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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Bedeutung des Wortes Zinken entsprechend 1) ist das mit dem
deutschen Schreck in Verbindung zu setzende jüdisch-deutsche
schreko (vom hebräischen [fremdsprachliches Material - fehlt] und dies von [fremdsprachliches Material - fehlt], er hat ge-
zischt, gelockt, gewinkt), wovon Schreckenen, auch srikenen,
zischen, durch Zischen herbeirufen, winken, und Schreckener und
Srikener, der zur Unterstützung des Schottenfellers (Ladendie-
bes) mit in die Läden geht.

Schon aus der etymologischen Bedeutung des Zinken sieht
man, welch großer Complex von Verständigungsmitteln das Zin-
kenen ist. Man kann kaum alle diese Mittel darstellen und classi-
ficiren, zu deren Kenntniß dem Polizeimann oder Gefängnißbe-
amten vorzügliche Gelegenheit geboten wird. Gerade in der Be-
drängniß wuchert der gaunerische Geist an Behelfen herauf, von
denen man auf den ersten oberflächlichen Anblick keinen Begriff
hat, und gerade in Vorhalten, oder bei den immer höchst gewagten
Confrontationen gaunerischer Jnquisiten nimmt der scharfe Beobach-
ter psychologische Momente wahr, die ihn zum Erstaunen, ja oft
zur Bewunderung hinreißen. Trotz der gleichmäßigen Schule und
Ausbildung, trotz des feinsten Verständnisses aller Gauner unter
sich, ist und bleibt jeder einzelne Gauner nach seiner Jndividua-
lität immer doch noch ein eigener Lehrsatz, der von dem genau
beobachtenden Polizeimann so klar begriffen werden kann, daß er
jeden Gauner für ein Original erklären muß, und kaum eine
Analogie von einem Gauner auf den andern zu ziehen wagen
darf. Ein Gauner versteht am andern jede Bewegung des Au-

1) Das Wort Zink ist dem Liber Vagatorum und der alten Rotwelschen
Grammatik fremd. Auch bei Moscherosch und bei Schottelius kommt der Ausdruck
nicht vor. Man findet ihn zuerst in dem "Hildburghauser Verzeichniß von 1753"
als Compositum, Zinkenplatz, d. h. Ort, wo sich die Diebesbande hinbestellt,
und Zinkenstecken, d. h. Lärmen zum Abmarsch machen, rufen, einem et-
was zu verstehen geben, auf einen gewissen Ort hinbestellen. Die Rotwelsche
Grammatik von 1755 hat diese Terminologie aufgenommen. Dem Juden-
deutsch ist der Ausdruck fremd, obgleich er den jüdischen Gaunern vollkommen
geläufig ist. Auch wird noch heute durchgehends die ganze Personalbeschrei-
bung ein Zinken, das Signalisiren einer Person abzinkenen und ein Steck-
brief eine Zinkfleppe genannt.

Bedeutung des Wortes Zinken entſprechend 1) iſt das mit dem
deutſchen Schreck in Verbindung zu ſetzende jüdiſch-deutſche
schreko (vom hebräiſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] und dies von [fremdsprachliches Material – fehlt], er hat ge-
ziſcht, gelockt, gewinkt), wovon Schreckenen, auch ſrikenen,
ziſchen, durch Ziſchen herbeirufen, winken, und Schreckener und
Srikener, der zur Unterſtützung des Schottenfellers (Ladendie-
bes) mit in die Läden geht.

Schon aus der etymologiſchen Bedeutung des Zinken ſieht
man, welch großer Complex von Verſtändigungsmitteln das Zin-
kenen iſt. Man kann kaum alle dieſe Mittel darſtellen und claſſi-
ficiren, zu deren Kenntniß dem Polizeimann oder Gefängnißbe-
amten vorzügliche Gelegenheit geboten wird. Gerade in der Be-
drängniß wuchert der gauneriſche Geiſt an Behelfen herauf, von
denen man auf den erſten oberflächlichen Anblick keinen Begriff
hat, und gerade in Vorhalten, oder bei den immer höchſt gewagten
Confrontationen gauneriſcher Jnquiſiten nimmt der ſcharfe Beobach-
ter pſychologiſche Momente wahr, die ihn zum Erſtaunen, ja oft
zur Bewunderung hinreißen. Trotz der gleichmäßigen Schule und
Ausbildung, trotz des feinſten Verſtändniſſes aller Gauner unter
ſich, iſt und bleibt jeder einzelne Gauner nach ſeiner Jndividua-
lität immer doch noch ein eigener Lehrſatz, der von dem genau
beobachtenden Polizeimann ſo klar begriffen werden kann, daß er
jeden Gauner für ein Original erklären muß, und kaum eine
Analogie von einem Gauner auf den andern zu ziehen wagen
darf. Ein Gauner verſteht am andern jede Bewegung des Au-

1) Das Wort Zink iſt dem Liber Vagatorum und der alten Rotwelſchen
Grammatik fremd. Auch bei Moſcheroſch und bei Schottelius kommt der Ausdruck
nicht vor. Man findet ihn zuerſt in dem „Hildburghauſer Verzeichniß von 1753“
als Compoſitum, Zinkenplatz, d. h. Ort, wo ſich die Diebesbande hinbeſtellt,
und Zinkenſtecken, d. h. Lärmen zum Abmarſch machen, rufen, einem et-
was zu verſtehen geben, auf einen gewiſſen Ort hinbeſtellen. Die Rotwelſche
Grammatik von 1755 hat dieſe Terminologie aufgenommen. Dem Juden-
deutſch iſt der Ausdruck fremd, obgleich er den jüdiſchen Gaunern vollkommen
geläufig iſt. Auch wird noch heute durchgehends die ganze Perſonalbeſchrei-
bung ein Zinken, das Signaliſiren einer Perſon abzinkenen und ein Steck-
brief eine Zinkfleppe genannt.
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[53/0065] Bedeutung des Wortes Zinken entſprechend 1) iſt das mit dem deutſchen Schreck in Verbindung zu ſetzende jüdiſch-deutſche schreko (vom hebräiſchen _ und dies von _ , er hat ge- ziſcht, gelockt, gewinkt), wovon Schreckenen, auch ſrikenen, ziſchen, durch Ziſchen herbeirufen, winken, und Schreckener und Srikener, der zur Unterſtützung des Schottenfellers (Ladendie- bes) mit in die Läden geht. Schon aus der etymologiſchen Bedeutung des Zinken ſieht man, welch großer Complex von Verſtändigungsmitteln das Zin- kenen iſt. Man kann kaum alle dieſe Mittel darſtellen und claſſi- ficiren, zu deren Kenntniß dem Polizeimann oder Gefängnißbe- amten vorzügliche Gelegenheit geboten wird. Gerade in der Be- drängniß wuchert der gauneriſche Geiſt an Behelfen herauf, von denen man auf den erſten oberflächlichen Anblick keinen Begriff hat, und gerade in Vorhalten, oder bei den immer höchſt gewagten Confrontationen gauneriſcher Jnquiſiten nimmt der ſcharfe Beobach- ter pſychologiſche Momente wahr, die ihn zum Erſtaunen, ja oft zur Bewunderung hinreißen. Trotz der gleichmäßigen Schule und Ausbildung, trotz des feinſten Verſtändniſſes aller Gauner unter ſich, iſt und bleibt jeder einzelne Gauner nach ſeiner Jndividua- lität immer doch noch ein eigener Lehrſatz, der von dem genau beobachtenden Polizeimann ſo klar begriffen werden kann, daß er jeden Gauner für ein Original erklären muß, und kaum eine Analogie von einem Gauner auf den andern zu ziehen wagen darf. Ein Gauner verſteht am andern jede Bewegung des Au- 1) Das Wort Zink iſt dem Liber Vagatorum und der alten Rotwelſchen Grammatik fremd. Auch bei Moſcheroſch und bei Schottelius kommt der Ausdruck nicht vor. Man findet ihn zuerſt in dem „Hildburghauſer Verzeichniß von 1753“ als Compoſitum, Zinkenplatz, d. h. Ort, wo ſich die Diebesbande hinbeſtellt, und Zinkenſtecken, d. h. Lärmen zum Abmarſch machen, rufen, einem et- was zu verſtehen geben, auf einen gewiſſen Ort hinbeſtellen. Die Rotwelſche Grammatik von 1755 hat dieſe Terminologie aufgenommen. Dem Juden- deutſch iſt der Ausdruck fremd, obgleich er den jüdiſchen Gaunern vollkommen geläufig iſt. Auch wird noch heute durchgehends die ganze Perſonalbeſchrei- bung ein Zinken, das Signaliſiren einer Perſon abzinkenen und ein Steck- brief eine Zinkfleppe genannt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/65>, abgerufen am 24.11.2024.