Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.Weise reiche Ausbeute machte. Eine Dirne wußte auf den 1) Der eigenthümliche Griff der Hand heißt die Schere. Zur Schere
dient der Zeigefinger und Mittelfinger, welche seitlich voneinander bewegt und wie die Schneiden einer Schere zusammengeführt werden, um das in der Tasche des Freiers befindliche Portemonnaie u. s. w. zu fassen. Der Torf- drucker führt die Hand gewöhnlich so in die Tasche, daß der Rücken seiner Hand gegen den Körper des Freiers gewendet ist, damit er desto leichter die Tasche vom Körper abbiegen und jede körperliche Berührung vermeiden kann; der Daumen, der vierte und fünfte Finger liegen leicht in der innern Hand, und werden nach Bedürfniß zur Ausweitung der Taschenfalten bewegt, um so den Durchgang und die Operation der Schere zu erleichtern. Weiſe reiche Ausbeute machte. Eine Dirne wußte auf den 1) Der eigenthümliche Griff der Hand heißt die Schere. Zur Schere
dient der Zeigefinger und Mittelfinger, welche ſeitlich voneinander bewegt und wie die Schneiden einer Schere zuſammengeführt werden, um das in der Taſche des Freiers befindliche Portemonnaie u. ſ. w. zu faſſen. Der Torf- drucker führt die Hand gewöhnlich ſo in die Taſche, daß der Rücken ſeiner Hand gegen den Körper des Freiers gewendet iſt, damit er deſto leichter die Taſche vom Körper abbiegen und jede körperliche Berührung vermeiden kann; der Daumen, der vierte und fünfte Finger liegen leicht in der innern Hand, und werden nach Bedürfniß zur Ausweitung der Taſchenfalten bewegt, um ſo den Durchgang und die Operation der Schere zu erleichtern. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0241" n="229"/> Weiſe reiche Ausbeute machte. Eine Dirne wußte auf den<lb/> Marktplätzen den Käuferinnen unter dem gefälligen Anerbieten,<lb/> ein gelöſtes Schuhband wieder zu befeſtigen, ſogar in kniender<lb/> Stellung die Kleider mit einer Hand niederzuziehen und mit der<lb/> andern Hand die Portemonnaies aus den Taſchen zu ſtehlen. <note place="foot" n="1)">Der eigenthümliche Griff der Hand heißt die <hi rendition="#g">Schere</hi>. Zur Schere<lb/> dient der Zeigefinger und Mittelfinger, welche ſeitlich voneinander bewegt und<lb/> wie die Schneiden einer Schere zuſammengeführt werden, um das in der<lb/> Taſche des Freiers befindliche Portemonnaie u. ſ. w. zu faſſen. Der Torf-<lb/> drucker führt die Hand gewöhnlich ſo in die Taſche, daß der Rücken ſeiner Hand<lb/> gegen den Körper des Freiers gewendet iſt, damit er deſto leichter die Taſche<lb/> vom Körper abbiegen und jede körperliche Berührung vermeiden kann; der<lb/> Daumen, der vierte und fünfte Finger liegen leicht in der innern Hand, und<lb/> werden nach Bedürfniß zur Ausweitung der Taſchenfalten bewegt, um ſo den<lb/> Durchgang und die Operation der Schere zu erleichtern.</note><lb/> Noch eine ganz junge Dirne beobachtete abends durch die Laden-<lb/> fenſter, an welcher Seite des Kleides die Käuferinnen ihre Geld-<lb/> beutel in die Taſche ſteckten, und wußte, unter unbefangenem, tän-<lb/> delndem Kindergeſchwätz, neben den ihr ganz unbekannten Perſonen<lb/> eine Zeit lang einherzutrollen, bis ſie unvermerkt den Geldbeutel<lb/> aus der Taſche geſtohlen hatte. Rennende Jungen wiſſen ſo ge-<lb/> ſchickte Griffe in die Körbe oder gegen die in der Hand getragenen<lb/> Beutel und Taſchen zu machen, daß der Diebſtahl oft erſt ſpät<lb/> bemerkt, oder, wenn der Verluſt bemerkt, doch an den Diebſtahl<lb/> zunächſt nicht geglaubt, vielmehr, durch Suchen nach dem Verloren-<lb/> geglaubten, dem Diebe erſt recht Gelegenheit zur unverdächtigen<lb/> oder raſchen Entfernung gegeben wird. Unglaublichen Ertrag<lb/> geben die Taſchendiebſtähle in den Bordells, in welchen die ver-<lb/> worfenen Geſchöpfe bei der Preisgebung mit deſto größerer Zu-<lb/> verſicht ſtehlen, als ſie wiſſen, daß der Beſtohlene ſeinen Verluſt,<lb/> wenn er auch ſpäter den Diebſtahl ahnet, lieber verſchmerzt, als<lb/> ſeine Ausſchweifung der Polizei verräth. Beſonders kecke Taſchen-<lb/> diebinnen ſind die ſich in Verſtecken preisgebenden Gaſſendirnen<lb/> (Dappelſchickſen), die ſpäter ſchwer oder gar nicht einmal aufge-<lb/> funden werden können. Nicht minder frech iſt das Ausplündern<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0241]
Weiſe reiche Ausbeute machte. Eine Dirne wußte auf den
Marktplätzen den Käuferinnen unter dem gefälligen Anerbieten,
ein gelöſtes Schuhband wieder zu befeſtigen, ſogar in kniender
Stellung die Kleider mit einer Hand niederzuziehen und mit der
andern Hand die Portemonnaies aus den Taſchen zu ſtehlen. 1)
Noch eine ganz junge Dirne beobachtete abends durch die Laden-
fenſter, an welcher Seite des Kleides die Käuferinnen ihre Geld-
beutel in die Taſche ſteckten, und wußte, unter unbefangenem, tän-
delndem Kindergeſchwätz, neben den ihr ganz unbekannten Perſonen
eine Zeit lang einherzutrollen, bis ſie unvermerkt den Geldbeutel
aus der Taſche geſtohlen hatte. Rennende Jungen wiſſen ſo ge-
ſchickte Griffe in die Körbe oder gegen die in der Hand getragenen
Beutel und Taſchen zu machen, daß der Diebſtahl oft erſt ſpät
bemerkt, oder, wenn der Verluſt bemerkt, doch an den Diebſtahl
zunächſt nicht geglaubt, vielmehr, durch Suchen nach dem Verloren-
geglaubten, dem Diebe erſt recht Gelegenheit zur unverdächtigen
oder raſchen Entfernung gegeben wird. Unglaublichen Ertrag
geben die Taſchendiebſtähle in den Bordells, in welchen die ver-
worfenen Geſchöpfe bei der Preisgebung mit deſto größerer Zu-
verſicht ſtehlen, als ſie wiſſen, daß der Beſtohlene ſeinen Verluſt,
wenn er auch ſpäter den Diebſtahl ahnet, lieber verſchmerzt, als
ſeine Ausſchweifung der Polizei verräth. Beſonders kecke Taſchen-
diebinnen ſind die ſich in Verſtecken preisgebenden Gaſſendirnen
(Dappelſchickſen), die ſpäter ſchwer oder gar nicht einmal aufge-
funden werden können. Nicht minder frech iſt das Ausplündern
1) Der eigenthümliche Griff der Hand heißt die Schere. Zur Schere
dient der Zeigefinger und Mittelfinger, welche ſeitlich voneinander bewegt und
wie die Schneiden einer Schere zuſammengeführt werden, um das in der
Taſche des Freiers befindliche Portemonnaie u. ſ. w. zu faſſen. Der Torf-
drucker führt die Hand gewöhnlich ſo in die Taſche, daß der Rücken ſeiner Hand
gegen den Körper des Freiers gewendet iſt, damit er deſto leichter die Taſche
vom Körper abbiegen und jede körperliche Berührung vermeiden kann; der
Daumen, der vierte und fünfte Finger liegen leicht in der innern Hand, und
werden nach Bedürfniß zur Ausweitung der Taſchenfalten bewegt, um ſo den
Durchgang und die Operation der Schere zu erleichtern.
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