daraus machen.“ Es war eines jener außerordentlichen Worte, wie sie zuweilen von dem Munde des Mannes kamen, dessen Geist so mächtig war. Dagegen gibt es andere Fragen, die öfters in der Marine zur Sprache kamen, und die Anlaß zu einem Gesetzesentwurf geben könnten, den ich sobald als möglich der Kammer vorlegen werde. Es gibt in unsern Seehäfen viele Ausländer, welche vom Fischfang leben, und alle Vortheile französischer Matrosen genießen, ohne deren Bedingungen zu erfüllen, ohne Militärdienste zu thun. In unsern mittelmeerischen Häfen sind es Neapolitaner, Catalonier, Sarden, nämlich Genueser; im Ocean Spanier, im Golfe der Gascogne Basken, an unsern Nordküsten Belgier. Sie bilden zusammen eine Masse von 10,000 Menschen. Ueberdieß gibt es noch Arsenalarbeiter, die vom Militärdienst frei sind, aus denen sich auch 5 bis 6000 Männer nehmen ließen. Unterwirft man nun alle diese Individuen der Marineinscription, so vermehrt man die 65 bis

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[1083/0003] Verordnung vorbereitet, nach der vom 1 August an die Deportationen sowohl nach Neu-Süd-Wales als auch nach den schon bebauten und bewohnten Gegenden von Vandiemensland völlig aufhören solle; zugleich sey die Regierung entschieden der Absicht, das Pönitentiarsystem nach Kräften zu verbessern, und es, für eine gewisse Zeit, auf alle Verbrecher auszudehnen. Bei alle dem jedoch könne er (Lord J. Russell) die Motion Sir Williams in ihrem ganzen Umfange nicht gutheißen und müsse vorschlagen, darüber zur Tagesordnung zu schreiten. Gegen diese Bemerkungen sowohl Sir William's als Lord John's spricht Lord Mahon, indem er die Deportation von allen Strafarten für die beste und dem Vaterland, der Strafcolonie wie auch dem Verbrecher selbst für gleich vortheilhaft erklärt. Besonders wundert er sich, daß der sehr ehrenwerthe Baronet, dessen preiswürdige Beweggründe er übrigens anerkennt – das System gerade zu einer Zeit angreife, wo man es namentlich in Frankreich, von den gräulichen Wirkungen jener Verbrechen brütenden Bagnos erschreckt, allgemein bewundere und nachzuahmen suche. Möge das Deportationssystem jetzt mit vielen Mißbräuchen behaftet seyn, gewiß stehe es der Regierung eher zu, es davon zu reinigen, als es ganz und gar aufzugeben. Hr. Ward spricht wieder in Sir Williams Sinne, indem er die Herren-Zuschreibung (assignment system) von der Deportation für unzertrennlich hält, und überdieß besonders der Regierung die Ungesetzlichkeit vorwirft, mit der sie die für Beförderung der Auswanderer verwilligten Gelder auf den Bau von Kerkern u. dgl. verwandt habe. – Nachdem sodann noch mehrere andere Redner in verschiedenem Sinne gesprochen haben, wird zur Tagesordnung geschritten. Der Globe stellt sich zur Wehr gegen mehrere Beschuldigungen, die der brittische Charakter kürzlich von der französischen Presse besonders hinsichtlich seiner uneigennützigen Menschenliebe erfahren hat. „Dem ehrlichen John Bull bei seinen guten Handlungen andere Beweggründe als er selbst angibt, unterzuschieben, ist um so ungerechter, als John gewiß nicht zu den Leuten gehört, die sich, wenn sie eine Tugend nicht haben, viel Mühe geben, dieselbe zu heucheln. Er ist viel zu sehr gewohnt seine Fehler für eben so gut zu halten, als ein anderer seine Tugenden, und denkt nie daran seinem Stolz oder seiner Gewaltsamkeit ein freundliches Ansehen zu geben. Wir behaupten frei, daß, nach unserer Ueberzeugung, die lange Gewohnheit freier Verhandlung und freien Handelns, verbunden mit mehreren andern hier nicht zu erwähnenden Eigenheiten und Umständen, dem englischen Volkscharakter eine höhere Spannung (a higher tone) oder wenigstens einen größern Grad von Offenheit ertheilt haben, als man anderswo so leicht finden könnte, und unsere Nachbarn können überzeugt seyn, daß jede Meinung, die in diesem Lande einen umfassenden Ausdruck findet, eine wirkliche Meinung ist und nicht eine Maske, von bloßem Egoismus vorgenommen.“ Frankreich. _ Paris, 10 Mai. (Moniteur.) Das Journal la Presse sprach gestern von einem von dem Ministerium eingegangenen Kauf, wodurch drei Journale in ein einziges vereinigt worden seyen, das die Bestimmung hätte, dem Cabinet als offenkundiges Morgenorgan zu dienen. Wir sind ermächtigt, dieser Angabe den förmlichsten Widerspruch entgegenzusetzen. Die Regierung hätte viel zu thun, wenn sie sich die Mühe geben wollte, täglich die jeden Morgen von gewissen Journalen verbreiteten verleumderischen Gerüchte zu widerlegen. Man hat das Ministerium beschuldigt, den Tagblättern Unterstützungen zu reichen; diese Angabe ward widerlegt. Jetzt will man dieselbe Auflage gegen die periodischen Revuen aufstellen, wir widersprechen auch dieser neuen Form einer und derselben Verleumdung. Diese Erläuterung wird aber die letzte seyn. Wir kommen noch einmal auf die Rede des Conseilpräsidenten Hrn. Thiers in der Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Mai zurück. Folgende Bemerkungen finden sich darin über Frankreichs überseeische Besitzungen: „Die französischen Colonien sind Bourbon, Guadeloupe, Martinique; überdieß haben wir einige unbedeutende Comptoirs in Ostindien, am Senegal und in Cayenne. Bourbon hat, seitdem wir Islede-France verloren, keinen Kriegshafen mehr. Doch könnten wir Einiges thun, die Lage dieser Colonie zu verbessern. Bourbon ist unser letzter Ankerplatz in den indischen Meeren; übrigens kein Punkt von Wichtigkeit. Dagegen sind Martinique und Guadeloupe in den Antillen Punkte, die viele Berücksichtigung verdienen. Ich höre viel vom Handel des Orients sprechen, zweifle aber daran sehr und fürchte, daß ehrgeizige Mächte den Orient noch viel mit Blut bespritzen, bevor er der Schauplatz eines großen Handels werden kann. Sicher bin ich dagegen, daß Amerika unserm Handel eine unermeßliche Zukunft darbietet. Derselbe ist bereits blühend in Nordamerika. In den Republiken des Südens, die eine regelmäßige Organisation annehmen, ist unser Handel im Aufschwung begriffen. Zwar gibt es einige Staaten, welche, wie Sie in Buenos-Ayres und in Mexico gesehen, noch nicht alle Regeln des Völkerrechts anerkennen; doch auch sie können sich organisiren, und ich bin überzeugt, daß Frankreichs Producte im Süden Amerika's eben so große Absatzwege finden werden, wie im Norden. Zwei Besitzungen wie Martinique und Guadeloupe sind von großer Wichtigkeit, und es wäre unbillig, sie vernachlässigen oder sich selbst überlassen zu wollen, was so viel hieße, als sie ganz aufgeben.“ Hr. Thiers ging mit vielen Details in den gegenwärtigen Stand der französischen Kriegsmarine ein. Die Zahl der inscribirten Seeleute beträgt 110,000 Mann. Unter diesen 110,000 Inscribirten befinden sich aber 14,000 Schiffsjungen von 10 bis 15 Jahren, 17,000 Novizen von 15 bis 18 Jahren, 10 bis 11,000 Hafenarbeiter und 9 bis 10,000 Küstenfahrer und Kauffahrteischiffscapitäne; die Zahl der eigentlichen activen Seeleute von 18 bis 50 Jahren, welche verpflichtet sind, dem Staate beim ersten Aufruf Folge zu leisten, beläuft sich auf 55 bis 56,000 Mann mit Inbegriff der Officiere und Unterofficiere. „Dieß ist fuhr Hr. Thiers fort – noch nicht Alles. Ich will nicht von Rußland sprechen, wo man Soldaten aus Individuen macht, die dem Boden entrissen werden; ich spreche nicht, wie Napoleon einst im Staatsrath zum Admiral Truguet gesagt: „Gebt mir Menschen und Geld, ich werde euch Matrosen daraus machen.“ Es war eines jener außerordentlichen Worte, wie sie zuweilen von dem Munde des Mannes kamen, dessen Geist so mächtig war. Dagegen gibt es andere Fragen, die öfters in der Marine zur Sprache kamen, und die Anlaß zu einem Gesetzesentwurf geben könnten, den ich sobald als möglich der Kammer vorlegen werde. Es gibt in unsern Seehäfen viele Ausländer, welche vom Fischfang leben, und alle Vortheile französischer Matrosen genießen, ohne deren Bedingungen zu erfüllen, ohne Militärdienste zu thun. In unsern mittelmeerischen Häfen sind es Neapolitaner, Catalonier, Sarden, nämlich Genueser; im Ocean Spanier, im Golfe der Gascogne Basken, an unsern Nordküsten Belgier. Sie bilden zusammen eine Masse von 10,000 Menschen. Ueberdieß gibt es noch Arsenalarbeiter, die vom Militärdienst frei sind, aus denen sich auch 5 bis 6000 Männer nehmen ließen. Unterwirft man nun alle diese Individuen der Marineinscription, so vermehrt man die 65 bis

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 136. Augsburg, 15. Mai 1840, S. 1083. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_136_18400515/3>, abgerufen am 29.04.2024.