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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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Justine (ärgerlich, pedantisch). Das hängt alles zu-
sammen. Verachte die Nachthemden nicht! Damit fängt's
an und eins entwickelt sich dann aus dem anderen, denn
eine Frau, die nicht imstande ist, ihr Haus in Ordnung zu
halten, die --
Luz (mit einem schwachen Versuch, sie zu begütigen; nervös
vor sich hin, tonlos).
Ja, Mamchen, ja.
Justine (ohne sich unterbrechen zu lassen, fortfahrend). Die
wird dann natürlich in allem versagen! Eine Frau, die
ihre häuslichen Pflichten nicht ernst nimmt, hat eben über-
haupt kein Pflichtgefühl. Da gilt auch das: wer den
Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert!
Luz (geht auf einmal, ohne ein Wort zu sagen, nervös durch
die Türe hinten ab.)
Justine (ohne zu bemerken, daß Luz gar nicht mehr da ist,
ärgerlich weiterpredigend).
Im Kleinen fängt's an, im
Großen hört's auf. Unordnung in der Wirtschaft ist stets
ein Zeichen, daß überhaupt der moralische Sinn fehlt.
Welche Dimensionen das dann annimmt, ist bloß ein Zu-
fall. Und eine häusliche Frau hat ja auch gar nicht die Zeit!
Wo hätt ich die Zeit gehabt, an einen anderen Mann auch
nur zu denken? Ich war froh, wenn ich mit meinem fertig
wurde! Und ich sage dir --
(Da sie Luz nicht mehr sieht,
kehrt sie sich nach der anderen Seite, mechanisch wiederholend)

ich sage dir -- (Bemerkt, daß Luz fort ist, verstummt, blickt
gekränkt auf die Türe hinten, schüttelt mißbilligend den Kopf,
trägt die Leiter zur Bücherstelle an der rechten Wand der Nische,
links vom Fenster, steigt hinauf und wischt wieder Staub.)
Fidelis (die Türe links öffnend; noch draußen, unsichtbar).
Bitte.
Juſtine (aͤrgerlich, pedantiſch). Das hängt alles zu-
ſammen. Verachte die Nachthemden nicht! Damit fängt's
an und eins entwickelt ſich dann aus dem anderen, denn
eine Frau, die nicht imſtande iſt, ihr Haus in Ordnung zu
halten, die —
Luz (mit einem ſchwachen Verſuch, ſie zu beguͤtigen; nervoͤs
vor ſich hin, tonlos).
Ja, Mamchen, ja.
Juſtine (ohne ſich unterbrechen zu laſſen, fortfahrend). Die
wird dann natürlich in allem verſagen! Eine Frau, die
ihre häuslichen Pflichten nicht ernſt nimmt, hat eben über-
haupt kein Pflichtgefühl. Da gilt auch das: wer den
Pfennig nicht ehrt, iſt des Talers nicht wert!
Luz (geht auf einmal, ohne ein Wort zu ſagen, nervoͤs durch
die Tuͤre hinten ab.)
Juſtine (ohne zu bemerken, daß Luz gar nicht mehr da iſt,
aͤrgerlich weiterpredigend).
Im Kleinen fängt's an, im
Großen hört's auf. Unordnung in der Wirtſchaft iſt ſtets
ein Zeichen, daß überhaupt der moraliſche Sinn fehlt.
Welche Dimenſionen das dann annimmt, iſt bloß ein Zu-
fall. Und eine häusliche Frau hat ja auch gar nicht die Zeit!
Wo hätt ich die Zeit gehabt, an einen anderen Mann auch
nur zu denken? Ich war froh, wenn ich mit meinem fertig
wurde! Und ich ſage dir —
(Da ſie Luz nicht mehr ſieht,
kehrt ſie ſich nach der anderen Seite, mechaniſch wiederholend)

ich ſage dir — (Bemerkt, daß Luz fort iſt, verſtummt, blickt
gekraͤnkt auf die Tuͤre hinten, ſchuͤttelt mißbilligend den Kopf,
traͤgt die Leiter zur Buͤcherſtelle an der rechten Wand der Niſche,
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[112/0121] Juſtine (aͤrgerlich, pedantiſch). Das hängt alles zu- ſammen. Verachte die Nachthemden nicht! Damit fängt's an und eins entwickelt ſich dann aus dem anderen, denn eine Frau, die nicht imſtande iſt, ihr Haus in Ordnung zu halten, die — Luz (mit einem ſchwachen Verſuch, ſie zu beguͤtigen; nervoͤs vor ſich hin, tonlos). Ja, Mamchen, ja. Juſtine (ohne ſich unterbrechen zu laſſen, fortfahrend). Die wird dann natürlich in allem verſagen! Eine Frau, die ihre häuslichen Pflichten nicht ernſt nimmt, hat eben über- haupt kein Pflichtgefühl. Da gilt auch das: wer den Pfennig nicht ehrt, iſt des Talers nicht wert! Luz (geht auf einmal, ohne ein Wort zu ſagen, nervoͤs durch die Tuͤre hinten ab.) Juſtine (ohne zu bemerken, daß Luz gar nicht mehr da iſt, aͤrgerlich weiterpredigend). Im Kleinen fängt's an, im Großen hört's auf. Unordnung in der Wirtſchaft iſt ſtets ein Zeichen, daß überhaupt der moraliſche Sinn fehlt. Welche Dimenſionen das dann annimmt, iſt bloß ein Zu- fall. Und eine häusliche Frau hat ja auch gar nicht die Zeit! Wo hätt ich die Zeit gehabt, an einen anderen Mann auch nur zu denken? Ich war froh, wenn ich mit meinem fertig wurde! Und ich ſage dir — (Da ſie Luz nicht mehr ſieht, kehrt ſie ſich nach der anderen Seite, mechaniſch wiederholend) ich ſage dir — (Bemerkt, daß Luz fort iſt, verſtummt, blickt gekraͤnkt auf die Tuͤre hinten, ſchuͤttelt mißbilligend den Kopf, traͤgt die Leiter zur Buͤcherſtelle an der rechten Wand der Niſche, links vom Fenſter, ſteigt hinauf und wiſcht wieder Staub.) Fidelis (die Tuͤre links oͤffnend; noch draußen, unſichtbar). Bitte.

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/121>, abgerufen am 30.11.2024.