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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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Fletterling, Vogel, Taube; Breitfuß, Strohbohrer, Stroh-
böhner
(niederd. bohnen, putzen), Strohputzer, Gans; Teich-
gräber, Dreckpatscher, Bäkentrecker
(Bachzieher, vom nie-
derdeutschen Bäk, Bach, trecken, ziehen), Ente; Schneider,
Klemser,
Krebs; Langschnabel, Storch, Schnepfe; Langfuß,
Latschfuß,
Hase; Dachhase, Zwackohr, Schmackfuß,
Schmalfuß,
Katze; Trappert, Klebis, Pferd; Brummert,
Ochs; Klaistrampel, Haarbogen, Hornbock, Kuh; Beller,
Blaffer, Klaffer,
Hund; Meckes, Ziege; Fluckert, Gacken-
scherr, Holderkautz,
Huhn; Stiercher, Caporal, Flunker-
ter, Fluckarter,
Hahn u. s. w.

Von Gegenständen des täglichen Gebrauches: Rollert,
Wagen; Roller, Rad; Roll, Rolle, Mühle; Staub, Stau-
bert,
Mehl; Tikkert, Uhr; Schlange, Kette; Schnee, Lein-
wand, Papier; Schmierling, Seife; Flatter, Wäsche; Flamme,
Schürze; Weitling, Hosen; Streifling, Amratzim (Volk der
Erde), Strümpfe; Rußling, Ballert, Kessel; Rumpfling,
Senf; Krachling, Krachmann, Nuß; Rothhosen, Kirschen;
Blauhosen, Pflaumen; Ringling, Längling, Wurst;
Schwarzhaber, Speck; Schwarzbossert, Schinken; Stie-
ling, Baumkrebs,
Birne; Schürnbrand, Branntwein; Jauche,
Suppe; Salz, Schrot, Hagel; Pfeffer, Kümmel, Schießpul-
ver; Knaller, Klaseime, Pistole u. s. w.

Wenn diese Umbildungen der Wortbedeutung schon als Wort-
spiele gelten müssen, so treibt die Gaunersprache aber auch noch
ein verwegenes Spiel mit der Assonanz jüdischdeutscher und deut-
scher Wörter, indem sie ähnlich klingende Wörter und Silben mit-
einander verwechselt. So ungeschickt das auch oft im graphischen
Ausdruck für das Auge sich macht, so geschickt verbirgt sich doch
beim Sprechen selbst eins in das andere, namentlich wenn die
dialektische Modulation dabei sich geltend macht. So z. B. wird
der gewöhnlich schlecht besoldete Schulmeister Dulmeister (von
dal, arm) oder Dulgoi genannt. Schön' Willkomm wird in
Sched Willkomm (Teufels Willkomm) verwandelt. Sogar re-
ligiöse heilige Gegenstände werden in solcher Weise herabgewürdigt,

Fletterling, Vogel, Taube; Breitfuß, Strohbohrer, Stroh-
böhner
(niederd. bohnen, putzen), Strohputzer, Gans; Teich-
gräber, Dreckpatſcher, Bäkentrecker
(Bachzieher, vom nie-
derdeutſchen Bäk, Bach, trecken, ziehen), Ente; Schneider,
Klemſer,
Krebs; Langſchnabel, Storch, Schnepfe; Langfuß,
Latſchfuß,
Haſe; Dachhaſe, Zwackohr, Schmackfuß,
Schmalfuß,
Katze; Trappert, Klebis, Pferd; Brummert,
Ochs; Klaistrampel, Haarbogen, Hornbock, Kuh; Beller,
Blaffer, Klaffer,
Hund; Meckes, Ziege; Fluckert, Gacken-
ſcherr, Holderkautz,
Huhn; Stiercher, Caporal, Flunker-
ter, Fluckarter,
Hahn u. ſ. w.

Von Gegenſtänden des täglichen Gebrauches: Rollert,
Wagen; Roller, Rad; Roll, Rolle, Mühle; Staub, Stau-
bert,
Mehl; Tikkert, Uhr; Schlange, Kette; Schnee, Lein-
wand, Papier; Schmierling, Seife; Flatter, Wäſche; Flamme,
Schürze; Weitling, Hoſen; Streifling, Amratzim (Volk der
Erde), Strümpfe; Rußling, Ballert, Keſſel; Rumpfling,
Senf; Krachling, Krachmann, Nuß; Rothhoſen, Kirſchen;
Blauhoſen, Pflaumen; Ringling, Längling, Wurſt;
Schwarzhaber, Speck; Schwarzboſſert, Schinken; Stie-
ling, Baumkrebs,
Birne; Schürnbrand, Branntwein; Jauche,
Suppe; Salz, Schrot, Hagel; Pfeffer, Kümmel, Schießpul-
ver; Knaller, Klaſeime, Piſtole u. ſ. w.

Wenn dieſe Umbildungen der Wortbedeutung ſchon als Wort-
ſpiele gelten müſſen, ſo treibt die Gaunerſprache aber auch noch
ein verwegenes Spiel mit der Aſſonanz jüdiſchdeutſcher und deut-
ſcher Wörter, indem ſie ähnlich klingende Wörter und Silben mit-
einander verwechſelt. So ungeſchickt das auch oft im graphiſchen
Ausdruck für das Auge ſich macht, ſo geſchickt verbirgt ſich doch
beim Sprechen ſelbſt eins in das andere, namentlich wenn die
dialektiſche Modulation dabei ſich geltend macht. So z. B. wird
der gewöhnlich ſchlecht beſoldete Schulmeiſter Dulmeiſter (von
dal, arm) oder Dulgoi genannt. Schön’ Willkomm wird in
Sched Willkomm (Teufels Willkomm) verwandelt. Sogar re-
ligiöſe heilige Gegenſtände werden in ſolcher Weiſe herabgewürdigt,

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[311/0323] Fletterling, Vogel, Taube; Breitfuß, Strohbohrer, Stroh- böhner (niederd. bohnen, putzen), Strohputzer, Gans; Teich- gräber, Dreckpatſcher, Bäkentrecker (Bachzieher, vom nie- derdeutſchen Bäk, Bach, trecken, ziehen), Ente; Schneider, Klemſer, Krebs; Langſchnabel, Storch, Schnepfe; Langfuß, Latſchfuß, Haſe; Dachhaſe, Zwackohr, Schmackfuß, Schmalfuß, Katze; Trappert, Klebis, Pferd; Brummert, Ochs; Klaistrampel, Haarbogen, Hornbock, Kuh; Beller, Blaffer, Klaffer, Hund; Meckes, Ziege; Fluckert, Gacken- ſcherr, Holderkautz, Huhn; Stiercher, Caporal, Flunker- ter, Fluckarter, Hahn u. ſ. w. Von Gegenſtänden des täglichen Gebrauches: Rollert, Wagen; Roller, Rad; Roll, Rolle, Mühle; Staub, Stau- bert, Mehl; Tikkert, Uhr; Schlange, Kette; Schnee, Lein- wand, Papier; Schmierling, Seife; Flatter, Wäſche; Flamme, Schürze; Weitling, Hoſen; Streifling, Amratzim (Volk der Erde), Strümpfe; Rußling, Ballert, Keſſel; Rumpfling, Senf; Krachling, Krachmann, Nuß; Rothhoſen, Kirſchen; Blauhoſen, Pflaumen; Ringling, Längling, Wurſt; Schwarzhaber, Speck; Schwarzboſſert, Schinken; Stie- ling, Baumkrebs, Birne; Schürnbrand, Branntwein; Jauche, Suppe; Salz, Schrot, Hagel; Pfeffer, Kümmel, Schießpul- ver; Knaller, Klaſeime, Piſtole u. ſ. w. Wenn dieſe Umbildungen der Wortbedeutung ſchon als Wort- ſpiele gelten müſſen, ſo treibt die Gaunerſprache aber auch noch ein verwegenes Spiel mit der Aſſonanz jüdiſchdeutſcher und deut- ſcher Wörter, indem ſie ähnlich klingende Wörter und Silben mit- einander verwechſelt. So ungeſchickt das auch oft im graphiſchen Ausdruck für das Auge ſich macht, ſo geſchickt verbirgt ſich doch beim Sprechen ſelbſt eins in das andere, namentlich wenn die dialektiſche Modulation dabei ſich geltend macht. So z. B. wird der gewöhnlich ſchlecht beſoldete Schulmeiſter Dulmeiſter (von dal, arm) oder Dulgoi genannt. Schön’ Willkomm wird in Sched Willkomm (Teufels Willkomm) verwandelt. Sogar re- ligiöſe heilige Gegenſtände werden in ſolcher Weiſe herabgewürdigt,

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/323>, abgerufen am 17.06.2024.