Allgemeine Zeitung. Nr. 180. Augsburg, 28. Juni 1840.zu fahren. "Friede, Friede" schallten uns schon von Ferne die Stimmen aus dem rückkehrenden Boote entgegen, und schnell schwang sich der Officier, der gen Jamesstadt beordert war, mit einem untergeordneten Beamten und einigen Geschäftsleuten des Orts vom Boot auf das Verdeck empor. Hinter ihm, zu unserm großen Ergötzen, ein Matrose mit einem starken Pack Zeitungen. Alles fiel nun mit Heißhunger über die Neuigkeiten her. Der eine schlug den letzten Londoner Preiscourant nach, um zu sehen, wie viel er etwa hoffen könnte, an seinen mitgebrachten Waaren zu gewinnen; der zweite wollte wissen, was sein Vetter unterdessen im Parlamente gesprochen habe; der dritte sah nach, wie die "verfluchten Franzosen" bei der letzten Umwälzung sich benommen haben, und der vierte durchblätterte die Todtenlisten, forschend, ob ihm kein lieber Freund, keine theure Freundin durch den Tod entrissen wurde. Ich selbst durchflog eilenden Blickes die Riesenblätter, die Times, den Sun, den Courier, und ließ anfangs Frankreich und England und die ganze Welt beiseite liegen. Das Auge blieb an den zerbröckelten, nichtssagenden Neuigkeiten aus Deutschland haften, welche hie und da unter andern verlornen Notizen, gleichwie arme und verachtete Fremdlinge in dem reichen England, zerstreut herumlagen. Da fand ich wie gewöhnlich, daß dieser oder jener Fürst in die Bäder gereist sey, daß ein königlicher Prinz mit der Gemahlin einer Magnificenz den Ball eröffnet, daß es bald hier bald dort gebrannt habe und daß an diesem Tage die Kammern eines Bundesstaates eröffnet und an jenem wiederum geschlossen wurden. Was wäre auch von Deutschland Anderes zu berichten! Aber siehe, zu meinem großen Erstaunen sprach der Sun, unter dem Artikel Deutschland, in geheimnißvollen Ausdrücken von gewissen Decembertagen in der Hauptstadt des Bayerlandes, und fügte hinzu: die Juliussonne wäre zu München im December aufgegangen. Man kann sich leicht denken, daß ich gleich nach meiner Rückkunft in London suchte, mir über diese dunkle Sonne Aufklärung zu verschaffen. Der bayerische Gesandte wußte gar nichts darum und der preußische, der treffliche Geheimerath v. Bülow, erwiederte: er glaube gehört zu haben, daß einige betrunkene Studenten singend und lärmend durch die Straßen gezogen wären. Nun ging es frisch ans Werk. Das Schiff ward vor Anker gebracht, und schnell waren die Boote herabgelassen, welche uns bei heiterem Wetter, unter lustigem Wellenschlag, an den Landungsplatz hinführten. Nur einige Tage wollten wir uns hier aufhalten, um frisches Wasser einzunehmen und dann der Heimath zueilen; denn immer fürchtete man noch einen allgemeinen Krieg. Es gab ja - und hierauf legte der Hafenmeister, der ein gewaltiger Politikus schien, ein großes Gewicht - es gab ja keinen König von Frankreich mehr, sondern nur einen König der Franzosen! Die Jamesstadt, in dem breitesten Thale, zwischen zwei hohen Felsen erbaut, gewährt einen lieblichen heitern Anblick. Hat man den Landungsplatz, der eine Art Vorsprung in die See hinein bildet, hinter sich, so kommt man zu einer Zugbrücke, und der Weg führt dann zwischen einer Anhöhe durch, auf welcher die schönsten Bäume der Insel und eine Anzahl Zweiunddreißigpfünder sich erheben, zu einem gewölbten Bogengang hin zu der kleinen niedlichen Stadt. Rechts sieht man ein freundliches Wirthshaus, einen schönen mit Bäumen garnirten Paradeplatz, der wohl einen Raum von hundert Quadratfuß einnehmen mag; links das prächtige, mit Wällen und Brustwehren versehene Schloß, worin der Gouverneur und die höhern Beamten der Insel wohnen. Gleich neben daran ist die Hauptwache. Dem Thorwege gegenüber steht die Kirche, ein herrliches Gebäude; daneben ein kleines niedliches Theater, im neuern italienischen Style erbaut, der für diese Breiten, wie wir mehrmalen in tropischen Klimaten, namentlich in Singapura, zu bemerken Gelegenheit hatten, besonders geeignet scheint. Die Hauptstraße der Stadt beginnt zwischen der Kirche und einem schön eingezäunten Rasenplatz, der Compagniegarten genannt, und besteht aus ungefähr dreißig niedlichen Häusern, worin die angesehensten Leute des Ortes wohnen. Diese Straße theilt sich dann in zwei Gassen, wovon die eine gen Osten ins Land hineinführt und die andere thalaufwärts über eine hölzerne Brücke, unter welcher damals ein unbedeutendes Bächlein vorüberfloß, das aber in der Regenzeit zu einem reißenden Strome anschwellen soll. In dieser Straße sind die Casernen, der sogenannte neue Garten, das Hospital und ungefähr ein Hundert mit Läden versehener Häuser, worin alle Gattungen europäischer, indischer und chinesischer Waaren feilgeboten werden. (Beschluß folgt.) Englische Hydrographie des Mittelmeeres. Schon seit geraumer Zeit sind die Engländer sowohl in den Gewässern der südlichen Halbkugel als auch im Mittelmeer beschäftigt, die Tiefe des Meeres an den Küsten genau zu ermessen, und danach zum Besten der Schifffahrt und zur Sicherung vor Gefahren Karten zu entwerfen, welche nicht nur jedes Riff, jede Sandbank, jede Klippe angeben, sondern auch durch Zahlen überall die Tiefe des Meeres in einer viel vollständigeren Weise bezeichnen, als in den bisherigen Seekarten der Fall war. Eine schon ausgezeichnete Arbeit dieser Arbeit war die des Capitäns Smyth über die Küstenmeere Italiens und Siciliens. Vom Archipel hat die Karte des französischen Capitäns Gautier durch ihre correcten Bestimmungen allgemeine Anerkennung gefunden, doch besteht ihr Verdienst mehr in der Triangulation als in zahlreichen Tiefenmessungen. Das ausgezeichnete Werk des Capitäns Beaufort, jetzt bekanntlich Chef des hydrographischen Bureau's der englischen Admiralität, hat dessen Verdienste um die Vermessung der Küsten Karamaniens nicht nur der Marine, sondern auch der gelehrten Welt bekannt gemacht, und wer durch die Dardanellen nach Konstantinopel fährt, erhält sicher Kunde von der durch den ehemaligen Capitän des Madagascar, Sir Edmond Lyons, verbesserten Seekarte dieser Gegend. Während der Unruhen der griechischen Revolution war Capitän Copeland von der Admiralität mit der Vermessung der Küsten Griechenlands und Kleinasiens beauftragt. Nachdem derselbe seine Entlassung genommen, wurde dem Hrn. Graves, der früher sowohl im Mittelmeer als im Südmeer bei diesen Arbeiten beschäftigt gewesen, in Rücksicht seiner anerkannten Tüchtigkeit, obgleich er nur Lieutenant war, das Commando des Beakon und der dazu gehörigen kleineren Schiffe und Boote übergeben; und er ist es, der gegenwärtig, unterstützt durch eine Anzahl ausgezeichneter Marine-Ingenieurs, die sowohl für die Schifffahrt als für die Wissenschaft höchst wichtigen hydrographischen Arbeiten an jenen Küsten leitet und ausführt. Kaum verkündet eine Schwalbe den Frühling, so verläßt der Beakon seine Winterstation in Malta, um sich in die Gegend zu begeben, welche für die Vermessungen des Sommers ausersehen ist. Während der Reise werden in dem Zeichenzimmer, welches Hr. Graves mit einer Bibliothek der trefflichsten Werke sowohl über Schifffahrtskunde als über die Länder des Alterthums ausgestattet hat, Vorstudien gemacht, zu denen die historischen Beziehungen der zu besuchenden Küsten und die Bildung der kenntnißreichen Officiere auffordern. Nach zu fahren. „Friede, Friede“ schallten uns schon von Ferne die Stimmen aus dem rückkehrenden Boote entgegen, und schnell schwang sich der Officier, der gen Jamesstadt beordert war, mit einem untergeordneten Beamten und einigen Geschäftsleuten des Orts vom Boot auf das Verdeck empor. Hinter ihm, zu unserm großen Ergötzen, ein Matrose mit einem starken Pack Zeitungen. Alles fiel nun mit Heißhunger über die Neuigkeiten her. Der eine schlug den letzten Londoner Preiscourant nach, um zu sehen, wie viel er etwa hoffen könnte, an seinen mitgebrachten Waaren zu gewinnen; der zweite wollte wissen, was sein Vetter unterdessen im Parlamente gesprochen habe; der dritte sah nach, wie die „verfluchten Franzosen“ bei der letzten Umwälzung sich benommen haben, und der vierte durchblätterte die Todtenlisten, forschend, ob ihm kein lieber Freund, keine theure Freundin durch den Tod entrissen wurde. Ich selbst durchflog eilenden Blickes die Riesenblätter, die Times, den Sun, den Courier, und ließ anfangs Frankreich und England und die ganze Welt beiseite liegen. Das Auge blieb an den zerbröckelten, nichtssagenden Neuigkeiten aus Deutschland haften, welche hie und da unter andern verlornen Notizen, gleichwie arme und verachtete Fremdlinge in dem reichen England, zerstreut herumlagen. Da fand ich wie gewöhnlich, daß dieser oder jener Fürst in die Bäder gereist sey, daß ein königlicher Prinz mit der Gemahlin einer Magnificenz den Ball eröffnet, daß es bald hier bald dort gebrannt habe und daß an diesem Tage die Kammern eines Bundesstaates eröffnet und an jenem wiederum geschlossen wurden. Was wäre auch von Deutschland Anderes zu berichten! Aber siehe, zu meinem großen Erstaunen sprach der Sun, unter dem Artikel Deutschland, in geheimnißvollen Ausdrücken von gewissen Decembertagen in der Hauptstadt des Bayerlandes, und fügte hinzu: die Juliussonne wäre zu München im December aufgegangen. Man kann sich leicht denken, daß ich gleich nach meiner Rückkunft in London suchte, mir über diese dunkle Sonne Aufklärung zu verschaffen. Der bayerische Gesandte wußte gar nichts darum und der preußische, der treffliche Geheimerath v. Bülow, erwiederte: er glaube gehört zu haben, daß einige betrunkene Studenten singend und lärmend durch die Straßen gezogen wären. Nun ging es frisch ans Werk. Das Schiff ward vor Anker gebracht, und schnell waren die Boote herabgelassen, welche uns bei heiterem Wetter, unter lustigem Wellenschlag, an den Landungsplatz hinführten. Nur einige Tage wollten wir uns hier aufhalten, um frisches Wasser einzunehmen und dann der Heimath zueilen; denn immer fürchtete man noch einen allgemeinen Krieg. Es gab ja – und hierauf legte der Hafenmeister, der ein gewaltiger Politikus schien, ein großes Gewicht – es gab ja keinen König von Frankreich mehr, sondern nur einen König der Franzosen! Die Jamesstadt, in dem breitesten Thale, zwischen zwei hohen Felsen erbaut, gewährt einen lieblichen heitern Anblick. Hat man den Landungsplatz, der eine Art Vorsprung in die See hinein bildet, hinter sich, so kommt man zu einer Zugbrücke, und der Weg führt dann zwischen einer Anhöhe durch, auf welcher die schönsten Bäume der Insel und eine Anzahl Zweiunddreißigpfünder sich erheben, zu einem gewölbten Bogengang hin zu der kleinen niedlichen Stadt. Rechts sieht man ein freundliches Wirthshaus, einen schönen mit Bäumen garnirten Paradeplatz, der wohl einen Raum von hundert Quadratfuß einnehmen mag; links das prächtige, mit Wällen und Brustwehren versehene Schloß, worin der Gouverneur und die höhern Beamten der Insel wohnen. Gleich neben daran ist die Hauptwache. Dem Thorwege gegenüber steht die Kirche, ein herrliches Gebäude; daneben ein kleines niedliches Theater, im neuern italienischen Style erbaut, der für diese Breiten, wie wir mehrmalen in tropischen Klimaten, namentlich in Singapura, zu bemerken Gelegenheit hatten, besonders geeignet scheint. Die Hauptstraße der Stadt beginnt zwischen der Kirche und einem schön eingezäunten Rasenplatz, der Compagniegarten genannt, und besteht aus ungefähr dreißig niedlichen Häusern, worin die angesehensten Leute des Ortes wohnen. Diese Straße theilt sich dann in zwei Gassen, wovon die eine gen Osten ins Land hineinführt und die andere thalaufwärts über eine hölzerne Brücke, unter welcher damals ein unbedeutendes Bächlein vorüberfloß, das aber in der Regenzeit zu einem reißenden Strome anschwellen soll. In dieser Straße sind die Casernen, der sogenannte neue Garten, das Hospital und ungefähr ein Hundert mit Läden versehener Häuser, worin alle Gattungen europäischer, indischer und chinesischer Waaren feilgeboten werden. (Beschluß folgt.) Englische Hydrographie des Mittelmeeres. Schon seit geraumer Zeit sind die Engländer sowohl in den Gewässern der südlichen Halbkugel als auch im Mittelmeer beschäftigt, die Tiefe des Meeres an den Küsten genau zu ermessen, und danach zum Besten der Schifffahrt und zur Sicherung vor Gefahren Karten zu entwerfen, welche nicht nur jedes Riff, jede Sandbank, jede Klippe angeben, sondern auch durch Zahlen überall die Tiefe des Meeres in einer viel vollständigeren Weise bezeichnen, als in den bisherigen Seekarten der Fall war. Eine schon ausgezeichnete Arbeit dieser Arbeit war die des Capitäns Smyth über die Küstenmeere Italiens und Siciliens. Vom Archipel hat die Karte des französischen Capitäns Gautier durch ihre correcten Bestimmungen allgemeine Anerkennung gefunden, doch besteht ihr Verdienst mehr in der Triangulation als in zahlreichen Tiefenmessungen. Das ausgezeichnete Werk des Capitäns Beaufort, jetzt bekanntlich Chef des hydrographischen Bureau's der englischen Admiralität, hat dessen Verdienste um die Vermessung der Küsten Karamaniens nicht nur der Marine, sondern auch der gelehrten Welt bekannt gemacht, und wer durch die Dardanellen nach Konstantinopel fährt, erhält sicher Kunde von der durch den ehemaligen Capitän des Madagascar, Sir Edmond Lyons, verbesserten Seekarte dieser Gegend. Während der Unruhen der griechischen Revolution war Capitän Copeland von der Admiralität mit der Vermessung der Küsten Griechenlands und Kleinasiens beauftragt. Nachdem derselbe seine Entlassung genommen, wurde dem Hrn. Graves, der früher sowohl im Mittelmeer als im Südmeer bei diesen Arbeiten beschäftigt gewesen, in Rücksicht seiner anerkannten Tüchtigkeit, obgleich er nur Lieutenant war, das Commando des Beakon und der dazu gehörigen kleineren Schiffe und Boote übergeben; und er ist es, der gegenwärtig, unterstützt durch eine Anzahl ausgezeichneter Marine-Ingenieurs, die sowohl für die Schifffahrt als für die Wissenschaft höchst wichtigen hydrographischen Arbeiten an jenen Küsten leitet und ausführt. Kaum verkündet eine Schwalbe den Frühling, so verläßt der Beakon seine Winterstation in Malta, um sich in die Gegend zu begeben, welche für die Vermessungen des Sommers ausersehen ist. Während der Reise werden in dem Zeichenzimmer, welches Hr. Graves mit einer Bibliothek der trefflichsten Werke sowohl über Schifffahrtskunde als über die Länder des Alterthums ausgestattet hat, Vorstudien gemacht, zu denen die historischen Beziehungen der zu besuchenden Küsten und die Bildung der kenntnißreichen Officiere auffordern. Nach <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="1426"/> zu fahren. „Friede, Friede“ schallten uns schon von Ferne die Stimmen aus dem rückkehrenden Boote entgegen, und schnell schwang sich der Officier, der gen Jamesstadt beordert war, mit einem untergeordneten Beamten und einigen Geschäftsleuten des Orts vom Boot auf das Verdeck empor. Hinter ihm, zu unserm großen Ergötzen, ein Matrose mit einem starken Pack Zeitungen. Alles fiel nun mit Heißhunger über die Neuigkeiten her. Der eine schlug den letzten Londoner Preiscourant nach, um zu sehen, wie viel er etwa hoffen könnte, an seinen mitgebrachten Waaren zu gewinnen; der zweite wollte wissen, was sein Vetter unterdessen im Parlamente gesprochen habe; der dritte sah nach, wie die „verfluchten Franzosen“ bei der letzten Umwälzung sich benommen haben, und der vierte durchblätterte die Todtenlisten, forschend, ob ihm kein lieber Freund, keine theure Freundin durch den Tod entrissen wurde. Ich selbst durchflog eilenden Blickes die Riesenblätter, die Times, den Sun, den Courier, und ließ anfangs Frankreich und England und die ganze Welt beiseite liegen. Das Auge blieb an den zerbröckelten, nichtssagenden Neuigkeiten aus Deutschland haften, welche hie und da unter andern verlornen Notizen, gleichwie arme und verachtete Fremdlinge in dem reichen England, zerstreut herumlagen. Da fand ich wie gewöhnlich, daß dieser oder jener Fürst in die Bäder gereist sey, daß ein königlicher Prinz mit der Gemahlin einer Magnificenz den Ball eröffnet, daß es bald hier bald dort gebrannt habe und daß an diesem Tage die Kammern eines Bundesstaates eröffnet und an jenem wiederum geschlossen wurden. Was wäre auch von Deutschland Anderes zu berichten! Aber siehe, zu meinem großen Erstaunen sprach der Sun, unter dem Artikel Deutschland, in geheimnißvollen Ausdrücken von gewissen Decembertagen in der Hauptstadt des Bayerlandes, und fügte hinzu: die Juliussonne wäre zu München im December aufgegangen. Man kann sich leicht denken, daß ich gleich nach meiner Rückkunft in London suchte, mir über diese dunkle Sonne Aufklärung zu verschaffen. Der bayerische Gesandte wußte gar nichts darum und der preußische, der treffliche Geheimerath v. Bülow, erwiederte: er glaube gehört zu haben, daß einige betrunkene Studenten singend und lärmend durch die Straßen gezogen wären.</p><lb/> <p>Nun ging es frisch ans Werk. Das Schiff ward vor Anker gebracht, und schnell waren die Boote herabgelassen, welche uns bei heiterem Wetter, unter lustigem Wellenschlag, an den Landungsplatz hinführten. Nur einige Tage wollten wir uns hier aufhalten, um frisches Wasser einzunehmen und dann der Heimath zueilen; denn immer fürchtete man noch einen allgemeinen Krieg. Es gab ja – und hierauf legte der Hafenmeister, der ein gewaltiger Politikus schien, ein großes Gewicht – es gab ja keinen König von Frankreich mehr, sondern nur einen König der Franzosen!</p><lb/> <p>Die Jamesstadt, in dem breitesten Thale, zwischen zwei hohen Felsen erbaut, gewährt einen lieblichen heitern Anblick. Hat man den Landungsplatz, der eine Art Vorsprung in die See hinein bildet, hinter sich, so kommt man zu einer Zugbrücke, und der Weg führt dann zwischen einer Anhöhe durch, auf welcher die schönsten Bäume der Insel und eine Anzahl Zweiunddreißigpfünder sich erheben, zu einem gewölbten Bogengang hin zu der kleinen niedlichen Stadt. Rechts sieht man ein freundliches Wirthshaus, einen schönen mit Bäumen garnirten Paradeplatz, der wohl einen Raum von hundert Quadratfuß einnehmen mag; links das prächtige, mit Wällen und Brustwehren versehene Schloß, worin der Gouverneur und die höhern Beamten der Insel wohnen. Gleich neben daran ist die Hauptwache. Dem Thorwege gegenüber steht die Kirche, ein herrliches Gebäude; daneben ein kleines niedliches Theater, im neuern italienischen Style erbaut, der für diese Breiten, wie wir mehrmalen in tropischen Klimaten, namentlich in Singapura, zu bemerken Gelegenheit hatten, besonders geeignet scheint. Die Hauptstraße der Stadt beginnt zwischen der Kirche und einem schön eingezäunten Rasenplatz, der Compagniegarten genannt, und besteht aus ungefähr dreißig niedlichen Häusern, worin die angesehensten Leute des Ortes wohnen. Diese Straße theilt sich dann in zwei Gassen, wovon die eine gen Osten ins Land hineinführt und die andere thalaufwärts über eine hölzerne Brücke, unter welcher damals ein unbedeutendes Bächlein vorüberfloß, das aber in der Regenzeit zu einem reißenden Strome anschwellen soll. 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Vom Archipel hat die Karte des französischen Capitäns Gautier durch ihre correcten Bestimmungen allgemeine Anerkennung gefunden, doch besteht ihr Verdienst mehr in der Triangulation als in zahlreichen Tiefenmessungen. Das ausgezeichnete Werk des Capitäns Beaufort, jetzt bekanntlich Chef des hydrographischen Bureau's der englischen Admiralität, hat dessen Verdienste um die Vermessung der Küsten Karamaniens nicht nur der Marine, sondern auch der gelehrten Welt bekannt gemacht, und wer durch die Dardanellen nach Konstantinopel fährt, erhält sicher Kunde von der durch den ehemaligen Capitän des Madagascar, Sir Edmond Lyons, verbesserten Seekarte dieser Gegend. Während der Unruhen der griechischen Revolution war Capitän Copeland von der Admiralität mit der Vermessung der Küsten Griechenlands und Kleinasiens beauftragt. 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zu fahren. „Friede, Friede“ schallten uns schon von Ferne die Stimmen aus dem rückkehrenden Boote entgegen, und schnell schwang sich der Officier, der gen Jamesstadt beordert war, mit einem untergeordneten Beamten und einigen Geschäftsleuten des Orts vom Boot auf das Verdeck empor. Hinter ihm, zu unserm großen Ergötzen, ein Matrose mit einem starken Pack Zeitungen. Alles fiel nun mit Heißhunger über die Neuigkeiten her. Der eine schlug den letzten Londoner Preiscourant nach, um zu sehen, wie viel er etwa hoffen könnte, an seinen mitgebrachten Waaren zu gewinnen; der zweite wollte wissen, was sein Vetter unterdessen im Parlamente gesprochen habe; der dritte sah nach, wie die „verfluchten Franzosen“ bei der letzten Umwälzung sich benommen haben, und der vierte durchblätterte die Todtenlisten, forschend, ob ihm kein lieber Freund, keine theure Freundin durch den Tod entrissen wurde. Ich selbst durchflog eilenden Blickes die Riesenblätter, die Times, den Sun, den Courier, und ließ anfangs Frankreich und England und die ganze Welt beiseite liegen. Das Auge blieb an den zerbröckelten, nichtssagenden Neuigkeiten aus Deutschland haften, welche hie und da unter andern verlornen Notizen, gleichwie arme und verachtete Fremdlinge in dem reichen England, zerstreut herumlagen. Da fand ich wie gewöhnlich, daß dieser oder jener Fürst in die Bäder gereist sey, daß ein königlicher Prinz mit der Gemahlin einer Magnificenz den Ball eröffnet, daß es bald hier bald dort gebrannt habe und daß an diesem Tage die Kammern eines Bundesstaates eröffnet und an jenem wiederum geschlossen wurden. Was wäre auch von Deutschland Anderes zu berichten! Aber siehe, zu meinem großen Erstaunen sprach der Sun, unter dem Artikel Deutschland, in geheimnißvollen Ausdrücken von gewissen Decembertagen in der Hauptstadt des Bayerlandes, und fügte hinzu: die Juliussonne wäre zu München im December aufgegangen. Man kann sich leicht denken, daß ich gleich nach meiner Rückkunft in London suchte, mir über diese dunkle Sonne Aufklärung zu verschaffen. Der bayerische Gesandte wußte gar nichts darum und der preußische, der treffliche Geheimerath v. Bülow, erwiederte: er glaube gehört zu haben, daß einige betrunkene Studenten singend und lärmend durch die Straßen gezogen wären.
Nun ging es frisch ans Werk. Das Schiff ward vor Anker gebracht, und schnell waren die Boote herabgelassen, welche uns bei heiterem Wetter, unter lustigem Wellenschlag, an den Landungsplatz hinführten. Nur einige Tage wollten wir uns hier aufhalten, um frisches Wasser einzunehmen und dann der Heimath zueilen; denn immer fürchtete man noch einen allgemeinen Krieg. Es gab ja – und hierauf legte der Hafenmeister, der ein gewaltiger Politikus schien, ein großes Gewicht – es gab ja keinen König von Frankreich mehr, sondern nur einen König der Franzosen!
Die Jamesstadt, in dem breitesten Thale, zwischen zwei hohen Felsen erbaut, gewährt einen lieblichen heitern Anblick. Hat man den Landungsplatz, der eine Art Vorsprung in die See hinein bildet, hinter sich, so kommt man zu einer Zugbrücke, und der Weg führt dann zwischen einer Anhöhe durch, auf welcher die schönsten Bäume der Insel und eine Anzahl Zweiunddreißigpfünder sich erheben, zu einem gewölbten Bogengang hin zu der kleinen niedlichen Stadt. Rechts sieht man ein freundliches Wirthshaus, einen schönen mit Bäumen garnirten Paradeplatz, der wohl einen Raum von hundert Quadratfuß einnehmen mag; links das prächtige, mit Wällen und Brustwehren versehene Schloß, worin der Gouverneur und die höhern Beamten der Insel wohnen. Gleich neben daran ist die Hauptwache. Dem Thorwege gegenüber steht die Kirche, ein herrliches Gebäude; daneben ein kleines niedliches Theater, im neuern italienischen Style erbaut, der für diese Breiten, wie wir mehrmalen in tropischen Klimaten, namentlich in Singapura, zu bemerken Gelegenheit hatten, besonders geeignet scheint. Die Hauptstraße der Stadt beginnt zwischen der Kirche und einem schön eingezäunten Rasenplatz, der Compagniegarten genannt, und besteht aus ungefähr dreißig niedlichen Häusern, worin die angesehensten Leute des Ortes wohnen. Diese Straße theilt sich dann in zwei Gassen, wovon die eine gen Osten ins Land hineinführt und die andere thalaufwärts über eine hölzerne Brücke, unter welcher damals ein unbedeutendes Bächlein vorüberfloß, das aber in der Regenzeit zu einem reißenden Strome anschwellen soll. In dieser Straße sind die Casernen, der sogenannte neue Garten, das Hospital und ungefähr ein Hundert mit Läden versehener Häuser, worin alle Gattungen europäischer, indischer und chinesischer Waaren feilgeboten werden.
(Beschluß folgt.)
Englische Hydrographie des Mittelmeeres.
Schon seit geraumer Zeit sind die Engländer sowohl in den Gewässern der südlichen Halbkugel als auch im Mittelmeer beschäftigt, die Tiefe des Meeres an den Küsten genau zu ermessen, und danach zum Besten der Schifffahrt und zur Sicherung vor Gefahren Karten zu entwerfen, welche nicht nur jedes Riff, jede Sandbank, jede Klippe angeben, sondern auch durch Zahlen überall die Tiefe des Meeres in einer viel vollständigeren Weise bezeichnen, als in den bisherigen Seekarten der Fall war. Eine schon ausgezeichnete Arbeit dieser Arbeit war die des Capitäns Smyth über die Küstenmeere Italiens und Siciliens. Vom Archipel hat die Karte des französischen Capitäns Gautier durch ihre correcten Bestimmungen allgemeine Anerkennung gefunden, doch besteht ihr Verdienst mehr in der Triangulation als in zahlreichen Tiefenmessungen. Das ausgezeichnete Werk des Capitäns Beaufort, jetzt bekanntlich Chef des hydrographischen Bureau's der englischen Admiralität, hat dessen Verdienste um die Vermessung der Küsten Karamaniens nicht nur der Marine, sondern auch der gelehrten Welt bekannt gemacht, und wer durch die Dardanellen nach Konstantinopel fährt, erhält sicher Kunde von der durch den ehemaligen Capitän des Madagascar, Sir Edmond Lyons, verbesserten Seekarte dieser Gegend. Während der Unruhen der griechischen Revolution war Capitän Copeland von der Admiralität mit der Vermessung der Küsten Griechenlands und Kleinasiens beauftragt. Nachdem derselbe seine Entlassung genommen, wurde dem Hrn. Graves, der früher sowohl im Mittelmeer als im Südmeer bei diesen Arbeiten beschäftigt gewesen, in Rücksicht seiner anerkannten Tüchtigkeit, obgleich er nur Lieutenant war, das Commando des Beakon und der dazu gehörigen kleineren Schiffe und Boote übergeben; und er ist es, der gegenwärtig, unterstützt durch eine Anzahl ausgezeichneter Marine-Ingenieurs, die sowohl für die Schifffahrt als für die Wissenschaft höchst wichtigen hydrographischen Arbeiten an jenen Küsten leitet und ausführt. Kaum verkündet eine Schwalbe den Frühling, so verläßt der Beakon seine Winterstation in Malta, um sich in die Gegend zu begeben, welche für die Vermessungen des Sommers ausersehen ist. Während der Reise werden in dem Zeichenzimmer, welches Hr. Graves mit einer Bibliothek der trefflichsten Werke sowohl über Schifffahrtskunde als über die Länder des Alterthums ausgestattet hat, Vorstudien gemacht, zu denen die historischen Beziehungen der zu besuchenden Küsten und die Bildung der kenntnißreichen Officiere auffordern. Nach
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