Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.heit. Wo alles dies nicht genügt, weicht der Gauner zurück. Ein anderer mit vorstehendem zusammenhängender charakteri- Der persönliche Teufel namentlich spielt, wie in der ganzen 1) Eins der merkwürdigsten Beispiele ist Franz Joseph Streitmatter, dessen
Leben und Tod nur eine Kette von abergläubischen Ansichten und Thaten war. Vgl. Rebmann, "Damian Hessel". heit. Wo alles dies nicht genügt, weicht der Gauner zurück. Ein anderer mit vorſtehendem zuſammenhängender charakteri- Der perſönliche Teufel namentlich ſpielt, wie in der ganzen 1) Eins der merkwürdigſten Beiſpiele iſt Franz Joſeph Streitmatter, deſſen
Leben und Tod nur eine Kette von abergläubiſchen Anſichten und Thaten war. Vgl. Rebmann, „Damian Heſſel“. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0032" n="20"/> heit. Wo alles dies nicht genügt, weicht der Gauner zurück.<lb/> Wichtig iſt dieſe Wahrnehmung für das Verhör, in welchem dem<lb/> Jnquirenten, der keine Schwäche und Leidenſchaft dem verſchla-<lb/> genen Gauner gegenüber zeigt, durch Beachtung dieſes charakteri-<lb/> ſtiſchen Gaunerzuges außerordentliche Vortheile in die Hand ge-<lb/> geben werden, wie weiter gezeigt werden ſoll.</p><lb/> <p>Ein anderer mit vorſtehendem zuſammenhängender charakteri-<lb/> ſtiſcher Grundzug des Gaunerthums iſt der <hi rendition="#g">Aberglaube.</hi> Es<lb/> iſt auffallend, daß der Gauner auf den Aberglauben anderer ſpe-<lb/> culirt, ihn alſo objectiv aufzufaſſen weiß, und ſubjectiv doch ſelbſt<lb/> tief befangen iſt im Aberglauben. <note place="foot" n="1)">Eins der merkwürdigſten Beiſpiele iſt Franz Joſeph Streitmatter, deſſen<lb/> Leben und Tod nur eine Kette von abergläubiſchen Anſichten und Thaten war.<lb/> Vgl. Rebmann, „Damian Heſſel“.</note> Dieſe Wahrnehmung ver-<lb/> deutlicht ſich aus der Geſchichte des deutſchen Aberglaubens, der<lb/> tief in die ganze deutſche Sitten- und Culturgeſchichte einſchneidet<lb/> und deſſen Geſchichte einen weſentlichen und wichtigen Abſchnitt<lb/> der deutſchen Polizeigeſchichte überhaupt bildet.</p><lb/> <p>Der perſönliche Teufel namentlich ſpielt, wie in der ganzen<lb/> Anſchauung des Volks, ſo auch ganz beſonders im Gaunerthum<lb/> eine ſehr wichtige Rolle. Alles was in der myſtiſchen Betrach-<lb/> tung des Anachoreten- und Mönchsthums Jrrthum, alles was<lb/> ſeit dem erſten Auftreten der arabiſchen Aſtrologen in Spanien,<lb/> bei der Unbekanntſchaft mit den Naturgeſetzen, Selbſttäuſchung,<lb/> und in den Formen dunkler Dogmen und der Scheinwiſſenſchaften<lb/> der Aſtrologie, Mantik, Nativitätſtellung, Alchymie, Nekromantie,<lb/> Chiromantie, Metopoſkopie u. ſ. w. zum Vorſchein gebracht war,<lb/> blieb dem Volke noch unklarer, als den Anhängern und Jüngern<lb/> jener Dogmen und Scheinwiſſenſchaften ſelbſt. Daran wucherte<lb/> die Dämonologie ſo raſch und prägnant zur poſitiven Wiſſen-<lb/> ſchaft und ſtatuirten Wahrheit herauf, daß auf dieſer unfehlbaren<lb/> Baſis im Hexenhammer ein <hi rendition="#aq">Corpus juris</hi> der Dämonologie ge-<lb/> ſchrieben werden konnte, wie ein ähnliches Werk von menſchlicher<lb/> Verirrung kaum weiter geſchaffen werden kann. Der perſönliche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [20/0032]
heit. Wo alles dies nicht genügt, weicht der Gauner zurück.
Wichtig iſt dieſe Wahrnehmung für das Verhör, in welchem dem
Jnquirenten, der keine Schwäche und Leidenſchaft dem verſchla-
genen Gauner gegenüber zeigt, durch Beachtung dieſes charakteri-
ſtiſchen Gaunerzuges außerordentliche Vortheile in die Hand ge-
geben werden, wie weiter gezeigt werden ſoll.
Ein anderer mit vorſtehendem zuſammenhängender charakteri-
ſtiſcher Grundzug des Gaunerthums iſt der Aberglaube. Es
iſt auffallend, daß der Gauner auf den Aberglauben anderer ſpe-
culirt, ihn alſo objectiv aufzufaſſen weiß, und ſubjectiv doch ſelbſt
tief befangen iſt im Aberglauben. 1) Dieſe Wahrnehmung ver-
deutlicht ſich aus der Geſchichte des deutſchen Aberglaubens, der
tief in die ganze deutſche Sitten- und Culturgeſchichte einſchneidet
und deſſen Geſchichte einen weſentlichen und wichtigen Abſchnitt
der deutſchen Polizeigeſchichte überhaupt bildet.
Der perſönliche Teufel namentlich ſpielt, wie in der ganzen
Anſchauung des Volks, ſo auch ganz beſonders im Gaunerthum
eine ſehr wichtige Rolle. Alles was in der myſtiſchen Betrach-
tung des Anachoreten- und Mönchsthums Jrrthum, alles was
ſeit dem erſten Auftreten der arabiſchen Aſtrologen in Spanien,
bei der Unbekanntſchaft mit den Naturgeſetzen, Selbſttäuſchung,
und in den Formen dunkler Dogmen und der Scheinwiſſenſchaften
der Aſtrologie, Mantik, Nativitätſtellung, Alchymie, Nekromantie,
Chiromantie, Metopoſkopie u. ſ. w. zum Vorſchein gebracht war,
blieb dem Volke noch unklarer, als den Anhängern und Jüngern
jener Dogmen und Scheinwiſſenſchaften ſelbſt. Daran wucherte
die Dämonologie ſo raſch und prägnant zur poſitiven Wiſſen-
ſchaft und ſtatuirten Wahrheit herauf, daß auf dieſer unfehlbaren
Baſis im Hexenhammer ein Corpus juris der Dämonologie ge-
ſchrieben werden konnte, wie ein ähnliches Werk von menſchlicher
Verirrung kaum weiter geſchaffen werden kann. Der perſönliche
1) Eins der merkwürdigſten Beiſpiele iſt Franz Joſeph Streitmatter, deſſen
Leben und Tod nur eine Kette von abergläubiſchen Anſichten und Thaten war.
Vgl. Rebmann, „Damian Heſſel“.
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