Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.[fremdsprachliches Material] Ost aber beginnt auch die Maase in dem ersten Worte mit Der Stil und Ton der ganzen jüdischdeutschen Diction hat 1) Von der Hagen, welcher in der berliner Akademie der Wissenschaften
am 18. Aug. 1853 eine Vorlesung "Ueber die romantische und Volks-Literatur der Juden in jüdischdeutscher Sprache" hielt, hat diese Literatur nur höchst flüchtig berührt. Nur zwei Bemerkungen sind bedeutend, nämlich die S. 9: "daß die jüdischdeutsche Literatur nicht wegen ihrer Ausbildung und Schönheit anziehend, sondern merkwürdig sei als eigenthümliches Gewächs, wie andere Volksmundarten und deren eigene Erzeugnisse; daß sie ferner noch die besondere Bedeutung habe, daß sie völlig dem ursprünglichen Wesen und den fortwähren- den Zuständen dieses zum allgemeinen Beispiel bestimmten Volkes am Eingange der Menschheit entspreche"; und S. 11: "daß die Juden, wenn sie den ihnen ursprünglich angewiesenen Kreis der Dichtung und Darstellung verlassen, meist nachlässig ins Formlose und Geschmacklose gerathen." [fremdsprachliches Material] Oſt aber beginnt auch die Maaſe in dem erſten Worte mit Der Stil und Ton der ganzen jüdiſchdeutſchen Diction hat 1) Von der Hagen, welcher in der berliner Akademie der Wiſſenſchaften
am 18. Aug. 1853 eine Vorleſung „Ueber die romantiſche und Volks-Literatur der Juden in jüdiſchdeutſcher Sprache“ hielt, hat dieſe Literatur nur höchſt flüchtig berührt. Nur zwei Bemerkungen ſind bedeutend, nämlich die S. 9: „daß die jüdiſchdeutſche Literatur nicht wegen ihrer Ausbildung und Schönheit anziehend, ſondern merkwürdig ſei als eigenthümliches Gewächs, wie andere Volksmundarten und deren eigene Erzeugniſſe; daß ſie ferner noch die beſondere Bedeutung habe, daß ſie völlig dem urſprünglichen Weſen und den fortwähren- den Zuſtänden dieſes zum allgemeinen Beiſpiel beſtimmten Volkes am Eingange der Menſchheit entſpreche“; und S. 11: „daß die Juden, wenn ſie den ihnen urſprünglich angewieſenen Kreis der Dichtung und Darſtellung verlaſſen, meiſt nachläſſig ins Formloſe und Geſchmackloſe gerathen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0447" n="413"/> <hi rendition="#c"><gap reason="fm"/><lb/> Maaſe geſchach einmal an einem köſtlichen Chaſid u. ſ. w.</hi> </p><lb/> <p>Oſt aber beginnt auch die Maaſe in dem erſten Worte mit<lb/> bloßen hebräiſchen Buchſtaben in jüdiſchdeutſcher Sprache, z. B.:<lb/><hi rendition="#c"><gap reason="fm"/><lb/> Es war ein Roſchiron (Stadtvorſteher, Bürgermeiſter) in Wermes<lb/> (Worms).</hi><lb/><hi rendition="#aq">Maaseh haschem</hi> (Fol. 58 <hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>, amſterdamer Quartausgabe 1696).<lb/> Daſelbſt Fol. 59:<lb/><hi rendition="#c"><gap reason="fm"/><lb/> Zu Wermeiſe (Worms) hat gewohnt u. ſ. w.</hi></p><lb/> <p>Der Stil und Ton der ganzen jüdiſchdeutſchen Diction hat<lb/> viel Lebendigkeit und orientaliſche Färbung, welche aber durch die<lb/> holperige und bröckelige Form des einzelnen Ausdrucks ſehr abge-<lb/> ſchwächt und vielfach ſogar in das Lächerliche und Abgeſchmackte<lb/> gezogen wird. Das iſt beſonders bei der Poeſie der Fall, bei deren<lb/> mangelhafter, dürrer, allen proſodiſchen Regeln hohnſprechender<lb/> und nur auf gezwungene Reimerei hinauslaufender Form die in<lb/> Freud und Leid entſtandenen, oft recht tief und lebendig gefühlten<lb/> Gedanken für die Auffaſſung und Empfindung des Leſers faſt ganz<lb/> verloren gehen und kaum etwas anderes übrig bleibt als die Mis-<lb/> form des verkümmerten Ausdrucks. <note place="foot" n="1)">Von der Hagen, welcher in der berliner Akademie der Wiſſenſchaften<lb/> am 18. Aug. 1853 eine Vorleſung „Ueber die romantiſche und Volks-Literatur<lb/> der Juden in jüdiſchdeutſcher Sprache“ hielt, hat dieſe Literatur nur höchſt<lb/> flüchtig berührt. Nur zwei Bemerkungen ſind bedeutend, nämlich die S. 9:<lb/> „daß die jüdiſchdeutſche Literatur nicht wegen ihrer Ausbildung und Schönheit<lb/> anziehend, ſondern merkwürdig ſei als eigenthümliches Gewächs, wie andere<lb/> Volksmundarten und deren eigene Erzeugniſſe; daß ſie ferner noch die beſondere<lb/> Bedeutung habe, daß ſie völlig dem urſprünglichen Weſen und den fortwähren-<lb/> den Zuſtänden dieſes zum allgemeinen Beiſpiel beſtimmten Volkes am Eingange<lb/> der Menſchheit entſpreche“; und S. 11: „daß die Juden, wenn ſie den ihnen<lb/> urſprünglich angewieſenen Kreis der Dichtung und Darſtellung verlaſſen, meiſt<lb/> nachläſſig ins Formloſe und Geſchmackloſe gerathen.“</note> So iſt z. B. das bei Ge-<lb/> legenheit des 1614 zu Frankfurt a. M. beſonders von dem Leb-<lb/> kuchenbäcker Vincenz Fettmilch angeſtifteten Aufruhrs verfaßte<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [413/0447]
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Maaſe geſchach einmal an einem köſtlichen Chaſid u. ſ. w.
Oſt aber beginnt auch die Maaſe in dem erſten Worte mit
bloßen hebräiſchen Buchſtaben in jüdiſchdeutſcher Sprache, z. B.:
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Es war ein Roſchiron (Stadtvorſteher, Bürgermeiſter) in Wermes
(Worms).
Maaseh haschem (Fol. 58 b, amſterdamer Quartausgabe 1696).
Daſelbſt Fol. 59:
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Zu Wermeiſe (Worms) hat gewohnt u. ſ. w.
Der Stil und Ton der ganzen jüdiſchdeutſchen Diction hat
viel Lebendigkeit und orientaliſche Färbung, welche aber durch die
holperige und bröckelige Form des einzelnen Ausdrucks ſehr abge-
ſchwächt und vielfach ſogar in das Lächerliche und Abgeſchmackte
gezogen wird. Das iſt beſonders bei der Poeſie der Fall, bei deren
mangelhafter, dürrer, allen proſodiſchen Regeln hohnſprechender
und nur auf gezwungene Reimerei hinauslaufender Form die in
Freud und Leid entſtandenen, oft recht tief und lebendig gefühlten
Gedanken für die Auffaſſung und Empfindung des Leſers faſt ganz
verloren gehen und kaum etwas anderes übrig bleibt als die Mis-
form des verkümmerten Ausdrucks. 1) So iſt z. B. das bei Ge-
legenheit des 1614 zu Frankfurt a. M. beſonders von dem Leb-
kuchenbäcker Vincenz Fettmilch angeſtifteten Aufruhrs verfaßte
1) Von der Hagen, welcher in der berliner Akademie der Wiſſenſchaften
am 18. Aug. 1853 eine Vorleſung „Ueber die romantiſche und Volks-Literatur
der Juden in jüdiſchdeutſcher Sprache“ hielt, hat dieſe Literatur nur höchſt
flüchtig berührt. Nur zwei Bemerkungen ſind bedeutend, nämlich die S. 9:
„daß die jüdiſchdeutſche Literatur nicht wegen ihrer Ausbildung und Schönheit
anziehend, ſondern merkwürdig ſei als eigenthümliches Gewächs, wie andere
Volksmundarten und deren eigene Erzeugniſſe; daß ſie ferner noch die beſondere
Bedeutung habe, daß ſie völlig dem urſprünglichen Weſen und den fortwähren-
den Zuſtänden dieſes zum allgemeinen Beiſpiel beſtimmten Volkes am Eingange
der Menſchheit entſpreche“; und S. 11: „daß die Juden, wenn ſie den ihnen
urſprünglich angewieſenen Kreis der Dichtung und Darſtellung verlaſſen, meiſt
nachläſſig ins Formloſe und Geſchmackloſe gerathen.“
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