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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Spiel immer nur in Chawrusse gespielt wird, dem Deckeler oder
Premier also genug Leute durch die Eintreiber oder Fall-
macher
zugeführt werden. Der Deckeler hat drei große Finger-
hüte oder kleine Becher von Holz oder Metall vor sich auf dem
Tische stehen, und dazu ein kleines weiches Kügelchen von Seide,
Baumwolle, Papier oder Wachs. Mit einem der Becher wird
im raschen Wechsel das hin- und hergeschnellte Kügelchen bedeckt.
Der Premier setzt eine Summe aus für den, welcher auf einmal
die Kugel unter dem Becher erräth. Zunächst wird das Spiel
ganz langsam gemacht, um die Vorübergehenden zu kirren. Die
Eintreiber lassen sich zuerst auf das Spiel ein, pariren und ge-
winnen, bis nun auch andere zum Spiele verlockt werden. Jetzt
werden allerlei Betrügereien vorgenommen. Während des Decke-
lens weiß der Premier die kleine Kugel zwischen dem langgewach-
senen Nagel des Mittel- oder Zeigefingers geschickt einzuklemmen
und aus dem Spiel zu entfernen. Oder er läßt recht sichtbar
einen Becher über die Kugel fallen, oder stößt, wie aus Unge-
schicklichkeit, die Kugel unter dem Becher hervor, bedeckt die
Becher rasch mit dem Hute oder Tuche, und schlägt eine neue
Wette vor, während er heimlich unter Hut oder Tuch die Kugel
unterschiebt oder entfernt, oder auch einen andern Becher einschiebt.
Aehnliche Betrügereien können noch mehrfach bei diesem elenden
Spiele vorkommen. Zuweilen werden die Betrüger vom kundigen
Gegenspieler dadurch wieder betrogen, daß letzterer heimlich ein fei-
nes Kopfhaar an die Kugel klebt, welches unter dem Becher
hervorragt und die Kugel verräth.



Sechsundachlzigstes Kapitel.
4) Das Riemenstechen oder Bandspiel.

Das in Norddeutschland weniger bekannte, aber in Mittel-
und besonders Süddeutschland 1) desto häufiger noch in Wirths-

1) Das betrügerische Riemenstechen wurde in Oesterreich schon durch das
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Spiel immer nur in Chawruſſe geſpielt wird, dem Deckeler oder
Premier alſo genug Leute durch die Eintreiber oder Fall-
macher
zugeführt werden. Der Deckeler hat drei große Finger-
hüte oder kleine Becher von Holz oder Metall vor ſich auf dem
Tiſche ſtehen, und dazu ein kleines weiches Kügelchen von Seide,
Baumwolle, Papier oder Wachs. Mit einem der Becher wird
im raſchen Wechſel das hin- und hergeſchnellte Kügelchen bedeckt.
Der Premier ſetzt eine Summe aus für den, welcher auf einmal
die Kugel unter dem Becher erräth. Zunächſt wird das Spiel
ganz langſam gemacht, um die Vorübergehenden zu kirren. Die
Eintreiber laſſen ſich zuerſt auf das Spiel ein, pariren und ge-
winnen, bis nun auch andere zum Spiele verlockt werden. Jetzt
werden allerlei Betrügereien vorgenommen. Während des Decke-
lens weiß der Premier die kleine Kugel zwiſchen dem langgewach-
ſenen Nagel des Mittel- oder Zeigefingers geſchickt einzuklemmen
und aus dem Spiel zu entfernen. Oder er läßt recht ſichtbar
einen Becher über die Kugel fallen, oder ſtößt, wie aus Unge-
ſchicklichkeit, die Kugel unter dem Becher hervor, bedeckt die
Becher raſch mit dem Hute oder Tuche, und ſchlägt eine neue
Wette vor, während er heimlich unter Hut oder Tuch die Kugel
unterſchiebt oder entfernt, oder auch einen andern Becher einſchiebt.
Aehnliche Betrügereien können noch mehrfach bei dieſem elenden
Spiele vorkommen. Zuweilen werden die Betrüger vom kundigen
Gegenſpieler dadurch wieder betrogen, daß letzterer heimlich ein fei-
nes Kopfhaar an die Kugel klebt, welches unter dem Becher
hervorragt und die Kugel verräth.



Sechsundachlzigſtes Kapitel.
4) Das Riemenſtechen oder Bandſpiel.

Das in Norddeutſchland weniger bekannte, aber in Mittel-
und beſonders Süddeutſchland 1) deſto häufiger noch in Wirths-

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[291/0303] Spiel immer nur in Chawruſſe geſpielt wird, dem Deckeler oder Premier alſo genug Leute durch die Eintreiber oder Fall- macher zugeführt werden. Der Deckeler hat drei große Finger- hüte oder kleine Becher von Holz oder Metall vor ſich auf dem Tiſche ſtehen, und dazu ein kleines weiches Kügelchen von Seide, Baumwolle, Papier oder Wachs. Mit einem der Becher wird im raſchen Wechſel das hin- und hergeſchnellte Kügelchen bedeckt. Der Premier ſetzt eine Summe aus für den, welcher auf einmal die Kugel unter dem Becher erräth. Zunächſt wird das Spiel ganz langſam gemacht, um die Vorübergehenden zu kirren. Die Eintreiber laſſen ſich zuerſt auf das Spiel ein, pariren und ge- winnen, bis nun auch andere zum Spiele verlockt werden. Jetzt werden allerlei Betrügereien vorgenommen. Während des Decke- lens weiß der Premier die kleine Kugel zwiſchen dem langgewach- ſenen Nagel des Mittel- oder Zeigefingers geſchickt einzuklemmen und aus dem Spiel zu entfernen. Oder er läßt recht ſichtbar einen Becher über die Kugel fallen, oder ſtößt, wie aus Unge- ſchicklichkeit, die Kugel unter dem Becher hervor, bedeckt die Becher raſch mit dem Hute oder Tuche, und ſchlägt eine neue Wette vor, während er heimlich unter Hut oder Tuch die Kugel unterſchiebt oder entfernt, oder auch einen andern Becher einſchiebt. Aehnliche Betrügereien können noch mehrfach bei dieſem elenden Spiele vorkommen. Zuweilen werden die Betrüger vom kundigen Gegenſpieler dadurch wieder betrogen, daß letzterer heimlich ein fei- nes Kopfhaar an die Kugel klebt, welches unter dem Becher hervorragt und die Kugel verräth. Sechsundachlzigſtes Kapitel. 4) Das Riemenſtechen oder Bandſpiel. Das in Norddeutſchland weniger bekannte, aber in Mittel- und beſonders Süddeutſchland 1) deſto häufiger noch in Wirths- 1) Das betrügeriſche Riemenſtechen wurde in Oeſterreich ſchon durch das 19 *

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/303>, abgerufen am 21.11.2024.