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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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Luz (ihr ins Wort fallend; gelangweilt). Du mußt das
Therese sagen.
Justine (pikiert, kurz). So? -- (Auf die Bücher zeigend.)
Und hier? (Schwenkt das Staubtuch.) Fingerdick!
Luz (gleichgültig). Fidl will doch nicht, daß Therese --
Justine (ungeduldig). Therese! Alles soll Therese!
Luz. Wer denn sonst?
Justine (wütend). Er hätte dann lieber gleich Therese
heiraten sollen.
Luz (springt auf, bezwingt ihre Tränen und sagt trotzig,
leise).
Vielleicht! (Geht nach hinten.)
Justine (begütigend). Kind!
Luz (heftig). Laß mich doch! Jetzt soll ich --? Jetzt?
Justine (gereizt). Ja, Kind, einmal kannst du dich vor
Seligkeit um nichts kümmern, dann wieder vor Schmerz
nicht! Wann denn also?
Luz (heftig, flehentlich). Quäl mich nicht, Mamchen!
Justine (mit einem strengen Blick auf sie; ruhiger, in einem
murrenden Ton).
Ich verstehe ja, das kommt aber immer
zu spät! Vorher sollte man bereuen.
Luz (hart, kurz). Ich bereue nichts.
Justine (ärgerlich mäkelnd). Kind, du mußt doch wenig-
stens bereuen!
Luz (sehr heftig). Ich habe nichts zu bereuen!
Justine (aufgebracht). Erlaube mir!
Luz (müde, kurz). Du verstehst mich nicht.
Justine (empört). Gott sei Dank versteh ich davon
nichts!
Luz (müde). Nein, nein. (Durch das Zimmer irrend). Ich
weiß gar nichts mehr. Ich wollt, ich wär weit weg!
Luz (ihr ins Wort fallend; gelangweilt). Du mußt das
Thereſe ſagen.
Juſtine (pikiert, kurz). So? — (Auf die Buͤcher zeigend.)
Und hier? (Schwenkt das Staubtuch.) Fingerdick!
Luz (gleichguͤltig). Fidl will doch nicht, daß Thereſe —
Juſtine (ungeduldig). Thereſe! Alles ſoll Thereſe!
Luz. Wer denn ſonſt?
Juſtine (wuͤtend). Er hätte dann lieber gleich Thereſe
heiraten ſollen.
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leiſe).
Vielleicht! (Geht nach hinten.)
Juſtine (beguͤtigend). Kind!
Luz (heftig). Laß mich doch! Jetzt ſoll ich —? Jetzt?
Juſtine (gereizt). Ja, Kind, einmal kannſt du dich vor
Seligkeit um nichts kümmern, dann wieder vor Schmerz
nicht! Wann denn alſo?
Luz (heftig, flehentlich). Quäl mich nicht, Mamchen!
Juſtine (mit einem ſtrengen Blick auf ſie; ruhiger, in einem
murrenden Ton).
Ich verſtehe ja, das kommt aber immer
zu ſpät! Vorher ſollte man bereuen.
Luz (hart, kurz). Ich bereue nichts.
Juſtine (aͤrgerlich maͤkelnd). Kind, du mußt doch wenig-
ſtens bereuen!
Luz (ſehr heftig). Ich habe nichts zu bereuen!
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Luz (muͤde, kurz). Du verſtehſt mich nicht.
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[110/0119] Luz (ihr ins Wort fallend; gelangweilt). Du mußt das Thereſe ſagen. Juſtine (pikiert, kurz). So? — (Auf die Buͤcher zeigend.) Und hier? (Schwenkt das Staubtuch.) Fingerdick! Luz (gleichguͤltig). Fidl will doch nicht, daß Thereſe — Juſtine (ungeduldig). Thereſe! Alles ſoll Thereſe! Luz. Wer denn ſonſt? Juſtine (wuͤtend). Er hätte dann lieber gleich Thereſe heiraten ſollen. Luz (ſpringt auf, bezwingt ihre Traͤnen und ſagt trotzig, leiſe). Vielleicht! (Geht nach hinten.) Juſtine (beguͤtigend). Kind! Luz (heftig). Laß mich doch! Jetzt ſoll ich —? Jetzt? Juſtine (gereizt). Ja, Kind, einmal kannſt du dich vor Seligkeit um nichts kümmern, dann wieder vor Schmerz nicht! Wann denn alſo? Luz (heftig, flehentlich). Quäl mich nicht, Mamchen! Juſtine (mit einem ſtrengen Blick auf ſie; ruhiger, in einem murrenden Ton). Ich verſtehe ja, das kommt aber immer zu ſpät! Vorher ſollte man bereuen. Luz (hart, kurz). Ich bereue nichts. Juſtine (aͤrgerlich maͤkelnd). Kind, du mußt doch wenig- ſtens bereuen! Luz (ſehr heftig). Ich habe nichts zu bereuen! Juſtine (aufgebracht). Erlaube mir! Luz (muͤde, kurz). Du verſtehſt mich nicht. Juſtine (empoͤrt). Gott ſei Dank verſteh ich davon nichts! Luz (muͤde). Nein, nein. (Durch das Zimmer irrend). Ich weiß gar nichts mehr. Ich wollt, ich wär weit weg!

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/119>, abgerufen am 04.05.2024.