glis lappa vocatur. Glis animal significat, ein Spinferkel in eim sack. Glis terra tenax, das iss ein dreck. Glis lappa, ein Schuchpletz.
Man sieht, daß diesen Paraphrasen der Witz keineswegs fehlt. Ad patres, der Nontag, erinnert sowol an die im Mittellatein mit Nonnones oder Nonnanes bezeichneten alten Armen, welche bei den Kirchen verpflegt wurden, als auch an die bejahrten Mönche, welche man aus Achtung Patres nannte. Vgl. Adelung, III, S. 518, unter Nonne. Jm Jtalienischen ist noch jetzt ge- bräuchlich Nonno, Großvater, und Nonna, Großmutter. Entspre- chend dem Nontag nennt man im Deutschen die bestimmten Tage in der Woche, an welchen die Familie bei ihrem ältesten Mitglied festlich sich versammelt, den Großvater- oder Großmuttertag. Der Nontag ist daher der Tag, an welchem es eine besondere Ver- pflegung oder gute Speise gibt. Bezeichnend ist ferner apud vil- lam, der Bauer, welcher im Freien, in der Sonne, bei seinem Hause oder Dorfe weilt. Ante aedes, der Bettler, welcher vor den Häusern bettelt. Prope fenestram, der Schneidergeselle, wel- cher, um für seine Nähterei gehöriges Licht zu haben, nahe am Fenster hockt. Sine labore, der faullenzerische Pfaffenknecht. Im- perterritus, der rohe Landsknecht. Inexpugnabilis, das keinem Angriff auf ihre Tugend mehr ausgesetzte, alte häßliche Weib. Ex quam pluribus, der aus allen möglichen Flicken zusammenge- setzte Bettlermantel. Nugigerulus (bei Plautus, "Aulularia", Act 3, Sc. 5, V. 51, Scherze, Possen, Bagatellen bringend), Kupp- ler. Circa sepem ist zweideutig, einmal bedeutet es den mit Un- geziefer bedeckten Bettler, welcher sich gern gegen die schützende Verzäunung lagert, namentlich bei seinen entomologischen For- schungen auf Rock und Körper, und ferner zur Bezeichnung des häufigen Aufenthalts der Kühe an den Zäunen, Kuhdreck. Bei der dreifachen Erläuterung des Glis als Spanferkel, Dreck und Klette, muß man auf die ursprüngliche Bedeutung des Glis zu- rücksehen: Ratte, besonders die ihres langen Winterschlafs und ihrer Eßbarkeit wegen bekannte Haselmaus, Zieselmaus, Bilch- maus, Billich, Bilch (ahd. pilih, böhmisch Plch). Der Liber Va-
glis lappa vocatur. Glis animal significat, ein Spinferkel in eim sack. Glis terra tenax, das iss ein dreck. Glis lappa, ein Schuchpletz.
Man ſieht, daß dieſen Paraphraſen der Witz keineswegs fehlt. Ad patres, der Nontag, erinnert ſowol an die im Mittellatein mit Nonnones oder Nonnanes bezeichneten alten Armen, welche bei den Kirchen verpflegt wurden, als auch an die bejahrten Mönche, welche man aus Achtung Patres nannte. Vgl. Adelung, III, S. 518, unter Nonne. Jm Jtalieniſchen iſt noch jetzt ge- bräuchlich Nonno, Großvater, und Nonna, Großmutter. Entſpre- chend dem Nontag nennt man im Deutſchen die beſtimmten Tage in der Woche, an welchen die Familie bei ihrem älteſten Mitglied feſtlich ſich verſammelt, den Großvater- oder Großmuttertag. Der Nontag iſt daher der Tag, an welchem es eine beſondere Ver- pflegung oder gute Speiſe gibt. Bezeichnend iſt ferner apud vil- lam, der Bauer, welcher im Freien, in der Sonne, bei ſeinem Hauſe oder Dorfe weilt. Ante aedes, der Bettler, welcher vor den Häuſern bettelt. Prope fenestram, der Schneidergeſelle, wel- cher, um für ſeine Nähterei gehöriges Licht zu haben, nahe am Fenſter hockt. Sine labore, der faullenzeriſche Pfaffenknecht. Im- perterritus, der rohe Landsknecht. Inexpugnabilis, das keinem Angriff auf ihre Tugend mehr ausgeſetzte, alte häßliche Weib. Ex quam pluribus, der aus allen möglichen Flicken zuſammenge- ſetzte Bettlermantel. Nugigerulus (bei Plautus, „Aulularia“, Act 3, Sc. 5, V. 51, Scherze, Poſſen, Bagatellen bringend), Kupp- ler. Circa sepem iſt zweideutig, einmal bedeutet es den mit Un- geziefer bedeckten Bettler, welcher ſich gern gegen die ſchützende Verzäunung lagert, namentlich bei ſeinen entomologiſchen For- ſchungen auf Rock und Körper, und ferner zur Bezeichnung des häufigen Aufenthalts der Kühe an den Zäunen, Kuhdreck. Bei der dreifachen Erläuterung des Glis als Spanferkel, Dreck und Klette, muß man auf die urſprüngliche Bedeutung des Glis zu- rückſehen: Ratte, beſonders die ihres langen Winterſchlafs und ihrer Eßbarkeit wegen bekannte Haſelmaus, Zieſelmaus, Bilch- maus, Billich, Bilch (ahd. pilih, böhmiſch Plch). Der Liber Va-
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glis lappa vocatur. Glis animal significat, ein Spinferkel in
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Man ſieht, daß dieſen Paraphraſen der Witz keineswegs fehlt.
Ad patres, der Nontag, erinnert ſowol an die im Mittellatein
mit Nonnones oder Nonnanes bezeichneten alten Armen, welche
bei den Kirchen verpflegt wurden, als auch an die bejahrten
Mönche, welche man aus Achtung Patres nannte. Vgl. Adelung,
III, S. 518, unter Nonne. Jm Jtalieniſchen iſt noch jetzt ge-
bräuchlich Nonno, Großvater, und Nonna, Großmutter. Entſpre-
chend dem Nontag nennt man im Deutſchen die beſtimmten Tage
in der Woche, an welchen die Familie bei ihrem älteſten Mitglied
feſtlich ſich verſammelt, den Großvater- oder Großmuttertag. Der
Nontag iſt daher der Tag, an welchem es eine beſondere Ver-
pflegung oder gute Speiſe gibt. Bezeichnend iſt ferner apud vil-
lam, der Bauer, welcher im Freien, in der Sonne, bei ſeinem
Hauſe oder Dorfe weilt. Ante aedes, der Bettler, welcher vor
den Häuſern bettelt. Prope fenestram, der Schneidergeſelle, wel-
cher, um für ſeine Nähterei gehöriges Licht zu haben, nahe am
Fenſter hockt. Sine labore, der faullenzeriſche Pfaffenknecht. Im-
perterritus, der rohe Landsknecht. Inexpugnabilis, das keinem
Angriff auf ihre Tugend mehr ausgeſetzte, alte häßliche Weib.
Ex quam pluribus, der aus allen möglichen Flicken zuſammenge-
ſetzte Bettlermantel. Nugigerulus (bei Plautus, „Aulularia“,
Act 3, Sc. 5, V. 51, Scherze, Poſſen, Bagatellen bringend), Kupp-
ler. Circa sepem iſt zweideutig, einmal bedeutet es den mit Un-
geziefer bedeckten Bettler, welcher ſich gern gegen die ſchützende
Verzäunung lagert, namentlich bei ſeinen entomologiſchen For-
ſchungen auf Rock und Körper, und ferner zur Bezeichnung des
häufigen Aufenthalts der Kühe an den Zäunen, Kuhdreck. Bei
der dreifachen Erläuterung des Glis als Spanferkel, Dreck und
Klette, muß man auf die urſprüngliche Bedeutung des Glis zu-
rückſehen: Ratte, beſonders die ihres langen Winterſchlafs und
ihrer Eßbarkeit wegen bekannte Haſelmaus, Zieſelmaus, Bilch-
maus, Billich, Bilch (ahd. pilih, böhmiſch Plch). Der Liber Va-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/87>, abgerufen am 21.11.2024.
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