Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.Schnelligkeit gefertigten Nachstiche in Messing, Schiefer und Zum Copiren der Färbesiegel nehmen die Fleppenmelochner 1) Jn dieser Weise hatte der obenerwähnte, hier in Lübeck im August
1858 angehaltene Kittenschieber das Stadtsiegel des Städtchens, wo ihm sein falscher Paß ausgestellt sein sollte, recht gut copirt. Schnelligkeit gefertigten Nachſtiche in Meſſing, Schiefer und Zum Copiren der Färbeſiegel nehmen die Fleppenmelochner 1) Jn dieſer Weiſe hatte der obenerwähnte, hier in Lübeck im Auguſt
1858 angehaltene Kittenſchieber das Stadtſiegel des Städtchens, wo ihm ſein falſcher Paß ausgeſtellt ſein ſollte, recht gut copirt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0325" n="313"/> Schnelligkeit gefertigten Nachſtiche in Meſſing, Schiefer und<lb/> Zinn faſt immer zum vollſtändigen Betruge, und es kommt dabei<lb/> nicht einmal groß auf die Sauberkeit und Schärfe der Umriſſe<lb/> und Jnſchriften an. So werden denn nicht ſelten ſolche Siegel<lb/> in Holz, ja ſogar in Kork ausgeſchnitten, und geben kaum ſchlech-<lb/> tere Abdrücke als die nachgeahmten Originale ſelbſt.</p><lb/> <p>Zum Copiren der Färbeſiegel nehmen die Fleppenmelochner<lb/> auch oft noch ein Stückchen geöltes Papier, befeſtigen es mit<lb/> einigen kleinen Streifchen ſogenannten engliſchen Pflaſters auf das<lb/> zu copirende Färbeſiegel, und zeichnen mit Bleiſtift das Siegel<lb/> genau durch. Nach Abnahme des Oelpapiers wird auf dem Rücken<lb/> deſſelben mittels einer Schwärze von Kienruß, Leinöl oder dünnen<lb/> Talg, oder mit einer fettigen ſchwarzen Kreide, auch wol mit feiner<lb/> Lindenholzkohle, die in Spiegelſchrift durchſcheinende Zeichnung<lb/> nachgezeichnet, darauf das Oelpapier mit der Rückſeite der Zeich-<lb/> nung auf das gefälſchte Document gelegt, und mittels eines Glätt-<lb/> kolbens aufgerieben, oder mittels eines ſtarken Drucks oder Schlags<lb/> aufgepreßt. <note place="foot" n="1)">Jn dieſer Weiſe hatte der obenerwähnte, hier in Lübeck im Auguſt<lb/> 1858 angehaltene Kittenſchieber das Stadtſiegel des Städtchens, wo ihm ſein<lb/> falſcher Paß ausgeſtellt ſein ſollte, recht gut copirt.</note> Dem geſchickten Fleppenmelochner, welcher gut zeichnet<lb/> und ſich Zeit läßt, gelingen dieſe Siegel ſehr gut; auch kann er<lb/> ſie durch neue Schwärzung des Oelpapiers vervielfältigen. Mei-<lb/> ſtens werden aber dieſe Durchzeichnungen in den Herbergen und<lb/> Spieſſen ziemlich haſtig vorgenommen, und glücken dann oft nicht<lb/> durchaus. Erfahrene Fleppenmelochner laſſen jedoch dieſe nicht<lb/> überall gleichmäßig ausgedrückten Siegel ohne Retouche. Un-<lb/> geſchickte dagegen zeichnen zuweilen die zurückgebliebenen Buch-<lb/> ſtaben mit Bleiſtift oder Tinte nach. Dadurch kommen aber die<lb/> Buchſtaben undeutlicher zu ſtehen, und verrathen ſich durch ihre<lb/> ungleiche Färbung, namentlich wenn man das Papier gegen das<lb/> Licht hält. Findet man auf dem Documente keinen Eindruck des<lb/> Stempels im Papier, und läßt ſich beim Reiben mit der Finger-<lb/> ſpitze die Farbe des Siegels wiſchen, ſo liegt ſchon Verdacht einer<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0325]
Schnelligkeit gefertigten Nachſtiche in Meſſing, Schiefer und
Zinn faſt immer zum vollſtändigen Betruge, und es kommt dabei
nicht einmal groß auf die Sauberkeit und Schärfe der Umriſſe
und Jnſchriften an. So werden denn nicht ſelten ſolche Siegel
in Holz, ja ſogar in Kork ausgeſchnitten, und geben kaum ſchlech-
tere Abdrücke als die nachgeahmten Originale ſelbſt.
Zum Copiren der Färbeſiegel nehmen die Fleppenmelochner
auch oft noch ein Stückchen geöltes Papier, befeſtigen es mit
einigen kleinen Streifchen ſogenannten engliſchen Pflaſters auf das
zu copirende Färbeſiegel, und zeichnen mit Bleiſtift das Siegel
genau durch. Nach Abnahme des Oelpapiers wird auf dem Rücken
deſſelben mittels einer Schwärze von Kienruß, Leinöl oder dünnen
Talg, oder mit einer fettigen ſchwarzen Kreide, auch wol mit feiner
Lindenholzkohle, die in Spiegelſchrift durchſcheinende Zeichnung
nachgezeichnet, darauf das Oelpapier mit der Rückſeite der Zeich-
nung auf das gefälſchte Document gelegt, und mittels eines Glätt-
kolbens aufgerieben, oder mittels eines ſtarken Drucks oder Schlags
aufgepreßt. 1) Dem geſchickten Fleppenmelochner, welcher gut zeichnet
und ſich Zeit läßt, gelingen dieſe Siegel ſehr gut; auch kann er
ſie durch neue Schwärzung des Oelpapiers vervielfältigen. Mei-
ſtens werden aber dieſe Durchzeichnungen in den Herbergen und
Spieſſen ziemlich haſtig vorgenommen, und glücken dann oft nicht
durchaus. Erfahrene Fleppenmelochner laſſen jedoch dieſe nicht
überall gleichmäßig ausgedrückten Siegel ohne Retouche. Un-
geſchickte dagegen zeichnen zuweilen die zurückgebliebenen Buch-
ſtaben mit Bleiſtift oder Tinte nach. Dadurch kommen aber die
Buchſtaben undeutlicher zu ſtehen, und verrathen ſich durch ihre
ungleiche Färbung, namentlich wenn man das Papier gegen das
Licht hält. Findet man auf dem Documente keinen Eindruck des
Stempels im Papier, und läßt ſich beim Reiben mit der Finger-
ſpitze die Farbe des Siegels wiſchen, ſo liegt ſchon Verdacht einer
1) Jn dieſer Weiſe hatte der obenerwähnte, hier in Lübeck im Auguſt
1858 angehaltene Kittenſchieber das Stadtſiegel des Städtchens, wo ihm ſein
falſcher Paß ausgeſtellt ſein ſollte, recht gut copirt.
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