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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Achtundsiebzigstes Kapitel.
[fremdsprachliches Material - fehlt]) Das Kelofim-Zinkenen.

Aus den Andeutungen der Notabilien des Liber Vagatorum
sieht man, daß die noch heutigen Tages unter den Zchokkern an-
gewandten Methoden die Karten zu zeichnen 1), sehr alt sind.
Dahin gehört beim Hazardspiel 2) das Zeichnen, Zinkenen, der Haupt-
karten mit feinen Nadelstichen in der rechten obern Ecke der
Karten. 3) Gewöhnlich pflegt nur ein Stich in dieser Winkelecke
zu stehen; doch werden, je nach der Geltung der Karten, auch
zwei bis drei, ja bei manchen Spielen sogar fünf bis sechs Stiche
angebracht, welche für das Auge kaum sichtbar und nur durch
ein sehr feines geübtes Gefühl auf der Rückseite der Karte zu
entdecken sind. Zu diesem Zwecke schaben die Zchokker die Haut
des obern Gliedes an dem Daumen mit einem scharfen Feder-
messer bis auf die unter der Epidermis liegende feine Hautlage
ab, wodurch der Daumen äußerst feinfühlig wird. Diese Opera-
tion wird den Daumen abziehen genannt. 4) Der Daumen
ruht beim Halten der Karten mit dem Ballen auf den Karten,
und somit kann der Zchokker leicht an den Stichnarben fühlen,
welche Karte oben aufliegt. Hat der Gegenspieler eine Karte zu

Volte und auf die nachstehend dargestellten Betrügereien mit Karten, ist die
schon im vorigen Kapitel angeführte Stelle aus den Notabilien des Liber
Vagatorum:
"Jtem hüt dich vor den Jonern" u. s. w. höchst merkwürdig.
1) Kelofim (Plural von Kelef, vgl. Kap. 71), Zinkenen (vgl.
Kap. 13).
2) Hazard, das italienische Zara, Zarda oder Azarra. Vgl. Hüllmann,
a. a. O., IV, 247.
3) Doch geht der Stich nicht durch die Karte, damit er nicht durchscheint.
Es kommt nur darauf an, der Karte auf dem Rücken eine kleine merkliche,
durch die Punktirung noch mehr verdeckte, feine leichte Erhöhung zu geben.
4) Diese Operation scheint schon sehr früh betrieben worden zu sein, und
die schon oben Kap. 76 erwähnten "Statuta Bononiae", I, 500 fg., scheinen
auch gerade mit Beziehung auf diese betrügerische Zurichtung und Fertigkeit
des Daumens die Strafe des bloßen Daumenabhauens für den falschen Karten-
spieler festgesetzt zu haben.
Achtundſiebzigſtes Kapitel.
[fremdsprachliches Material – fehlt]) Das Kelofim-Zinkenen.

Aus den Andeutungen der Notabilien des Liber Vagatorum
ſieht man, daß die noch heutigen Tages unter den Zchokkern an-
gewandten Methoden die Karten zu zeichnen 1), ſehr alt ſind.
Dahin gehört beim Hazardſpiel 2) das Zeichnen, Zinkenen, der Haupt-
karten mit feinen Nadelſtichen in der rechten obern Ecke der
Karten. 3) Gewöhnlich pflegt nur ein Stich in dieſer Winkelecke
zu ſtehen; doch werden, je nach der Geltung der Karten, auch
zwei bis drei, ja bei manchen Spielen ſogar fünf bis ſechs Stiche
angebracht, welche für das Auge kaum ſichtbar und nur durch
ein ſehr feines geübtes Gefühl auf der Rückſeite der Karte zu
entdecken ſind. Zu dieſem Zwecke ſchaben die Zchokker die Haut
des obern Gliedes an dem Daumen mit einem ſcharfen Feder-
meſſer bis auf die unter der Epidermis liegende feine Hautlage
ab, wodurch der Daumen äußerſt feinfühlig wird. Dieſe Opera-
tion wird den Daumen abziehen genannt. 4) Der Daumen
ruht beim Halten der Karten mit dem Ballen auf den Karten,
und ſomit kann der Zchokker leicht an den Stichnarben fühlen,
welche Karte oben aufliegt. Hat der Gegenſpieler eine Karte zu

Volte und auf die nachſtehend dargeſtellten Betrügereien mit Karten, iſt die
ſchon im vorigen Kapitel angeführte Stelle aus den Notabilien des Liber
Vagatorum:
„Jtem hüt dich vor den Jonern“ u. ſ. w. höchſt merkwürdig.
1) Kelofim (Plural von Kelef, vgl. Kap. 71), Zinkenen (vgl.
Kap. 13).
2) Hazard, das italieniſche Zara, Zarda oder Azarra. Vgl. Hüllmann,
a. a. O., IV, 247.
3) Doch geht der Stich nicht durch die Karte, damit er nicht durchſcheint.
Es kommt nur darauf an, der Karte auf dem Rücken eine kleine merkliche,
durch die Punktirung noch mehr verdeckte, feine leichte Erhöhung zu geben.
4) Dieſe Operation ſcheint ſchon ſehr früh betrieben worden zu ſein, und
die ſchon oben Kap. 76 erwähnten „Statuta Bononiae“, I, 500 fg., ſcheinen
auch gerade mit Beziehung auf dieſe betrügeriſche Zurichtung und Fertigkeit
des Daumens die Strafe des bloßen Daumenabhauens für den falſchen Karten-
ſpieler feſtgeſetzt zu haben.
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[280/0292] Achtundſiebzigſtes Kapitel. _ ) Das Kelofim-Zinkenen. Aus den Andeutungen der Notabilien des Liber Vagatorum ſieht man, daß die noch heutigen Tages unter den Zchokkern an- gewandten Methoden die Karten zu zeichnen 1), ſehr alt ſind. Dahin gehört beim Hazardſpiel 2) das Zeichnen, Zinkenen, der Haupt- karten mit feinen Nadelſtichen in der rechten obern Ecke der Karten. 3) Gewöhnlich pflegt nur ein Stich in dieſer Winkelecke zu ſtehen; doch werden, je nach der Geltung der Karten, auch zwei bis drei, ja bei manchen Spielen ſogar fünf bis ſechs Stiche angebracht, welche für das Auge kaum ſichtbar und nur durch ein ſehr feines geübtes Gefühl auf der Rückſeite der Karte zu entdecken ſind. Zu dieſem Zwecke ſchaben die Zchokker die Haut des obern Gliedes an dem Daumen mit einem ſcharfen Feder- meſſer bis auf die unter der Epidermis liegende feine Hautlage ab, wodurch der Daumen äußerſt feinfühlig wird. Dieſe Opera- tion wird den Daumen abziehen genannt. 4) Der Daumen ruht beim Halten der Karten mit dem Ballen auf den Karten, und ſomit kann der Zchokker leicht an den Stichnarben fühlen, welche Karte oben aufliegt. Hat der Gegenſpieler eine Karte zu 3) 1) Kelofim (Plural von Kelef, vgl. Kap. 71), Zinkenen (vgl. Kap. 13). 2) Hazard, das italieniſche Zara, Zarda oder Azarra. Vgl. Hüllmann, a. a. O., IV, 247. 3) Doch geht der Stich nicht durch die Karte, damit er nicht durchſcheint. Es kommt nur darauf an, der Karte auf dem Rücken eine kleine merkliche, durch die Punktirung noch mehr verdeckte, feine leichte Erhöhung zu geben. 4) Dieſe Operation ſcheint ſchon ſehr früh betrieben worden zu ſein, und die ſchon oben Kap. 76 erwähnten „Statuta Bononiae“, I, 500 fg., ſcheinen auch gerade mit Beziehung auf dieſe betrügeriſche Zurichtung und Fertigkeit des Daumens die Strafe des bloßen Daumenabhauens für den falſchen Karten- ſpieler feſtgeſetzt zu haben. 3) Volte und auf die nachſtehend dargeſtellten Betrügereien mit Karten, iſt die ſchon im vorigen Kapitel angeführte Stelle aus den Notabilien des Liber Vagatorum: „Jtem hüt dich vor den Jonern“ u. ſ. w. höchſt merkwürdig.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/292>, abgerufen am 23.04.2024.