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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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findet sich die Zusammensetzung Struntnickel als gemeinstes
Schimpfwort für die umherlaufende liederliche Dirne (französisch
pierreuse). Das neuere Dappeln, scortari, Dappelschickse,
meretrix, ist, wie Tippeln, Tippen und Jntippeln, von [fremdsprachliches Material - fehlt] oder
[fremdsprachliches Material - fehlt] herzuleiten; vgl. oben, Kap. 43, Jntippel.

Jm Jüdisch-Deutschen sind die gebräuchlichsten Wörter: Sone,
Sonne, Saune,
[fremdsprachliches Material - fehlt], meretrix, von [fremdsprachliches Material - fehlt] (sono), buhlen, hinter
jemanden herlaufen, wovon Senuss und Snuss 1), die Prosti-
tution; Roesonos, der Dirnenjäger; und Senuss treiben, mit
Dirnen umhertreiben. Chonte, Concubine, Maitresse, wol von
[fremdsprachliches Material - fehlt] (chono), sich beugen, niederlassen, lieben. Kdescho, [fremdsprachliches Material - fehlt],
Femininum von [fremdsprachliches Material - fehlt] (kodesch) 2), puer mollis (von der Prosti-
tution der Knaben und Mädchen bei dem Götzendienst der Ara-
mäer, besonders bei dem Dienste der Astarte), beschimpfender
Ausdruck für die Prostituirte. Ebenso zur Bezeichnung der sitt-
lichen und körperlichen Unreinigkeit Nide, Nidde, von [fremdsprachliches Material - fehlt], die
Unreinigkeit des Blutes, Menstruation, Abscheulichkeit, wovon das
gemeinste gaunerische Schimpfwort Mamser ben hanide, ver-
dorben Mamserbenette. 3) Aehnlich Tmea von [fremdsprachliches Material - fehlt] (tome),
körperlich und moralisch unrein sein, wegwerfender Ausdruck für die
niedrigste Dirne. Endlich nach Nafke, von [fremdsprachliches Material - fehlt] (nafal), abfallen
(davon Nefel und Nefelche, ein vorzeitig geborenes Kind, Abor-
tus), die gemeinste, verworfenste Prostituirte, wovon Nafkenen,
scortari.

Für Bordell hat die alte Gaunersprache an Wörtern deutschen

1) Hebräisch [fremdsprachliches Material - fehlt], davon wahrscheinlich das niederdeutsche Snussen,
snusseln, sick ansnusseln,
sich vertraut und liebkosend an jemand anklam-
mern, auch besonders vom Kosen der Kinder gebraucht.
2) Kodesch ist in der jüdischen Gaunersprache besonders der Kuppler,
der liederliche, moralisch verdorbene Mensch, dem Mamser entsprechend
(Schadchan, vgl. unten, ist dagegen der Ehestifter, Ehevermittler, aber auch
Kuppler); Kedeschos, liederliche Metzen, ist die absichtliche höhnische Verwech-
selung mit Kedoschos, weibliche Heilige, ehrsame Frauen und Jungfrauen.
3) [fremdsprachliches Material - fehlt] (Mamser, Femininum Mamseress), ein uneheliches Kind, aber
auch eine gemeine, verschmitzte, verschlagene, hinterlistige Person. Mamser
ben hanide
ist der während der Menstruation concipirte Bastard.

findet ſich die Zuſammenſetzung Struntnickel als gemeinſtes
Schimpfwort für die umherlaufende liederliche Dirne (franzöſiſch
pierreuse). Das neuere Dappeln, scortari, Dappelſchickſe,
meretrix, iſt, wie Tippeln, Tippen und Jntippeln, von [fremdsprachliches Material – fehlt] oder
[fremdsprachliches Material – fehlt] herzuleiten; vgl. oben, Kap. 43, Jntippel.

Jm Jüdiſch-Deutſchen ſind die gebräuchlichſten Wörter: Sone,
Sonne, Saune,
[fremdsprachliches Material – fehlt], meretrix, von [fremdsprachliches Material – fehlt] (sono), buhlen, hinter
jemanden herlaufen, wovon Senuſſ und Snuſſ 1), die Proſti-
tution; Roëſonos, der Dirnenjäger; und Senuſſ treiben, mit
Dirnen umhertreiben. Chonte, Concubine, Maitreſſe, wol von
[fremdsprachliches Material – fehlt] (chono), ſich beugen, niederlaſſen, lieben. Kdeſcho, [fremdsprachliches Material – fehlt],
Femininum von [fremdsprachliches Material – fehlt] (kodesch) 2), puer mollis (von der Proſti-
tution der Knaben und Mädchen bei dem Götzendienſt der Ara-
mäer, beſonders bei dem Dienſte der Aſtarte), beſchimpfender
Ausdruck für die Proſtituirte. Ebenſo zur Bezeichnung der ſitt-
lichen und körperlichen Unreinigkeit Nide, Nidde, von [fremdsprachliches Material – fehlt], die
Unreinigkeit des Blutes, Menſtruation, Abſcheulichkeit, wovon das
gemeinſte gauneriſche Schimpfwort Mamſer ben hanide, ver-
dorben Mamſerbenette. 3) Aehnlich Tmea von [fremdsprachliches Material – fehlt] (tome),
körperlich und moraliſch unrein ſein, wegwerfender Ausdruck für die
niedrigſte Dirne. Endlich nach Nafke, von [fremdsprachliches Material – fehlt] (nafal), abfallen
(davon Nefel und Nefelche, ein vorzeitig geborenes Kind, Abor-
tus), die gemeinſte, verworfenſte Proſtituirte, wovon Nafkenen,
scortari.

Für Bordell hat die alte Gaunerſprache an Wörtern deutſchen

1) Hebräiſch [fremdsprachliches Material – fehlt], davon wahrſcheinlich das niederdeutſche Snuſſen,
ſnuſſeln, ſick anſnuſſeln,
ſich vertraut und liebkoſend an jemand anklam-
mern, auch beſonders vom Koſen der Kinder gebraucht.
2) Kodeſch iſt in der jüdiſchen Gaunerſprache beſonders der Kuppler,
der liederliche, moraliſch verdorbene Menſch, dem Mamſer entſprechend
(Schadchan, vgl. unten, iſt dagegen der Eheſtifter, Ehevermittler, aber auch
Kuppler); Kedeſchos, liederliche Metzen, iſt die abſichtliche höhniſche Verwech-
ſelung mit Kedoſchos, weibliche Heilige, ehrſame Frauen und Jungfrauen.
3) [fremdsprachliches Material – fehlt] (Mamser, Femininum Mamseress), ein uneheliches Kind, aber
auch eine gemeine, verſchmitzte, verſchlagene, hinterliſtige Perſon. Mamſer
ben hanide
iſt der während der Menſtruation concipirte Baſtard.
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[331/0343] findet ſich die Zuſammenſetzung Struntnickel als gemeinſtes Schimpfwort für die umherlaufende liederliche Dirne (franzöſiſch pierreuse). Das neuere Dappeln, scortari, Dappelſchickſe, meretrix, iſt, wie Tippeln, Tippen und Jntippeln, von _ oder _ herzuleiten; vgl. oben, Kap. 43, Jntippel. Jm Jüdiſch-Deutſchen ſind die gebräuchlichſten Wörter: Sone, Sonne, Saune, _ , meretrix, von _ (sono), buhlen, hinter jemanden herlaufen, wovon Senuſſ und Snuſſ 1), die Proſti- tution; Roëſonos, der Dirnenjäger; und Senuſſ treiben, mit Dirnen umhertreiben. Chonte, Concubine, Maitreſſe, wol von _ (chono), ſich beugen, niederlaſſen, lieben. Kdeſcho, _ , Femininum von _ (kodesch) 2), puer mollis (von der Proſti- tution der Knaben und Mädchen bei dem Götzendienſt der Ara- mäer, beſonders bei dem Dienſte der Aſtarte), beſchimpfender Ausdruck für die Proſtituirte. Ebenſo zur Bezeichnung der ſitt- lichen und körperlichen Unreinigkeit Nide, Nidde, von _ , die Unreinigkeit des Blutes, Menſtruation, Abſcheulichkeit, wovon das gemeinſte gauneriſche Schimpfwort Mamſer ben hanide, ver- dorben Mamſerbenette. 3) Aehnlich Tmea von _ (tome), körperlich und moraliſch unrein ſein, wegwerfender Ausdruck für die niedrigſte Dirne. Endlich nach Nafke, von _ (nafal), abfallen (davon Nefel und Nefelche, ein vorzeitig geborenes Kind, Abor- tus), die gemeinſte, verworfenſte Proſtituirte, wovon Nafkenen, scortari. Für Bordell hat die alte Gaunerſprache an Wörtern deutſchen 1) Hebräiſch _ , davon wahrſcheinlich das niederdeutſche Snuſſen, ſnuſſeln, ſick anſnuſſeln, ſich vertraut und liebkoſend an jemand anklam- mern, auch beſonders vom Koſen der Kinder gebraucht. 2) Kodeſch iſt in der jüdiſchen Gaunerſprache beſonders der Kuppler, der liederliche, moraliſch verdorbene Menſch, dem Mamſer entſprechend (Schadchan, vgl. unten, iſt dagegen der Eheſtifter, Ehevermittler, aber auch Kuppler); Kedeſchos, liederliche Metzen, iſt die abſichtliche höhniſche Verwech- ſelung mit Kedoſchos, weibliche Heilige, ehrſame Frauen und Jungfrauen. 3) _ (Mamser, Femininum Mamseress), ein uneheliches Kind, aber auch eine gemeine, verſchmitzte, verſchlagene, hinterliſtige Perſon. Mamſer ben hanide iſt der während der Menſtruation concipirte Baſtard.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/343>, abgerufen am 25.04.2024.