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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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Therese. Der Herr Doktor! (Geht ihm entgegen, zur
Türe links vom Glasschrank.)
Fidelis (noch draußen, unsichtbar). Ich verstehe das
nicht! (Tritt durch die Türe links vom Glasschrank ein;
dreiunddreißig Jahre; mittelgroß, wirkt aber durch seine kurzen
Beine fast klein; fest, gedrungen, mit breiten massiven Ge-
bärden; hält sich gern ein wenig schief, wiegt sich beim Gehen
seemännisch in den Hüften, immer wie auf Deck; ein kugel-
rundes, neugieriges, kindlich fragendes Gesicht mit einer kleinen
dünnen spitzen Nase und ganz feinen, schmalen, ironisch zu-
sammengepreßten Lippen; dazu stimmen eigentlich gar nicht
die großen grauen Augen, die wie Schutzbrillen sind, ihn
decken, aber nichts verraten; dichtes, sehr weiches, glattes,
nach der Seite gestrichenes, strohgelbes Haar; das glatt rasierte
Gesicht wetterhart, vom Wind gebeizt, fast wie Leder aus-
sehend; Tenorstimme, schmetternd, lachend und im lebhaften
Gespräch leicht gicksend; zuweilen mit einem leisen Anklang
der bayerischen Mundart, besonders wenn er vergnügt wird,
aus der er aber dann plötzlich wieder in ein sehr scharfes, fast
etwas forciertes Hochdeutsch gerät, besonders wenn er unge-
duldig wird; zuweilen auch eine leise Neigung zu stottern,
besonders wenn er sich im Reden überstürzt, wobei dann der
ganze Körper ein wenig zu schwanken scheint; er hat eine
Vorliebe für zu weite, schlotternde Kleider, besonders aber
für sehr große Taschen, in die er die Arme gern fast bis
zu den Ellenbogen steckt; jetzt trägt er einen Lodenanzug mit
Kniehosen; beim Eintritt, rasch).
Jetzt sagen Sie mir nur,
Fräulein -- (Erblickt Justine, hält ein; lustig feierlich.)
Oho! welcher Glanz! Die Königin-Mutter höchst selbst!
Justine (abwehrend). Fang nur nicht gleich wieder an!
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Thereſe. Der Herr Doktor! (Geht ihm entgegen, zur
Tuͤre links vom Glasſchrank.)
Fidelis (noch draußen, unſichtbar). Ich verſtehe das
nicht! (Tritt durch die Tuͤre links vom Glasſchrank ein;
dreiunddreißig Jahre; mittelgroß, wirkt aber durch ſeine kurzen
Beine faſt klein; feſt, gedrungen, mit breiten maſſiven Ge-
baͤrden; haͤlt ſich gern ein wenig ſchief, wiegt ſich beim Gehen
ſeemaͤnniſch in den Huͤften, immer wie auf Deck; ein kugel-
rundes, neugieriges, kindlich fragendes Geſicht mit einer kleinen
duͤnnen ſpitzen Naſe und ganz feinen, ſchmalen, ironiſch zu-
ſammengepreßten Lippen; dazu ſtimmen eigentlich gar nicht
die großen grauen Augen, die wie Schutzbrillen ſind, ihn
decken, aber nichts verraten; dichtes, ſehr weiches, glattes,
nach der Seite geſtrichenes, ſtrohgelbes Haar; das glatt raſierte
Geſicht wetterhart, vom Wind gebeizt, faſt wie Leder aus-
ſehend; Tenorſtimme, ſchmetternd, lachend und im lebhaften
Geſpraͤch leicht gickſend; zuweilen mit einem leiſen Anklang
der bayeriſchen Mundart, beſonders wenn er vergnuͤgt wird,
aus der er aber dann ploͤtzlich wieder in ein ſehr ſcharfes, faſt
etwas forciertes Hochdeutſch geraͤt, beſonders wenn er unge-
duldig wird; zuweilen auch eine leiſe Neigung zu ſtottern,
beſonders wenn er ſich im Reden uͤberſtuͤrzt, wobei dann der
ganze Koͤrper ein wenig zu ſchwanken ſcheint; er hat eine
Vorliebe fuͤr zu weite, ſchlotternde Kleider, beſonders aber
fuͤr ſehr große Taſchen, in die er die Arme gern faſt bis
zu den Ellenbogen ſteckt; jetzt traͤgt er einen Lodenanzug mit
Kniehoſen; beim Eintritt, raſch).
Jetzt ſagen Sie mir nur,
Fräulein — (Erblickt Juſtine, haͤlt ein; luſtig feierlich.)
Oho! welcher Glanz! Die Königin-Mutter höchſt ſelbſt!
Juſtine (abwehrend). Fang nur nicht gleich wieder an!
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[17/0020] Thereſe. Der Herr Doktor! (Geht ihm entgegen, zur Tuͤre links vom Glasſchrank.) Fidelis (noch draußen, unſichtbar). Ich verſtehe das nicht! (Tritt durch die Tuͤre links vom Glasſchrank ein; dreiunddreißig Jahre; mittelgroß, wirkt aber durch ſeine kurzen Beine faſt klein; feſt, gedrungen, mit breiten maſſiven Ge- baͤrden; haͤlt ſich gern ein wenig ſchief, wiegt ſich beim Gehen ſeemaͤnniſch in den Huͤften, immer wie auf Deck; ein kugel- rundes, neugieriges, kindlich fragendes Geſicht mit einer kleinen duͤnnen ſpitzen Naſe und ganz feinen, ſchmalen, ironiſch zu- ſammengepreßten Lippen; dazu ſtimmen eigentlich gar nicht die großen grauen Augen, die wie Schutzbrillen ſind, ihn decken, aber nichts verraten; dichtes, ſehr weiches, glattes, nach der Seite geſtrichenes, ſtrohgelbes Haar; das glatt raſierte Geſicht wetterhart, vom Wind gebeizt, faſt wie Leder aus- ſehend; Tenorſtimme, ſchmetternd, lachend und im lebhaften Geſpraͤch leicht gickſend; zuweilen mit einem leiſen Anklang der bayeriſchen Mundart, beſonders wenn er vergnuͤgt wird, aus der er aber dann ploͤtzlich wieder in ein ſehr ſcharfes, faſt etwas forciertes Hochdeutſch geraͤt, beſonders wenn er unge- duldig wird; zuweilen auch eine leiſe Neigung zu ſtottern, beſonders wenn er ſich im Reden uͤberſtuͤrzt, wobei dann der ganze Koͤrper ein wenig zu ſchwanken ſcheint; er hat eine Vorliebe fuͤr zu weite, ſchlotternde Kleider, beſonders aber fuͤr ſehr große Taſchen, in die er die Arme gern faſt bis zu den Ellenbogen ſteckt; jetzt traͤgt er einen Lodenanzug mit Kniehoſen; beim Eintritt, raſch). Jetzt ſagen Sie mir nur, Fräulein — (Erblickt Juſtine, haͤlt ein; luſtig feierlich.) Oho! welcher Glanz! Die Königin-Mutter höchſt ſelbſt! Juſtine (abwehrend). Fang nur nicht gleich wieder an! 2

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/20>, abgerufen am 03.12.2024.