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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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und diese gehörig zu benutzen, nachdem man die nöthige Fertigkeit erlangt hat,
vor allen Dingen aber auf ein deutliches Bewusstseyn von Dem, was man sucht.
Die Verwunderung über die Kleinheit der Theile, an der die Vorzeit sich erfreute,
genügt nicht mehr. Wie und woraus sie sich hervorbildeten, müssen wir erfor-
schen, sie deshalb in der Bildung rückwärts verfolgen und zu diesem Zwecke eine
grosse Zahl von Embryonen untersuchen.

Eine vollständige Reihe von Abbildungen zu liefern, war mir jetzt nicht
möglich, theils weil ich ein noch wenig geübter Zeichner bin, theils weil Kupfer-
stiche, die man nicht unter seinen Augen ausarbeiten lassen kann, selten genügen,
und eine bedeutende Zahl derselben in Königsberg anfertigen zu lassen nicht mög-
lich ist, der Kosten nicht zu gedenken. Die idealen Abbildungen, die diesen
Theil begleiten, werde ich unter meinen Augen stechen lassen, und dem zweiten
Theile eine Tafel Abbildungen über einige wichtige Momente der Entwickelungs-
geschichte beisügen. Diese soll auswärts gestochen werden, um daran zu ersah-
ren, welchen Grad von Richtigkeit man auf diesem Wege erlangen kann. -- So
sehr ich mich bemüht habe, in den Zeichnungen der beiden ersten Tafeln die mög-
lichste Richtigkeit mit einleuchtender Verständlichkeit zu verbinden, und sie des-
halb im Verlaufe von sieben Jahren mehrmals umgezeichnet habe, so finde ich
doch, dass beide Aufgaben sich nicht vollkommen verbinden lassen. Wo sie sich
entgegentraten, habe ich die der Deutlichkeit vorwalten lassen, und ich hoffe in
der That, dass die Betrachtung derselben in fortlaufender Reihe das Wesentlichste
in der Entwickelungsgeschichte, die Hervorbildung des Embryo aus einem blattför-
migen Theile, dem Beschauer lebendig vor die Seele stellen wird. Indessen muss-
ten doch offenbare Unrichtigkeiten vermieden werden. So durften die Figuren V
und VI, da sie Längsdurchschnitte in der Mittelebene des Thiers sind, das Herz
nicht so lang darstellen, als es um diese Zeit mit seinen Zipfeln wirklich ist, son-
dern nur die Länge seines Mitteltheiles zeigen. Eben so wird man in den Queer-
durchschnitten der letzten Zeit die Höhe der häutigen Theile der Bauchwand we-

und diese gehörig zu benutzen, nachdem man die nöthige Fertigkeit erlangt hat,
vor allen Dingen aber auf ein deutliches Bewuſstseyn von Dem, was man sucht.
Die Verwunderung über die Kleinheit der Theile, an der die Vorzeit sich erfreute,
genügt nicht mehr. Wie und woraus sie sich hervorbildeten, müssen wir erfor-
schen, sie deshalb in der Bildung rückwärts verfolgen und zu diesem Zwecke eine
groſse Zahl von Embryonen untersuchen.

Eine vollständige Reihe von Abbildungen zu liefern, war mir jetzt nicht
möglich, theils weil ich ein noch wenig geübter Zeichner bin, theils weil Kupfer-
stiche, die man nicht unter seinen Augen ausarbeiten lassen kann, selten genügen,
und eine bedeutende Zahl derselben in Königsberg anfertigen zu lassen nicht mög-
lich ist, der Kosten nicht zu gedenken. Die idealen Abbildungen, die diesen
Theil begleiten, werde ich unter meinen Augen stechen lassen, und dem zweiten
Theile eine Tafel Abbildungen über einige wichtige Momente der Entwickelungs-
geschichte beiſügen. Diese soll auswärts gestochen werden, um daran zu erſah-
ren, welchen Grad von Richtigkeit man auf diesem Wege erlangen kann. — So
sehr ich mich bemüht habe, in den Zeichnungen der beiden ersten Tafeln die mög-
lichste Richtigkeit mit einleuchtender Verständlichkeit zu verbinden, und sie des-
halb im Verlaufe von sieben Jahren mehrmals umgezeichnet habe, so finde ich
doch, daſs beide Aufgaben sich nicht vollkommen verbinden lassen. Wo sie sich
entgegentraten, habe ich die der Deutlichkeit vorwalten lassen, und ich hoffe in
der That, daſs die Betrachtung derselben in fortlaufender Reihe das Wesentlichste
in der Entwickelungsgeschichte, die Hervorbildung des Embryo aus einem blattför-
migen Theile, dem Beschauer lebendig vor die Seele stellen wird. Indessen muſs-
ten doch offenbare Unrichtigkeiten vermieden werden. So durften die Figuren V
und VI, da sie Längsdurchschnitte in der Mittelebene des Thiers sind, das Herz
nicht so lang darstellen, als es um diese Zeit mit seinen Zipfeln wirklich ist, son-
dern nur die Länge seines Mitteltheiles zeigen. Eben so wird man in den Queer-
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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/21>, abgerufen am 26.04.2024.