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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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durch gute Schnappfedern gehalten werden, oder wenn die Splinte
gut gefedert sind, oder zwischen Stiften laufen, daß sie nicht durch
Drehen des Bolzenkopfs zum Herausfallen gebracht werden können.
Der Schränker hat selten so viel Zeit, unbeachtet unter der Stange
eine Lewone zu legen, die Scheibe einzudrücken und die Splinte
mit der Hand auszuziehen, obgleich diese schwierige Operation
nicht selten mit rascher Kunstfertigkeit gewagt wird, sobald nur
der Schränker sich einigermaßen sicher weiß. Sind die Schalter
von innen angebracht, so können die von innen übergelegten Rie-
gel oder Stangen nach Oeffnung des Fensters leicht mittels einer
Lewone, oder mit dem Kaut oder Schabber in die Höhe geschoben
werden. Ein weit gefürchteteres Hinderniß bieten aber die auf
den Fensterbänken befindlichen Blumentöpfe, die beim Zurückschieben
der Schalter herunterfallen und durch ihr Geräusch die Schränker
verrathen, weshalb man nie versäumen sollte, abends nach Schlie-
ßung der Schalter, die Blumentöpfe wieder auf die Fensterbänke
stellen zu lassen.

Jst das Fenster mit Eisenstäben oder Gittern, Barsel 1),
Barseilim, versehen, so werden diese entweder gewaltsam her-
ausgebrochen, geschwächt, oder auch, wenn die Zeit und Ge-
legenheit es erlaubt, mit der Säge, Magseira 2), Megerre,
Mascher,
oder der Feile, Pezire 3), Barselsschärfe durch-
schnitten, gefetzt; das Schwächen wird besonders dann vorge-
nommen, wenn das Gitter außerhalb der Fensterscheiben angebracht
ist. Ein tüchtiger Strick 4) -- [fremdsprachliches Material - fehlt], chebel (Kabel), Gewel, Ka-
bohl, Längling, Regierung
-- wird durch die Mitte des Git-
ters geschlungen, um einen tüchtigen Hebebaum oder Wiesenbaum
(Drong) geknüpft, und das Gitter durch Wuchten des Baumes
herausgerissen, wobei entweder das Gitter aus der Zarge bricht

1) [fremdsprachliches Material - fehlt] (barsel), das Eisen, eisernes Werkzeug, eiserne Fesseln, Gitter.
2) [fremdsprachliches Material - fehlt] (magsera), eigentlich die Axt zum Holzfällen.
3) [fremdsprachliches Material - fehlt], eigentlich Stumpfheit, Scharte, schartiges stumpfes Schwert.
4) Die Stricke wickeln sich die Schränker gewöhnlich unter dem Rocke
um den Leib, und legen auch wol noch darunter die zum Wegtragen des gestoh-
lenen Gutes dienenden Säcke, Kissimer (von [fremdsprachliches Material - fehlt] [kis], Beutel, Geldbeutel).
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durch gute Schnappfedern gehalten werden, oder wenn die Splinte
gut gefedert ſind, oder zwiſchen Stiften laufen, daß ſie nicht durch
Drehen des Bolzenkopfs zum Herausfallen gebracht werden können.
Der Schränker hat ſelten ſo viel Zeit, unbeachtet unter der Stange
eine Lewone zu legen, die Scheibe einzudrücken und die Splinte
mit der Hand auszuziehen, obgleich dieſe ſchwierige Operation
nicht ſelten mit raſcher Kunſtfertigkeit gewagt wird, ſobald nur
der Schränker ſich einigermaßen ſicher weiß. Sind die Schalter
von innen angebracht, ſo können die von innen übergelegten Rie-
gel oder Stangen nach Oeffnung des Fenſters leicht mittels einer
Lewone, oder mit dem Kaut oder Schabber in die Höhe geſchoben
werden. Ein weit gefürchteteres Hinderniß bieten aber die auf
den Fenſterbänken befindlichen Blumentöpfe, die beim Zurückſchieben
der Schalter herunterfallen und durch ihr Geräuſch die Schränker
verrathen, weshalb man nie verſäumen ſollte, abends nach Schlie-
ßung der Schalter, die Blumentöpfe wieder auf die Fenſterbänke
ſtellen zu laſſen.

Jſt das Fenſter mit Eiſenſtäben oder Gittern, Barſel 1),
Barſeilim, verſehen, ſo werden dieſe entweder gewaltſam her-
ausgebrochen, geſchwächt, oder auch, wenn die Zeit und Ge-
legenheit es erlaubt, mit der Säge, Magſeira 2), Megerre,
Maſcher,
oder der Feile, Pezire 3), Barſelsſchärfe durch-
ſchnitten, gefetzt; das Schwächen wird beſonders dann vorge-
nommen, wenn das Gitter außerhalb der Fenſterſcheiben angebracht
iſt. Ein tüchtiger Strick 4)[fremdsprachliches Material – fehlt], chebel (Kabel), Gewel, Ka-
bohl, Längling, Regierung
— wird durch die Mitte des Git-
ters geſchlungen, um einen tüchtigen Hebebaum oder Wieſenbaum
(Drong) geknüpft, und das Gitter durch Wuchten des Baumes
herausgeriſſen, wobei entweder das Gitter aus der Zarge bricht

1) [fremdsprachliches Material – fehlt] (barsel), das Eiſen, eiſernes Werkzeug, eiſerne Feſſeln, Gitter.
2) [fremdsprachliches Material – fehlt] (magsera), eigentlich die Axt zum Holzfällen.
3) [fremdsprachliches Material – fehlt], eigentlich Stumpfheit, Scharte, ſchartiges ſtumpfes Schwert.
4) Die Stricke wickeln ſich die Schränker gewöhnlich unter dem Rocke
um den Leib, und legen auch wol noch darunter die zum Wegtragen des geſtoh-
lenen Gutes dienenden Säcke, Kiſſimer (von [fremdsprachliches Material – fehlt] [kis], Beutel, Geldbeutel).
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[131/0143] durch gute Schnappfedern gehalten werden, oder wenn die Splinte gut gefedert ſind, oder zwiſchen Stiften laufen, daß ſie nicht durch Drehen des Bolzenkopfs zum Herausfallen gebracht werden können. Der Schränker hat ſelten ſo viel Zeit, unbeachtet unter der Stange eine Lewone zu legen, die Scheibe einzudrücken und die Splinte mit der Hand auszuziehen, obgleich dieſe ſchwierige Operation nicht ſelten mit raſcher Kunſtfertigkeit gewagt wird, ſobald nur der Schränker ſich einigermaßen ſicher weiß. Sind die Schalter von innen angebracht, ſo können die von innen übergelegten Rie- gel oder Stangen nach Oeffnung des Fenſters leicht mittels einer Lewone, oder mit dem Kaut oder Schabber in die Höhe geſchoben werden. Ein weit gefürchteteres Hinderniß bieten aber die auf den Fenſterbänken befindlichen Blumentöpfe, die beim Zurückſchieben der Schalter herunterfallen und durch ihr Geräuſch die Schränker verrathen, weshalb man nie verſäumen ſollte, abends nach Schlie- ßung der Schalter, die Blumentöpfe wieder auf die Fenſterbänke ſtellen zu laſſen. Jſt das Fenſter mit Eiſenſtäben oder Gittern, Barſel 1), Barſeilim, verſehen, ſo werden dieſe entweder gewaltſam her- ausgebrochen, geſchwächt, oder auch, wenn die Zeit und Ge- legenheit es erlaubt, mit der Säge, Magſeira 2), Megerre, Maſcher, oder der Feile, Pezire 3), Barſelsſchärfe durch- ſchnitten, gefetzt; das Schwächen wird beſonders dann vorge- nommen, wenn das Gitter außerhalb der Fenſterſcheiben angebracht iſt. Ein tüchtiger Strick 4) — _ , chebel (Kabel), Gewel, Ka- bohl, Längling, Regierung — wird durch die Mitte des Git- ters geſchlungen, um einen tüchtigen Hebebaum oder Wieſenbaum (Drong) geknüpft, und das Gitter durch Wuchten des Baumes herausgeriſſen, wobei entweder das Gitter aus der Zarge bricht 1) _ (barsel), das Eiſen, eiſernes Werkzeug, eiſerne Feſſeln, Gitter. 2) _ (magsera), eigentlich die Axt zum Holzfällen. 3) _ , eigentlich Stumpfheit, Scharte, ſchartiges ſtumpfes Schwert. 4) Die Stricke wickeln ſich die Schränker gewöhnlich unter dem Rocke um den Leib, und legen auch wol noch darunter die zum Wegtragen des geſtoh- lenen Gutes dienenden Säcke, Kiſſimer (von _ [kis], Beutel, Geldbeutel). 9*

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/143>, abgerufen am 02.05.2024.