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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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wurden früher sehr arg mit der Stippruthe bestohlen, bis man
inwendig um die Geldritze eine Schürze von Drahtringen oder
Tuch legte, welche man bei allen mit Geldritzen versehenen Geld-
behältern anwenden sollte. Jn neuester Zeit, nach der Bekannt-
machung des k. k. Provinzialtribunals zu Como vom 17. Nov.
1856, ist ein hausirender Goldarbeiter mit seiner Frau "wegen
Führung von 10 Stippruthen nebst Lederbeutel, worin ein klebriger
Stoff enthalten, und wegen Verdachts der Bestehlung von Opfer-
stöcken, in Como zur Untersuchung gezogen worden" (vgl. "Ko-
burger Polizeianzeiger von 1856", Stück 92, Nr. 902.) 1) Das
Stippen wird auch wol von Kindern ohne Stippruthe durch Hin-
einlangen in die Geldritzen mit den zur sogenannten Schere (vgl.
Kap. 67) gebildeten Fingern ausgeführt, namentlich in Läden,
wo die alten Ladentischplatten keine mit Metall gefutterte Geld-
ritzen haben, und ungeachtet ihrer Abgängigkeit und Aufweitung
nicht ersetzt werden. 2)



Siebenundsechzigstes Kapitel.
i) Das Torsdrucken oder Cheilefziehen.

Torf -- vom hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt] (toraph), er hat zerrissen,
zerfleischt, namentlich von wilden Thieren, wovon [fremdsprachliches Material - fehlt] (teref),
Beute, Speise, und [fremdsprachliches Material - fehlt] (trefo), das von wilden Thieren Zer-
rissene 3) -- ist in der Gaunersprache die durch Raub, Ueberfall

1) Vgl. Eberhardt, "Allgemeiner Polizeianzeiger", Bd. 45, Stück 22,
Nr. 1003, woselbst ein anderer in Hildesheim zur Untersuchung und Strafe
gezogenen Stipper genannt wird.
2) Mir ist ein elfjähriges Kind vorgekommen, das mehrere mal mit der
Spitze des Zeigefingers und Mittelfingers unter einem auf den Ladentisch ge-
breiteten Tuche mehrere preußische Thalerstücke durch die Geldritze einer Laden-
kafse herausgelangt hatte.
3) Trefe oder Treife ist das von wilden Thieren zerrissene Fleisch,
dessen Genuß den Juden verboten ist, daher überhaupt alle verbotene Speise;
Trefenekelim das (verbotene) Geschirr, in welchem solches Fleisch oder Essen

wurden früher ſehr arg mit der Stippruthe beſtohlen, bis man
inwendig um die Geldritze eine Schürze von Drahtringen oder
Tuch legte, welche man bei allen mit Geldritzen verſehenen Geld-
behältern anwenden ſollte. Jn neueſter Zeit, nach der Bekannt-
machung des k. k. Provinzialtribunals zu Como vom 17. Nov.
1856, iſt ein hauſirender Goldarbeiter mit ſeiner Frau „wegen
Führung von 10 Stippruthen nebſt Lederbeutel, worin ein klebriger
Stoff enthalten, und wegen Verdachts der Beſtehlung von Opfer-
ſtöcken, in Como zur Unterſuchung gezogen worden“ (vgl. „Ko-
burger Polizeianzeiger von 1856“, Stück 92, Nr. 902.) 1) Das
Stippen wird auch wol von Kindern ohne Stippruthe durch Hin-
einlangen in die Geldritzen mit den zur ſogenannten Schere (vgl.
Kap. 67) gebildeten Fingern ausgeführt, namentlich in Läden,
wo die alten Ladentiſchplatten keine mit Metall gefutterte Geld-
ritzen haben, und ungeachtet ihrer Abgängigkeit und Aufweitung
nicht erſetzt werden. 2)



Siebenundſechzigſtes Kapitel.
i) Das Torſdrucken oder Cheilefziehen.

Torf — vom hebräiſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] (toraph), er hat zerriſſen,
zerfleiſcht, namentlich von wilden Thieren, wovon [fremdsprachliches Material – fehlt] (teref),
Beute, Speiſe, und [fremdsprachliches Material – fehlt] (trefo), das von wilden Thieren Zer-
riſſene 3) — iſt in der Gaunerſprache die durch Raub, Ueberfall

1) Vgl. Eberhardt, „Allgemeiner Polizeianzeiger“, Bd. 45, Stück 22,
Nr. 1003, woſelbſt ein anderer in Hildesheim zur Unterſuchung und Strafe
gezogenen Stipper genannt wird.
2) Mir iſt ein elfjähriges Kind vorgekommen, das mehrere mal mit der
Spitze des Zeigefingers und Mittelfingers unter einem auf den Ladentiſch ge-
breiteten Tuche mehrere preußiſche Thalerſtücke durch die Geldritze einer Laden-
kafſe herausgelangt hatte.
3) Trefe oder Treife iſt das von wilden Thieren zerriſſene Fleiſch,
deſſen Genuß den Juden verboten iſt, daher überhaupt alle verbotene Speiſe;
Trefenekelim das (verbotene) Geſchirr, in welchem ſolches Fleiſch oder Eſſen
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[223/0235] wurden früher ſehr arg mit der Stippruthe beſtohlen, bis man inwendig um die Geldritze eine Schürze von Drahtringen oder Tuch legte, welche man bei allen mit Geldritzen verſehenen Geld- behältern anwenden ſollte. Jn neueſter Zeit, nach der Bekannt- machung des k. k. Provinzialtribunals zu Como vom 17. Nov. 1856, iſt ein hauſirender Goldarbeiter mit ſeiner Frau „wegen Führung von 10 Stippruthen nebſt Lederbeutel, worin ein klebriger Stoff enthalten, und wegen Verdachts der Beſtehlung von Opfer- ſtöcken, in Como zur Unterſuchung gezogen worden“ (vgl. „Ko- burger Polizeianzeiger von 1856“, Stück 92, Nr. 902.) 1) Das Stippen wird auch wol von Kindern ohne Stippruthe durch Hin- einlangen in die Geldritzen mit den zur ſogenannten Schere (vgl. Kap. 67) gebildeten Fingern ausgeführt, namentlich in Läden, wo die alten Ladentiſchplatten keine mit Metall gefutterte Geld- ritzen haben, und ungeachtet ihrer Abgängigkeit und Aufweitung nicht erſetzt werden. 2) Siebenundſechzigſtes Kapitel. i) Das Torſdrucken oder Cheilefziehen. Torf — vom hebräiſchen _ (toraph), er hat zerriſſen, zerfleiſcht, namentlich von wilden Thieren, wovon _ (teref), Beute, Speiſe, und _ (trefo), das von wilden Thieren Zer- riſſene 3) — iſt in der Gaunerſprache die durch Raub, Ueberfall 1) Vgl. Eberhardt, „Allgemeiner Polizeianzeiger“, Bd. 45, Stück 22, Nr. 1003, woſelbſt ein anderer in Hildesheim zur Unterſuchung und Strafe gezogenen Stipper genannt wird. 2) Mir iſt ein elfjähriges Kind vorgekommen, das mehrere mal mit der Spitze des Zeigefingers und Mittelfingers unter einem auf den Ladentiſch ge- breiteten Tuche mehrere preußiſche Thalerſtücke durch die Geldritze einer Laden- kafſe herausgelangt hatte. 3) Trefe oder Treife iſt das von wilden Thieren zerriſſene Fleiſch, deſſen Genuß den Juden verboten iſt, daher überhaupt alle verbotene Speiſe; Trefenekelim das (verbotene) Geſchirr, in welchem ſolches Fleiſch oder Eſſen

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/235>, abgerufen am 29.11.2024.