Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht und ihre Bedeutsamkeit hört mit diesem Jndex und seiner
Worterklärung auf. Zu erinnern ist, daß die von Konrad Gesner
im "Mithridates", Fol. 81 b fg., mit völliger Unkenntniß der Gau-
nersprache angeführten Vocabula linguae fictitiae Zigarorum nichts
anderes sind als das buchstäblich genau nachgeschriebene Vocabu-
lar der Rotwelschen Grammatik vom Drucker Rodolph Dekk zu
Basel, wie das schon Th. I, S. 159, nachgewiesen ist.



Funfzehntes Kapitel.
h) Der Bedeler orden.

Eine ganz andere Originalität hat dagegen der Bedeler orden
aufzuweisen. Jst schon seine kernige, echt volksthümliche nieder-
deutsche Sprache an sich als sprachliches Document aus dem An-
fange des 16. Jahrhunderts bemerkenswerth, so ist gerade die un-
gemein treffende, durchaus gelungene Uebertragung aus dem Hoch-
deutschen in das Niederdeutsche ein wichtiger Commentar zum
Verständniß vieler hochdeutscher Wörter, welche im Liber Vaga-
torum
nicht gleich oder nicht leicht kenntlich sind. Ganz ausge-
zeichnet steht aber -- abgesehen von dem wichtigen Aufschluß, den
er über die Entstehung und den ersten Druck des Liber Vagato-
rum
zu Anfang des Vocabulars gibt -- der Bedeler orden da
in der originellen Bereicherung des Vocabulars mit einer Anzahl
von mehr als sechzig Vocabeln, von denen mindestens die wichti-
gern hier besondere Erwähnung verdienen, zumal zu ihrem Ver-
ständniß eine genauere Kenntniß der niederdeutschen Sprache ge-
hört, welche von J. M. Wagner in Wien oder andern Commenta-
toren der Gaunersprache in Süddeutschland nicht leicht zu erwarten
sein dürfte.

Eine originelle Bezeichnung ist gleich die erste Zugabe Ach-
terkatz,
dar achter, d. h. da hinten, wörtlich: hinter der Katze,
wie denn bis zur Stunde die Redensart: achter de Katt, im
Volksmunde sehr geläufig ist als scherzhafte oder spöttische Bezeich-

Ave-Lallemant, Gaunerthum. IV. 5

nicht und ihre Bedeutſamkeit hört mit dieſem Jndex und ſeiner
Worterklärung auf. Zu erinnern iſt, daß die von Konrad Gesner
im „Mithridates“, Fol. 81 b fg., mit völliger Unkenntniß der Gau-
nerſprache angeführten Vocabula linguae fictitiae Zigarorum nichts
anderes ſind als das buchſtäblich genau nachgeſchriebene Vocabu-
lar der Rotwelſchen Grammatik vom Drucker Rodolph Dekk zu
Baſel, wie das ſchon Th. I, S. 159, nachgewieſen iſt.



Funfzehntes Kapitel.
h) Der Bedeler orden.

Eine ganz andere Originalität hat dagegen der Bedeler orden
aufzuweiſen. Jſt ſchon ſeine kernige, echt volksthümliche nieder-
deutſche Sprache an ſich als ſprachliches Document aus dem An-
fange des 16. Jahrhunderts bemerkenswerth, ſo iſt gerade die un-
gemein treffende, durchaus gelungene Uebertragung aus dem Hoch-
deutſchen in das Niederdeutſche ein wichtiger Commentar zum
Verſtändniß vieler hochdeutſcher Wörter, welche im Liber Vaga-
torum
nicht gleich oder nicht leicht kenntlich ſind. Ganz ausge-
zeichnet ſteht aber — abgeſehen von dem wichtigen Aufſchluß, den
er über die Entſtehung und den erſten Druck des Liber Vagato-
rum
zu Anfang des Vocabulars gibt — der Bedeler orden da
in der originellen Bereicherung des Vocabulars mit einer Anzahl
von mehr als ſechzig Vocabeln, von denen mindeſtens die wichti-
gern hier beſondere Erwähnung verdienen, zumal zu ihrem Ver-
ſtändniß eine genauere Kenntniß der niederdeutſchen Sprache ge-
hört, welche von J. M. Wagner in Wien oder andern Commenta-
toren der Gaunerſprache in Süddeutſchland nicht leicht zu erwarten
ſein dürfte.

Eine originelle Bezeichnung iſt gleich die erſte Zugabe Ach-
terkatz,
dar achter, d. h. da hinten, wörtlich: hinter der Katze,
wie denn bis zur Stunde die Redensart: achter de Katt, im
Volksmunde ſehr geläufig iſt als ſcherzhafte oder ſpöttiſche Bezeich-

Avé-Lallemant, Gaunerthum. IV. 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0077" n="65"/>
nicht und ihre Bedeut&#x017F;amkeit hört mit die&#x017F;em Jndex und &#x017F;einer<lb/>
Worterklärung auf. Zu erinnern i&#x017F;t, daß die von Konrad Gesner<lb/>
im &#x201E;Mithridates&#x201C;, Fol. 81 <hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">b</hi></hi> fg., mit völliger Unkenntniß der Gau-<lb/>
ner&#x017F;prache angeführten <hi rendition="#aq">Vocabula linguae fictitiae Zigarorum</hi> nichts<lb/>
anderes &#x017F;ind als das buch&#x017F;täblich genau nachge&#x017F;chriebene Vocabu-<lb/>
lar der Rotwel&#x017F;chen Grammatik vom Drucker Rodolph Dekk zu<lb/>
Ba&#x017F;el, wie das &#x017F;chon Th. <hi rendition="#aq">I</hi>, S. 159, nachgewie&#x017F;en i&#x017F;t.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#fr">Funfzehntes Kapitel.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">h)</hi> <hi rendition="#b">Der Bedeler orden.</hi> </head><lb/>
                <p>Eine ganz andere Originalität hat dagegen der Bedeler orden<lb/>
aufzuwei&#x017F;en. J&#x017F;t &#x017F;chon &#x017F;eine kernige, echt volksthümliche nieder-<lb/>
deut&#x017F;che Sprache an &#x017F;ich als &#x017F;prachliches Document aus dem An-<lb/>
fange des 16. Jahrhunderts bemerkenswerth, &#x017F;o i&#x017F;t gerade die un-<lb/>
gemein treffende, durchaus gelungene Uebertragung aus dem Hoch-<lb/>
deut&#x017F;chen in das Niederdeut&#x017F;che ein wichtiger Commentar zum<lb/>
Ver&#x017F;tändniß vieler hochdeut&#x017F;cher Wörter, welche im <hi rendition="#aq">Liber Vaga-<lb/>
torum</hi> nicht gleich oder nicht leicht kenntlich &#x017F;ind. Ganz ausge-<lb/>
zeichnet &#x017F;teht aber &#x2014; abge&#x017F;ehen von dem wichtigen Auf&#x017F;chluß, den<lb/>
er über die Ent&#x017F;tehung und den er&#x017F;ten Druck des <hi rendition="#aq">Liber Vagato-<lb/>
rum</hi> zu Anfang des Vocabulars gibt &#x2014; der Bedeler orden da<lb/>
in der originellen Bereicherung des Vocabulars mit einer Anzahl<lb/>
von mehr als &#x017F;echzig Vocabeln, von denen minde&#x017F;tens die wichti-<lb/>
gern hier be&#x017F;ondere Erwähnung verdienen, zumal zu ihrem Ver-<lb/>
&#x017F;tändniß eine genauere Kenntniß der niederdeut&#x017F;chen Sprache ge-<lb/>
hört, welche von J. M. Wagner in Wien oder andern Commenta-<lb/>
toren der Gauner&#x017F;prache in Süddeut&#x017F;chland nicht leicht zu erwarten<lb/>
&#x017F;ein dürfte.</p><lb/>
                <p>Eine originelle Bezeichnung i&#x017F;t gleich die er&#x017F;te Zugabe <hi rendition="#g">Ach-<lb/>
terkatz,</hi> dar achter, d. h. da hinten, wörtlich: hinter der Katze,<lb/>
wie denn bis zur Stunde die Redensart: <hi rendition="#g">achter de Katt,</hi> im<lb/>
Volksmunde &#x017F;ehr geläufig i&#x017F;t als &#x017F;cherzhafte oder &#x017F;pötti&#x017F;che Bezeich-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Avé-Lallemant,</hi> Gaunerthum. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 5</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0077] nicht und ihre Bedeutſamkeit hört mit dieſem Jndex und ſeiner Worterklärung auf. Zu erinnern iſt, daß die von Konrad Gesner im „Mithridates“, Fol. 81 b fg., mit völliger Unkenntniß der Gau- nerſprache angeführten Vocabula linguae fictitiae Zigarorum nichts anderes ſind als das buchſtäblich genau nachgeſchriebene Vocabu- lar der Rotwelſchen Grammatik vom Drucker Rodolph Dekk zu Baſel, wie das ſchon Th. I, S. 159, nachgewieſen iſt. Funfzehntes Kapitel. h) Der Bedeler orden. Eine ganz andere Originalität hat dagegen der Bedeler orden aufzuweiſen. Jſt ſchon ſeine kernige, echt volksthümliche nieder- deutſche Sprache an ſich als ſprachliches Document aus dem An- fange des 16. Jahrhunderts bemerkenswerth, ſo iſt gerade die un- gemein treffende, durchaus gelungene Uebertragung aus dem Hoch- deutſchen in das Niederdeutſche ein wichtiger Commentar zum Verſtändniß vieler hochdeutſcher Wörter, welche im Liber Vaga- torum nicht gleich oder nicht leicht kenntlich ſind. Ganz ausge- zeichnet ſteht aber — abgeſehen von dem wichtigen Aufſchluß, den er über die Entſtehung und den erſten Druck des Liber Vagato- rum zu Anfang des Vocabulars gibt — der Bedeler orden da in der originellen Bereicherung des Vocabulars mit einer Anzahl von mehr als ſechzig Vocabeln, von denen mindeſtens die wichti- gern hier beſondere Erwähnung verdienen, zumal zu ihrem Ver- ſtändniß eine genauere Kenntniß der niederdeutſchen Sprache ge- hört, welche von J. M. Wagner in Wien oder andern Commenta- toren der Gaunerſprache in Süddeutſchland nicht leicht zu erwarten ſein dürfte. Eine originelle Bezeichnung iſt gleich die erſte Zugabe Ach- terkatz, dar achter, d. h. da hinten, wörtlich: hinter der Katze, wie denn bis zur Stunde die Redensart: achter de Katt, im Volksmunde ſehr geläufig iſt als ſcherzhafte oder ſpöttiſche Bezeich- Avé-Lallemant, Gaunerthum. IV. 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/77
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/77>, abgerufen am 24.11.2024.