seife, bestrichenen Lappens oder Papierbogens eingedrückt, um das Klirren des springenden Glases zu dämpfen. Erfahrene und ge- übte Gauner vermeiden jedoch das Eindrücken, da es keineswegs leicht ist, ohne festen kurzen Druck, den man mit der freien Hand nur sehr schwer bewirken kann, die elastische Scheibe zum Sprin- gen zu bringen, was aber immer und unter allen Umständen von einem dumpfen Knall begleitet ist, den man deutlich hören und unterscheiden kann. Dieser Knall macht es nöthig, daß der Schränker eine Zeit lang warten muß, um zu erforschen, ob nicht etwa der Knall von den Hausbewohnern gehört worden ist. Die- selbe Vorsicht ist auch bei dem Herausnehmen der Glasscherben aus den Rahmen nöthig, da die Scherben fast immer lebhaft dabei knistern und beim Herausbrechen laut klingen. Der routi- nirte Schränker zieht es daher vor, die Scheibe ganz herauszu- nehmen, indem er den entweder frischen oder verwitterten und namentlich auf dem Lande besonders nach der Sonnenseite hin bald mürbe und brüchig werdenden Kitt mit dem Kaut losschneidet, wobei ihm die höchst elende Verstiftung der Scheiben mit dünnen Drahtstiften fast gar keine Schwierigkeit darbietet. Beim Bal- dowern sind die Fenster mit ihrer Verkittung schon immer ein hauptsächlicher Gegenstand scharfer Beobachtung. Vielfach werden aber auch die Ueberfallhaken der Fenster mit dem Brunger aus- gebohrt, was sich rasch und leicht bewerkstelligen läßt.
Werden die Fenster durch Schalter von außen gesichert, die von innen angeschroben werden, so werden die Schraubenmütter, wenn ihre Niete oder Stifte nicht mit der scharfen Kneifzange, dem Beißer, abgekniffen, und mit der Mutter abgedreht werden können, lewone gelegt. Schalter mit durchlochten Querstangen, die mit Bolzen und Splinten von innen befestigt werden, bieten sehr große Schwierigkeiten, namentlich wenn die Bolzen innen
pentinpflaster habe ich in meiner Praxis noch nie gefunden, auch wenig von deren Anwendung gehört. Ob etwa der scharfe Geruch, den der Terpentin weithin verbreitet und der die Hunde beunruhigt, die Anwendung unrathsam macht? Mindestens ist auch Terpentin nicht immer so leicht und unverdächtig zur Hand als die obengenannten fettigen Substanzen.
ſeife, beſtrichenen Lappens oder Papierbogens eingedrückt, um das Klirren des ſpringenden Glaſes zu dämpfen. Erfahrene und ge- übte Gauner vermeiden jedoch das Eindrücken, da es keineswegs leicht iſt, ohne feſten kurzen Druck, den man mit der freien Hand nur ſehr ſchwer bewirken kann, die elaſtiſche Scheibe zum Sprin- gen zu bringen, was aber immer und unter allen Umſtänden von einem dumpfen Knall begleitet iſt, den man deutlich hören und unterſcheiden kann. Dieſer Knall macht es nöthig, daß der Schränker eine Zeit lang warten muß, um zu erforſchen, ob nicht etwa der Knall von den Hausbewohnern gehört worden iſt. Die- ſelbe Vorſicht iſt auch bei dem Herausnehmen der Glasſcherben aus den Rahmen nöthig, da die Scherben faſt immer lebhaft dabei kniſtern und beim Herausbrechen laut klingen. Der routi- nirte Schränker zieht es daher vor, die Scheibe ganz herauszu- nehmen, indem er den entweder friſchen oder verwitterten und namentlich auf dem Lande beſonders nach der Sonnenſeite hin bald mürbe und brüchig werdenden Kitt mit dem Kaut losſchneidet, wobei ihm die höchſt elende Verſtiftung der Scheiben mit dünnen Drahtſtiften faſt gar keine Schwierigkeit darbietet. Beim Bal- dowern ſind die Fenſter mit ihrer Verkittung ſchon immer ein hauptſächlicher Gegenſtand ſcharfer Beobachtung. Vielfach werden aber auch die Ueberfallhaken der Fenſter mit dem Brunger aus- gebohrt, was ſich raſch und leicht bewerkſtelligen läßt.
Werden die Fenſter durch Schalter von außen geſichert, die von innen angeſchroben werden, ſo werden die Schraubenmütter, wenn ihre Niete oder Stifte nicht mit der ſcharfen Kneifzange, dem Beißer, abgekniffen, und mit der Mutter abgedreht werden können, lewone gelegt. Schalter mit durchlochten Querſtangen, die mit Bolzen und Splinten von innen befeſtigt werden, bieten ſehr große Schwierigkeiten, namentlich wenn die Bolzen innen
pentinpflaſter habe ich in meiner Praxis noch nie gefunden, auch wenig von deren Anwendung gehört. Ob etwa der ſcharfe Geruch, den der Terpentin weithin verbreitet und der die Hunde beunruhigt, die Anwendung unrathſam macht? Mindeſtens iſt auch Terpentin nicht immer ſo leicht und unverdächtig zur Hand als die obengenannten fettigen Subſtanzen.
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ſeife, beſtrichenen Lappens oder Papierbogens eingedrückt, um das
Klirren des ſpringenden Glaſes zu dämpfen. Erfahrene und ge-
übte Gauner vermeiden jedoch das Eindrücken, da es keineswegs
leicht iſt, ohne feſten kurzen Druck, den man mit der freien Hand
nur ſehr ſchwer bewirken kann, die elaſtiſche Scheibe zum Sprin-
gen zu bringen, was aber immer und unter allen Umſtänden von
einem dumpfen Knall begleitet iſt, den man deutlich hören und
unterſcheiden kann. Dieſer Knall macht es nöthig, daß der
Schränker eine Zeit lang warten muß, um zu erforſchen, ob nicht
etwa der Knall von den Hausbewohnern gehört worden iſt. Die-
ſelbe Vorſicht iſt auch bei dem Herausnehmen der Glasſcherben
aus den Rahmen nöthig, da die Scherben faſt immer lebhaft
dabei kniſtern und beim Herausbrechen laut klingen. Der routi-
nirte Schränker zieht es daher vor, die Scheibe ganz herauszu-
nehmen, indem er den entweder friſchen oder verwitterten und
namentlich auf dem Lande beſonders nach der Sonnenſeite hin
bald mürbe und brüchig werdenden Kitt mit dem Kaut losſchneidet,
wobei ihm die höchſt elende Verſtiftung der Scheiben mit dünnen
Drahtſtiften faſt gar keine Schwierigkeit darbietet. Beim Bal-
dowern ſind die Fenſter mit ihrer Verkittung ſchon immer ein
hauptſächlicher Gegenſtand ſcharfer Beobachtung. Vielfach werden
aber auch die Ueberfallhaken der Fenſter mit dem Brunger aus-
gebohrt, was ſich raſch und leicht bewerkſtelligen läßt.
Werden die Fenſter durch Schalter von außen geſichert, die
von innen angeſchroben werden, ſo werden die Schraubenmütter,
wenn ihre Niete oder Stifte nicht mit der ſcharfen Kneifzange,
dem Beißer, abgekniffen, und mit der Mutter abgedreht werden
können, lewone gelegt. Schalter mit durchlochten Querſtangen,
die mit Bolzen und Splinten von innen befeſtigt werden, bieten
ſehr große Schwierigkeiten, namentlich wenn die Bolzen innen
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4) pentinpflaſter habe ich in meiner Praxis noch nie gefunden, auch wenig von
deren Anwendung gehört. Ob etwa der ſcharfe Geruch, den der Terpentin
weithin verbreitet und der die Hunde beunruhigt, die Anwendung unrathſam
macht? Mindeſtens iſt auch Terpentin nicht immer ſo leicht und unverdächtig
zur Hand als die obengenannten fettigen Subſtanzen.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/142>, abgerufen am 16.02.2025.
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