versationstypen im Munde der Kleriker und Metzen angenommen werden. Das Latein ist überhaupt bodenlos roh und zum Theil auch nicht einmal etymologisch zu erklären. Es kommen auch manche platte deutsche homöophonetische Ausdrücke vor, z. B.: pyra, Bier, lobium, Laib, obsonogarius (Linsenmeichel, Linsen- michel, Topfgucker), zwar latinisirend im Stammwort obsono (z. B. bei Plautus, "Aulularia", II, 4. 1), für die Küche ein- kaufen, hier aber als zusammengezogen aus ob-schon-gar? zu nehmen. Ebenso Vilhelmus, Strohsack, von viel und Halme; Vilrincus, Panzer, von viel und Ring;Vualtmurrus, Bär, von Wald und murren;Biszincus, Ofengabel, vom kat, bis, zwei, und Zinken. Das ganz aphoristisch für sich hergestellte Et pluraliter ist nicht etwa als lateinischer erläuternder Hinweis auf den Plural des vorhergehenden lobium, sondern als durchaus selb- ständige Vocabel zu nehmen und wie Bracus, Bruch, vom nie- derdeutschen Brook, Hose (lat. bracca) abzuleiten ist, so auch vom niederdeutschen eten, essen, und Plurr, Brei (plurrig, breiicht, besonders dünnbreiicht) herzuleiten. Andere Ausdrücke sind ironische, schmuzige Metaphern, z. B.: anus, ein Lecker, für der Hintere; stercus, Kissen, für Mist; fornicator, Offenmacher, ist in voller obscöner Bedeutung vom adverbialen offen und machen (nicht aber mit Bezug auf das vorgängige fornax, Offen, als figulus, Töpfer) zu nehmen. Das doppelte f ist absichtlich gewählt, da gleich darauf die correcte Schreibung Ofengabel mit einfachem f folgt.
Weitere substantivische Begriffe gibt Hartlieb unmittelbar dar- auf mit lateinischer Paraphrase:
Ad patrem, Der Nontag. Apud villam, ein Bavur an der Sonnen. Ante aedes, ein Betler. Prope fenestram, ein Schnei- derknecht. Sine labore, ein Pfaffenknecht. Imperterritus, ein Landtssknecht. Inexpugnabilis, ein alt Vueib. Ex quam plu- ribus, ein Betlermantel. Nugigerulus, ein Kuppler. Circa sepem est aequivocum: uno modo est mendicus quaerens pe- diculos: alio modo, iss Khudreck. Glis similiter est aequi- vocum, juxta illud Alexadri: Glis animal, glis terra tenax;
verſationstypen im Munde der Kleriker und Metzen angenommen werden. Das Latein iſt überhaupt bodenlos roh und zum Theil auch nicht einmal etymologiſch zu erklären. Es kommen auch manche platte deutſche homöophonetiſche Ausdrücke vor, z. B.: pyra, Bier, lobium, Laib, obsonogarius (Linſenmeichel, Linſen- michel, Topfgucker), zwar latiniſirend im Stammwort obsono (z. B. bei Plautus, „Aulularia“, II, 4. 1), für die Küche ein- kaufen, hier aber als zuſammengezogen aus ob-ſchon-gar? zu nehmen. Ebenſo Vilhelmus, Strohſack, von viel und Halme; Vilrincus, Panzer, von viel und Ring;Vualtmurrus, Bär, von Wald und murren;Biszincus, Ofengabel, vom kat, bis, zwei, und Zinken. Das ganz aphoriſtiſch für ſich hergeſtellte Et pluraliter iſt nicht etwa als lateiniſcher erläuternder Hinweis auf den Plural des vorhergehenden lobium, ſondern als durchaus ſelb- ſtändige Vocabel zu nehmen und wie Bracus, Bruch, vom nie- derdeutſchen Brook, Hoſe (lat. bracca) abzuleiten iſt, ſo auch vom niederdeutſchen eten, eſſen, und Plurr, Brei (plurrig, breiicht, beſonders dünnbreiicht) herzuleiten. Andere Ausdrücke ſind ironiſche, ſchmuzige Metaphern, z. B.: anus, ein Lecker, für der Hintere; stercus, Kiſſen, für Miſt; fornicator, Offenmacher, iſt in voller obſcöner Bedeutung vom adverbialen offen und machen (nicht aber mit Bezug auf das vorgängige fornax, Offen, als figulus, Töpfer) zu nehmen. Das doppelte f iſt abſichtlich gewählt, da gleich darauf die correcte Schreibung Ofengabel mit einfachem f folgt.
Weitere ſubſtantiviſche Begriffe gibt Hartlieb unmittelbar dar- auf mit lateiniſcher Paraphraſe:
Ad patrem, Der Nontag. Apud villam, ein Bavur an der Sonnen. Ante aedes, ein Betler. Prope fenestram, ein Schnei- derknecht. Sine labore, ein Pfaffenknecht. Imperterritus, ein Landtssknecht. Inexpugnabilis, ein alt Vueib. Ex quam plu- ribus, ein Betlermantel. Nugigerulus, ein Kuppler. Circa sepem est aequivocum: uno modo est mendicus quaerens pe- diculos: alio modo, iss Khudreck. Glis similiter est aequi- vocum, juxta illud Alexãdri: Glis animal, glis terra tenax;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0086"n="74"/>
verſationstypen im Munde der Kleriker und Metzen angenommen<lb/>
werden. Das Latein iſt überhaupt bodenlos roh und zum Theil<lb/>
auch nicht einmal etymologiſch zu erklären. Es kommen auch<lb/>
manche platte deutſche homöophonetiſche Ausdrücke vor, z. B.:<lb/><hirendition="#aq">pyra,</hi> Bier, <hirendition="#aq">lobium,</hi> Laib, <hirendition="#aq">obsonogarius</hi> (Linſenmeichel, Linſen-<lb/>
michel, Topfgucker), zwar latiniſirend im Stammwort <hirendition="#aq">obsono</hi><lb/>
(z. B. bei Plautus, „<hirendition="#aq">Aulularia</hi>“, <hirendition="#aq">II</hi>, 4. 1), für die Küche ein-<lb/>
kaufen, hier aber als zuſammengezogen aus <hirendition="#g">ob-ſchon-gar?</hi> zu<lb/>
nehmen. Ebenſo <hirendition="#aq">Vilhelmus,</hi> Strohſack, von <hirendition="#g">viel</hi> und <hirendition="#g">Halme;</hi><lb/><hirendition="#aq">Vilrincus,</hi> Panzer, von <hirendition="#g">viel</hi> und <hirendition="#g">Ring;</hi><hirendition="#aq">Vualtmurrus,</hi> Bär,<lb/>
von <hirendition="#g">Wald</hi> und <hirendition="#g">murren;</hi><hirendition="#aq">Biszincus,</hi> Ofengabel, vom kat, <hirendition="#aq">bis,</hi><lb/>
zwei, und <hirendition="#g">Zinken.</hi> Das ganz aphoriſtiſch für ſich hergeſtellte <hirendition="#aq">Et<lb/>
pluraliter</hi> iſt nicht etwa als lateiniſcher erläuternder Hinweis auf<lb/>
den Plural des vorhergehenden <hirendition="#aq">lobium,</hi>ſondern als durchaus ſelb-<lb/>ſtändige Vocabel zu nehmen und wie <hirendition="#aq">Bracus,</hi> Bruch, vom nie-<lb/>
derdeutſchen <hirendition="#g">Brook,</hi> Hoſe (lat. <hirendition="#aq">bracca</hi>) abzuleiten iſt, ſo auch<lb/>
vom niederdeutſchen <hirendition="#g">eten,</hi> eſſen, und <hirendition="#g">Plurr,</hi> Brei (<hirendition="#g">plurrig,</hi><lb/>
breiicht, beſonders dünnbreiicht) herzuleiten. Andere Ausdrücke ſind<lb/>
ironiſche, ſchmuzige Metaphern, z. B.: <hirendition="#aq">anus,</hi> ein Lecker, für der<lb/>
Hintere; <hirendition="#aq">stercus,</hi> Kiſſen, für Miſt; <hirendition="#aq">fornicator,</hi> Offenmacher, iſt<lb/>
in voller obſcöner Bedeutung vom adverbialen <hirendition="#g">offen</hi> und <hirendition="#g">machen</hi><lb/>
(nicht aber mit Bezug auf das vorgängige <hirendition="#aq">fornax,</hi> Offen, als<lb/><hirendition="#aq">figulus,</hi> Töpfer) zu nehmen. Das doppelte f iſt abſichtlich gewählt,<lb/>
da gleich darauf die correcte Schreibung Ofengabel mit einfachem<lb/>
f folgt.</p><lb/><p>Weitere ſubſtantiviſche Begriffe gibt Hartlieb unmittelbar dar-<lb/>
auf mit lateiniſcher Paraphraſe:</p><lb/><p><hirendition="#aq">Ad patrem, Der Nontag. Apud villam, ein Bavur an der<lb/>
Sonnen. Ante aedes, ein Betler. Prope fenestram, ein Schnei-<lb/>
derknecht. Sine labore, ein Pfaffenknecht. Imperterritus, ein<lb/>
Landtssknecht. Inexpugnabilis, ein alt Vueib. Ex quam plu-<lb/>
ribus, ein Betlermantel. Nugigerulus, ein Kuppler. Circa<lb/>
sepem est aequivocum: uno modo est mendicus quaerens pe-<lb/>
diculos: alio modo, iss Khudreck. Glis similiter est aequi-<lb/>
vocum, juxta illud Alexãdri: Glis animal, glis terra tenax;<lb/></hi></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[74/0086]
verſationstypen im Munde der Kleriker und Metzen angenommen
werden. Das Latein iſt überhaupt bodenlos roh und zum Theil
auch nicht einmal etymologiſch zu erklären. Es kommen auch
manche platte deutſche homöophonetiſche Ausdrücke vor, z. B.:
pyra, Bier, lobium, Laib, obsonogarius (Linſenmeichel, Linſen-
michel, Topfgucker), zwar latiniſirend im Stammwort obsono
(z. B. bei Plautus, „Aulularia“, II, 4. 1), für die Küche ein-
kaufen, hier aber als zuſammengezogen aus ob-ſchon-gar? zu
nehmen. Ebenſo Vilhelmus, Strohſack, von viel und Halme;
Vilrincus, Panzer, von viel und Ring; Vualtmurrus, Bär,
von Wald und murren; Biszincus, Ofengabel, vom kat, bis,
zwei, und Zinken. Das ganz aphoriſtiſch für ſich hergeſtellte Et
pluraliter iſt nicht etwa als lateiniſcher erläuternder Hinweis auf
den Plural des vorhergehenden lobium, ſondern als durchaus ſelb-
ſtändige Vocabel zu nehmen und wie Bracus, Bruch, vom nie-
derdeutſchen Brook, Hoſe (lat. bracca) abzuleiten iſt, ſo auch
vom niederdeutſchen eten, eſſen, und Plurr, Brei (plurrig,
breiicht, beſonders dünnbreiicht) herzuleiten. Andere Ausdrücke ſind
ironiſche, ſchmuzige Metaphern, z. B.: anus, ein Lecker, für der
Hintere; stercus, Kiſſen, für Miſt; fornicator, Offenmacher, iſt
in voller obſcöner Bedeutung vom adverbialen offen und machen
(nicht aber mit Bezug auf das vorgängige fornax, Offen, als
figulus, Töpfer) zu nehmen. Das doppelte f iſt abſichtlich gewählt,
da gleich darauf die correcte Schreibung Ofengabel mit einfachem
f folgt.
Weitere ſubſtantiviſche Begriffe gibt Hartlieb unmittelbar dar-
auf mit lateiniſcher Paraphraſe:
Ad patrem, Der Nontag. Apud villam, ein Bavur an der
Sonnen. Ante aedes, ein Betler. Prope fenestram, ein Schnei-
derknecht. Sine labore, ein Pfaffenknecht. Imperterritus, ein
Landtssknecht. Inexpugnabilis, ein alt Vueib. Ex quam plu-
ribus, ein Betlermantel. Nugigerulus, ein Kuppler. Circa
sepem est aequivocum: uno modo est mendicus quaerens pe-
diculos: alio modo, iss Khudreck. Glis similiter est aequi-
vocum, juxta illud Alexãdri: Glis animal, glis terra tenax;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/86>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.