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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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niss, sobald er damit einen Verschluß geöffnet hat, kawure zu legen.
Die Durchsuchung der dem geöffneten Verschluß nächsten Um-
gebung, der hohlen Füße unter den Schränken, der Gurten unter
Stuhlpolstern, der Tischschubladen u. s. w., wohin der vorsichtige
Gauner die Schlüssel für den Fall des Aufstoßes hinlegt, um sie
beim ungefährdeten Hinweggange wieder mitnehmen zu können,
ist daher ebenso nothwendig wie die persönliche Visitation.

Die Kawure an seinem Körper ist dem Gauner die
nächste und behendeste. Sie gewährt ihm zugleich den Vortheil,
in der dringendsten Gefahr die verdächtigen Sachen am unschein-
lichsten verstecken zu können, ohne auch darum die Hoffnung auf
die Wiedererlangung aufgeben zu dürfen. Der letztere Umstand
macht daher den Transport von Gaunern, bevor sie visitirt sind,
namentlich im Dunkeln, sehr bedenklich, da sie auf dem Wege
zum Gefängniß, sobald sie nicht zu entkommen hoffen können,
heimlich alles Verdächtige von sich werfen. 1) Man kann daher
nie genug die Aufmerksamkeit der Subalternen auf die schleunigste
und gründlichste Visitation gefangener Gauner lenken. Das
Durchsuchen der Taschen eines Kleidungsstücks genügt nicht allein:
das Futter, jede Naht, jeder Rockkragen und jede Falte, Stiefel-
oder Schuhsohle, jeder Strumpf, Handschuh, Hut und Mütze,
besonders aber die zum Versteck von Feilen, Sägen und Klamo-
niss sehr geeigneten Bruchbänder, müssen auf das sorgfältigste
durchsucht werden, da namentlich Geld und die zur äußersten Fein-
heit gearbeiteten Sägen und Feilen darin verborgen sein können.
Besonders wichtig ist eine genaue Untersuchung der Knöpfe, da
sie das Mittel sind, wodurch vorzüglich Geld und namentlich Gold

1) Auf dem Fußtransporte geschieht das besonders in Gossen und Sielen.
Meistens steckt der Gauner die Hand in die Beinkleidertasche, zerreißt diese
mit den Fingern und läßt die verdächtigen Sachen im Beinkleid herunter-
gleiten. Auf dem Wagen, namentlich bei unebenen Landwegen, ist ein rasches
Wegwerfen durch eine Armbewegung noch scheinloser und schwieriger zu ent-
decken; auch bietet der Wagensitz oder der Strohsack genug Gelegenheit, etwas
kawure zu legen, was vielleicht herabfällt, oder vom Fuhrmann zu spät gefunden
oder nicht abgeliefert wird.

niſſ, ſobald er damit einen Verſchluß geöffnet hat, kawure zu legen.
Die Durchſuchung der dem geöffneten Verſchluß nächſten Um-
gebung, der hohlen Füße unter den Schränken, der Gurten unter
Stuhlpolſtern, der Tiſchſchubladen u. ſ. w., wohin der vorſichtige
Gauner die Schlüſſel für den Fall des Aufſtoßes hinlegt, um ſie
beim ungefährdeten Hinweggange wieder mitnehmen zu können,
iſt daher ebenſo nothwendig wie die perſönliche Viſitation.

Die Kawure an ſeinem Körper iſt dem Gauner die
nächſte und behendeſte. Sie gewährt ihm zugleich den Vortheil,
in der dringendſten Gefahr die verdächtigen Sachen am unſchein-
lichſten verſtecken zu können, ohne auch darum die Hoffnung auf
die Wiedererlangung aufgeben zu dürfen. Der letztere Umſtand
macht daher den Transport von Gaunern, bevor ſie viſitirt ſind,
namentlich im Dunkeln, ſehr bedenklich, da ſie auf dem Wege
zum Gefängniß, ſobald ſie nicht zu entkommen hoffen können,
heimlich alles Verdächtige von ſich werfen. 1) Man kann daher
nie genug die Aufmerkſamkeit der Subalternen auf die ſchleunigſte
und gründlichſte Viſitation gefangener Gauner lenken. Das
Durchſuchen der Taſchen eines Kleidungsſtücks genügt nicht allein:
das Futter, jede Naht, jeder Rockkragen und jede Falte, Stiefel-
oder Schuhſohle, jeder Strumpf, Handſchuh, Hut und Mütze,
beſonders aber die zum Verſteck von Feilen, Sägen und Klamo-
niſſ ſehr geeigneten Bruchbänder, müſſen auf das ſorgfältigſte
durchſucht werden, da namentlich Geld und die zur äußerſten Fein-
heit gearbeiteten Sägen und Feilen darin verborgen ſein können.
Beſonders wichtig iſt eine genaue Unterſuchung der Knöpfe, da
ſie das Mittel ſind, wodurch vorzüglich Geld und namentlich Gold

1) Auf dem Fußtransporte geſchieht das beſonders in Goſſen und Sielen.
Meiſtens ſteckt der Gauner die Hand in die Beinkleidertaſche, zerreißt dieſe
mit den Fingern und läßt die verdächtigen Sachen im Beinkleid herunter-
gleiten. Auf dem Wagen, namentlich bei unebenen Landwegen, iſt ein raſches
Wegwerfen durch eine Armbewegung noch ſcheinloſer und ſchwieriger zu ent-
decken; auch bietet der Wagenſitz oder der Strohſack genug Gelegenheit, etwas
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oder nicht abgeliefert wird.
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[114/0126] niſſ, ſobald er damit einen Verſchluß geöffnet hat, kawure zu legen. Die Durchſuchung der dem geöffneten Verſchluß nächſten Um- gebung, der hohlen Füße unter den Schränken, der Gurten unter Stuhlpolſtern, der Tiſchſchubladen u. ſ. w., wohin der vorſichtige Gauner die Schlüſſel für den Fall des Aufſtoßes hinlegt, um ſie beim ungefährdeten Hinweggange wieder mitnehmen zu können, iſt daher ebenſo nothwendig wie die perſönliche Viſitation. Die Kawure an ſeinem Körper iſt dem Gauner die nächſte und behendeſte. Sie gewährt ihm zugleich den Vortheil, in der dringendſten Gefahr die verdächtigen Sachen am unſchein- lichſten verſtecken zu können, ohne auch darum die Hoffnung auf die Wiedererlangung aufgeben zu dürfen. Der letztere Umſtand macht daher den Transport von Gaunern, bevor ſie viſitirt ſind, namentlich im Dunkeln, ſehr bedenklich, da ſie auf dem Wege zum Gefängniß, ſobald ſie nicht zu entkommen hoffen können, heimlich alles Verdächtige von ſich werfen. 1) Man kann daher nie genug die Aufmerkſamkeit der Subalternen auf die ſchleunigſte und gründlichſte Viſitation gefangener Gauner lenken. Das Durchſuchen der Taſchen eines Kleidungsſtücks genügt nicht allein: das Futter, jede Naht, jeder Rockkragen und jede Falte, Stiefel- oder Schuhſohle, jeder Strumpf, Handſchuh, Hut und Mütze, beſonders aber die zum Verſteck von Feilen, Sägen und Klamo- niſſ ſehr geeigneten Bruchbänder, müſſen auf das ſorgfältigſte durchſucht werden, da namentlich Geld und die zur äußerſten Fein- heit gearbeiteten Sägen und Feilen darin verborgen ſein können. Beſonders wichtig iſt eine genaue Unterſuchung der Knöpfe, da ſie das Mittel ſind, wodurch vorzüglich Geld und namentlich Gold 1) Auf dem Fußtransporte geſchieht das beſonders in Goſſen und Sielen. Meiſtens ſteckt der Gauner die Hand in die Beinkleidertaſche, zerreißt dieſe mit den Fingern und läßt die verdächtigen Sachen im Beinkleid herunter- gleiten. Auf dem Wagen, namentlich bei unebenen Landwegen, iſt ein raſches Wegwerfen durch eine Armbewegung noch ſcheinloſer und ſchwieriger zu ent- decken; auch bietet der Wagenſitz oder der Strohſack genug Gelegenheit, etwas kawure zu legen, was vielleicht herabfällt, oder vom Fuhrmann zu ſpät gefunden oder nicht abgeliefert wird.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/126>, abgerufen am 21.11.2024.