Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.tigkeit und Willkürlichkeit, mit welcher man die Eigennamen Somit erscheint es überhaupt geschichtlich wie besonders sprach- Außer den angeführten Bezeichnungen hat die deutsche Sprache 1) Ebenso beachtenswerth ist lib. V, tract. 6, p. 1269 -- 1450, von den
"Stammwörtern der Teutschen Sprache". Abgeschmackt ist die Ableitung, welche Ahasv. Fritsch in seiner "Diatribe Historico-Politica de Zygenorum origine vita et moribus" (Jena 1660), membr. 1, gibt, indem er sagt: No- strates Germani eos adpellitant "Zigeuner" quasi dicas "zig oder ziehe einher" h. e. vagantes et vagabundos. Dieselbe wunderliche Ableitung adoptirt, gestützt auf Wehner, "Obs. pr.", lit. II, Weißenbruch, "Ausführliche Relation von der famosen Zigeunerbande u. s. w." (s. d. Lit.), mit dem Zu- satz: "zumalen man auch die vagabundos et errones schon in vorigen Zei- ten, ehe die Zigeuner bekandt worden, Zih-Gau (?) genennet hat." tigkeit und Willkürlichkeit, mit welcher man die Eigennamen Somit erſcheint es überhaupt geſchichtlich wie beſonders ſprach- Außer den angeführten Bezeichnungen hat die deutſche Sprache 1) Ebenſo beachtenswerth iſt lib. V, tract. 6, p. 1269 — 1450, von den
„Stammwörtern der Teutſchen Sprache“. Abgeſchmackt iſt die Ableitung, welche Ahasv. Fritſch in ſeiner „Diatribe Historico-Politica de Zygenorum origine vita et moribus“ (Jena 1660), membr. 1, gibt, indem er ſagt: No- strates Germani eos adpellitant „Zigeuner“ quasi dicas „zig oder ziehe einher“ h. e. vagantes et vagabundos. Dieſelbe wunderliche Ableitung adoptirt, geſtützt auf Wehner, „Obs. pr.“, lit. II, Weißenbruch, „Ausführliche Relation von der famoſen Zigeunerbande u. ſ. w.“ (ſ. d. Lit.), mit dem Zu- ſatz: „zumalen man auch die vagabundos et errones ſchon in vorigen Zei- ten, ehe die Zigeuner bekandt worden, Zih-Gau (?) genennet hat.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0027" n="11"/> tigkeit und Willkürlichkeit, mit welcher man die Eigennamen<lb/> häufig bis zur Unkenntlichkeit ihres wahren Urſprungs behandelt<lb/> hat. Schon der oben angeführte Schottelius gibt <hi rendition="#aq">lib. V</hi>, in einem<lb/> eigenen Tractat, eine ausführliche Erklärung der deutſchen Eigen-<lb/> namen, die nicht minder überraſchend als verdienſtlich und werth-<lb/> voll iſt. <note place="foot" n="1)">Ebenſo beachtenswerth iſt <hi rendition="#aq">lib. V, tract. 6, p.</hi> 1269 — 1450, von den<lb/> „Stammwörtern der Teutſchen Sprache“. Abgeſchmackt iſt die Ableitung,<lb/> welche Ahasv. Fritſch in ſeiner <hi rendition="#aq">„Diatribe Historico-Politica de Zygenorum<lb/> origine vita et moribus</hi>“ (Jena 1660), <hi rendition="#aq">membr.</hi> 1, gibt, indem er ſagt: <hi rendition="#aq">No-<lb/> strates Germani eos adpellitant</hi> „Zigeuner“ <hi rendition="#aq">quasi dicas</hi> „<hi rendition="#g">zig</hi> oder <hi rendition="#g">ziehe<lb/> einher</hi>“ <hi rendition="#aq">h. e. vagantes et vagabundos.</hi> Dieſelbe wunderliche Ableitung<lb/> adoptirt, geſtützt auf Wehner, <hi rendition="#aq">„Obs. pr.“, lit. II</hi>, Weißenbruch, „Ausführliche<lb/> Relation von der famoſen Zigeunerbande u. ſ. w.“ (ſ. d. Lit.), mit dem Zu-<lb/> ſatz: „zumalen man auch die <hi rendition="#aq">vagabundos et errones</hi> ſchon in vorigen Zei-<lb/> ten, ehe die Zigeuner bekandt worden, Zih-Gau (?) genennet hat.“</note></p><lb/> <p>Somit erſcheint es überhaupt geſchichtlich wie beſonders ſprach-<lb/> geſchichtlich gerechtfertigt, wenn man das Wort <hi rendition="#g">Gauner</hi> für eine<lb/> Verkürzung des Wortes <hi rendition="#g">Zigeuner</hi> nimmt.</p><lb/> <p>Außer den angeführten Bezeichnungen hat die deutſche Sprache<lb/> keine andern, welche vollſtändig dem Begriff des Gauners ent-<lb/> ſprechen, obſchon es eine Menge Ausdrücke für herumſtreichendes<lb/> bettleriſches und verbrecheriſches Geſindel gibt, z. B. ſtarke Bett-<lb/> ler (<hi rendition="#aq">validi mendicantes,</hi> über welche ſchon der heilige Ambroſius,<lb/><hi rendition="#aq">„De off. minist.“, lib. II, c.</hi> 16, bittere Klage führt und der wackere<lb/> Felix Hemmerlin in ſeinem trefflichen Schreiben, 1438, an Bi-<lb/> ſchof Heinrich von Konſtanz eifert), Landtfahrer, Alchbrüder (von<lb/><foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign>, <hi rendition="#aq">halach,</hi> gehen, umhergehen), gardende Knechte, Gardenbrü-<lb/> der, Gardeſchweſtern, Gardegänger (von Gvardie, Guardie, <hi rendition="#aq">cu-<lb/> stodia</hi>), Landsknechte, Schnalzer, Störger, Partirer, Schnapp-<lb/> hähne, Breger, Stabuler, Loßner, Klenckner, Dobiſſer, Kame-<lb/> ſirer, Vagerer, Grantener, Dutzer, Schlepper, Zickiſſen, Schwan-<lb/> felder, Vopper, Dallinger, Dutzbetterinen, Sündfeger, Billträger,<lb/> Jungfrawen, Mumſen, Sontzen, Kandirer, Veraner, Chriſtianer,<lb/> Seffer, Schweiger, Burckartbettler, Blatſchirer u. ſ. w., über<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0027]
tigkeit und Willkürlichkeit, mit welcher man die Eigennamen
häufig bis zur Unkenntlichkeit ihres wahren Urſprungs behandelt
hat. Schon der oben angeführte Schottelius gibt lib. V, in einem
eigenen Tractat, eine ausführliche Erklärung der deutſchen Eigen-
namen, die nicht minder überraſchend als verdienſtlich und werth-
voll iſt. 1)
Somit erſcheint es überhaupt geſchichtlich wie beſonders ſprach-
geſchichtlich gerechtfertigt, wenn man das Wort Gauner für eine
Verkürzung des Wortes Zigeuner nimmt.
Außer den angeführten Bezeichnungen hat die deutſche Sprache
keine andern, welche vollſtändig dem Begriff des Gauners ent-
ſprechen, obſchon es eine Menge Ausdrücke für herumſtreichendes
bettleriſches und verbrecheriſches Geſindel gibt, z. B. ſtarke Bett-
ler (validi mendicantes, über welche ſchon der heilige Ambroſius,
„De off. minist.“, lib. II, c. 16, bittere Klage führt und der wackere
Felix Hemmerlin in ſeinem trefflichen Schreiben, 1438, an Bi-
ſchof Heinrich von Konſtanz eifert), Landtfahrer, Alchbrüder (von
_ , halach, gehen, umhergehen), gardende Knechte, Gardenbrü-
der, Gardeſchweſtern, Gardegänger (von Gvardie, Guardie, cu-
stodia), Landsknechte, Schnalzer, Störger, Partirer, Schnapp-
hähne, Breger, Stabuler, Loßner, Klenckner, Dobiſſer, Kame-
ſirer, Vagerer, Grantener, Dutzer, Schlepper, Zickiſſen, Schwan-
felder, Vopper, Dallinger, Dutzbetterinen, Sündfeger, Billträger,
Jungfrawen, Mumſen, Sontzen, Kandirer, Veraner, Chriſtianer,
Seffer, Schweiger, Burckartbettler, Blatſchirer u. ſ. w., über
1) Ebenſo beachtenswerth iſt lib. V, tract. 6, p. 1269 — 1450, von den
„Stammwörtern der Teutſchen Sprache“. Abgeſchmackt iſt die Ableitung,
welche Ahasv. Fritſch in ſeiner „Diatribe Historico-Politica de Zygenorum
origine vita et moribus“ (Jena 1660), membr. 1, gibt, indem er ſagt: No-
strates Germani eos adpellitant „Zigeuner“ quasi dicas „zig oder ziehe
einher“ h. e. vagantes et vagabundos. Dieſelbe wunderliche Ableitung
adoptirt, geſtützt auf Wehner, „Obs. pr.“, lit. II, Weißenbruch, „Ausführliche
Relation von der famoſen Zigeunerbande u. ſ. w.“ (ſ. d. Lit.), mit dem Zu-
ſatz: „zumalen man auch die vagabundos et errones ſchon in vorigen Zei-
ten, ehe die Zigeuner bekandt worden, Zih-Gau (?) genennet hat.“
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