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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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immer die von Schwenck angeführte Analogie zutreffend und die
nächste Bedeutung die des anrd. rioda zu sein. 1)

Nun hat die älteste Urkunde über das Treiben der deutschen
Bettler, das baseler Rathsmandat, sowie der Liber Vagatorum,
der Bedeler orden und die Rotwelsche Grammatik keine andere
Erklärung für das Rot, Rotten, Rottun als Bettler,
welche aber überall in diesen ältesten Urkunden mit entstelltem,
bemaltem und beschmiertem Angesicht und Körpertheilen erscheinen.
Der Belege sind sehr viele, z. B. im baseler Rathsmandat die
Grautener, "die nemment ein blutig Tuch und bindent das
umbe die Stirnen, als ob sie gevallen wären, darnach walgerent
sie sich in dem Bache, glich als werent sie von den Siechtagen
wegen also gevallen. So nemment ein teil Salb, die machent sy
uß meigewunne und bestrichent sich neder dem Antlitz damitte, so
werden sie geschaffen, als werent sie in ein Fure gefallen und daz
heisset under inen ein schaffin Anlitz. Jtem -- die Schweiger
die nemment Pferd Mist und mengent den mit Wasser und be-
strichent Bein, Arm und Hande damit, so werden sie geschaffen
als ob sie die Gilwe oder ander grosse Siechtagen hettent." So
machen es weiter die Valkentreiger, Brasseln, Jungfrown, Span-
felder, Krachere, Seffer u. s. w.

Auch in noch viel ältern Sprachurkunden erscheint das Rot
in solcher Bedeutung. Das Vocabular St.-Galli (7. Jahrhundert)
übersetzt das lateinische rufus mit rooter. Rufus ist aber keines-
wegs streng beschränkt auf das ruber. Gellius (Noct. Att., II,
26) sagt ausdrücklich: Non enim haec sunt sola vocabula rufum
colorem demonstrantia, quae tu modo dixisti, rufus et ruber,
sed alia quoque habemus plura: fulvus enim et flavus et
rubidus et phoeniceus et rutilus et luteus et spadix adpella-
tiones sunt rufi coloris, aut acuentes cum -- aut virenti sen-
sim albo illuminantes etc.

Unzähligemal wird auch in den Quellen des Femrechts 2)

1) Vgl. Schmeller, III, 166, der sogar als zweite figürliche Bedeutung
des rot "finnig im Gesichte" aufführt.
2) Vgl. in Wächter's vortrefflichen "Beiträgen zur deutschen Geschichte,

immer die von Schwenck angeführte Analogie zutreffend und die
nächſte Bedeutung die des anrd. rioda zu ſein. 1)

Nun hat die älteſte Urkunde über das Treiben der deutſchen
Bettler, das baſeler Rathsmandat, ſowie der Liber Vagatorum,
der Bedeler orden und die Rotwelſche Grammatik keine andere
Erklärung für das Rot, Rotten, Rottun als Bettler,
welche aber überall in dieſen älteſten Urkunden mit entſtelltem,
bemaltem und beſchmiertem Angeſicht und Körpertheilen erſcheinen.
Der Belege ſind ſehr viele, z. B. im baſeler Rathsmandat die
Grautener, „die nemment ein blutig Tuch und bindent das
umbe die Stirnen, als ob ſie gevallen wären, darnach walgerent
ſie ſich in dem Bache, glich als werent ſie von den Siechtagen
wegen alſo gevallen. So nemment ein teil Salb, die machent ſy
uß meigewunne und beſtrichent ſich neder dem Antlitz damitte, ſo
werden ſie geſchaffen, als werent ſie in ein Fure gefallen und daz
heiſſet under inen ein ſchaffin Anlitz. Jtem — die Schweiger
die nemment Pferd Miſt und mengent den mit Waſſer und be-
ſtrichent Bein, Arm und Hande damit, ſo werden ſie geſchaffen
als ob ſie die Gilwe oder ander groſſe Siechtagen hettent.“ So
machen es weiter die Valkentreiger, Braſſeln, Jungfrown, Span-
felder, Krachere, Seffer u. ſ. w.

Auch in noch viel ältern Sprachurkunden erſcheint das Rot
in ſolcher Bedeutung. Das Vocabular St.-Galli (7. Jahrhundert)
überſetzt das lateiniſche rufus mit rooter. Rufus iſt aber keines-
wegs ſtreng beſchränkt auf das ruber. Gellius (Noct. Att., II,
26) ſagt ausdrücklich: Non enim haec sunt sola vocabula rufum
colorem demonstrantia, quae tu modo dixisti, rufus et ruber,
sed alia quoque habemus plura: fulvus enim et flavus et
rubidus et phoeniceus et rutilus et luteus et spadix adpella-
tiones sunt rufi coloris, aut acuentes cum — aut virenti sen-
sim albo illuminantes etc.

Unzähligemal wird auch in den Quellen des Femrechts 2)

1) Vgl. Schmeller, III, 166, der ſogar als zweite figürliche Bedeutung
des rot „finnig im Geſichte“ aufführt.
2) Vgl. in Wächter’s vortrefflichen „Beiträgen zur deutſchen Geſchichte,
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[16/0050] immer die von Schwenck angeführte Analogie zutreffend und die nächſte Bedeutung die des anrd. rioda zu ſein. 1) Nun hat die älteſte Urkunde über das Treiben der deutſchen Bettler, das baſeler Rathsmandat, ſowie der Liber Vagatorum, der Bedeler orden und die Rotwelſche Grammatik keine andere Erklärung für das Rot, Rotten, Rottun als Bettler, welche aber überall in dieſen älteſten Urkunden mit entſtelltem, bemaltem und beſchmiertem Angeſicht und Körpertheilen erſcheinen. Der Belege ſind ſehr viele, z. B. im baſeler Rathsmandat die Grautener, „die nemment ein blutig Tuch und bindent das umbe die Stirnen, als ob ſie gevallen wären, darnach walgerent ſie ſich in dem Bache, glich als werent ſie von den Siechtagen wegen alſo gevallen. So nemment ein teil Salb, die machent ſy uß meigewunne und beſtrichent ſich neder dem Antlitz damitte, ſo werden ſie geſchaffen, als werent ſie in ein Fure gefallen und daz heiſſet under inen ein ſchaffin Anlitz. Jtem — die Schweiger die nemment Pferd Miſt und mengent den mit Waſſer und be- ſtrichent Bein, Arm und Hande damit, ſo werden ſie geſchaffen als ob ſie die Gilwe oder ander groſſe Siechtagen hettent.“ So machen es weiter die Valkentreiger, Braſſeln, Jungfrown, Span- felder, Krachere, Seffer u. ſ. w. Auch in noch viel ältern Sprachurkunden erſcheint das Rot in ſolcher Bedeutung. Das Vocabular St.-Galli (7. Jahrhundert) überſetzt das lateiniſche rufus mit rooter. Rufus iſt aber keines- wegs ſtreng beſchränkt auf das ruber. Gellius (Noct. Att., II, 26) ſagt ausdrücklich: Non enim haec sunt sola vocabula rufum colorem demonstrantia, quae tu modo dixisti, rufus et ruber, sed alia quoque habemus plura: fulvus enim et flavus et rubidus et phoeniceus et rutilus et luteus et spadix adpella- tiones sunt rufi coloris, aut acuentes cum — aut virenti sen- sim albo illuminantes etc. Unzähligemal wird auch in den Quellen des Femrechts 2) 1) Vgl. Schmeller, III, 166, der ſogar als zweite figürliche Bedeutung des rot „finnig im Geſichte“ aufführt. 2) Vgl. in Wächter’s vortrefflichen „Beiträgen zur deutſchen Geſchichte,

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/50>, abgerufen am 21.11.2024.