Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.deutsch und vieler älterer und neuerer Sprachen für die Gauner- Dreizehntes Kapitel. b) Das Zinkenen. Das Wort: der Zink, oder Zinken, bedeutet allgemein jede 1) Aufmerksamkeit verdient das neu erschienene Werk: "Etudes de phi- lologie comparee sur l'argot et sur les idiomes analogues parles en Europe et en Asie par Francisque-Michel" (Paris 1856), worin der Ver- fasser S. 443--453 das argot allemand ou Rothwelsch, obschon mit eini- ger Kenntniß der ältern Literatur, nur oberflächlich abhandelt, und selbst auch in der französischen Gaunersprache, trotz seiner herrlichen Belesenheit, nicht tief genug in das eigentliche Volksleben hineingedrungen ist, das in seiner geheimnißvollsten Tiefe dem Philologen in der Studirstube sich schwerlich ganz erschließt. Sehr beachtenswerth ist noch der tiefer in die französische und deutsche Volkssprache eingedrungene H. Barbieux, "Antibarbarus der französischen Sprache" (Frankfurt a. M. 1853). 2) Vgl. die etymologische Erklärung des Wortes sung bei Pott, a. a. O., II, 226, 227. Bemerkenswerth ist dazu, daß auch noch in der heutigen Volks- sprache das Wort Zinken häufig für Nase gebraucht wird. 3) Zigeunerisch sungaf, riechen, duften, z. B. Ada bluma ßungela
schukker, diese Blume riecht schön. Vgl. Pott, und Bischoff, "Zigeunerisches Wörterbuch" unter "Riechen". deutſch und vieler älterer und neuerer Sprachen für die Gauner- Dreizehntes Kapitel. b) Das Zinkenen. Das Wort: der Zink, oder Zinken, bedeutet allgemein jede 1) Aufmerkſamkeit verdient das neu erſchienene Werk: „Etudes de phi- lologie comparée sur l’argot et sur les idiomes analogues parlés en Europe et en Asie par Francisque-Michel“ (Paris 1856), worin der Ver- faſſer S. 443—453 das argot allemand ou Rothwelsch, obſchon mit eini- ger Kenntniß der ältern Literatur, nur oberflächlich abhandelt, und ſelbſt auch in der franzöſiſchen Gaunerſprache, trotz ſeiner herrlichen Beleſenheit, nicht tief genug in das eigentliche Volksleben hineingedrungen iſt, das in ſeiner geheimnißvollſten Tiefe dem Philologen in der Studirſtube ſich ſchwerlich ganz erſchließt. Sehr beachtenswerth iſt noch der tiefer in die franzöſiſche und deutſche Volksſprache eingedrungene H. Barbieux, „Antibarbarus der franzöſiſchen Sprache“ (Frankfurt a. M. 1853). 2) Vgl. die etymologiſche Erklärung des Wortes sung bei Pott, a. a. O., II, 226, 227. Bemerkenswerth iſt dazu, daß auch noch in der heutigen Volks- ſprache das Wort Zinken häufig für Naſe gebraucht wird. 3) Zigeuneriſch sungáf, riechen, duften, z. B. Ada blúma ßungela
schukker, dieſe Blume riecht ſchön. Vgl. Pott, und Biſchoff, „Zigeuneriſches Wörterbuch“ unter „Riechen“. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0064" n="52"/> deutſch und vieler älterer und neuerer Sprachen für die Gauner-<lb/> ſprache niemals in ihrer großen Wichtigkeit hervorgehoben iſt. <note place="foot" n="1)">Aufmerkſamkeit verdient das neu erſchienene Werk: „<hi rendition="#aq">Etudes de phi-<lb/> lologie comparée sur l’argot et sur les idiomes analogues parlés en<lb/> Europe et en Asie par Francisque-Michel</hi>“ (Paris 1856), worin der Ver-<lb/> faſſer S. 443—453 das <hi rendition="#aq">argot allemand ou Rothwelsch,</hi> obſchon mit eini-<lb/> ger Kenntniß der ältern Literatur, nur oberflächlich abhandelt, und ſelbſt auch<lb/> in der franzöſiſchen Gaunerſprache, trotz ſeiner herrlichen Beleſenheit, nicht<lb/> tief genug in das eigentliche Volksleben hineingedrungen iſt, das in ſeiner<lb/> geheimnißvollſten Tiefe dem Philologen in der Studirſtube ſich ſchwerlich ganz<lb/> erſchließt. Sehr beachtenswerth iſt noch der tiefer in die franzöſiſche und deutſche<lb/> Volksſprache eingedrungene H. Barbieux, „Antibarbarus der franzöſiſchen<lb/> Sprache“ (Frankfurt a. M. 1853).</note><lb/> Bei dieſem Vermiß iſt die linguiſtiſche Aufgabe für vorliegendes<lb/> Werk zu umfaſſend, als daß ſie nicht in einem <hi rendition="#g">beſondern</hi> Ab-<lb/> ſchnitt ausführlicher behandelt werden ſollte.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Dreizehntes Kapitel.<lb/><hi rendition="#aq">b)</hi> <hi rendition="#g">Das Zinkenen.</hi></hi> </head><lb/> <p>Das Wort: der <hi rendition="#g">Zink,</hi> oder <hi rendition="#g">Zinken,</hi> bedeutet allgemein jede<lb/> geheime Verſtändigung durch Laute, Geſten, Mienen und gra-<lb/> phiſche Merkzeichen, und wird daher von Thiele mit: Wink, Zei-<lb/> chen, Bezeichnung, richtig überſetzt. Es iſt wol nicht anders als<lb/> vom zigeuneriſchen <hi rendition="#g">Sung</hi> <note place="foot" n="2)">Vgl. die etymologiſche Erklärung des Wortes <hi rendition="#aq">sung</hi> bei Pott, a. a. O.,<lb/><hi rendition="#aq">II,</hi> 226, 227. Bemerkenswerth iſt dazu, daß auch noch in der heutigen Volks-<lb/> ſprache das Wort <hi rendition="#g">Zinken</hi> häufig für Naſe gebraucht wird.</note>, Geruch, abzuleiten, in welchem das<lb/> S als dem Jndiſchen eigenthümlicher palataler Ziſchlaut <hi rendition="#aq">sz</hi> er-<lb/> ſcheint, und welches auch in ſeiner Bedeutung die des <hi rendition="#g">Zinken</hi><lb/> (wovon das Zeitwort <hi rendition="#g">Zinkenen</hi> <note place="foot" n="3)">Zigeuneriſch <hi rendition="#aq">sungáf,</hi> riechen, duften, z. B. <hi rendition="#aq">Ada blúma ßungela<lb/> schukker,</hi> dieſe Blume riecht ſchön. Vgl. Pott, und Biſchoff, „Zigeuneriſches<lb/> Wörterbuch“ unter „Riechen“.</note>, riechen laſſen, zu riechen oder<lb/> zu verſtehen geben, winken, zeichnen) am deutlichſten macht. Der<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0064]
deutſch und vieler älterer und neuerer Sprachen für die Gauner-
ſprache niemals in ihrer großen Wichtigkeit hervorgehoben iſt. 1)
Bei dieſem Vermiß iſt die linguiſtiſche Aufgabe für vorliegendes
Werk zu umfaſſend, als daß ſie nicht in einem beſondern Ab-
ſchnitt ausführlicher behandelt werden ſollte.
Dreizehntes Kapitel.
b) Das Zinkenen.
Das Wort: der Zink, oder Zinken, bedeutet allgemein jede
geheime Verſtändigung durch Laute, Geſten, Mienen und gra-
phiſche Merkzeichen, und wird daher von Thiele mit: Wink, Zei-
chen, Bezeichnung, richtig überſetzt. Es iſt wol nicht anders als
vom zigeuneriſchen Sung 2), Geruch, abzuleiten, in welchem das
S als dem Jndiſchen eigenthümlicher palataler Ziſchlaut sz er-
ſcheint, und welches auch in ſeiner Bedeutung die des Zinken
(wovon das Zeitwort Zinkenen 3), riechen laſſen, zu riechen oder
zu verſtehen geben, winken, zeichnen) am deutlichſten macht. Der
1) Aufmerkſamkeit verdient das neu erſchienene Werk: „Etudes de phi-
lologie comparée sur l’argot et sur les idiomes analogues parlés en
Europe et en Asie par Francisque-Michel“ (Paris 1856), worin der Ver-
faſſer S. 443—453 das argot allemand ou Rothwelsch, obſchon mit eini-
ger Kenntniß der ältern Literatur, nur oberflächlich abhandelt, und ſelbſt auch
in der franzöſiſchen Gaunerſprache, trotz ſeiner herrlichen Beleſenheit, nicht
tief genug in das eigentliche Volksleben hineingedrungen iſt, das in ſeiner
geheimnißvollſten Tiefe dem Philologen in der Studirſtube ſich ſchwerlich ganz
erſchließt. Sehr beachtenswerth iſt noch der tiefer in die franzöſiſche und deutſche
Volksſprache eingedrungene H. Barbieux, „Antibarbarus der franzöſiſchen
Sprache“ (Frankfurt a. M. 1853).
2) Vgl. die etymologiſche Erklärung des Wortes sung bei Pott, a. a. O.,
II, 226, 227. Bemerkenswerth iſt dazu, daß auch noch in der heutigen Volks-
ſprache das Wort Zinken häufig für Naſe gebraucht wird.
3) Zigeuneriſch sungáf, riechen, duften, z. B. Ada blúma ßungela
schukker, dieſe Blume riecht ſchön. Vgl. Pott, und Biſchoff, „Zigeuneriſches
Wörterbuch“ unter „Riechen“.
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