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Allgemeine Zeitung. Nr. 172. Augsburg, 20. Juni 1840.

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sich jedesmal in großer Anzahl einfinden, und, wie mir immer versichert worden ist, von unsichtbarer Hand bewirthet werden; seit 1830 nennen die Pariser sie die Prätorianer Ludwig Philipps. Ich spreche nicht von den Linientruppen, die eben so lange als die Nationalgarde auf den Beinen waren, und erst nach dieser vor dem Könige defilirten. Uebrigens waren die größtmöglichen Sicherheitsmaaßregeln für die Person des Königs getroffen: in einer Entfernung von wenigstens zweihundert Schritten von ihm hinderten die zahlreichen Municipalgarden die Annäherung des Publicums, so daß eigentlich keine Zuschauer zugelassen waren; bloß wurden einer Anzahl Personen Karten zum Eintritt in den nach der place de la concorde gerichteten Theil des Tuileriengartens ertheilt; diese sahen aber auch weiter nichts als das Defiliren vor dem Könige, und genossen keiner Uebersicht des Ganzen (wie man sie früher auf dem Marsfelde hatte), da sogleich nach dem Defiliren jede Legion nach Hause zog. Unfälle ereigneten sich keine. Aus der 9ten Legion trat beim Vorbeireiten des Königs einer mit einer Bittschrift hervor, der durch seine Ungeschicklichkeit das Pferd des Königs in Unruhe brachte. In einigen Compagnien der 3ten, 4ten und 5ten Legion (welche die meisten Unterschriften behufs der Wahlreform geliefert hatten) ertönte der Ruf: "es lebe die Wahlreform," so wenigstens versichert man mich (ich selbst konnte es nicht hören); man setzt hinzu, der König habe geantwortet: "Ihr sollt sie haben." Bestimmt weiß ich, daß mehrere Nationalgarden, die dem Gerücht der Anwesenheit des Kaisers von Rußland Glauben beimaßen, für diesen Fall den Ausruf beabsichtigten: "es lebe Polen!" Während dem Defiliren auf der place de la concorde wurde der zu Pferde sitzende König zweimal unwohl als Folge der großen Hitze...

Niederlande.

Die erste Kammer der Generalstaaten hat nun auch die zwölf Gesetzesentwürfe, bezüglich der Veränderung des Staatsgrundgesetzes, angenommen. Die Provincialstaaten müssen nun 55 neue Mitglieder in die zweite Kammer der Generalstaaten wählen, da zu Veränderungen des Staatsgrundgesetzes eine doppelte Kammer verlangt wird. - Aus Batavia wird vom Ende Februar gemeldet, daß der Gouverneur von Sumatra, Obrist Michiels, sich zu einem Feldzug gegen den König von Sinkel auf der Westküste von Sumatra, welcher sich durchaus nicht unterwerfen wolle, rüste. Dieses eingeborne Oberhaupt soll sich aber auch mit guten Vertheidigungsmitteln versehen haben.

Deutschland.

Zu der in der Allgem. Zeit. vom 11 Jun. Nr. 163 enthaltenen Nachricht, die zu erwartenden Lebensbeschreibungen der Walhallagenossen betreffend, können wir noch mit Bestimmtheit hinzufügen, daß diese von dem erhabenen Gründer der Walhalla nicht bloß veranlaßt, sondern selbst verfaßt erscheinen werden.

Unsere Stadt bot diesen Morgen einen festlichen Anblick, indem die Straßen und Häuser mit jungen Birken, mit Tapeten und Festons geschmückt waren, während es von Landleuten aus der Umgegend wimmelte. Die Frohnleichnamsprocession konnte aber nicht öffentlich stattfinden, da nach 7 Uhr sehr ungünstige Witterung eintrat. - Die Gemeinde Oberammergau, welche sich, wie bekannt, nicht nur durch ihre musikalische und dramatische Geschicklichkeit, sondern auch durch ihre Schnitzarbeiten auszeichnet, erfreut sich nunmehr durch die Fürsorge der k. Regierung auch einer Zeichenschule unter Leitung eines ihrer jungen Einwohner, Tobias Flunger, eines der geschicktesten Bildschnitzers des Orts, der in München während eines Aufenthalts von drei Jahren das Zeichnen und Modelliren gelernt und geübt hat. Se. k. H. unser Kronprinz hat dieser der Belebung vaterländischer Industrie bestimmten Anstalt eine sehr reichhaltige Sammlung von geschnittenen Steinen alter und neuer Zeit und von Nachbildungen alter und neuer Sculpturen in kleinerm Maaßstab zum Geschenk gemacht; diesem Vorgang hat sich der hiesige Kunstverein angeschlossen, welcher der Zeichnungsschule von Oberammergau eine vollständige Sammlung seiner Lithographien und Kupferstiche zum Theil in mehrern Exemplaren zu Vorlagen und Preisen überschickt hat. - Meine neuliche Anzeige über die Aufführung des "Nathan" ist dahin zu verstehen, daß dieses Stück nur mit der Abkürzung, die wegen zu langer Dauer desselben seit vielen Jahren hier üblich ist, gegeben wurde.

Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind (wie schon erwähnt) hier eingetroffen. Der Großfürst Thronfolger von Rußland kam gestern Abend von Darmstadt hier an, und reiste seinen kais. Eltern bis Hanau entgegen. Verschiedene Mitglieder des großh. hess. Hofes kamen heute zur Begrüßung des Kaisers und der Kaiserin an, und der Kurprinz Mitregent von Hessen eilte vorgestern von Hanau nach Fulda, um JJ. MM. daselbst zu begrüßen. - Ihre kais. Hoh. die Großfürstin Helena von Rußland empfing bereits am Sonntag den Besuch des Großfürsten Thronfolgers von Rußland in Wiesbaden.

JJ. MM. der Kaiser und die Kaiserin von Rußland werden den heutigen Tag hier verbringen. Gleich nach der gestrigen Ankunft begaben sich der Kaiser und der Großfürst Thronfolger zu Fuß in das großherzoglich hessische Palais, wo der ganze großherzogl. hessische Hof versammelt war. Der Kaiser schloß die vor ihm niedergesunkene Prinzessin Marie von Hessen väterlich in seine Arme. Später machte die kaiserl. Familie eine Spazierfahrt, um die Umgegend der Stadt kennen zu lernen, und heute in aller Frühe begegnete man schon dem Kaiser und dem Großfürsten Thronfolger zu Fuß in der Stadt. Eine dichte Menschenmenge begleitet überall die hohen Personen. Die erlauchten Gäste aus Darmstadt werden heute auch hier verbleiben, und wie man hört, findet heute bei S. k. H. dem Großherzog von Hessen großes Diner statt. Se. Durchl. der Herzog von Nassau kam gestern Abend hier an, reiste aber heute Nachmittag nach Bieberich zurück. - Der kais. russ. Geschäftsträger zu Stuttgart, Hr. v. Stoffragen, ist seit gestern hier auch anwesend. - Der Kaiser von Rußland beobachtet übrigens das Incognito, und hat alle öffentlichen Ehrenbezeugungen abgelehnt.

Vergangene Nacht um 12 Uhr ist der Kaiser von Rußland nach Frankfurt abgereist. Es ging das Gerücht, als seyen besondere Maaßregeln getroffen, daß Jedermann abgehalten werden sollte, vor dem Lustschloß Belvedere stehen zu bleiben und hinaufzusehen, es sollte nur erlaubt seyn, vorbeizugehen; dem widerspricht wohl am besten, daß mehrere Personen ungestört eine geraume Zeit vor dem Schloßflügel standen, wo der Kaiser bei offenem Fenster Depeschen dictirend und unterschreibend saß, und so das eigenthümliche Vergnügen genossen, der großartigen Wirksamkeit des Monarchen zuzusehen. Auch im Park mit seiner erlauchten Schwester spazieren gehend konnte man ihn schauen; selbst einige liebenswürdige Neckereien gegen die hohe Dame sind mit Ergötzen von der sonst so ernsten kaiserlichen Majestät bemerkt worden. Wie sehr aber der Kaiser sich hier beschäftigt hat, davon gibt wohl Zeugniß, daß von vorgestern Nacht bis zum gestrigen Abend sechzehn Couriere mit Depeschen abgegangen sind. Man will wissen, daß wenn die Kaiserin nach Beendigung ihrer Badecur nach St. Petersburg sich zurück begibt, zugleich die erlauchte Braut des Thronfolgers mit ihr dahin reisen werde.

sich jedesmal in großer Anzahl einfinden, und, wie mir immer versichert worden ist, von unsichtbarer Hand bewirthet werden; seit 1830 nennen die Pariser sie die Prätorianer Ludwig Philipps. Ich spreche nicht von den Linientruppen, die eben so lange als die Nationalgarde auf den Beinen waren, und erst nach dieser vor dem Könige defilirten. Uebrigens waren die größtmöglichen Sicherheitsmaaßregeln für die Person des Königs getroffen: in einer Entfernung von wenigstens zweihundert Schritten von ihm hinderten die zahlreichen Municipalgarden die Annäherung des Publicums, so daß eigentlich keine Zuschauer zugelassen waren; bloß wurden einer Anzahl Personen Karten zum Eintritt in den nach der place de la concorde gerichteten Theil des Tuileriengartens ertheilt; diese sahen aber auch weiter nichts als das Defiliren vor dem Könige, und genossen keiner Uebersicht des Ganzen (wie man sie früher auf dem Marsfelde hatte), da sogleich nach dem Defiliren jede Legion nach Hause zog. Unfälle ereigneten sich keine. Aus der 9ten Legion trat beim Vorbeireiten des Königs einer mit einer Bittschrift hervor, der durch seine Ungeschicklichkeit das Pferd des Königs in Unruhe brachte. In einigen Compagnien der 3ten, 4ten und 5ten Legion (welche die meisten Unterschriften behufs der Wahlreform geliefert hatten) ertönte der Ruf: „es lebe die Wahlreform,“ so wenigstens versichert man mich (ich selbst konnte es nicht hören); man setzt hinzu, der König habe geantwortet: „Ihr sollt sie haben.“ Bestimmt weiß ich, daß mehrere Nationalgarden, die dem Gerücht der Anwesenheit des Kaisers von Rußland Glauben beimaßen, für diesen Fall den Ausruf beabsichtigten: „es lebe Polen!“ Während dem Defiliren auf der place de la concorde wurde der zu Pferde sitzende König zweimal unwohl als Folge der großen Hitze...

Niederlande.

Die erste Kammer der Generalstaaten hat nun auch die zwölf Gesetzesentwürfe, bezüglich der Veränderung des Staatsgrundgesetzes, angenommen. Die Provincialstaaten müssen nun 55 neue Mitglieder in die zweite Kammer der Generalstaaten wählen, da zu Veränderungen des Staatsgrundgesetzes eine doppelte Kammer verlangt wird. – Aus Batavia wird vom Ende Februar gemeldet, daß der Gouverneur von Sumatra, Obrist Michiels, sich zu einem Feldzug gegen den König von Sinkel auf der Westküste von Sumatra, welcher sich durchaus nicht unterwerfen wolle, rüste. Dieses eingeborne Oberhaupt soll sich aber auch mit guten Vertheidigungsmitteln versehen haben.

Deutschland.

Zu der in der Allgem. Zeit. vom 11 Jun. Nr. 163 enthaltenen Nachricht, die zu erwartenden Lebensbeschreibungen der Walhallagenossen betreffend, können wir noch mit Bestimmtheit hinzufügen, daß diese von dem erhabenen Gründer der Walhalla nicht bloß veranlaßt, sondern selbst verfaßt erscheinen werden.

Unsere Stadt bot diesen Morgen einen festlichen Anblick, indem die Straßen und Häuser mit jungen Birken, mit Tapeten und Festons geschmückt waren, während es von Landleuten aus der Umgegend wimmelte. Die Frohnleichnamsprocession konnte aber nicht öffentlich stattfinden, da nach 7 Uhr sehr ungünstige Witterung eintrat. – Die Gemeinde Oberammergau, welche sich, wie bekannt, nicht nur durch ihre musikalische und dramatische Geschicklichkeit, sondern auch durch ihre Schnitzarbeiten auszeichnet, erfreut sich nunmehr durch die Fürsorge der k. Regierung auch einer Zeichenschule unter Leitung eines ihrer jungen Einwohner, Tobias Flunger, eines der geschicktesten Bildschnitzers des Orts, der in München während eines Aufenthalts von drei Jahren das Zeichnen und Modelliren gelernt und geübt hat. Se. k. H. unser Kronprinz hat dieser der Belebung vaterländischer Industrie bestimmten Anstalt eine sehr reichhaltige Sammlung von geschnittenen Steinen alter und neuer Zeit und von Nachbildungen alter und neuer Sculpturen in kleinerm Maaßstab zum Geschenk gemacht; diesem Vorgang hat sich der hiesige Kunstverein angeschlossen, welcher der Zeichnungsschule von Oberammergau eine vollständige Sammlung seiner Lithographien und Kupferstiche zum Theil in mehrern Exemplaren zu Vorlagen und Preisen überschickt hat. – Meine neuliche Anzeige über die Aufführung des „Nathan“ ist dahin zu verstehen, daß dieses Stück nur mit der Abkürzung, die wegen zu langer Dauer desselben seit vielen Jahren hier üblich ist, gegeben wurde.

Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind (wie schon erwähnt) hier eingetroffen. Der Großfürst Thronfolger von Rußland kam gestern Abend von Darmstadt hier an, und reiste seinen kais. Eltern bis Hanau entgegen. Verschiedene Mitglieder des großh. hess. Hofes kamen heute zur Begrüßung des Kaisers und der Kaiserin an, und der Kurprinz Mitregent von Hessen eilte vorgestern von Hanau nach Fulda, um JJ. MM. daselbst zu begrüßen. – Ihre kais. Hoh. die Großfürstin Helena von Rußland empfing bereits am Sonntag den Besuch des Großfürsten Thronfolgers von Rußland in Wiesbaden.

JJ. MM. der Kaiser und die Kaiserin von Rußland werden den heutigen Tag hier verbringen. Gleich nach der gestrigen Ankunft begaben sich der Kaiser und der Großfürst Thronfolger zu Fuß in das großherzoglich hessische Palais, wo der ganze großherzogl. hessische Hof versammelt war. Der Kaiser schloß die vor ihm niedergesunkene Prinzessin Marie von Hessen väterlich in seine Arme. Später machte die kaiserl. Familie eine Spazierfahrt, um die Umgegend der Stadt kennen zu lernen, und heute in aller Frühe begegnete man schon dem Kaiser und dem Großfürsten Thronfolger zu Fuß in der Stadt. Eine dichte Menschenmenge begleitet überall die hohen Personen. Die erlauchten Gäste aus Darmstadt werden heute auch hier verbleiben, und wie man hört, findet heute bei S. k. H. dem Großherzog von Hessen großes Diner statt. Se. Durchl. der Herzog von Nassau kam gestern Abend hier an, reiste aber heute Nachmittag nach Bieberich zurück. – Der kais. russ. Geschäftsträger zu Stuttgart, Hr. v. Stoffragen, ist seit gestern hier auch anwesend. – Der Kaiser von Rußland beobachtet übrigens das Incognito, und hat alle öffentlichen Ehrenbezeugungen abgelehnt.

Vergangene Nacht um 12 Uhr ist der Kaiser von Rußland nach Frankfurt abgereist. Es ging das Gerücht, als seyen besondere Maaßregeln getroffen, daß Jedermann abgehalten werden sollte, vor dem Lustschloß Belvedere stehen zu bleiben und hinaufzusehen, es sollte nur erlaubt seyn, vorbeizugehen; dem widerspricht wohl am besten, daß mehrere Personen ungestört eine geraume Zeit vor dem Schloßflügel standen, wo der Kaiser bei offenem Fenster Depeschen dictirend und unterschreibend saß, und so das eigenthümliche Vergnügen genossen, der großartigen Wirksamkeit des Monarchen zuzusehen. Auch im Park mit seiner erlauchten Schwester spazieren gehend konnte man ihn schauen; selbst einige liebenswürdige Neckereien gegen die hohe Dame sind mit Ergötzen von der sonst so ernsten kaiserlichen Majestät bemerkt worden. Wie sehr aber der Kaiser sich hier beschäftigt hat, davon gibt wohl Zeugniß, daß von vorgestern Nacht bis zum gestrigen Abend sechzehn Couriere mit Depeschen abgegangen sind. Man will wissen, daß wenn die Kaiserin nach Beendigung ihrer Badecur nach St. Petersburg sich zurück begibt, zugleich die erlauchte Braut des Thronfolgers mit ihr dahin reisen werde.

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sich jedesmal in großer Anzahl einfinden, und, wie mir immer versichert worden ist, von unsichtbarer Hand bewirthet werden; seit 1830 nennen die Pariser sie die Prätorianer Ludwig Philipps. Ich spreche nicht von den Linientruppen, die eben so lange als die Nationalgarde auf den Beinen waren, und erst nach dieser vor dem Könige defilirten. Uebrigens waren die größtmöglichen Sicherheitsmaaßregeln für die Person des Königs getroffen: in einer Entfernung von wenigstens zweihundert Schritten von ihm hinderten die zahlreichen Municipalgarden die Annäherung des Publicums, so daß eigentlich keine Zuschauer zugelassen waren; bloß wurden einer Anzahl Personen Karten zum Eintritt in den nach der place de la concorde gerichteten Theil des Tuileriengartens ertheilt; diese sahen aber auch weiter nichts als das Defiliren vor dem Könige, und genossen keiner Uebersicht des Ganzen (wie man sie früher auf dem Marsfelde hatte), da sogleich nach dem Defiliren jede Legion nach Hause zog. Unfälle ereigneten sich keine. Aus der 9ten Legion trat beim Vorbeireiten des Königs einer mit einer Bittschrift hervor, der durch seine Ungeschicklichkeit das Pferd des Königs in Unruhe brachte. In einigen Compagnien der 3ten, 4ten und 5ten Legion (welche die meisten Unterschriften behufs der Wahlreform geliefert hatten) ertönte der Ruf: &#x201E;es lebe die Wahlreform,&#x201C; so wenigstens versichert man mich (ich selbst konnte es nicht hören); man setzt hinzu, der König habe geantwortet: &#x201E;Ihr sollt sie haben.&#x201C; Bestimmt weiß ich, daß mehrere Nationalgarden, die dem Gerücht der Anwesenheit des Kaisers von Rußland Glauben beimaßen, für diesen Fall den Ausruf beabsichtigten: &#x201E;es lebe Polen!&#x201C; Während dem Defiliren auf der place de la concorde wurde der zu Pferde sitzende König zweimal unwohl als Folge der großen Hitze...</p><lb/>
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[1373/0005] sich jedesmal in großer Anzahl einfinden, und, wie mir immer versichert worden ist, von unsichtbarer Hand bewirthet werden; seit 1830 nennen die Pariser sie die Prätorianer Ludwig Philipps. Ich spreche nicht von den Linientruppen, die eben so lange als die Nationalgarde auf den Beinen waren, und erst nach dieser vor dem Könige defilirten. Uebrigens waren die größtmöglichen Sicherheitsmaaßregeln für die Person des Königs getroffen: in einer Entfernung von wenigstens zweihundert Schritten von ihm hinderten die zahlreichen Municipalgarden die Annäherung des Publicums, so daß eigentlich keine Zuschauer zugelassen waren; bloß wurden einer Anzahl Personen Karten zum Eintritt in den nach der place de la concorde gerichteten Theil des Tuileriengartens ertheilt; diese sahen aber auch weiter nichts als das Defiliren vor dem Könige, und genossen keiner Uebersicht des Ganzen (wie man sie früher auf dem Marsfelde hatte), da sogleich nach dem Defiliren jede Legion nach Hause zog. Unfälle ereigneten sich keine. Aus der 9ten Legion trat beim Vorbeireiten des Königs einer mit einer Bittschrift hervor, der durch seine Ungeschicklichkeit das Pferd des Königs in Unruhe brachte. In einigen Compagnien der 3ten, 4ten und 5ten Legion (welche die meisten Unterschriften behufs der Wahlreform geliefert hatten) ertönte der Ruf: „es lebe die Wahlreform,“ so wenigstens versichert man mich (ich selbst konnte es nicht hören); man setzt hinzu, der König habe geantwortet: „Ihr sollt sie haben.“ Bestimmt weiß ich, daß mehrere Nationalgarden, die dem Gerücht der Anwesenheit des Kaisers von Rußland Glauben beimaßen, für diesen Fall den Ausruf beabsichtigten: „es lebe Polen!“ Während dem Defiliren auf der place de la concorde wurde der zu Pferde sitzende König zweimal unwohl als Folge der großen Hitze... Niederlande. _ Aus dem Haag, 13 Jun. Die erste Kammer der Generalstaaten hat nun auch die zwölf Gesetzesentwürfe, bezüglich der Veränderung des Staatsgrundgesetzes, angenommen. Die Provincialstaaten müssen nun 55 neue Mitglieder in die zweite Kammer der Generalstaaten wählen, da zu Veränderungen des Staatsgrundgesetzes eine doppelte Kammer verlangt wird. – Aus Batavia wird vom Ende Februar gemeldet, daß der Gouverneur von Sumatra, Obrist Michiels, sich zu einem Feldzug gegen den König von Sinkel auf der Westküste von Sumatra, welcher sich durchaus nicht unterwerfen wolle, rüste. Dieses eingeborne Oberhaupt soll sich aber auch mit guten Vertheidigungsmitteln versehen haben. Deutschland. _ München, 18 Jun. Zu der in der Allgem. Zeit. vom 11 Jun. Nr. 163 enthaltenen Nachricht, die zu erwartenden Lebensbeschreibungen der Walhallagenossen betreffend, können wir noch mit Bestimmtheit hinzufügen, daß diese von dem erhabenen Gründer der Walhalla nicht bloß veranlaßt, sondern selbst verfaßt erscheinen werden. _ München, 18 Jun. Unsere Stadt bot diesen Morgen einen festlichen Anblick, indem die Straßen und Häuser mit jungen Birken, mit Tapeten und Festons geschmückt waren, während es von Landleuten aus der Umgegend wimmelte. Die Frohnleichnamsprocession konnte aber nicht öffentlich stattfinden, da nach 7 Uhr sehr ungünstige Witterung eintrat. – Die Gemeinde Oberammergau, welche sich, wie bekannt, nicht nur durch ihre musikalische und dramatische Geschicklichkeit, sondern auch durch ihre Schnitzarbeiten auszeichnet, erfreut sich nunmehr durch die Fürsorge der k. Regierung auch einer Zeichenschule unter Leitung eines ihrer jungen Einwohner, Tobias Flunger, eines der geschicktesten Bildschnitzers des Orts, der in München während eines Aufenthalts von drei Jahren das Zeichnen und Modelliren gelernt und geübt hat. Se. k. H. unser Kronprinz hat dieser der Belebung vaterländischer Industrie bestimmten Anstalt eine sehr reichhaltige Sammlung von geschnittenen Steinen alter und neuer Zeit und von Nachbildungen alter und neuer Sculpturen in kleinerm Maaßstab zum Geschenk gemacht; diesem Vorgang hat sich der hiesige Kunstverein angeschlossen, welcher der Zeichnungsschule von Oberammergau eine vollständige Sammlung seiner Lithographien und Kupferstiche zum Theil in mehrern Exemplaren zu Vorlagen und Preisen überschickt hat. – Meine neuliche Anzeige über die Aufführung des „Nathan“ ist dahin zu verstehen, daß dieses Stück nur mit der Abkürzung, die wegen zu langer Dauer desselben seit vielen Jahren hier üblich ist, gegeben wurde. _ Frankfurt, 16 Jun. Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland sind (wie schon erwähnt) hier eingetroffen. Der Großfürst Thronfolger von Rußland kam gestern Abend von Darmstadt hier an, und reiste seinen kais. Eltern bis Hanau entgegen. Verschiedene Mitglieder des großh. hess. Hofes kamen heute zur Begrüßung des Kaisers und der Kaiserin an, und der Kurprinz Mitregent von Hessen eilte vorgestern von Hanau nach Fulda, um JJ. MM. daselbst zu begrüßen. – Ihre kais. Hoh. die Großfürstin Helena von Rußland empfing bereits am Sonntag den Besuch des Großfürsten Thronfolgers von Rußland in Wiesbaden. _ Frankfurt, 17 Jun. JJ. MM. der Kaiser und die Kaiserin von Rußland werden den heutigen Tag hier verbringen. Gleich nach der gestrigen Ankunft begaben sich der Kaiser und der Großfürst Thronfolger zu Fuß in das großherzoglich hessische Palais, wo der ganze großherzogl. hessische Hof versammelt war. Der Kaiser schloß die vor ihm niedergesunkene Prinzessin Marie von Hessen väterlich in seine Arme. Später machte die kaiserl. Familie eine Spazierfahrt, um die Umgegend der Stadt kennen zu lernen, und heute in aller Frühe begegnete man schon dem Kaiser und dem Großfürsten Thronfolger zu Fuß in der Stadt. Eine dichte Menschenmenge begleitet überall die hohen Personen. Die erlauchten Gäste aus Darmstadt werden heute auch hier verbleiben, und wie man hört, findet heute bei S. k. H. dem Großherzog von Hessen großes Diner statt. Se. Durchl. der Herzog von Nassau kam gestern Abend hier an, reiste aber heute Nachmittag nach Bieberich zurück. – Der kais. russ. Geschäftsträger zu Stuttgart, Hr. v. Stoffragen, ist seit gestern hier auch anwesend. – Der Kaiser von Rußland beobachtet übrigens das Incognito, und hat alle öffentlichen Ehrenbezeugungen abgelehnt. _ Weimar, 15 Jun. Vergangene Nacht um 12 Uhr ist der Kaiser von Rußland nach Frankfurt abgereist. Es ging das Gerücht, als seyen besondere Maaßregeln getroffen, daß Jedermann abgehalten werden sollte, vor dem Lustschloß Belvedere stehen zu bleiben und hinaufzusehen, es sollte nur erlaubt seyn, vorbeizugehen; dem widerspricht wohl am besten, daß mehrere Personen ungestört eine geraume Zeit vor dem Schloßflügel standen, wo der Kaiser bei offenem Fenster Depeschen dictirend und unterschreibend saß, und so das eigenthümliche Vergnügen genossen, der großartigen Wirksamkeit des Monarchen zuzusehen. Auch im Park mit seiner erlauchten Schwester spazieren gehend konnte man ihn schauen; selbst einige liebenswürdige Neckereien gegen die hohe Dame sind mit Ergötzen von der sonst so ernsten kaiserlichen Majestät bemerkt worden. Wie sehr aber der Kaiser sich hier beschäftigt hat, davon gibt wohl Zeugniß, daß von vorgestern Nacht bis zum gestrigen Abend sechzehn Couriere mit Depeschen abgegangen sind. Man will wissen, daß wenn die Kaiserin nach Beendigung ihrer Badecur nach St. Petersburg sich zurück begibt, zugleich die erlauchte Braut des Thronfolgers mit ihr dahin reisen werde.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 172. Augsburg, 20. Juni 1840, S. 1373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_172_18400620/5>, abgerufen am 03.12.2024.